Hans Uli von Erlach, Blick (04.12.2007)
Verdis «Trovatore» am Opernhaus Zürich
«Il Trovatore» ist Verdis zündendste Oper. Aber am Sonntag sprang der Funke lange nicht. Erst der Schluss versöhnte das Premierenpublikum ein wenig. Zu spät: Selten wurde ein Regisseur so einstimmig ausgebuht.
Wenigstens gesanglich gibts Gutes zu vermelden: Luciana D'Intino ist der eine Star des Abends. Wie die Mezzosopranistin die Zigeunerin Azucena singt, halb blutige Rächerin, halb liebende Mutter, macht er-schaudern. Selbst wenn sie als Rockerbraut für diese Paraderolle absolut daneben kostümiert ist.
Der andere Star ist Mar-cello Álvarez. Ihm glaubt man jede Nuance des Troubadours Manrico. Leidend, kämpferisch, liebend: Sein geschmeidiger, kraftvoller Tenor und sein Ausdruck haben alles drauf.
Wenn nur die Regie nicht wäre! Sie zerstört alle Gefühle, weil man ihr kein Wort, keine Geste glaubt. Obwohl Giancarlo del Monacos Inszenierung vorgibt, viel aussagen zu wollen. Etwa, dass Bürger- und Bruderkriege zu jeder Zeit in jeder Kultur vorkommen. Doch dass er dazu Stile und Jahrhunderte mischt, verwirrt. Das stete Schneien oder Regnen wirkt so aufgesetzt wie die Idee, die Szene mit dem Zigeunerlager in der Kanalisation zu spielen. Warum vertraut man nicht einfach der starken Story?
Auf der Strecke bleiben dabei die Figuren. Sie sind entweder von der Regie allein gelassen, wie Cristina Gallardo-Domâs, die deshalb an der Premiere auch stimmlich ihren Charakter als Leonore nicht fand. Oder sie wollen gar keine Regie, wie Altstar Leo Nucci, der effektvoll, aber teilnahmslos seine Graf-Luna-Nummer abzieht.
Aber dann das letzte Bild! Wo sich die Grässlichkeit erklärt, wo Graf Luna den Manrico tötet und dann erfährt, dass es sein Bruder war. Wo sich Leonore aus Liebe vergiftet und wo die Rache der Zigeunerin triumphiert. Das ist so erschütternd und klingt so wunderbar, dass es jeden Verdi-Freund versöhnt. Sogar mit dem Dirigenten Adam Fischer, der vorher manche der herrlichen Verdi-Hits ziemlich gehetzt herunterspulen lässt.