Libretto: Benvenuto Cellini

von Hector Berlioz


Personen:
Benvenuto CELLINI (Tenor)
Giacomo BALDUCCI (Bass)
TERESA, seine Tochter (Sopran)
FIERAMOSCA (Bariton)
PAPST CLEMENS VII (Bass)
FRANCESCO (Tenor)
BERNARDINO (Bass)
POMPEO (Bariton)
WIRT (Tenor)
ASCANIO (Mezzosopran)
COLOMBINE (Sopran)

CHOR
Römerinnen und Römer; Goldschmiede und Bronzegiesser



ERSTER AKT

Ouvertüre

ERSTES BILD: ROSENMONTAG

Die Wohnung von Herrn Balducci, Abenddämmerung.
Vorne auf der Bühne auf der linken Seite ein Tisch zwischen zwei Lehnstühlen.
Zwei Türen, eine zur linken und eine im Hintergrund. Rechts ein Fenster. Allmählich wird es dunkel.


ERSTE SZENE
Balducci, Teresa

Teresa schaut aus dem Fenster; Balducci tritt durch die Tür im Hintergrund ein und ist dabei, seinen Mantel abzulegen.

Introduktion

BALDUCCI
Teresa…wo mag sie doch sein?
Teresa…am Fenster!
Das habe ich ihr doch verboten;
Hast du mich nicht verstanden?
Eine schöne Stunde, um ein wenig frische Luft zu atmen!
Seit langer Zeit rufe ich schon,
Der Papst wartet auf mich…mein Stock!
Meine Handschuhe, mein Degen und diesen Karton…
Teresa nimmt der Reihe nach die Gegenstände vom Tisch und gibt sie ihm.
Das bringt einen Heiligen, einen Engel zur Verzweiflung!
In der Tat ist es recht seltsam,
Dass der Papst so in Verwirrung bringt
Einen Schatzmeister, abends und morgens
Wegen Cellini, diesem Florentiner,
Diesem Faulenzer, diesem Libertin!
Warum auch musste unser Heiliger Vater
Einen Ziseleur aus der Toskana nehmen,
Wo man doch den eigenen Bildhauer bei der Hand hat,
Fieramosca, dessen Arbeit das doch ist?
Er geht vor sich herbrummend ab

TERESA
Endlich ist er fortgegangen,
Gut so ... ah! ich atme auf,
Oh! ... was für ein Ärger!
Das war ein rechtes Martyrium!

Ensemble

CELLINI, FRANCESCO, BERNARDINO und MASKEN
von draussen
Tra la la la
De profundis!
Vater Karneval
Beerdigt
An diesem Abend einen seiner Söhne!
Aber seid vernünftig,
Oh grosse Kinder
Aller Altersstufen,
Aller Stände,
Männer noch Frauen,
Weint nicht,
Trinkt auf die Seele
Von Rosenmontag!

BALDUCCI
Zurückkommend
Woher kommt dieser Lärm?
Pst!
An meiner Tür, welcher Lärm?
Das ist Cellini, ich wette darauf.
Mit seinen üblen Freunden:
Lasst uns in acht nehmen vor seinen Plänen.
Er nähert sich dem Fenster und wird von einem Hagel von falschem Konfekt überschüttet, das auf seinem Gesicht und seiner Kleidung weisse Flecken hinterlässt.

Ensemble

BALDUCCI
Oh! Kanaille! Unverschämte Sippschaft!
Das ist seine Bande, der Unverschämte!
Mich so weiss zu machen,
Da ich mich doch in Eile
Zum Vatikan begeben muss!
Geh! ich werde mich an dir rächen,
Eines Tages, elender Toskaner!

CELLINI, FRANCESCO, BERNARDIN0 und der CHOR DER MASKEN
Es lebt die Freude!
Die Toten sind tot;
Gott schickt uns
Einen fröhlichen Körper,
Einen lustigen Burschen,
Noch fetter
Als sein Bruder gewesen ist;
Weinen wir nicht.

TERESA
Ha! ha! ha! ha!

BALDUCCI
zu Teresa
Ja, lacht; eine schöne Bescherung!
Um die Kleider zu wechseln, ist es zu spät,
Ahl grosser Gottf Beim Heiligen Vater
Werde ich wie ein Leopard aussehen.
Teresa nähert sich dem Fenster und auf sie ergiesst sich ein Regen von Blumen.

Ensemble

BALDUCCI
Das ist er, sehr wohl, er mein Schwiegersohn!
Er, dieser Geck, er mein Schwiegersohn,
Besser mich aufhängen!
Wage es, mich zu erwarten, Elender!
Ah! Unheil ihm, Unheil!
Dieser Florentiner,
Dieser Faulenzer, dieser Libertin!
Wage es, mich zu erwarten,
Lump zum aufhängen!

TERESA
Ja, das ist er, euer Schwiegersohn!
Ja, Kolombine ist bei Leander,
Ich die Frau von Kassander,
Ah! Unheil ihm! Unheil!

CELLINI, FRANCESCO, BERNARDINO und der CHOR DER MASKEN
De profundis!
Vater Karneval
Beerdigt
An diesem Abend einen seiner Söhne!
Aber seid vernünftig,
Oh grosse Kinder
Aller Altersstufen,
Aller Stände;
Männer noch Frauen,
Weint nicht,
Trinkt auf die Seele
Von Rosenmontag!
Balducci geht fort


ZWEITE SZENE

TERESA
allein, unter den Blumen, die man ihr zu wirft, hebt sie ein Gebinde auf
Die schönen Blumen…ein Billett…Cellini!
Welche Unvorsichtigkeit…
Sie liest
Was! Hierhin kommen!
Noch an diesem Abend … Ah! grosser Gott! aber mein
Vater ist weit fort, der Augenblick ist günstig…
Was soll ich tun?

Arie

TERESA
Ein junges Herz, das zwischen Liebe und Pflicht
Schwankt, ist wohl zu beklagen;
Was es begehrt, davor muss es sich fürchten,
Und sogar der Hoffnung entsagen,
Dazu verdammt zu sein, immer zu heucheln,
Augen zu haben und nichts zu sehen,
Wie, wie soll das möglich sein?
Ein junges Herz, das zwischen Liebe und Pflicht, etc.

Wenn ich euer Alter haben werde,
Meine lieben Eltern,
Dann wird es Zeit sein,
Klüger zu sein;
Aber mit siebzehn Jahren
Wäre das schade,
Wirklich sehr schade!
Oh! Wenn ich meinerseits
Einmal Grossmutter sein werde,
Dann lasst es geschehen!
Unglück für die Liebe!
Ah!
Wenn ich euer Alter haben werde, etc.


DRITTE SZENE
Teresa, Cellini, dann Fieramosca

TERESA
Cellini! ...

CELLINI
sich schnell nach vorne stürzend
Teresa! Entflieht nicht meinem Anblick!

TERESA
Cellini, in euerer Nähe kann ich nicht bleiben!

CELLINI
Ah! Diese Sprache tötet mich ...

TERESA
Ein Lärm ...

CELLINI
Beruhigt euch ...

TERESA
Ich bin verloren!
Geht fort!

CELLINI
Dieser Lärm bedeutet nichts, bei meiner Ehre!
Das ist der lustige Karneval, der draussen als Gebieter spricht.
Lasst ihn unter eurem Fenster
Mit seinen neckischen Schellen lärmen,
Und überwindet, Teresa, überwindet eure Angst.

Terzett

CELLINI
O Teresa, ihr, die ich mehr als mein Leben liebe,
Teresa! ich komme, um zu erfahren,
Ob fern von euch, traurig und verbannt,
Meine Seele die Hoffnung aufgeben muss.

FIERAMOSCA
ein grosses Blumengebinde in den Händen, tritt auf Zehenspitzen gehend durch die Türe im Hintergrund ein
Nicht indem man Eisengitter aufbricht,
Verschlossene Türen niederwirft und Riegel,
Erobert man das Herz von Mädchen,
Sondern wenn man ganz leise geht.

TERESA
Ach! Eure Liebe ist nur Torheit,
Cellini, eine regelrechte Pein und hoffnungslos!
Ihr müsst mich fürs weitere Leben vergessen,
Denn ich darf euch nicht wiedersehen.

CELLINI
Nein, nein, bei den Heiligen, bei der Muttergottes! ...

FIERAMOSCA
erschrocken
Gott! Cellini, verstecken wir uns dort!
Er tritt in Teresas Zimmer ein.

CELLINI
Ich kann es nicht glauben, o meine Teresa,
Dass die Liebe euch jemals
In die Arme von Fieramosca treiben wird!

TERESA
Ah! Bewahre mich, meine Schutzpatronin,
Vor dieser Schande, vor diesem Unglück, denn ich fühle es hier,
Ja, ich werde sterben, wenn man mich
Diesem Fieramosca gibt.

FIERAMOSCA
die Tür halb öffnend
Ah! Wenn ich nur wagen dürfte, laut zu sprechen!
Ah! Wenn ich nur wagen könnte, ein Wort zu flüstern.

Ensemble

CELLINI
Nun denn! Teresa, mein Leben,
Beim Namen der Heiligen, ich komme um zu erfahren,
Ob fern von euch, traurig und verbannt,
Meine Seele die Hoffnung aufgeben muss.

TERESA
Aber eure liebe, Cellini, ist nur Torheit,
Eine regelrechte Pein und ohne die leiseste Hoffnung,
Nennt mich nicht länger eure Freundin,
Nein, ich darf euch nicht mehr wiedersehen.

CELLINI und TERESA
Fieramosca! ...

CELLINI
So ein Schuft!

TERESA
Wer ... ich seine Frau! ich ziehe
Hundertmal den bittersten Tod vor!

FIERAMOSCA
sein Blumengebinde schwingend
Wenn ich doch meinen Degen in der Hand hätte!

CELLINI
Ah! Sterben, Liebste,
Was habt ihr da gesagt?
Dieser Weg ist grausam,
O meine Teresa!
Nein, nehmen wir den anderen Weg
Hin zu blühenden Feldern,
Den ein sehr verliebtes Herz
Niemals zu fürchten braucht.

TERESA
Den anderen Weg? und weichen?
Verheimlicht mir nichts!

FIERAMOSCA
Wenn ich meinen Degen in der Hand hätte!

CELLINI
Seid nicht hartnäckig,
Hört mir gut zu!

TERESA
Sprecht leiser!

CELLINI
mit leiser Stimme
Morgen abend, Fastnachtdienstag ...

TERESA
mit leiser Stimme
Morgen abend, Fastnachtdienstag ...

FIERAMOSCA
hinter dem Sessel, der links vom Tisch steht
Fastnacht?

CELLINI
Vor allem, verfehlt es nicht.

FIERAMOSCA
Was! Ich verstehe es nicht.

CELLINI
Kommt zur Piazza Colonna ...

TERESA
Piazza Colonna ...

FIERAMOSCA
Colonna?

CELLINI
An der Ecke, wo Cassandro ...

TERESA
An der Ecke, wo Cassandro...

FIERAMOSCA
Cassandro?

CELLINI
Dem römischen Volk
Eine neue Oper gibt.

FIERAMOSCA
Eine neue Oper?

CELLINI
Dort, während wie berauscht
Seine Truppe laut lachen lässt
Euren Vater,
Ihr ...

TERESA
Ich?

CELLINI
Ihr werdet ergreifen den Arm ...

TERESA
Ich werde ergreifen den Arm ...

FIERAMOSCA
Den Arm?

CELLINI
Eines Mönches in brauner Kutte…

TERESA
Eines Mönches in brauner Kutte...

FIERAMOSCA
Braun?

CELLINI
Und von einem weissen Büsser…

TERESA
von einem weissen Büsser ...

FIERAMOSCA
Weiss?

CELLINI
Der eine wird euer Geliebter sein…

TERESA
Ihr!

FIERAMOSCA
Er?

TERESA
Wirklich?

CELLINI
Und der andere mein Lehrling.

TERESA
Euer Lehrling?

FIERAMOSCA
Sein Lehriing?

CELLINI
Dann entführe ich euch ...

TERESA
Er entführt mich!

FIERAMOSCA
Entführt?

CELLINI
Und schnell, alle beide,
Gehen wir nach Florenz...

TERESA
Nach Florenz...

FIERAMOSCA
Nach Florenz?

CELLINI
Um glückliche Tage zu verleben

CELLINI und TERESA
Und schnell nach Florenz,
Das Herz voller Hoffnung,
Brechen wir beide auf!

FIERAMOSCA
Alle beide?

TERESA
O Cellini! kann es denn geschehen,
Dass so ich meinen Vater zurücklasse?
Heisst das nicht, den Himmel zu verletzen?

CELLINI
Den Himmel beleidigen, nein, ich glaube,
Euer Vater beleidigt ihn mehr,
Wenn er will, dass seine Teresa
Wie eine Blume, fällt und verdurstet
Im Schatten eines strengen Klosters
Oder an der Hand eines Fieramosca.

TERESA
Fieramosca! Fieramosca!

