Schauerlich schön

Verena Naegele, St. Galler Tagblatt (04.12.2007)

Il Trovatore, 02.12.2007, Zürich

Verdis «Trovatore» am Opernhaus Zürich unter Adam Fischer

Szenisch pompös und musikalisch farbenreich präsentiert sich die Neuinszenierung von Giuseppe Verdis «Trovatore» am Opernhaus Zürich. Ein Stück mit Fallstricken, denen auch Zürich nicht ganz entgeht.

Giuseppe Verdis «Trovatore» ist ein Paradebeispiel für die Grenzen des modernen Regietheaters im Umgang mit Opern aus vergangener Zeit. Das spanische Schauerdrama mit seiner affektgeladenen Handlung um Liebe, Eifersucht und Rache wirkt in seiner holzschnittartigen Abfolge heute platt und verstaubt. Und so wirkungsvoll die Musik auch ist, die zahlreichen Gassenhauer verstärken noch den Eindruck des Schrillen und Effekthascherischen.

Bilderbogen

Verdi macht in seinem «Trovatore» keinen Versuch einer innerlichen Profilierung seiner Protagonisten, lässt aber, im Gegensatz zu anderen Werken, auch kaum Raum für eine psychologisierende Deutung durch die Regie. Genau hier setzt Giancarlo del Monaco an; er probiert gar nicht erst, einen grossen Handlungsbogen zu finden. Vielmehr stilisiert er die geschlossenen und autonomen Bilder des Stücks zu einer Reihung in sich stimmiger Szenen. Das mag aus der Not eine Tugend machen, hilft dem Werk aber nicht wirklich – die Buhs des Publikums waren deutlich.

Del Monaco und sein Ausstatter Peter Sykora gestalteten eine düster schwarze Bühne mit modernen Versatzstücken: eine betonierte Tunnelröhre für den Zigeuner-Akt, eine eiserne Brücke vor dem Gefängnis, in dem Manrico schmachtet, oder eine mit dunklen Fliessen ausgekleidete Henkershöhle, in der es zur Katastrophe kommt. In diesen trostlos schönen Landschaften wird nach Lust und Laune mit Theaternebel und Schneeflocken hantiert, und die verworfen geglaubte grosse Theatergeste fehlt auch nicht.

In den Mittelpunkt des Geschehens stellt Del Monaco sehr geschickt die Figur der Azucena: Sie ist es, die als Schicksalsträgerin die Handlung vorantreibt, mit feuerrotem Haar und schwarzer Punkerkluft, ungewöhnlich und doch etwas klischeehaft. Luciana D'Intino gestaltet mit ihrer Bühnenpräsenz eine prächtige Figur, kraftvoll in der sonoren Bruststimme, raffiniert im Einsatz von Registern und Farben, präsent als Verkörperung des Fatums.

Sängerisch vom Besten

Überhaupt ist da ein Ensemble am Werk, das musikalisch für das Bestmögliche sorgt. Marcelo Álvarez gibt einen fast selbstgefälligen Manrico mit herrlicher Stimme einschliesslich der sicheren hohen Stretta-Cs. Neben ihm hat es der kahlköpfige, ältliche Conte di Luna von Leo Nucci schwer, sich als erotischer Nebenbuhler zu behaupten. Sängerisch hingegen brilliert der Altstar. Daneben tat sich die in feuerrotem Kleid auftretende Cristina Gallardo-Domâs als Leonora schwer, denn Intonationstrübungen und zuweilen ein unangenehm flackerndes Vibrato trübten den Eindruck.

Dabei hört man den «Trovatore» selten so fein ziseliert wie hier unter Adam Fischer am Pult des Opernhaus-Orchesters. Er «brenne» für diese Oper, lässt er sich zitieren – doch ob das genügt, um ein solches Schauerstück zu retten?