Verwurstete Operette mit heissen Kartoffeln

Frank Gerber, Blick (11.12.2007)

Der Bettelstudent, 09.12.2007, Luzern

Ein schwuler Offizier und Ostblock-Ästhetik. Aber «Der Bettelstudent» ist nicht skandalträchtig. Sondern ordinär, einfallslos, schwach.

A i hasi janr au d Schlrrr geküü. - Laut Programmheft wird deutsch gesungen. Zum Glück stehts drin, sonst käme man nicht drauf. Man versteht kein Wort.

Oberst Ollendorf hat den ganzen Abend eine heisse Kartoffel im Mund. Dabei wäre grad sein erster Auftritt wichtig zu verstehen. Denn er bringt die ganze Handlung ins Rollen.

Er hat von der verarmten Adligen einen Korb in Form einer Ohrfeige erhalten. Obwohl: «Ach ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst.» Aus Rache verkuppelt er sie mit dem Bettelstudenten, den er als reichen Fürsten vorstellt.

Regisseur Freo Majer torpediert die an sich amüsante Handlung. Warum leidet sein Ollendorf überhaupt am erhaltenen Korb, wenn er doch schwul ist? Jedenfalls tanzt er in Luzern lieber mit seinen Soldaten und begrabscht sie am Allerwertesten. Und weshalb das Dienstmädchen von einem Mann im Strickkleid gespielt wird, leuchtet auch nicht ein.

Die Operette spielt anno 1704, im von den Sachsen besetzten Polen. In Luzern wird sie in den Ostblock verlegt. Auch diese gesucht originelle Idee funktioniert nicht. Ein paar DDR-Uniformen und Unterhosen in den deutschen Nationalfarben sorgen nicht einmal für einen kurzen Lacher. Die Ossi-Ästhetik des Bühnenbilds ist hässlich, ohne dass sie dafür irgendeinen Erkenntnisgewinn bringt. Wer etwas veräppeln will, muss das Original beherrschen.

Traditionsgemäss wird das Couplet mit lokalpolitisch aktuellen Strophen versehen. Die Zeilen von Gisela Widmer gewännen nicht mal an der Fasnacht einen Blumentopf: «Nur hierzulande sind Rechte keine Schande, die Linken sind die Bösen! Das ist schon so gewösen, bevor in Bern der Christoph gern von der Brust der Macht soff.»

Operetten werden vom Publikum geliebt, aber selten gespielt. Solche Inszenierungen sind der sicherste Weg, dass man bald gar keine mehr spielen muss.