Siegmund! Sieh auf mich!

Die Walküre from Richard Wagner


BRÜNNHILDE
Siegmund! Sieh auf mich!
Ich bin's, der bald du folgst.

SIEGMUND
richtet den Blick zu ihr auf
Wer bist du, sag',
die so schön und ernst mir erscheint?

BRÜNNHILDE
Nur Todgeweihten taugt mein Anblick;
wer mich erschaut, der scheidet vom Lebenslicht.
Auf der Walstatt allein erschein' ich Edlen:
wer mich gewahrt, zur Wal kor ich ihn mir!

SIEGMUND
blickt ihr lange forschend und fest in das Auge, senkt dann sinnend das Haupt und wendet sich endlich mit feierlichem Ernste wieder zu ihr
Der dir nun folgt, wohin führst du den Helden?

BRÜNNHILDE
Zu Walvater, der dich gewählt,
führ' ich dich: nach Walhall folgst du mir.

SIEGMUND
In Walhalls Saal Walvater find' ich allein?

BRÜNNHILDE
Gefallner Helden hehre Schar
umfängt dich hold mit hoch-heiligem Gruss.

SIEGMUND
Fänd' ich in Walhall Wälse, den eignen Vater?

BRÜNNHILDE
Den Vater findet der Wälsung dort.

SIEGMUND
Grüsst mich in Walhall froh eine Frau?

BRÜNNHILDE
Wunschmädchen walten dort hehr:
Wotans Tochter reicht dir traulich den Trank!

SIEGMUND
Hehr bist du,
und heilig gewahr' ich das Wotanskind:
doch eines sag' mir, du Ew'ge!
Begleitet den Bruder die bräutliche Schwester?
Umfängt Siegmund Sieglinde dort?

BRÜNNHILDE
Erdenluft muss sie noch atmen:
Sieglinde sieht Siegmund dort nicht!

SIEGMUND
neigt sich sanft über Sieglinde, küsst sie leise auf die Stirn und wendet sich ruhig wieder zu Brünnhilde
So grüsse mir Walhall, grüsse mir Wotan,
grüsse mir Wälse und alle Helden,
grüss' auch die holden Wunschesmädchen: -
sehr bestimmt
zu ihnen folg' ich dir nicht.

BRÜNNHILDE
Du sahest der Walküre sehrenden Blick:
mit ihr musst du nun ziehn!

SIEGMUND
Wo Sieglinde lebt in Lust und Leid,
da will Siegmund auch säumen:
noch machte dein Blick nicht mich erbleichen:
vom Bleiben zwingt er mich nie.

BRÜNNHILDE
Solang du lebst, zwäng' dich wohl nichts:
doch zwingt dich Toren der Tod:
ihn dir zu künden kam ich her.