FIERAMOSCA
Oh Schatzmeister! wärst du nur hier!

TERESA
Ah! Dann bleibt es dabei, mein Hass ist zu stark;
In meiner Seele trägt er den Sieg davon,
Mein Freund, lass uns hoffen,
Auf morgen, auf morgen abend!

CELLINI
Auf morgen abend!

FIERAMOSCA
Auf morgen abend!

CELLINI
Muss ich noch einmal die Stunde und den Ort
unserer Verabredung sagen?

TERESA,
begeistert und mit lauter Stimme
Ja, es wird sein, sagen wir?

CELLINI
zärtlich und mit leicht ironischem Akzent
Leiser, sprecht leiser!
Morgen abend, Fastnachtdienstag...

TERESA
Morgen abend, Fastnachtdienstag...

FIERAMOSCA
um besser hören zu können schleicht er hinter den zweiten Sessel, der rechts vom Tisch steht
Morgen abend, Fastnachtdienstag...

CELLINI
Ah, vor allem, verfehlt es nicht.

TERESA
Nein.

CELLINI
Vor allem, verfehlt es nicht.

TERESA
Ich werde es nicht verfehlen.

FIERAMOSCA
Ich werde es nicht verfehlen.

CELLINI
Kommt zut Piazza Colonna...

TERESA
Piazza Colonna...

FIERAMOSCA
Piazza Colonna...

CELLINI
An der Ecke, wo Cassandro...

TERESA und FIERAMOSCA
An der Ecke, wo Cassandro...

CELLINI
Dem römischen Volk
Eine neue Oper gibt.

TERESA und FIERAMOSCA
Eine neue Oper gibt.

CELLINI
Dort, während wie berauscht
Seine Truppe laut lachen lässt
Euren Vater,
Ihr...

TERESA
Ich...

FIERAMOSCA
Ja...

CELLINI
Ihr werdet den Arm ergreifen...

TERESA
Ich werde den Arm ergreifen...

FIERAMOSCA
Sie wird den Arm ergreifen...

CELLINI
Eines Mönches in brauner Kutte

TERESA
Eines Mönches in brauner Kutte

FIERAMOSCA
Sie wird den Arm ergreifen
Eines Mönches in brauner Kutte

CELLINI
Und eines weiss gekleideten Büssers.

TERESA
Und eines weiss gekleideten Büssers.

FIERAMOSCA
Und eines weiss gekleideten Büssers.

CELLINI
Der eine wird euer Geliebter sein...

TERESA
Ihr?

FIERAMOSCA
Er.

TERESA
Ich verstehe.

CELLINI
Und der andere mein Lehrling,

TERESA
Euer Lehrling...

FIERAMOSCA
Sein Lehrling...

CELLINI
Dann entführe ich euch...

TERESA
Er entführt mich!

FIERAMOSCA
Er entführt sie! Gut!

CELLINI
Und schnell, alle beide,
Gehen wir nach Florenz...

TERESA
Nach Florenz...

FIERAMOSCA
Nach Florenz!

CELLINI
Um glückliche Tage zu verleben.

TERESA
Um glückliche Tage zu verleben.

FIERAMOSCA
Glücklich zu leben!

ALLE DREI
Und schnell nach Florenz,
Das Herz voller Hoffnung,
Brechen wir/ brechen sie alle beide auf.

Ensemble

CELLINI
Süsses und teures Versprechen!
O Augenblicke voll Trunkenheit!
Was seid ihr lieblich für mein Herz!
Liebe, unter deinen Fittichen
Mach', das meine Schöne
Zum Stelldichein kommt.

FIERAMOSCA
Ah! Verräterische Frau!
Treulose Tigerin!
Nehmt euch in acht!

TERESA
Mutter der Zärtlichkeit,
Jungfrau, die ich ohne Unterlass
Anflehe auf den Knien,
Vergib meiner aufsässigen Stimme,
Und beruhige diejenige
Eines zornigen Vaters!

Ensemble

CELLINI und TERESA
Ja, der ewige Tod!
Dann hätten wir doch Unrecht.
Muss die Jugend
Dort Zuflucht suchen,
Wenn die Liebe uns bereitet
Eine süsse Zukunft?
Wenden wir nicht mehr den Kopf,
Lassen wir sie auf uns zukommen.
Hin zu neuen Ufern,
Schnell, entfernen wir uns!
Die Liebenden haben Flügel,
Um den Eifersüchtigen zu entfliehen;
Ah! brechen wir alle beide auf!
Fliehen wir weit fort von ihren Blicken,
Brechen wir auf, und unter anderen Göttern
Gehen wir, glückliche Tage zu verleben;
Ja, plötzlich nach Florenz,
Das Herz voller Hoffnung,
Brechen wir beide auf.

FIERAMOSCA
Ah! Verräterische Frau,
Treulose Tigerin,
Nehmt euch in acht!
Mein Hass wird in ewiges Klage
Wandeln, Grausame,
Eure so lieblichen Pläne.
Ich werde dieses charmante Steildichein zu stören wissen,
Ich werde euer so zärtliches Vorhaben zu
vereiteln wissen; ah! Nehmt euch in acht!

CELLINI
Bis morgen.

TERESA
Bis morgen!

FIERAMOSCA
Bis morgen, ja!

ALLE DREI
Bis morgen abend!

CELLINI,
mit leiser Stimme und sich zurückziehend
Piazza Colonna.

TERESA
Pst!

CELLINI
Nahe beim Theater

TERESA
Pst!

CELLIN
Ein weisser Mönch.

TERESA
Ja, ich werde da sein...

FIERAMOSCA
Gut.
Wir werden dort sein.

TERESA und CELLINI
Lass uns hoffen!

ALLE DREI
Bis morgen!


VIERTE SZENE
Die Vorigen, Balducci

Dialog

TERESA
Himmel! wir sind verloren, das ist der Schritt meines Vaters!.. . .

CELLINI
Seid ihr sicher?

TERESA
Da ist er!

FIERAMOSCA,
die Tür von Teresas Zimmer hinter sich zumachend
Wie ein Frettchen verstecke ich mich hier.

CELLINI
O Teresa! was wird geschehen, was tun?
Dieses Zimmer...

TERESA
Oh! nein; mein Gott, helft mir!

CELLINI
Da ist er...

TERESA
Die Zeit drängt.

CELLINI
Wohin fliehen?

TERESA
Ich sterbe vor Angst!

CELLINI
sich zufällig hinter die Eingangstüre flüchtend
Ah! ich bin gefangen, meiner Treu!
Die aufgehende Türe verbirgt Cellini, und Balducci, überrascht, dass er seine Tochter noch antrifft, vergisst, sie zu schliessen. Er tritt, eine brennende Fackel in der Hand haltend, ein.

BALDUCCI
Wie das, meine Tochter, noch im Zimmer, um diese Zeit!
Ich glaubte, euch im Bett anzutreffen.

TERESA
bestürzt und auf die Türe ihres Zimmers zeigend
Mein Vater... ein Mann...

BALDUCCI
Ein Mann in meinem Hause!

TERESA
Ja…ein Mann…als ich zu Bett gehen wollte…
ein grosser Lärm…

BALDUCCI
die Fackel und den Stock, welche er bei seiner Ankunft auf den Tisch gelegt hatte, ergreifend
Ein Mann hier, meine teure Tochter, ein Mann!
Schnell eine Fackel, meinen Stock... auf dass
Ich ihn erschlage,
Diesen Räuber, diesen Einbrecher!
Er tritt in Teresas Zimmer ein

TERESA
zu Cellini
Nutzt die Abwesenheit meines Vaters aus,
Cellini, flieht augenblicklich.

CELLINI
Dank, mein Schutzengel,
Bis morgen abend, bis morgen!
Er eilt hinaus

TERESA
Aus Furcht bin ich ganz ausser Fassung.

BALDUCCI
im Zimmer seinerTochter
Ah! Räuber! ich fasse dich...

TERESA
Gott! welcher Lärm!
Ist jemand in mein Zimmer eingedrungen?

BALDUCCI
Fieramosca herausführend, der sein Blumengebinde in der Hand hält
Folge mir, Schlingel, oder aber ich töte dich!
Ihn erkennend
Was, das seid ihr!

TERESA
überrascht und entzückt
Oh unvorhergesehener Fang!

FIERAMOSCA
Das ist beileibe kein Dieb…

BALDUCCI
Noch schlimmer!
Ein Schürzenjäger, duftend von Ambra!
Antwortet, mein Herr Schwiegersohn,
Was hattet ihr vor in ihrem Zimmer?

TERESA
Ja, warum versteckt ihr euch in meinem Zimmer?

FIERAMOSCA
Das ist ganz einfach, eh! zu euch kam ich...

BALDUCCI
Ihr seid also gekommen...

FIERAMOSCA
Ja, ich war
Zu Besuch...

BALDUCCI
Zu dieser Stunde auf Besuch
Bei meiner Tochter, unverschämter Schlingel!

TERESA
Soviel Mut! er macht mich sprachlos!

FIERAMOSCA
Der Schein trügt.

BALDUCCI
Ah! Schweige!
Der Schein, Dragoner der Unzucht.

FIERAMOSCA
Aber, Herr Balducci, ich schwöre euch...

BALDUCCI
Die Umstände sprechen für sich selbst...
keinen anderen Vorwand mehr.

FIERAMOSCA
Oh! mein Gott! Glaubt ihr, dass ich es bin?

BALDUCCI
Ja, geiles Tier!

TERESA
Oh! der Verräter!

FIERAMOSCA
Nun! nein...

BALDUCCI
Und wer denn könnte dies sein,
Unreine Seele?

FIERAMOSCA
Aber, bei Gott, Cellini!

TERESA
Cellini!

BALDUCCI
Cellini!

FIERAMOSCA
Cellini!

BALDUCCI
Das ist zu stark, du nennst dich Cellini!

FIERAMOSCA
Aber nein... ich sage euch...

BALDUCCI
das Fenster öffnend
Schluss damit!


FÜNFTE SZENE
Die Vorigen, der Chor der Nachbarinnen

BALDUCCI
Zu uns, Nachbarinnen und Dienerinnen!

TERESA
durch das Fenster
Zu uns, Nachbarinnen und Dienerinnen,
Gaëtana! Catarina! Fornarina!
Petronilla! Scolastica!

BALDUCCI
Fornarina! Petronilla!
Catarina! Scolastica!

FIERAMOSCA
Hört mich an, hört auf mit diesem Lärm!

Teresa läuft durch die Türe im Hintergrund nach draussen, um Hilfe zu holen

DIE NACHBARINNEN
von draussen
Man bringt sich um beim Nachbarn;
Was ist das für ein Geschrei, warum dieser Lärm?

BALDUCCI
Mir zur Hilfe! ein Wüstling,
Ein Schürzenjäger,
Ist bei meiner Tochter, kommt augenblicklich herein,
Kommt, diesen Wüstling zu jagen!

FIERAMOSCA
Ich bin weder ein Wüstling
Noch ein Schürzenjäger.
Noch einen Schlag, ich bin weder ... etc.

BALDUCCI
das Fenster öffnend und
TERESA
eintretend
Ja, jetzt pass auf dein Kreuz auf!
Du wirst in gute Hände fallen.

BALDUCCI
Nur der Arm einer Frau
Kann den rechten Weg weisen
Solchen Ieuten mit extravaganten Sitten,
Solchen Leuten ohne Herz, ohne Glaube und Hemmungen,

FIERAMOSCA
entsetzt
In den Händen von Frauen... welches Geschick!
Bin ich Orpheus, den Bacchantinnen preisgegeben?


SECHSTE SZENE
Die Vorigen, Chor der Nachbarinnen und der Dienerschaft.
Der Chor tritt nach und nach in drei Gruppen ein. Jedesmal, wenn Fieramosca an die Tür gelangt, um zu entfliehen, begegnet er dort jemandem, der ihm den Weg versperrt und ihn wieder zurück auf die Bühne bringt. Die Nachbarinnen und die Dienerinnen tragen Laternen und Lampen mit sich. Alle sind nur halb angekleidet und strecken die Arme wie Xanthippen aus.


DER CHOR
Ah! Gaukler! Ah! Wüstling,
Wir werden dir, Halunke,
Den Respekt beibringen, der unserer Ehre zukommt!
Du wirst ein Bad nehmen.

Ensemble

DER CHOR
Schleppen wir ihn in den Garten,
Unter den Wasserstrahl des grossen Beckens!
Ah! Feigling, Wüstling,
Du wirst ein Bad nehmen!
Wüstling, Verführer,
Hemmungsloser Schuft,
Ohne Ehre!
Ah! Feigling, Schlingel, Elender,
Du wirst ein grosses Bad nehmen... etc.
In den Garten
Führen wir ihn hin
Unter den Wasserstrahl des grossen Beckens,
Und lassen ihn bis morgen
Die ganze Nacht im Bad!
Gehen wir, wir werden dich wohl überlisten.

