Im Basler «Land des Lächelns» wird das Lächeln zur Grimasse

Reinmar Wagner, Die Südostschweiz (17.12.2007)

Das Land des Lächelns, 15.12.2007, Basel

Trotz fehlendem Happy End und einer stark gegen den Strich gebürsteten Inszenierung durch Peter Konwitschny hat es am Samstag viel zu lachen gegeben in der Basler Produktion von Lehárs Operette «Das Land des Lächelns».

Eine tragische Operette? Gibt es! Lehár arbeitete seine heitere, happy-endende, aber erfolglose «Gelbe Jacke» 1929 zu «Das Land des Lächelns» um, erzählt vom Scheitern einer grossen Liebe zwischen den Kulturen Europas und Chinas. Er landete damit einen Welterfolg - auch dank Richard Tauber, der «Dein ist mein ganzes Herz» zum unverwüstlichen Hit machte - und hielt sich fortan (in «Paganini», «Zarewitsch», «Frederike») an dieses Modell des verschatteten, melancholischen, sentimental-schönen Endes.

Das Lächeln wird zur Grimasse

Wenn der deutsche Opernregisseur Peter Konwitschny - der bekannt, berühmt und berüchtigt ist für seine sezierenden Inszenierungen, die immer mal wieder für Opernskandale sorgen - ein solches Stück auf die Bühne bringt, ist nicht unbedingt Operettenseligkeit zu erwarten. Aber die heute nur schwer erträglichen Handlungen und Texte erhalten durch solche Arbeiten neue Relevanz und lassen durch den Blick auf vergangene - auch nicht gerade heitere - Zeiten in den Spiegel aktueller Realitäten sehen. Das schafft Konwitschny auch in dieser Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin, die im Theater Basel am Samstag nachgespielt wurde.

Das Lächeln steht schon zu Beginn bloss als Grimasse im Raum, wenn der Vorhang sich kurz zur Ouvertüre hebt und das ganze Ensemble mit Nussknacker-Zähnen zeigt, bevor die Tragödie ihren unheilvollen Lauf nimmt. Lehárs melancholisches Scheitern der Liebe reicht Konwitschny nicht, das «Immer nur lächeln» als Lebensmotto entlarvt er als Maske und lässt ein totalitäres Regime am Ende Schluss machen: Kurz, knapp und grausam werden die Europäer gemeuchelt.

Musikalische Wackelzonen

Es gab aber auch einiges zu lachen in Basel. Höhepunkte waren die Huldigungs-Ballette zum Festzug und der Amtseinführung Sou-Chongs, zu denen Konwitschny die Potentaten und Diktatoren aller Zeiten versammelt - vom Keulen schwingenden Höhlenbewohner und afrikanischen Menschenfresser über römische oder mittelalterliche Kaiser bis hin zu Napoleon, Hitler, Stalin und George W. Bush. Sie tanzen ihre witzig-grotesken Machtkämpfe und Waffen-Orgien zum Gaudi des Publikums buchstäblich bis zum Umfallen - ein Meisterstück, und schauspielerisch wie der ganze Abend bis in die kleinsten Figuren und Gesten stark geführt.

Andere Konwitschny-Ideen glückten weniger: Vor allem die Reflexionen über den Hit «Dein ist mein ganzes Herz». Musikalisch war der Basler Produktion noch nicht so sehr ums Lächeln zu Mute. Eher grimmig versuchte Dirigent Bartholomew Berzonsky die spezifische Sprache der Wiener Operette in den Griff zu bekommen. Zumindest bei der Premiere jedoch mit wenig Erfolg: Jede Triole war eine Wackelzone und deren Ausgestaltung zwischen Dirigent, Sängern und Orchestermusikern noch keineswegs im Einklang. Denn Lehár begleitet fast immer unisono, was ein weiteres Problem darstellt: Die Sänger singen gegen ein mächtiges Orchester an. Der Dirigent konnte wenig dafür, dass sowohl Tatjana Gazdik als Lisa, die an sich über eine schöne, gestaltungsfähige Stimme verfügt, als auch Agata Wilewska als Mi nur ganz in der Höhe über das Orchester hinausschwingen konnten und ansonsten untergingen. Kräftiger kamen die Männer über die Bühne: Thomas Piffka sang den Prinzen Sou-Chong mit Spannung und Geschmack und angenehmem Timbre auch in den weit gespannt schmachtenden Steigerungs-Arien. Karl-Heinz Brandt agierte geschickt und beweglich als Graf Gustav von Pottenstein. Wie schon so oft in Basel setzte auch der Theaterchor einen musikalischen Höhepunkt.