Bäumiges Schattenspiel

sda, Berner Zeitung (29.01.2008)

Im Schatten des Maulbeerbaums, 27.01.2008, Zürich

Die Uraufführung der Kinderoper «Im Schatten des Maulbeerbaums» im Zürcher Opernhaus überzeugte nur teilweise.

Kinderopern sind rar, wenn es denn nicht immer die unverwüstliche «Zauberflöte» sein soll. Nun hat der in Zürich lebende Engländer Edward Rushton eine weitere hinzugefügt – «Im Schatten des Maulbeerbaums». Das Libretto dazu verfasste seine Frau Dagny Gioulami.

Der Maulbeerbaum, in dessen Schatten sich eines Tages ein alter Mann setzt, steht im Garten der Familie Bim. Da sich der Gast partout nicht vertreiben lässt, verkauft ihm Vater Bim den Baumschatten – nicht bedenkend, dass dieser mit dem Sonnenstand wandert. Als er am Abend gar ins Esszimmer fällt, macht sich der Fremde zum Ärger der Eltern auch da breit. Einzig Wim, der verträumte Sohn, fasst Zutrauen zum Unbekannten, der auf seine Fragen eingeht, sein Selbstbewusstsein stärkt, ihn vor nächtlichen Albträumen befreit und ihm Glühwürmchen und Seidenraupen zeigt.

Gioulami stützt sich auf ein chinesisches Märchen, das sie sehr frei in eine alltägliche Sprache übertragen hat. So finden elterliche Befehlsklischees, aber auch kindliche Abzählreime und Neckverse Eingang in den mitunter etwas hanebüchenen Text, zu dem Rushton eine transparente Musik geschrieben hat. Bläser und farbiges Schlagwerk dominieren, in der Traumszene schaffen flirrende Klänge und ein stupendes Geigensolo jene atmosphärische Dichte, die man im ersten Teil vermisst. Der Regisseurin Aglaja Nicolet gelingt es, ihr erwachsenes Personal natürlich agieren zu lassen; etwas mehr Witz hätte es jedoch vertragen. Ob das nette Kinderstück die Kids auch tatsächlich für das Medium Oper zu begeistern vermag, bleibt indes offen.