TERESA und BALDUCCI
Ja, fallt nur über ihn her!
Bis morgen, ja das ist sehr gut!
Im grossen Becken,
Das ist sehr gut!
Verführer, Wüstling,
Hemmungsloser Schuft,
Schuldiger Alter!
Du wirst ein Bad nehmen.
Gehen wir... man wird dich wohl fangen.

FIERAMOSCA
Was! mich ganz nackt,
Bis morgen
Unter den Wasserstrahl des grossen Beckens stecken!
Das ist entsetzlich!
Ich, ohne Hemmungen, ohne Ehre?
Ah! Welche Megären!Wie kann ich ihren Händen
Meine Glieder unversehrt entziehen!
Er läuft nach allen Seiten, um ihnen zu entfliehen
Ich bin Orpheus…Orpheus…
den Bacchantinnen preisgegeben!
Welche Megären, ah! Wie ihren Händen entkommen!
Schliesslich gelingt es ihm, einen Weg zu finden und er entflieht, gefolgt von dem Chor.


ZWEITES BILD: FASTNACHTDIENSTAG

Die Piazza Colonna an der Ecke der Strasse des Corso. Im Hintergrund die Antonius-Säule und ein Springbrunnen. Rechts eine Bretterbühne, links eine Taverne mit Tischen, Bänken, etc.

SIEBENTE SZENE

CELLINI
allein
Noch eine Stunde, und meine schöne Geliebte
Wird an diesen Ort kommen.
Noch eine Stunde, Liebe, und wenn du willst,
So wird von alt diesen vor Freude verrückten Herzen
Das meinige das am meisten fröhliche sein.
Ah! du wärest undankbar, wenn du meine
Wünsche täuschen würdest.

Romanze

Der Ruhm war mein einziges Idol,
Ein edles Hoffen, das ich nicht länger habe,
Umgab meine Stirn mit einer Aureole,
Die die Kunst für ihre Auserwählten vorsieht;
Aber diese Ehre, ich verachte sie:
Allein Teresa herrscht in meinem Herzen.
Siehe also, Liebe, was ich für dich tue,
Beschütze sie, beschütze mich.
Meine Geliebte war glückli ch,
Und wie ein Fluss folgten ihre schönen Tage
Fern dem düsteren, stürmischen Meer
Friedlich ihrem Lauf.
Aber der Ruhe zieht sie
Mein unstetes Leben und mein Elend vor.
Siehe also, Liebe, was sie für dich tut,
Beschütze sie, beschütze mich.


ACHTE SZENE
Cellini, Bernardino, Francesco, Metallstecher, Freunde und Lehrlinge Cellinis

ALLE
Zu trinken, zu trinken; zu trinken!
Bedient uns schnell, zu trinken!
Man bringt Wein herbei.

BERNARDINO
trällernd
Tra la la la! Lasst uns singen!

CELLINI
Es geschehe, aber, bei Gott, keine Trinklieder!
Keinen gemeinen Refrain.
Der nach Taverne und Wein riecht.
Lasst uns singen! Aber auf dass unsere Lieder
Eine Hymne auf den Ruhm
Der Metallstecher und unsere göttliche
Kunst sein mögen.

Gesang der Metallstecher

DER CHOR, CELLINI, FRANCESCO, BERNARDINO
Wenn sich die Erde nur an schönen Tagen krönt
Mit Garben, Früchten und Blumen,
Erntet der Mann in ihrem Schoss
Zu allen Zeiten die schönsten Schätze!
Ehre den Meister-Metallstechern!
Wenn der Meister ziseliert,
Leuchtet das Gold wie eine Sonne,
Der Rubin funkelt
Wie das Feuer in der Nacht.

Am Tage schlummern die Diamanten,
Die Sonne löscht ihren Glanz aus;
Aber wenn die Nacht naht, erwachen sie
Mit dem Chor der funkelnden Sterne, ihren Schwestern.
Am Abend erwachen die Topase
Mit den Sternen, ihren Schwestern,
Ehre den Meister-Metallstechern!

Wenn der Meister ziseliert,
Leuchtet das Gold wie eine Sonne,
Der Diamant rieselt
Wie ein davonlaufender Wildbach,
Der Rubin funkelt
Wie ein Feuer in der Nacht.

Als das Licht geboren wurde
Teilte der Genius den Schönen Künsten
Die Materie zu;
Und er machte daraus vier Teile:
Der Architekt bekam den Stein,
Der Maler die Farbe
Der Bildhauer den Marmor,
Aber das Gold erhielt der Metallstecher!

Die Edelmetalle, diese unterirdischen Blumen
Von unvergänglichen Farben,
Glänzen nur auf der Stirn von Königinnen,
Königen, Päpsten, Grossherzögen, und Kaisern.
Ehre den Meister-Metallstechern!

BERNARDINO
Freunde, bevor wir beginnen,
Bitte ich um ein wenig Ruhe:
Um besser den Refrain singen zu können,
Benötigen wir Flaschen mit Wein.

DER CHOR
Zu trinken! Wein! Alles ist getrunken.


NEUNTE SZENE
Die Vorigen, ein Wirt

DER WIRT
zögernd, mit näselnder Stimme
Was wollt ihr? Der Keller ist leer,

CELLINI
Was sagst du da, ausgetrocknetes Gehirn?

DER WIRT
Ich sage, dass... ihr zuviel getrunken habt;
Und wenn ihr noch weiterhin trinken wollt,
Muss. . . muss...

DER CHOR
ungeduldig
Muss ... ?

DER WIRT
Muss eure Rechnung bezahlt werden.

DER CHOR
Zeige uns also, was wir dir schulden!

DER WIRT
nimmt aus den Händen einer seiner Jungen eine lange Latte entgegen, auf der unzählige Kerben eingeschnitten sind, welche die verkauften Flaschen bezeichnen

Hier, meine Herren, der Inhalt
Dieser unmässig grossen Liste;
Weisswein von Orvieto,
Aleatico und Maraschino,
Dreissig Flaschen, dreissig.

CHOR
Wie, dreissig!

DER WIRT
Rotwein von Ischia
Und von Procida,
Und von Nisita,
Das macht sechzig.

DER CHOR
Sechzig!

DER WIRT
Schaumwein von Asti,
Wein von Lipari, Lacryma-Christi,
Das macht hundertunddreissig.

DER CHOR,
den Wirt nachmachend
Lacryma-Cheisti! Hundertunddreissig!
Ah! Erschütterung, Abscheu,
Die auf unsere Köpfe herniederstürzen!

CELLINI
Nein, niemals werden die Trompeten
Des letzten Gerichts uns
Mehr erschrecken
Als die fatale Stimme...

CELLINI und DER CHOR
Und die höllische Liste...
Dieses... Wirtes.

CELLINI
Wie kommen wir aus diesen Schwierigkeiten heraus

DER CHOR, FRANCESCO und BERNARDINO
dem Wirt seine lange Latte aus den Händen reissend
Meister, wenn wir diesen Verräter ein wenig prügeln würden?

CELLINI
Ein schlechtes Mittel ist das;
Besser warten wir ab.
Der Chor geht auf den Wirt zu, der davonläuft
Vielleicht wird uns Ascanio befreien.

DER CHOR
Ascanio! Richtig! da ist er!


ZEHNTE SZENE
Die Vorigen, Ascanio, einen Geldbeutel tragend

DER CHOR
Das ist der Retter! Er lebe hoch!

CELLINI
zu seinem Lehrling laufend
Komm, Kind, lass dich umarmen
Und dich befreien
Von dieser schweren Bürde.

ASCANIO
Einen Augenblick, einen Augenblick,
Der Wein nach dem Ruhm.
Meister, möge dein Gedächtnis
Einen Augenblick aufwachen.

Arie

Diese Summe wird dir bezahlt
Von Papst Clemens,
Um zu giessen die Statue,
Die Italien erwartet
Von deinem edlen Talent.
Daher überlasse ich dir
Diesen schweren Beutel mit Geld
Nur gegen ein Versprechen
Einen ehrlichen Schwur
Dass morgen deine Statue,
Meister, gegossen wird.
Ich benötige deinen Schwur.

CELLINI
Es sei, ich schwöre es, Kind.

DER CHOR
Wir schwören es, Kind.

DER CHOR und CELLINI
mit feierliche, Stimme
Ja, diese Summe bezahlte
Papst Clemens,
Um die Statue zu giessen,
Die Italien erwartet
Von seinem/meine. edlen Talent.
Wenn du uns überlässt
Diesen schweren Beutel mit Gel
Glaube an unser Versprechen / Ich verspreche es dir.

CELLINI
Ich schwöre es dir.

DER CHOR
Wir schwören es dir.

CELLINI und DER CHOR
Dass ohne Aufschub meine/die Statue
Morgen gegossen wird
Bei diesem Beutel mit Geld.
Wir schwören es. Ja!

ASCANIO
Meine Freunde, jetzt
Ist mein Gewissen rein
Zahlt also eure Schuld;
Mein Geld, hier habt ihr es.

CELLINI
den Beutel leerend
Wie! nichts als das?

FRANCESCO und BERNARDINO
Ah! die schmächtige Summe!

ASCANIO
Das ist ein widerlicher Mensch,
Dieser alte Schatzmeister!

CELLINI
rufend
Das spielt keine Rolle... Kellermeister! Kellermeister!
die Stimme des Wirtes nachmachend
Ich bezahle deine Rechnung...

DER WIRT
das Geld an sich nehmend
Danke, wolltet ihr trinken?

DER CHOR
Ja, jawohl, Wein...

CELLINI
Meine Freunde, keinen Wein mehr!
Der Wirt geht fort
Aber möge unsere Rache
Diesen knauserigen Juden ereilen,
Der in seinem Hochmut
Mich wie einen wahren Lumpen behandelt.

DER CHOR
Ja, Rache! Rache!


ELFTE SZENE
Die Vorigen, Fieramosca, im Hintergrund links

CELLINI
seine Freunde nach rechts ziehend, um von den Wirtsjungen, welche die Tische abräumen, nicht gehört zu werden
Hört: sogleich,
Ich weiss es, wird Balducci
Sein Haus verlassen,
Und hierher kommen, um zu sehen
Die schönen Possen
Des Meister Cassandro.
Nun denn! bei Cassandro
Bespotten wir selber, Freunde,
Im verrückten Possenspiel
Den Giacomo.

DER CHOR
Bei Gott! Die Rolle ist schön.

CELLINI
Verdammnis, Verdammnis
Auf das bleiche Gesicht
Von Herrn Giacomo!

DER CHOR
Verdammnis, Verdammnis
Auf das bleiche Gesicht
Des Herrn Giacomo!
Bei Gott! die Rolle ist schön,
Ganz Rom lachen machen
Über einen solchen Mann...
Schnell, schnell zu Cassandro.

ALLE
begeistert
Uns den Ruhm!
Die Edelmetalle, diese unterirdischen Blumen
Von unvergänglichen Farben,
Glänzen nur auf der Stirn von Königinnen,
Königen, Päpsten, Grossherzögen und Kaisern.
Ehre den Meister-Metallstechern!
Sie laufen zu Cassandro


ZWÖLFTE SZENE
Fieramosca, dann Pompeo

Im Hintergrund gehen Spaziergänger einher

Dialog

FIERAMOSCA
der von ferne Cellini und seinen Freunden aufgelauert hat
Das ist zu stark! schamlos vor meiner Nase ein Komplott zu schmieden,
Und ich sollte sie das ausführen lassen! Nein... nein...

POMPEO
der von hinten kommend auftritt
Nun, Bruder! Was hast du?

FIERAMOSCA
Was ich habe? Ich ersticke vor Zorn!
Cellini...

POMPEO
ruhig
Was hat dieser Grosstuer getan?

FIERAMOSCA
Pompeo in seine Arme schliessend
Ah! Pompeo, mein Freund, mein Retter!

POMPEO
Man hat dich reingelegt, lieber Sohn!

FIERAMOSCA
Ja, mein lieber Pompeo! Aber das schlimmste ist, dass Teresa und ihr Vater
Diesen Abend kommen, um Cassandro zu sehen.

POMPEO
Nun! was ist da schlimmes bei?

FIERAMOSCA
Was dabei schlimm ist! Sie gehen auf die Gauklerbühne,
Die Verräter, den Herrn Giacomo belustigen,
Um ihn irrezuführen;
Und wenn der Kanonenschuss losgeht auf der Engelsburg,
Und die Moccoli in unseren Händen auslöscht,
Wird plötzlich ein weisser Mönch, gefolgt von einem
Kapuziner, Teresa, meine Geliebte, entführen,

POMPEO
begeistert
Ah! Bravo!

FIERAMOSCA
Was! Bravo?.. . Dieser Mönch ist Cellini,
Dieser Kapuziner, das ist sein Freund Ascanio...

POMPEO
Ich sehe sehr wohl…Bravo!…Es lebe die List!

FIERAMOSCA
Ich, ich werde den Herrn Giacomo warnen,
Wir werden sehen, ob er bravo sagt!

