Glückspillen und Zombies in der Kantine

Tobias Gerosa, Blick (28.01.2008)

Les Contes d'Hoffmann, 26.01.2008, Luzern

«Hoffmanns Erzählungen» in Luzern.

Fünf Frauen an einem Abend - und mit keiner findet er das Glück. Der romantische Antiheld in Jacques Offenbachs Oper «Les Contes d'Hoffmann» versinkt im Suff.

Zuerst liebt er eine Puppe, dann eine Todkranke und schliesslich eine berechnende Prostituierte. Doch eigentlich sieht er in diesen Frauen immer nur die angebetete Opernsängerin Stella. Auf sie wartet er in der Rahmenerzählung zusammen mit der verschmähten «Muse» Nicklausse - und immer steht dem tragischen Tenor der tiefbassige Bösewicht vor der Sonne.

Im Luzerner Theater kann man dieses Bild wörtlich nehmen, steht dem kleinen und feingliedrigen Jason Kim als Hoffmann doch der massige Derrick Lawrence in der Vierfachrolle der Bösewichte gegenüber. Stimmlich sind sie sich aber ebenbürtige Gegner. Darstellerisch sind beide noch verbesserungsfähig, und auch gesanglich sind ihnen die Frauen eine Nasenlänge voraus.

Regisseur Peter Carp, bis letzte Saison Schauspielchef in Luzern, lässt die ganze Oper in der Theaterkantine spielen. Olympia wird durch Pillen zum willenlosen Automaten, die Krankheit Antonias rührt aus einem frühkindlichen Trauma.

Nur in homöopathischen Dosen fliesst das Gespenstische der Erzählungen E.T.A. Hoffmanns ein: Die Edelnutte Giulietta und ihr Typ entpuppen sich als Zombies, die Dämonie der Bösewichte wächst im Laufe des Stücks.

Eigentlich ist Offenbachs Oper für das kleine Theater zu gross, doch Dirigent Rick Stengards hält den gewaltigen Apparat mit Übersicht unter Kontrolle: Die «grosse Kiste» ist gelungen, das Publikum jubelt.