Tiefland
Eugen d' Albert
PEDRO
Schau her, das ist ein Taler.
Der erste, den ich mir verdiente.
Mein Blut klebt dran. Haha! Der Herr,
Herr Sebastiano, der gnäd'ge Herr gab mir den Taler.
Gott segne ihn, den guten Herrn.
So nimm den Taler doch!
Hab keine Angst! 's ist gut verdientes Geld.
MARTA
weist seine Hand zurück, diesmal aber ohne Widerwillen
Nein, nein, ich mag nicht.
PEDRO
Du meinst wohl gar, ich hab ihn leicht verdient?
Mein Leben gab ich drum, ja, ja, mein Leben!
Es kam in jeder Nacht ein Wolf in unsern Stall
und holt sich ein Böcklein. Den besten Hund zerriss er.
Zum Rasendwerden war es!
Ich war verzweifelt, war ganz krank vor Ärger,
und ich sagte mir: den Wolf erleg ich,
und kostet's mein Leben!
So leg ich mich denn nachts ins Felsgestein
auf die Lauer und wart auf ihn.
Der graue Dieb, der schlimme Wolf,
er sollt mir nicht entkommen.
Marta beginnt aufmerksam zu werden.
So lag ich da, ganz Aug und Ohr,
versteckt in meinem Winkel.
Die Zeit verstrich, und über mir,
da wanderten die Sterne.
Vom Schneefeld über mir
hört ich das Wasser tropfen.
Dann war es wieder still, ganz still.
Auf einmal rauscht es leis im Gras
und über mir in einem Satz da fliegt's hinweg.
Ein heisser Atem streifte meinen Hals.
Das war der Wolf.
Der Hund schlägt an, die Schafe blöken
Ich spring auf und zieh mein Messer.
Und wie ich so im Wege stehe,
da kommt auch schon mein Wolf vorbei.
Der graue Dieb, der schlimme Wolf,
ein blutend Lamm im Maul.
Schnell spring ich ihn an und stoss ihm
mit Macht das Messer ins Herz.
Was dann geschah, ich weiss es nicht genau.
Umklammert hielt ich ihn, so wie er mich.
Er heulte und ich schrie, ich biss ihn und ich fühlte,
wie seine Zähne sich ins Fleisch mir gruben.
Umschlungen rollen wir den Berg hinab,
verbissen ineinander, zwei wütende Bestien,
die wild um ihr Leben kämpfen.
So stürzen wir hinunter in den Giessbach.
Man bracht mich heim in meine Hütte,
verband mir meine Wunden,
schlimm sah ich aus, und Wochen lag ich auf dem Stroh.
Und eines Tages, ich konnt schon in der Sonne sitzen,
da kommt der gnäd'ge Herr herauf zu mir
und schenkt mir diesen Taler.
Und wie ich ihm dafür die Hand will küssen,
schiesst aus der schlecht vernarbten Wunde
mein Blut hervor und färbt den Taler rot.
Das war ein hart verdientes Geld, nicht wahr?