POMPEO
ihn zurückhaltend
Dummkopf!

FIERAMOSCA
Wirklich?

POMPEO
Elender Schwachkopf!
Da du doch seine Taktik kennst,
Täusche selber den Täuscher,
Stehle ihm seinen Plan.

FIERAMOSCA
Aber wie?

POMPEO
Komme du als erster in weisser Mönchskutte,
Und dann entführe...

FIERAMOSCA
Ja, die Sache ist leicht;
Aber wenn er mich sieht, wird der Mörder
Mich niederstechen.

POMPEO
Per Bacco! sei ruhig!
Werde nicht auch ich in einer Kapuzinerkutte da sein?
Ich bin ein schlechter Fechter, wenn er ein Mörder ist.

FIERAMOSCA
überlegend
Gehen wir, gehen wir, das ist gut.

Arie

Ah! Wer könnte mir Widerstand leisten?
Bin ich nicht für den Kampf geboren?
Verderben dem, der mich zu verwirren wagt!
Verderben vor allem dem, der mich verspottet!
Das Moulinet
Ist bald gemacht,
In vier, in drei,
Immer steche ich zu.
Es lebe die Fechtkunst! das ist meine Stärke.

O Teresa! für dich brennen
In meiner Seele die heftigsten Feuer;
Das ist ein Vulkan, der immer in Flammen steht,
Ein Vesuv mit fürchterlichen Abgründen.
Ich liebe dich so sehr, und um dir zu gefallen,
Würde ich, so glaube ich, kämpfen
In der Hölle mit deren Bewohnern,
Ich würde, so glaube ich, so weit gehen, zu kämpfen
Mit diesem Banditen Cellini.
Der Elendel... Hundert wie er
Könnten mich nicht noch einmal schlagen ...
Nein, nichts kann mir Widerstand leisten ... etc.
Er tut, als ob er einen Fechtkampf austragen würde
Eins, zwei, drei; eins, zwei; eins... Tod!
Ohne Mitleid durchbohre ich sein Herz,
Ich bin Sieger!

Dialog

POMPEO
Komm, die Zeit vergeht.

FIERAMOSCA
Lieber Pompeo, auf dass ich dich umarme!

POMPEO
Holen wir eine Mönchskutte, und fürchte nichts,
Alles wird gut gehen.
Sie gehen ab


DREIZEHNTE SZENE
Teresa, Balducci, Cellini, Ascanio, Fieramosca, Pompeo, die Lehrlinge Cellinis, Ziseleure, Tänzer, Volk, Masken und Schergen

Finale

Das Theater von Cassandro belebt sich; zwei Possenreisser blasen in jeder Ecke auf der Trompete; zwei andere entrollen in der Mitte ein grosses Plakat, auf dem folgende Worte stehen: »König Midas oder die Eselsohren, Opern-Pantomime«. Einige Masken und das Volk beginnen, auf dem Platz umherzulaufen, Zunächst treten Balducci und Teresa von links auf.

BALDUCCI
seiner Tochter den Arm reichend
Du siehst, ich hoffe es,
Dass ich ein guter Vater bin;
Ich, gestrenger Richter
Der besten Schauspieler,
Willige dir ein, meine Liebe,
Zu sehen, zu deinem Vergnügen,
Die übertriebene Farce
Von diesen Gauklern.
Balducci lässt den Arm seiner Tochter los und geht, das Plakat zu lesen

TERESA
auf dem Proszenium, zur Seite
Ah! Was soll ich tun?
Meinen alten Vater
Allein und in Tränen zurücklassen!
Teresa geht wieder zu ihrem Vater nach hinten

ASCANIO und CELLINI
der eine im weissen Büssergewand, der andere in brauner Mönchskutte, von rechts auftretend
Vorsicht und Geheimnis,
Weisser Mönch,/Kapuziner, mein Bruder,
Lassen wir zunächst
Unsere lieben Gaukler agieren;
Dann zu unserer Angelegenheit.
Dann, lieber Schwiegervater,
Gehe zum Notar.
Gehe nirgendwo sonst hin,
Cellini und Ascanio haben die Bühne von rechts nach links überquert. Teresa und ihr Vater gehen nach rechts zurück.

Ensemble

TERESA
Ah! was soll ich tun?
Meinen alten Vater
Allein und in Tränen zurücklassen!
Aber bald, ich hoffe es,
Wird der Notar kommen,
Seine Schmerzen zu lindern.

BALDUCCI
Du siehst, ich hoffe es,
Dass ich ein guter Vater bin; etc.

ASCANIO und CELLINI
Vorsicht und Geheimnis,
Weisser Mönch,/Kapuziner, mein Bruder, etc.

Sie tauchen alle vier in der Menge unter

BÜRGER VON ROM
Die Posse von Cassandro ist bereit,
Er wird den König Midas spielen.
Freunde, Bürger, geht nicht fort,
Wir werden pfeifen, wenn seine Posse
Uns nicht in schallendes Gelächter ausbrechen lässt.

Frauen und junge Burschen treten mit Becken und Schellentrommeln in den Händen auf. Sie bereiten sich darauf vor, den Saltarello zu tanzen. Francesco, Bernardino und der Chor der Gaukler, den Freunden von Cellini, erscheinen auf der Galerie des kleinen Theaters.

CHOR DER GAUKLER
Kommt, kommt, Volk von Rom,
Kommt, um was Neues zu hören!

CHOR DES VOLKS
auf dem Platz und den Tanzenden Beifall spendend
Ah! ah! Bravo! brave! bravo! bravo!

DIE GAUKLER
Kommt! Kommt, den geschickten Mann zu sehen,
Er wird auf die Bühne treten!

CHOR DES VOLKS
Ah! ah! Bravo! bravo! bravo! bravo!

DIE GAUKLER
Kommt, kommt, Volk von Rom,
Kommt, aufs neue zu vernehmen,
Kommt, kommt, den geschickten Mann zu sehen,
Er wird auf die Bühne treten!

DAS VOLK
Aber schon breitet die Menge
Im Schatten und in der Nacht
Auf Rom
Die Freude und den Lärm aus.
Und die Liebe, die Begeisterung
Verjagen in der Stadt
Im Feuer die Traurigkeit
Der Herzen und der Augen.

DIE GAUKLER
Kommt, Volk von Rom, Zur neuen Oper.

DAS VOLK
Ah! Tönt Trompeten!
Erklingt Musetten,
Erklingt, lustige Tamburins!

DIE GAUKLER
Kommt, den geschickten Mann zu sehen... etc.

DAS VOLK
Tönt Trompeten!... etc.

DIE GAUKLER
Eilt herbei, Harlekine,
Doktores und Pasquins.

DAS VOLK
Ah! Es lebe die Freude!
Auf dass man darin ertrinke!
Lasst uns trinken, singen, tanzen.

DIE GAUKLER
Schwarze Masken, runde Bäuche,
Kommt, die Possenreisser zu schauen.

DAS VOLK
Ah! Der Karneval
Ist ein grosser Ball,
Wo Könige und Bettler,
Alle glücklich sind... etc.

TERESA
Ah! Der Karneval Ist ein grosser Ball
Wo Könige und Bettler Glücklich sind.

DIE GAUKLER
Ohne uns ist das Fest unvollständig
Herrschaften, entfernt euch nicht.
Bleibt, bleibt, die Komödie kann beginnen,
Sie ist des Fastnachtdienstags würdig.
Kommt alle herbei!

DIE TANZENDEN und EIN TEIL DES VOLKS
Verwünschter Schwätzer, alte Trompete,
Deine Quodlibets verlocken uns nicht.
Auf deiner Bühne schreie aus vollemHals!
Wir finden den Tanz reizvoller!

DIE GAUKLER
Eilt herbei, eilt herbei,
Doktores und Pasquins,
Eilt herbei, eilt herbei!
Ah! Verwünschte Tänzer.

DAS VOLK
Die Liebe und die Trunkenheit
Vertreiben die Traurigkeit,.. etc.
Der Karneval Ist ein grosser Ball.., ete.

Das Schauspiel beginnt. Der Vorhang, der den hinteren Teil des Theaters von Cassandro verdeckt hatte, wird aufgezogen und lässt die Akteure sehen. Man sieht einen grossen Beutel mit Geld, gekrönt von einer Papstmitra und auf einem Thron liegend. Am Fuss des Throns teht der Schatzmeister, der in Kleidung und Aussehen Balducci ähnlich sieht. Das Volk versammelt sich vor der Bühne. Balducci und seine Tochter steigen auf eine Bank, um besser das Possenspiel verfolgen zu können

Ruhe! Ruhe! Ruhe!
Genug getanzt!
Cassandro beginnt!

DIE FRAUEN
Cassandro, beginnt!
Wohlan! Seien wir ruhig!

DAS VOLK
Ah! ah! sehr gut. Das ist der Heilige Vater,
Und das ist sein Schatzmeister, der Herr Balducci.

BALDUCCI
Ah! So ist das!
Mich in Szene zu setzen,
Mich, Balducci?

TERESA
Gehen wir von hier fort.

BALDUCCI
Nein, nein, danke,
Um dieses zu sehen,
Da man mich heranzieht,
Werde ich mir alles ansehen
Bis zum Ende!
Ich will dem Papst
Heute abend sagen,
Wie man uns verhöhnt,
Und wie man untergräbt
Unser Ansehen.

DAS VOLK
Ruhe dort!
Man versteht nicht!
Ruhe! Man versteht nicht
Die Pantomime.

CELLINI
zusammen mit Ascanio, links vorne auf der Bühne wieder erscheinend
Siehst du Teresa?

ASCANIO
Sie ist dort.

FIERAMOSCA
in weisser Kutte, von rechts kommend, mit Pompeo in brauner Kutte
Siehst du Teresa?

POMPEO
Sie ist dort.

TERESA
Oh! Welches Unbehagen!
Welche Verwirrung!

DAS VOLK
Man versteht nicht
Die Pantomime! Endlich Ruhe dort!

BALDUCCI
Sollte ich schweigen? Ich will nicht.

DIE MÄNNER AUS DEM VOLK
Ruhe! Ruhe!

DIE FRAUEN
Ruhe also, da dort!
Seid ruhig!
Pst! man beginnt,
Seid ruhig!

KOLOMBINE
Edle Damen, meine Herren, Harlekin und Pasquarello
werden die Ehre haben, in Ihrer Anwesenheit
um die Palme des schönsten Gesanges zu wetteifern.

Der falsche Schatzmeister ordnet an, dass die Sänger erscheinen. Harlekin tritt zunächst vor, eine Lyra in der Hand; dann zeigt sich Pasquareilo, er hat Eselsohren.

EIN TEIL DES VOLKS
Das ist Meister Harlekin,
Der erste römische Tenor.!

EIN ANDERER TEIL DES VOLKS
Das ist Pasquarello! Das ist ein Sänger aus derToskana,
Aber ist das ein Mensch oder ein Esel?

DIE FRAUEN
Lasst uns ruhig sein.
Schauen wirgut
Meister Harlekin zu.
Lasst uns ruhig sein.

DIE MÄNNER
ungeduldig und sich an die Frauen wendend
Ruhe!

DIE FRAUEN
leiser fortfahrend
Schauen wir gut zu,
Lasst uns ruhig sein.

Harlekin singt, sich selber auf der Lyra begleitend, eine Ariette sanften und zärtlichen Charakters. Während dieser Romanze fährt das Volk fort, zu sprechen; der falsche Schatzmeister gähnt derweil und schläft ein.

Ensemble

DIE MÄNNER DES VOLKS
Gut, gut, gut,
Das ist sehr gut,
Ruhe also...

DIE FRAUEN
Schauen wir gut zu, Meister Harlekin;
Das ist ein berühmter römischer Tenor!
Schauen wir gut zu.

ALLE
Ah! bravo, wie er singt,
Ah! welch göttliche Kehle!
Wie er alles
Von sich gibt,
Wie er für einen Stummen
Schmachtend singt.

Pasquarello singt seinerseits, indem er sich auf der grossen Trommel begleitet. Während dieses schwerfälligen und trivialen Stücks verharrt das Volk im tiefsten Schweigen; der falsche Schatzmeister ist hingerissen und vor Freude ausser sich; er schlägt jeweils zu falschen Zeiten den Takt mit

EINIGE MÄNNER DES VOLKS,
auf den falschen Schatzmeister zeigend
Es gefällt dem alten Mann sehr,
Sieh nur, wie er sich dreht.

BALDUCCI
Das ist zu stark!

EIN ANDERER TEIL DES VOLKS
Seht doch den Alten!
Er ist glücklich!
Tatsächlich,
Oh! Gott!
Beglückwünscht!
Ah! ah! was für ein Grobian, ah! ah!

Als Pasquarello aufgehört hat zu singen, kommt HarIckin vor, um den Preis für den Gesang in Empfang zu nehmen. Nach einigen verächtlichen Gesten greift der falsche Schatzmeister langsam in den Geldbeutel und nimmt eine kleine Geldmünze heraus, die er Harlekin gibt; Pasquarello seinerseits tritt vor; der begeisterte Preisrichter greift mehrmals in den Beutel und nimmt viele Goldstücke heraus, welche er Pasquareilo überhändigt.

DAS VOLK
Seid überrascht,
Wenn er den Preis erhält.
Sein Richter hat Ohren,
Die ganz ähnlich sind.

BALDUCCI
Lumpengesindel!

TERESA
Pst! Eure Rufe Verdoppeln das Gelächter.

Der falsche Schatzmeister setzt Pasquarello eine Krone von Lorbeeren auf den Kopf. Harlekin ist unzufrieden, ergreift seinen Schlägel und prügelt damit seinen Rivalen und den Verteiler der Gnaden. Kolombine versucht vergeblich, ihn davon abzuhalten.

DAS VOLK
Bravo!

BALDUCCI
Schurken, sich so über mich lustig zu machen!

DAS VOLK
Midas!

BALDUCCI
stürzt sich wütend, seinen Stock in der Hand schwingend, auf die Bühne von Cassandro
Warte, das geschieht mit dir!

DAS VOLK
Nach der Komödie
Nun die Tragödie.
Es lebe der Karneval!
Das Original Nach der Kopie,
Wir werden sehen, wer
Von euch beiden der Hässlichste ist.

Alle Zuschauer drängen lebhaft dem hinteren Teil der Bühne zu, um den Ausgang der Auseinandersetzung zwischen Balducci und den Gauklern mitzuerleben, Allgemeiner Aufschrei. In diesem Augenblick fällt die Nacht herein. Die Moccoli tauchen auf Die Strasse und der Platz werden von einer Vielzahl von kleinen Kerzen erleuchtet, welche die Masken mit sich herumtragen und, sich gegenseitig verfolgend, einander ausblasen und wieder anzünden.

FIERAMOSCA
zu Pompeo, auf dem vorderen Teil der Bühne
Komm, Schritt für Schritt,
Beeilen wir uns,
Bieten wir den Arm an
Meiner Geliebten.

CELLINI
zu Ascanio, auf dem vorderen Teil der Bühne
Komm, Schritt für Schritt,
Beeilen wir uns,
Bieten wir den Arm an
Meiner Geliebten.

TERESA
auf dem vorderen Teil der Bühne, in der Mitte, und überrascht
Ein weisser Mönch!... Das ist Cellini!
Was seh' ich? ein anderer hier?
Zwei Kapuziner...

FIERAMOSCA
von der einen Seite
Ich bin es!

CELLINI
von der anderen Seite
Ich bin es!

TERESA
Gott! welcher ist es?

CHOR DER MASKEN
einander verfolgend
Moccolo! Moccoli!

FIERAMOSCA und CELLINI
Ich bin es! Nehmt meinen Arm!

CHOR
Moccolo, Moccoli!
Aus das Moccolo!

CELLINI
Was! bei der Hölle und meinem Schutzpatron,
Ein anderer Mönch... ah! Verrat!

POMPEO
zu Fieramosca
Geh'!, fürchte nichts, geh'trotzdem weiter.

FIERAMOSCA
Ah! Verfluchte Mönchskutte, törichte List!

POMPEO
Halte stand!

ASCANIO
Rächen wir uns für den Verrat!

POMPEO
Halte stand, halte stand.
Geh', fürchte nichts.

CELLINI
sein Schwert ziehend
Wer du auch sein magst, Mensch oder Teufel,
Es ist um dich geschehen!

FIERAMOSCA
Pompeo! zu nur!
Schnell, weiter.

ASCANIO
hinter Fieramosca herlaufend
Warte, du, der du nach vorne eilst!

TERESA
Himmel, zu Hilfe! Auf dass man sie aufhalte!

DAS VOLK
sie zurückhaltend
Aber seid ihr verrückt, an einem Festtag?
Habt ihr den Verstand verloren?

CELLINI
sich befreiend
Nein, ich habe nicht den Verstand verloren,
Nein.

TERESA
Im Namen des Himmels.
Auf dass man sie aufhalte!

FIERAMOSCA
vor dem Schwert Ascanios zurückweichend
Mir zu Hilfe!

POMPEO
kämpfend
Halte stand!

CELLINI
Pompeo heftiger bedrängend
Nein, nein...

FIERAMOSCA
sich rettend, verfolgt von Ascanio
Mir zu Hilfe!

CELLINI
Nein!... nein!...
Er sticht Pompeo nieder

POMPEO
fallend
Ah! ich sterbe!

Alle, die Moccoli tragen, bleiben stehen und umringen Pompeo, der auf dem Boden ausgestreckt liegt.

DAS VOLK
Ein toter Mann! Schnell, die Wache...
Ein Toter!

BALDUCCI
auf dein vorderen Teil der Bühne zurückkommend, ohne Stock und die Kleider in Unordnung
Ein Mörder... meine Tochter... ein Toter!

FIERAMOSCA
auf der linken Seite der Bühne wieder auftauchend, immer noch verfolgt von Ascanio

Mir zu Hilfe... Pomp... tot!

DAS VOLK,
auf Cellini hinweisend
Ja, das ist dieser Mönch... ja... auf dass man ihn
Festhalte, sein Schwert funkelt und raucht noch.

Die Schergen nehmen Cellini fest

CELLINI
Ich bin verloren!

FIERAMOSCA
Ich bin gerettet!

ASCANIO
Mein armer Meister!

FRANCESCO und BERNARDINO
Der Meister ist gefasst!

FIERAMOSCA
Man hält den Verräter fest.

BALDUCCI, FRANCESC0 und DIE GAUKLER
Ah! Verfluchte Nacht!

CELLINI und TERESA
Grausames Geschick!

DIE FRAUEN DES VOLKS
So ein schöner Mann!

DIE MÄNNER DES VOLKS
Ah! was für ein Schurke!

CELLINI
Verfluchte Nacht!

Die Lehrlinge und Freunde von Cellini geben vor, die allgemeine Empörung zu teilen.

Ensemble

FRANCESCO, BERNARDINO, BALDUCCI, FIERAMOSCA und DAS VOLK
Einen Mönch zu ermorden!...
Einen Geistlichen, ah! das ist schändlich!
Das ist ein Räuber des Apennins;
Das war der Liebhaber von irgendeiner Frau,
Soldaten, passt gut auf den Mörder auf!
Das ist die Rache, das ist gewiss.

TERESA
Ah! arme Frau!
Allein für mich hat er sich ins Unglück gestürzt.
Schändlich, durchtriebene Feiglinge!
Ihn wie einen Mörder zu behandeln.

CELLINI
Ah! schreckliche Nacht, oh verfluchtes Schicksal!
Schändliche Feiglinge,
Mich wie einen Mörder zu behandeln.

ASCANIO
Ah! Mein lieber Meister! das ist schändlich!
Ihn wie einen Mörder zu behandeln

Plötzlich schiesst die Kanone der Engelsburg; bei diesem Signal verlöschen mit einemmal alle Lichter, welche die Masken tragen, und eine tiefe Dunkelheit hüllt den Platz ein.

CELLINI
Zu mir, meine Freunde,
Zu mir, ich bin gefangen!

Die Freunde von Cellini nutzen die Dunkelheit aus, um sich auf die Wachen zu stürzen. Ihr plötzliches Vorgehen richtet unter dem Volk Verwirrung an. Cellini macht sich frei und rettet sich.

DAS VOLK
Man sieht dort nicht!

BALDUCCI, FIERAMOSCA und EIN TEIL DES CHORS
Wachen, haltet ihr den Mann fest?

DIE SCHERGEN
Zu uns, Bürger!

DAS VOLK
Zu uns, Soldaten!

TERESA, ASCANIO und DIE FREUNDE VON CELLINI
Er ist verschwunden!

FIERAMOSCA und BALDUCCI
Verfluchte Kanone! Der Schlingel war gefasst!

Ensemble

BALDUCCI, FIERAMOSCA und DAS VOLK
Verfluchte Kanone der Engelsburg,
Weil zu sprechen dich gelüstete,
Bei Gott! der Augenblick war gut gewählt;
Ohne dich wäre der Schlingel gefasst.

TERESA, ASCANIO, FRANCESCO, BERNARDINO und DIE LEHRLINGE VON CELLINI
Ah! Liebe Kanone der Engelsburg,
Weil der Tag sich zur Nacht wandelte,
Danke! der Augenblick ist gut gewählt,
Denn die Soldaten hatten ihn ergriffen.

BALDUCCI
seine Tochter suchend
Teresa!

TERESA
Mein Vater!

ASCANIO
Teresa erkennend
Pst! Nehmt meinen Arm.
Kommt, ich werde eure Schritte leiten!
Ascanio reicht Teresa seinen Arm und führt sie fort, wobei er versucht, Fieramosca und Balducci aus dem Weg und gehen.

Ensemble

DAS VOLK UND DIE FREUNDE VON CELLINI
Den Mörder! ah, Gott! Man schlägt uns halb tot!
Zu Hilfe! den Mörder! Welch schrecklicher Lärm!
Verfluchte Kanone! Man hielt den Mann fest!
Er war gefasst. Ah! welches Chaos!
Die Menge wird grösser! Man sieht nichts.
Der Schlingel entkommt.
Man wird ihn nicht einfangen.

BALDUCCI
Teresa! Teresa! meine Tochter! Welcher Lärm!
Ich sehe ihn nicht.

FIERAMOSCA
Verfluchte Kanone!
Ah! Verrat!
Er war gefasst, zu Hilfe! den Mörder!
Ah, welcher Lärm!
Ah! der Schlingel entkommt... man sieht ihn nicht!

TERESA und ASCANIO
Ah, welch entsetzlicher Lärm!
Man wird ihn nicht fangen.
Ah, welches Chaos! Grosser Gott,
Welch entsetzlicher Lärm!

DAS VOLK
Ah! verfluchte/liebe Kanone... etc.
Ah! welches Chaos und welcher Lärm!
Die Menge wird grösser... etc.

BALDUCCI
mit Fieramosca zusammenstossend
Der weisse Mönch!

FIERAMOSCA
Was!

BALDUCCI
schreiend
Ah! Ich halte den Mann!

FIERAMOSCA
Seid ihr verrückt?

DIE SCHERGEN
Gut, gut... wir kommen.

BALDUCCI
Bewacht ihn gut!

DIE SCHERGEN
Ja, ja, danke.

BALDUCCI
Teresa!

DAS VOLK
Der Lump, das ist er!

DIE LEHRLINGE VON CELLINI
Gut, das ist Fieramosca!

FIERAMOSGA
Ich bin nicht...

DAS VOLK und DIE SCHERGEN
Doch... doch...
Schnell, gehen wir.. .

FIERAMOSCA
Ihr haltet mich für...

DIE SCHERGEN und DAS VOLK
Der Mann...
Ja! ja! Das ist gut.

FIERAMOSCA
Aber ich heisse
Fierarnosca, sage ich euch.

DIE SCHERGEN
Ins Gefängnis, schnell, ins Gefängnis!

BALDUCCI
ständig rufend
Teresa!

VERSCHIEDENE STIMMEN
von allen Ecken des Platzes aus
Er ist gefasst!

FIERAMOSCA
Ich bin Fieramosca, sage ich euch.

Ensemble

EIN TEIL DES VOLKS, TERESA, ASCANIO und FRANCESCC
Ah! Halunke, hässlicher Mörder,
Alter Abtrünniger,
Wir verstehen es gut, dich aufzuhängen.
Auf, du wirst nicht entkommen.

EIN ANDERER TEIL DES VOLKS, BERNARDINO und BALDUCCI
Einen Kapuziner zu ermorden in der Nacht
Zum Aschermittwoch!
Wir verstehen es gut, dich aufzuhängen.
Auf, du wirst nicht entkommen.

FIERAMOSCA
Mich gefangennehmen, mich einsperren!
Wollt ihr mich anhören!
Ich bin ein guter Bürger.
Mich aufhängen... mich... mich... Fieramosca.

ALLE
Oh , Gott! Luft! Ich ersticke! Mitleid!
Ah! ah! Platz!
Wir werden nicht von hier fortkommen.

BALDUCCI
ständig seine Tochtier rufend
Meine Tochter! Teresa!... ich sehe sie nicht!

TERESA und ASCANIO
Gehen wir, brechen wir auf. Ahl verlasst mich nicht.

FIERAMOSCA
der Anstrengungen unternimmt, seinen Hals vom Zugriff der Schergen zu befreien
Ah, Gott! Ich ersticke. Ah! erdrosselt mich nicht!

ALLE
Grosser Gott! Die Menge wird grösser!
Ihr erdrückt mich,
Welche Qual!
Wir werden nicht von hier fortkommen.
Ah, welches Chaos, welche Verwirrung!
Ah, welches Getöse.

ZWISCHENSPIEL

ZWEITER AKT

ERSTES BILD: ASCHERMITTWOCH

Das Bildhauer-Atelier von Cellini. Im Hintergrund ein grosses Fenster, zur Strasse hin. Links ein Gipsmodell der Kolossal-Statue von Perseus. Nahe dabei ein Fussschemel und auf der Erde ein Hammer und einige Handwerkzeuge. Es ist früher Morgen.

ERSTE SZENE
Teresa und Ascanio auf der Schwelle der halbgeöffneten Tür

TERESA
Ah! Was ist aus ihm geworden? Jesus! wo kann er sein?

ASCANIO
die Tür schliessend
Er kann nicht zögern, zu erscheinen, Teresa, habt keine Angst.

TERESA
Er ist gefangen! Er ist gefangen oder tot,
Ich schwöre es euch!

ASCANIO
Weder das eine noch das andere, glaubt mir;
Mein Meister ist nicht der Mann, der als Futter dient
Den Lakaien des Papstes, den Schergen des Gesetzes.

TERESA
Aber, wer kann ihn gefangenhalten?

CHOR DER MÖNCHE
von draussen
Vas spirituale, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.

ASCANIO
Hört!
Er Iäuft ans Fenster

TERESA
Ist er es?

ASCANIO
das Fenster verlassend
Ach, dieses Lied, das traurig gegen
Die Gewölbe des Himmels ansteigt,
Ist nur der Gesang der Ordensbrüder,
Die Litaneien singend daherziehen, um
Hier in der Nähe frornmen Pflichten nachzukommen.

DER CHOR
in geringerer Entfernung
Vas honorabile, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.

TERESA
Welche Qual!

ASCANIO
Lasst uns hoffen.

TERESA
Lasst uns beten.

TERESA und ASCANIO
Lasst uns beten.

Gebet

DER CHOR
ein wenig näher
Rosa purpurca, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.

TERESA
knieend und Ascanio an ihrer Seite stehend
Heilige Jungfrau Maria,
Stern des Morgens...

DER CHOR
näher
Turris Davidica, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.

TERESA und ASCANIO
Möge dein geliebtes Licht
Einen göttlichen Strahl werfen...

DER CHOR
noch näher
Turris eburnea, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.

TERESA und ASCANIO
Werfe einen göttlichen Strahl
Auf rnein/ihr trauriges Geschick.

DER CHOR
der beginnt, vor dem Fenster vorbeizuziehen
Stella matutina, Maria, sancta mater
Ora pro nobis.

TERESA und ASCANIO
Heilige Jungfrau Maria,
Stern des Morgens...

DER CHOR
sich entfernend
Turris eburnea, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.

TERESA und ASCANIO
Bringe zurück, ich bitte dich darum,
Bringe zurück meinen/ihren Geliebten.

DER CHOR
weiter entfernt
Vas honorabile, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.

TERESA und ASCANIO
Bringe zurück meinen/einen zärtlichen Geliebten
Zu meinem/ihrem leidenden Herzen,

DER CHOR
Rosa purpurea, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.

TERESA und ASCANIO
Oh! Führe zurück meinen/einen Geliebten
Zu meinern/ihrem leidenden Herzen.

DER CHOR
aus weiter Ferne
Stella matutina, Maria, sancta mater,
Ora pro nobis.


ZWEITE SZENE
Die Vorigen, Cellini

Cellini stürzt Hals über Kopf herein. Er ist noch als weisser Mönch verkleidet; seine Kutte ist blutbeschmiert.

CELLINI
Teresa!

TERESA
Cellini!

ASCANIO
Cellini!

CELLINI
Ja, meine Kinder, ich bin bei euch.

TERESA
Ah! der Himmel sei gesegnet!
Ihr seid nicht verwundet, ich hoffe es?

CELLINI
Nein, Gott sei Dank! Beruhigt euch, meine Liebe;
Ich habe nichts gehabt als ein wenig Furcht.
Ich hatte all mein Glück nötig um mich aus dieser
Sache zu ziehen. Ah! das ist ein Wunder!

TERESA und ASCANIO
Wieso?

CELLINI
Ja, hört mir gut zu,
Und ihr werdet es zugeben, die Sache ist
Unvergleichlich.

Meinen Dolch in der Hand, im Schutze der Nacht,
Vor meinen Schritten zerteilt sich die Menge;
Von allen Seiten stürzt unter meinen Schlägen
Und mit grossem Lärm
Die lebende Mauer, die mich einschloss, ein, und
Ich kann fliehen, ich fliehe ... Aber man folgt mir!
Die Todesschreie dieses Pöbels,
Dieses weisse Gewand, das sie auf meine Spur hetzt,
Alles in meinem Lauf und mich aufhält und
Mich erstarren macht!
Noch eine Sekunde, oh Verzweiflung!
Und ich bin dem Untergang nahe!
Aber eine Türe ist halb geöffnet geblieben,
Ich verstecke mich dort. Sie haben mich nicht
Sehen können:
Ich schliesse sie! Sie haben meine Spur verloren...
Oh! Gesegnet sei mein Schutzpatron, der mir hilft,
Und du Teresa, der Gedanke an dich!
Vor Müdigkeit und Aufregung
Lässt das Herz mich im Stich und der
Boden schwindet mir unter den Füssen!

TERESA
Gerechter Himmel! Vollende, das Entsetzen
Verzehrt mich, selbst an deiner Seite.

CELLINI
Als ich die Beherrschung meiner Sinne wiederlangte,
Leuchteten die Dächer im Licht des Morgengrauens,
Die Hähne krähten und der Lärm der Passanten
Hallte auf dem Pflaster wider.
Wie zu mir nach Hause gelangen, ohne gesehen zu werden,
Ohne dass meine Kutte mich an die Häscher verriet?
Weiss gekleidete Mönche, oh unvorhersehbares Glück,
Ziehen da vorbei, um sich zum Gottesdienst zu begeben.
Gekleidet wie sie, schleiche ich mich in ihre Reihen ein,
Auf gut Glück... mein günstiger Stern führt
Sie diesen Weg, Gott sei Dank!
Und, noch besser, ich finde dich hier.

TERESA
sehr bewegt
Ah! Möge Gott uns niemals mehr auseinanderbringen!

ASCANIO
Aber muss keinen Gefahren begegnet werden?

CELLINI
Mein Tod ist nur aufgeschoben...
Meine Freunde, wir müssen fliehen.

TERESA
Wir fliehen?

CELLINI
Auf der Stelle!

ASCANIO
bestürzt
Aber, Meister, deine Statue!...

CELLINI
Zum Teufel mit meiner Statue, und mit dem Papst und
Mit dem Gesetz!... Ich denke heute nur daran,
So schnell wie möglich zu fliehen.
zu Teresa
Mit dir, liebes Kind.
Ascanio, für die Flucht
Gehe ein Pferd holen.

ASCANIO
Meister, verlasst euch auf mich,
Ich komme augenblicklich zurück.
Er geht nach rechts ab


DRITTE SZENE
Teresa und Cellini

TERESA
Ah! Der Himmel, lieber Gatte,
Erweist sich uns endlich günstig gestimmt!
Da er uns nach dieser Prüfung
Vereinigt hat,
Ist es nicht so? Das ist der Beweis,
Dass unser Versprechen gesegnet ist.

CELLINI
Ja, meine Schöne, an diesem Tag
Denken wir beide nur an die Liebe.
Oh meine junge Geliebte!
Beeilen wir uns, zu geniessen
Den Frieden, den uns lässt
Die Zeit, die leider so schnell vergeht.

TERESA
Diese Nacht, nichts als Schrecken!

CELLINI
Die Vergangenheit ist nur ein Schatten...

TERESA
Aber die Nacht weicht dem Tag...

CELLINI
Geben wir nichts dem Schicksal...

TERESA
Der Tag trocknet die Tränen...

CELLINI
Die Zukunft ist zu dunkel...

TERESA
Und da sind sie zurück,
Das Glück und die Liebe.

CELLINI
Lass' uns zuerst leben lassen,
Bevor der Tod kommt!

TERESA
Ah! schnell, schnell!
Beeilen wir uns!
Ziehe Dieses Kleid aus,
Von Blut befleckt!

CELLINI
seine Mönchskutte ausziehend, die er auf einem Stuhl rechts niederlegt
Ja, die Zeit vergeht!
Werfen wir das fort;
Aber seine Stelle
Wird einnehmen
Dieser Harnisch!

TERESA
Halte, da ist er!
Wähle das Schwert,
Den härtesten Stahl,
Einen Schild!...

CELLINI
Welcher Mut!
Mein edler Page,
Mein Knappe!

TERESA
Ah, schnell, schnell,
Nimm stattdessen
Diesen Harnisch.

CELLINI
Ah! Welcher Mut. .. etc.

Ensemble

TERESA
Ah! der Himmel, lieber Gatte,
Erweist sich uns günstig,
Da er uns nach dieser Prüfung
Wieder vereinigt hat;
Ist es nicht so? Das ist der Beweis,
Dass unser Versprechen gesegnet ist.
Das ist geschehen, unser Versprechen ist gesegnet,
Er ist für uns, er erklärt sich!

CELLINI
Ja, der Himmel ist für uns;
Da er uns nach dieser Prüfung
Vereinigt hat.
ja, das ist wohl der Beweis,
Dass unser Gelübde gesegnet ist,
Das ist geschehen, alle unsere Gelübde sind gesegnet.
Er ist für uns, er erklärt sich.

TERESA und CELLINI
begeistert
Wenn von den Gipfeln des Berges
Der unruhige Adler
Die Stimme seiner Gefährtin vernimmt,
Die Gefangen ist im Netz,
Stösst er den Winden seinen Kriegsruf entgegen,
Stürzt sich auf das Fangnetz
Und flieht mit der Gefangenen
Fort aus den Wäldern!
Vergeblich sausen die Kugeln, vergeblich das Pulver
In der Luft.
Sein Flügelschlag geht dem Donnerschlag voran
Wie der Blitz!
Auf nach Florenz; in seiner Luft
Trotzt und verschmäht der
Toskanische Adler den Donner
Des Vatikans.
Beeilen wir uns!
Wenn von den Gipfeln des Berges etc.


VIERTE SZENE
Die Vorigen, Ascanio herbeieilend

Dialog

ASCANIO
Ah! Meister!... mein lieber Meister!...

CELLINI
Was ist?

ASCANIO
Hier ist der Schatzmeister mit Fieramosca!...
Ich habe sie durchs Fenster gesehen!...

TERESA
Mein Vater!

CELLINI
Fürchte nichts.

ASCANIO
Ah! Mein Gott, da sind sie!
Cellini beeilt sich, Teresa hinter der Statue von Perseus zu verstecken.


FÜNFTE SZENE
Teresa, Ascanio, Cellini, Balducci und Fieramosca, der, Cellini erblickend, zur Türe zurückgeht

Sextett

BALDUCCI
seinen Stock in der Hand haltend
Ah! Endlich finde ich dich,
Du grosser Herumtreiber,
Entführer, Raufbold,
Elender Mörder!

CELLINI
Oh! oh! Meister Giacomo, warum
Dieser Zorn und soviel Lärm bei mir?

BALDUCCI
Heuchler, gib mir meine Tochter zurück,
Sie ist bei dir.
Gib sie mir zurück!
Oder dieser Stock...
Er hebt seinen Stock gegen Cellini

CELLINI
Unglücklicher!

TERESA
hervortretend
Ah! mein Vater!
Ich falle zu euren Füssen nieder!

BALDUCCI
Du bist also doch da, Viper!
Das nenne ich deine Mutter zu ehren!
Aus dem Hause fliehen, um einem Mörder zu folgen!
Zu mir, Fieramosca, mein Schwiegersohn!
Da ist deine Frau, nimm sie mit!

ASCANIO, TERESA, CELLINI und FIERAMOSCA
Grosser Gott! Was höre ich da?

FIERAMOSCA
schüchtern, auf Teresa zugehend
Meine Frau! gehen wir... beeilen wir uns!...

CELLINI
Schuft! Wenn du ihren Arm berührst!...

BALDUCCI
zu Fieramosca
Nun denn, geh also, mein Schwiegersohn!

FIERAMOSCA
zurückweichend
Ich einen Skandal machen?

CELLINI
Schuft! Wenn du einen Schritt machst,
Lass ich dich in die Hölle steigen.

Ensemble

TERESA
zu Cellini
Mässigt euch!

ASCANIO
Was für ein Schwiegersohn!

FIERAMOSCA
Ich! einen Skandal machen!

BALDUCCI
Mein Schwiegersohn!


SECHSTE SZENE
Die Vorigen, der Papst, eintretend, mit seinem Gefolge

ALLE
Der Papst hier! Vorsicht!
Schnell, in die Knie! Frieden und Ruhe.
Sie knien nieder

DER PAPST
mit väterlicher Stimme
Für alle Sünden vollständigen Ablass,
Oh meine Kinder, erhebt euch!
Von allen Rechten der Macht sind
Das heilige Mitleid und die Milde
Die sanftesten für unser Herz.
Für eure Sünden vollständigen Ablass,
Oh meine Kinder, erhebt euch!

BALDUCCI und FIERAMOSCA
Gerechtigkeit für uns, Herr und Meister!
Zu eueren heiligen Füssen werden wir niederlegen
Unsere Bitte... oh! rächt uns!

DER PAPST
Gerechtigkeit? oh! aber, was wollt ihr?
Meine lieben Freunde, erhebt euch!

BALDUCCI
Ein Unverschämter hat meine Tochter geraubt,
Die Ehre meiner Familie beschmutzt!

FIFRAMOSCA
Der Dolch eines niederträchtigen Feindes hat
Meinen edlen Freund niedergestochen.

DER PAPST
Und der Schuldige von all dem?

BALDUCCI und FIERAMOSCA
O sehr Heiliger Vater, er ist hier;
Es ist Cellini.

ALLE
Cellini!

BALDUCCI
Das ist meine Tochter und der Schuldige!

FIERAMOSCA
die blutige Kutte zeigend, die Cellini ausgezogen hatte
Das ist das Blut und der Schuldige!

TERESA, ASCANIO und CELLINI
Nein, Cellini ist nicht schuldig.

DER PAPST
Cellini der Schuldige!...
Ein Mord mit Entführung!
In der Tat, das ist entsetzlich.
zu Cellini
Du wirst also immer der Teufel sein,
Unverschämter Taugenichts?

CELLINI
Nein, nein, ich bin nicht schuldig;
Wollt ihr mir einen einzigen Augenblick lang zuhören.

DER PAPST
ungeduldig
Und meine Statue,
Sage mir, was ist daraus geworden?

CELLINI
Sie ist noch nicht gegossen.

DER PAPST
Seit all der Zeit, was! noch nicht?

BALDUCCI
Sie ist noch nicht gegossen!

ALLE
Sie ist noch nicht gegossen!

DER PAPST
Wirklich, ich bin sehr sanftmütig!
Ja wirklich, etc.
Zu Cellini
Ein anderer wird sicherlich
Sorge dafür tragen, die Statue zu giessen.

TERESA, ASCANIO, BALDUCCI und FIERAMOSCA
Ein anderer seine Statue giessen!

CELLINI
Ein anderer meine Statue giessen!...
Gott!... Ist auf mein Haupt in diesem Augenblick
Der Bannstrahl niedergefallen?
Ein anderer... meine Statue giessen!
Ihr werdet unter der Kraft meines Arms
Das Modell und die Statue
In Stücke fallen sehen,
Bevor eine gemeine Hand..

TERESA und ASCANIO
Grosser Gott! Was wird er tun?

FIERAMOSCA, BALDUCCI und DER PAPST
Verwegener!
Stehst du nicht vor deinem Gebieter?

CELLINI
ausser Atem
Ah, möge die Jungfrau mir vergeben!
Und der Heilige Vater und mein Schutzpatron!
Aber kein anderer Künstler als ich,
Und wäre es Michelangelo, meiner Treu!
Wird meine Statue giessen.
Eher den Tod als diese Schande!

DER PAPST
Ah! Das werden wir schon sehen! Hola!
Wachen! auf dass man mir gehorche,
Diesen Menschen, man ergreife ihn,
Auf der Stelle!

Auf den Befehl des Papstes hin geht ein Teil der Wachen, der bei der Tür stand, vor, aber Cellini ist schon zu dem Schemel, der neben dem Modell seiner Statue steht, gelaufen.

CELLINI
Diese ganze Gipsfigur wird verschwinden,
Nicht ein Stück wird davon übrigbleiben,
Nein, bevor einer von ihnen mich ergreift!
Er hebt den Hammer, um die Statue zu zertrümmern.

TERESA, ASCANIO, FIERAMOSCA und BALDUCCI
Ah!

DER PAPST
Halt! halt! verfluchter Mensch!

Ensemble

TERESA und ASCANIO
Ah! was hat er gemacht und was hat er gesagt?
Zu wagen, dem Papst offen die Stirn zu bieten!

FIERAMOSCA und BALDUCCI
Was für ein Verbrecher und was für ein Bandit!
Zu wagen, dem Papst offen die Stirn zu bieten!

DER PAPST und BALDUCCI
Welcher Wagemut!

DER PAPST
Ah! so, Teufel!
Schwarzer Dämon!
Um dich zu beruhigen, was ist dafür vonnöten?
Sage es mir, antworte!

CELLINI
Das vollständige Verzeihen meiner Fehler.

DER PAPST
Gut, du sollst es ohne Beichte haben.

ASCANIO, TERESA, BALDUCCI und FIERAMOSCA
Er wird es ohne Beichte bekommen!

DER PAPST
Ich habe es gesagt, er wird das vollständige Verzeihen
Aller seiner Fehltritte haben.

CELLINI
Das ist nicht alles! Ich will auch noch
Diejenige, die mich liebt und die ich verehre.

DER PAPST
Du willst deine Begnadigung und Teresa?

BALDUCCI und FIERAMOSCA
Oh sehr heiliger Vater, haltet da ein!

CELLINI
Und dann will ich darüber hinaus
Die Zeit, um meine Statue zu giessen.

DER PAPST
Was! das alles?

CELLINI
Nichts als dieses.

ALLE
Nichts als dieses.

Ensemble

DER PAPST
Ah! Der Teufel hält mich am Gängelband;
Er weiss, dass der Kunst meine ganze Liebe gilt.
Der Unverschämte lacht ganz leise über meine Schwäche;
Aber bald wird meine Zeit kommen.

BALDUCCI
Der Teufel hält ihn am Gängelband;
Er weiss, dass der Kunst seine ganze Liebe gilt.
Er lacht über seine Schwäche-
Aber wir werden unsererseits lachen.

CELLINI
Ah! Ich halte ihn,
Ich weiss, dass seine ganze Liebe der Kunst gilt.

TERESA
Oh! Unheilvoller Tag!
Gott! Gewähre Mitleid meiner Liebe!

ASCANIO
Oh edle Kühnheit!
Oh guter Streich!

FIERAMOSCA
Ah! Der Teufel lacht über seine Schwäche,
Aber wir werden unsererseits lachen.

DER PAPST
zu Cellini
Wieviel Zeit hast du für deine Arbeit nötig?

CELLINI
Wenn es Gott gefällt,
Ist dieser Tag noch erforderlich.

DER PAPST
Genügt er dir?

CELLINI
Ja, ich hoffe es; seit langer
Zeit schon steht der Schmelzofen unter Feuer.

DER PAPST
gibt den Wachen ein Zeichen, sich zurückzuziehen
Es sei denn, ich stimme zu!...
Bei diesen Worten legt Cellini seinen Hammer nieder und nähert sich dem Papst
Aber, lustiger Meister,
Erinnere dich gut an meine Worte:
Ich selber werde ins Atelier diesen Abend
Persönlich schauen kommen,
Wie dein Guss gediehen sein wird.
Aber, wenn dein Guss nicht gemacht worden ist,
Bei der Gerechtigkeit und bei Gott,
Werde ich deinen Kopf ausliefern.
Wenn Perseus endlich nicht gegossen ist,
Wirst du schondiesen Abend gehängt werden.
Ich hoffe, du hast gut verstanden.

Ensemble

TERESA und ASCANIO
Gehängt! Gehängt!
Wenn nicht sehr bald gegossen ist.
Was? grosser Gott! er! gehängt!

BALDUCCI und FIERAMOSCA
Gehängt! Gehängt!
Wenn nicht sehr bald gegossen ist,
Dann wird der Geck gehängt!
Ja, gehängt!

CELLINI,
ironisch zum Papst
Für meine Sünden, welches Verzeihen!
Oh! Heiligster Vater, welche Güte! Gehängt!

DER PAPST
Ja, gehängt!

FINALE

Ensemble

DER PAPST
Ah! jetzt wagt er nicht, sich seiner
Dummen Unverschämtheit zu rühmen.
Ah! Das war zuviel Fechheit,
Und ich muss sie bestrafen,
Nicht ein Heiliger, nicht ein Engel
Werden ihm zur Hilfe kommen.
Er trotzte meiner Macht.
Ah! Es'st aus, ich habe keine Nachsicht mehr.

CELLINI
Ah! ich fühle mich so kräftig,
Wenn Gott mir hilft, muss ich erfolgreich sein,
Im Herzen habe ich zuviel Kraft,
Um zu versagen.
Ich trotze ihrer Rache
Gott liebt die Tapferkeit
Und lässt sie erfolgreich sein.
Ihre niedrige Rache
Wird nicht triumphieren.

TERESA
Keine Chance mehr!
Sein Schicksal ist es, unterzugehen!
Gegen ihn wendet sich selbst Gott.'
Ach! Wie könnte er Erfolg haben?
Ah! Es ist aus! ich verlier, alle Hoffnung!
Allein gegen alle kann er da Erfolg haben?
Mir bleibt nur noch, zu sterben
Vor Gram, vor Leiden!
Es gibt keine Hoffnung mehr,
Gott selbst wendet sich gegen ihn,
Die Heiligen noch die Engel
Werden ihm helfen.

ASCANIO
Was bedeutet es, dass man sich rächt!
Dass der Dreck
Aufspritzt unter seinen Schritten!
Im Herzen hat er zuviel Kraft,
Um schwach zu werden.
Gott liebt die Tapferkeit,
Trotz allem bin ich guter Hoffnung,
Und ihre niedrige Rache
Wird nicht triumphieren.

FIERAMOSCA und BALDUCCI
Ah! Lasst den Schlingel jetzt versuchen, sich zu retten.
Endlich ist er dem Untergang nahe.
O Wut, o Rache.
Beeilt euch, herzukommen.
Das war zuviel Unverschämtheit.
Ah! dieses Mal sichert alles meine gerechte Rache,
Keine Nachsicht mehr.
Dieser Lump, dieser Geck,
Dieser Eisenfresser,
Am Ende wird er doch in die Knie gezwungen.

CHOR DES PAPSTGEFOLGES
Welche Unverschämtheit!
Welche unglaubliche Frechheit!
Das ist zuviel,
Schon lange hätte der Schlingel
Den Lohn für seine Unverschämtheit erhalten sollen.
Welche Nachsicht,
Der Schlingel verdient sie nicht!

VIERTES BILD

VORSPIEL

Die Bühne stellt einen Teil des Schmelzateliers dar, das im Colosseum eingerichtet ist. Im Hintergrund ein Vorhang, der den Schmelzofen und die Schmelzerei-Arbeiter verdeckt. Zwei Türen, auf der rechten und auf der linken Seite. Verschiedene Werke von Cellini, in Gold, Silber, Bronze und Zinn, hier und dort verstreut auf der Erde oder auf Tischen gestellt. Die Uhr schlägt vier.

SIEBENTE SZENE

ASCANIO
allein, er tritt hopsend von links auf

Arie

Tra la la la la
Doch was fehlt mir nun eigentlich?
Alles bedrückt und langweilt mich.
Meine Seele ist traurig. Und doch! umso schlimmer!
Wenn die Melancholie kommt
Wenn mein Herz von Sorge erfüllt ist,
Tra la la lasinge ich und lache.
Dann plötzlich betäube ich mich.
Es ist also diesen Abend, dass man
Im Feuer unser bronzenes Kind tauft:
Das Colosseum ist seine Kirche,
Der Heiligste Vater ist der Taufpate,
Und die Zeugen das ganze römische Volk!
Tra la la la la la
Doch was fehlt mir nun eigentlich?… etc.

Ah! ah! ah! ah! Die herrliche Szene!
- Zu mir meine Wachen! Auf dass man ihn fortnehme!
- Heiliger Vater…oder dieser Hammer…
- Sehr schön! sehr schön! ich kapituliere;
Sobald man vorgeht, gehe ich zurück.
- Dann, primo, ich will meine Gnade! - Concedo!
Und secundo will ich Teresa! - Concedo!
Plötzlich hält der Heilige Vater ein,
Von meinem Meister braucht er den Kopf,
Nichts als das?
Ah!ah!ah!ah!
- Wenn Perseus schliesslich nicht gegossen ist,
Wirst du schon diesen Abend gehängt werden.
Gehängt! gehängt! das ist abgemacht!
Ah! ah! ah! Welche Gunst, Heiligster Vater,
Welche Gunst!
Aber was fehlt mir nun eigentlich?…etc.

Auf einen Fingerzeig von Cellini hin geht Ascanio nach rechts ab in die Schmelzerei, aus der Cellini gerade herauskommt.


ACHTE SZENE

CELLINI
allein und verträumt
Allein um zu streiten, allein mit meinem Mut!
Und Rom schaut mir zu! Rom!...
Gehen wir, unmenschliche Winde,
Blast, bläht die Wellen auf, und im Gewitter
Segle das Schiff unseres dunklen Schicksals!
Welches Leben, weiches Leben!


Arie
Auf den wildesten Bergen
Wäre ich nur ein einfacher Hirte,
Der auf die Weide führt
Alle Tage eine wandernde Herde!
Frei, allein und ruhig,
Ohne ermüdende Arbeit,
Fern von dem Lärm der Stadt umherirrend,
Würde ich lustig singen;
Dann, am Abend in meiner Strohhütte,
Einzig als Bett die Erde habend,
Wie in den Armen einer Mutter
Würde ich glücklich einschlafen.
Auf den wildesten Bergen... etc.


NEUNTE SZENE
Cellini, Ascanio, Chor der Schmelzarbeiter, von draussen

DER CHOR
Glücklich die Matrosen,
Diese Kinder der Fluten!

CELLINI
humorvoll
Gehen wir! Schon wieder dieses Klagelied!

DER CHOR
Auf dem Meer folgen sie
Fröhlich dem Wind.
Oh!

CELLINI
Immer kommt mit diesem Lied irgendein
Unglück einher.

DER CHOR
Und wenn ihr Schiff sinkt,
Ist die Welle ihr Grab.
Oh!

ASCANIO
eintretend, zur Seite
Unheilvolles Vorzeichen,
Dieser Gesang!

CELLINI
Niemals wird mein Werk
Vollendet werden,
Wenn sie den Mut verlieren.
sich mit Energie an die Arbeiter wendend
Das ist ein Strom von Metallen,
Von dem wir die Matrosen sind!
Die Welle zu regieren, ist ein Spiel,
Wenn man das Feuer regiert!

ASCANIO und CELLINI
Wohlan, Kinder, Mut!
Verdoppelt all eure Kraft!
Wohlan, Mut!
Mischt das Eisen und das Zinn;
Auf den Erfolg werden wir morgen trinken!

DER CHOR
noch trauriger
Glücklich die Matrosen,
Diese Kinder der Fluten!

Dialog

CELLINI
eine Schürze ergreifend, um sie sich umzubinden
Schnell, an die Arbeit, ohne weiter zu warten!
Es klopft an die Tür
Aber wer macht all diesen Lärm?

ASCANIO
der geöffnet hat, Hals über Kopf hereinstürzend
Fieramosca!


ZEHNTE SZENE
Die Vorigen, Fieramosca und zwei Sekundanten, die ungeheuer grosse Haudegen tragen

CELLINI
Was will dieser Dummkopf mit seinen Eisenfressern?

FIERAMOSCA
gewichtig
Cellini, ich komme,
Um dich zur Hölle zu schicken.

CELLINI
Mich zur Hölle schicken?..
Erkläre dich.

FIERAMOSCA
Nun ja! Ich komme, um dich für deine
Beleidigungen zur Rechenschaft zu ziehen.

CELLINI
Du, Hasenfuss?
Aber du weisst ja, ich kann nicht fortgehen.

FIERAMOSCA
Du weichst aus?...

CELLINI,
empört aufspringend
Heraus den Degen! Wir werden hier kämpfen.

FIERAMOSCA
Nein, nein! Wenn ich dich in deinem Hause töte,
Bin ich ein Mörder. . . so lautet das Gesetz.

CELLINI
Grosssprecher!
Ich sehe, was du willst.
Deine Verabredung!

FIERAMOSCA
Hier, ganz nahe, hinter
Dem Kloster St. Andreas erwarten wir dich.
Er geht mit seinen zwei Sekundanten durch die linke Tür ab


ELFTE SZENE
Cellini, Ascanio

CELLINI
Welches Missgeschick, dieses Duell!
Schnell, Knabe meinen Fechtdegen!


ZWÖLFTE SZENE
Teresa, in Reisekleidern eintretend, Cellini

TERESA
Cellini!

CELLINI
Teresa bemerkend
Teresa! Gott im Himmel! Teresa!


DREIZEHNTE SZENE
Teresa, Cellini, Ascanio

ASCANIO
ohne Teresa zu sehen
Meister hier ist dein Degen!

TERESA
Ein Degen!...
Nein, nein! Sicherlich gehst du,
Um dich zu duellieren!... bleibe hier!

CELLINi
Fürchte nichts, liebes Kind;
Ich gehe, um zum Teufel zu schicken
Deinen zukünftigen Gatten!
Er geht mit Ascanio ab


VIERZEHNTE SZENE

CHOR DER SCHMELZARBEITER
von draussen
Cellini! Cellini! Nein, nicht länger arbeiten!
Lassen wir die Schmeizöfen!

TERESA
Was höre ich?... Fliehen!... Bleiben... ach!
Wenn er nicht zurückkommt,
Ist es um mich geschehen.


FÜNFZEHNTE SZENE
Teresa, Francesco, Bernardino und der Chor der Arbeiter im Aufruhr, schwarz von Staub und Schweiss

FRANCESCO, BERNARDINO und DER CHOR
Arbeitervolk,
Auf dass das Atelier
Schnell geschlossen werde,
Nieder mit den Hämmern!
Schaufeln und Meisseln!
Lassen wir unsere Schmelzöfen!
Verlassen wir die Arbeit
Auf dass das Ausruhen
Endlich ein Ende bereite
Allen unseren Qualen!

TERESA
Gott! Welcher Zorn!
Was wollt ihr tun?

DER CHOR
Alle von hier fortgehen!

TERESA
Ah! aber... aber Cellini...

DER CHOR
Der Meister, ohne Scham,
Überlässt uns die Mühe;
Ah! Um ihn zu bereichern
Müssen wir zuviel leiden!
Wir wollen fortgehen.

TERESA
Was soll werden?

DER CHOR
Für uns gibt's auf Erden
Kummer und Elend.
Wir sind ohne Brot,
Unsere Kinder haben Hunger!

TERESA
Oh, heilige Madonna,
Ach! Verlasse
Niemals meinen Gatten!

DER CHOR
Gehen wir alle fort!

TERESA
Ich klammere mich an euch!

DER CHOR
Nein, nein; lasst uns,
Nein, das ist reine Torheit!

TERESA
Ich bitte euch darum!


SECHZEHNTE SZENE
Die Vorigen, Fieramosca, links eintretend

Dialog

TERESA
Fieramesca erblickend
Himmel! Fieramosca! Cellini ist tot!
Beinahe ohnmächtig fällt sie in die Arme von Francesco und Bernardino.

FIERAMOSCA
erstaunt
Ah! was bedeutet
Diese Erregung?

TERESA
ihre Fassung wieder erlangend
Gute Arbeiter!
Rächt euren Meister,
Der von diesem Elenden getötet wurde!

FRANCESCO, BERNARDINO
Was! Der Unverschimate!
Er hat den Meister getötet!

DER CHOR
Tötet ihn! Mörder!

FIERAMOSCA
sich sträubend
Ah! Keinen Zorn!
Ich bin euer Freund!
Als die Arbeiter ihn durchschütteln, fällt Gold aus seinen Taschen.

FRANCESCO und BERNARDINO
Was! Soviel Gold hat er bei sich!
Was wollte er damit machen?

FIERAMOSCA
Ich kam, damit ihr
Einen besseren Lohn verdient
Als diesen, den man euch hier gibt.

FRANCESCO, BERNARDINO
Zum Teufel!
Einen besseren Lohn?
Was können wir tun
Für den Mörder
Des grossen Ziseleurs?
Schnell zum Kessel.

FIERAMOSCA
schreiend
Ah! ah! Ich bin euer Freund!

DER CHOR
Tod ihm! Schnell zum Kessel!


SIEBZEHNTE SZENE
Die Vorigen, Cellini und Ascanio, eintretend

CELLINI
Holla! Was ist das?

DER CHOR und TERESA
Cellini um den Hals fallend
Grosser Gott! ah! Cellini!

CELLINI
Oh! ja, ich bin hier!
zu Fieramosca, immer noch atemlos
Verwegener, du wagst es, zu mir zu kommen,
Wo ich doch auf dich wartete.
Um dir eine gute Stunde zu geben!

FIERAMOSCA
zitternd
Ich kam, ohne Geheimnis...
Ich komme...

FRANCESCO
auf das Gold zeigend, welches sie aufgesammelt haben
Um sich zu bemühen, uns abzuwerben.

CELLINI
Wie! Bestechen,
Mein ganzes Atelier?
Ich fühle meinen Zorn!

FIERAMOSCA
noch mehr zitternd
Ich kam... lieber Kollege...
Ich komme...

CELLINI
Du kommst, um zu arbeiten.

Bindet diesem Schlingel
Eine schwarze Schürze um,
Und dass er im Atelier
Seine Aufgabe erfülle,
Oder, bei Gott!...

DER CHOR
Gut! Das ist spassig!

ASCANIO, TERFSA und DER CHOR
Gehen wir, stolzer Vulkan,
Übernehme die Aufgabe,
Oder du nimmst ein Bad
In einem Strom von Erz.

FIERAMOSCA
Ich liebe mehr diese Aufgabe,
Als ein Bad zu nehmen
In einem Strom von Erz.

ASCANIO, FRANCESCO und BERNARDINO
Ins Atelier!

Ensemble

DER CHOR
Arbeitervolk,
Gehe hurtigen Schritts zurück,
Auf dass die Hämmer,
Schaufel und Meissel
Den Rest vollenden
Von unseren Arbeiten.
Gehen wir zurück, auf dass die Öfen,
Der Ruhe entsagend,
Den Rest vollenden
Von unseren Arbeiten.
Kehren wir zurück zu den Öfen,
Nehmen wir unsere Arbeit wieder auf.

TERESA und ASCANIO
Gehen wir! Zu den Öfen!
Auf dass die Hämmer Schaufeln und Meissel,
Der Ruhe entsagend,
Den Rest vollenden
Von euren Arbeiten.

TERESA, CELLINI und ASCANIO
Kehrt alle an die Öfen zurück!
Vollendet eure Arbeit!
Die gute Figur!
Der hübsche Anblick!

FIERAMOSCA
Ich liebe mehr diese Aufgabe,
Als ein Bad zu nehmen
In einem Strom von Erz.
Treten wir zu den Öfen.

ASCANIO
Oh ausgezeichnete Wende.

Der Chor geht in die Schmelzerei, gefolgt von Fieramosca, der auf ein Zeichen von Cellini davon absieht, diesem voranzugehen.


ACHTZEHNTE SZENE
Teresa, Ascanio, der Papst und sein Gefolge, Balducci und Cellini

BALDUCCI
überrascht
Teresa, Teresa hier!
Aufsässige Tochter!

DER PAPST
Balducci Schweigen gebietend
Haltet ein, Balducci!
Ah! Können wir ihn nicht sehen,
Diesen Cellini?
Cellini erscheint
Nun denn! Teufel, bist du fertig?

CELLINI
Nein, noch nicht; aber, Gott sei Dank
Geht alles gut. Das Feuer tost unter dem Kessel,
Und die glühenden Fluten des Metalls
Werden auf euer Zeichen hin
In die Eingeweide der Erde hinabströmen.

BALDUCCI
Der Aufschneider!

DER PAPST
Falsche Fröhlichkeit!
Mit seiner gespielten Kaltblütigkeit
Beleidigt mich der Schlingel in diesem Augenblick;
Aber Geduld!... Gehen wir, beginne.


NEUNZEHNTE SZENE
Die Vorigen

FINALE

Der Vorhang hebt sich und lässt das Innere des Colosseums sichtbar werden, wo die Schmelzerei eingerichtet ist. Im Hintergrund des Zirkus gibt es Zuschauer; rechts der Ofen, ganz unter Feuer stehend, eine Leiter fährt zum Kessel hinauf; in der Mitte die Rinne, die das geschmolzene Metall aufnehmen soll. Es wird dunkel, das Atelier ist durch Fackeln beleuchtet. Links ein Ehrenplatz, auf dem der Papst sich niederlässt, umgeben von seinem Gefolge.

FIERAMOSCA
als Schmelzer gekleidet, herbeilaufend, sehr fröhlich
Metall! Metall! Sie benötigen Metall,
Oder sie stellen die Arbeit ein.

CELLINI
Was sagst du da, teuflischer Schmelzer?

FIERAMOSCA
Metall!
Oder man wird die Arbeit einstellen!

CELLINI
Ich werde sehen... fatales Missgeschick!
Er geht zum Schmelzofen

BALDUCCI
Fieramosca erkennend
Fieramosca!... welche Kleidung?

FIERAMOSCA
verwirrt
Oh! Ich gebe zu!...

BALDUCCI
Welch schwarzes Gesicht!
Wirklich, ich verstehe euch nicht.

FIERAMOSCA
Unter Künstlern, muss man sich
Da nicht gegenseitig helfen?

CELLINI
zurückkehrend, bekümmert, zu Fieramosca
An die Arbeit!
Fieramosca kehrt auf einen gebieterischen Wink von Cellini hin an den Schmelzofen zurück und Cellini folgt ihm beinahe auf der Stelle.

Ensemble

TERESA und ASCANIO
Welche Blässe auf seinem Gesicht!
Oh Gott! Verlass ihn nicht!

BALDUCCI und DER PAPST
Welche Blässe auf seinem Gesicht!
Ich glaube, ihm geht es nicht gut!

CELLINI,
zurückkehrend, barsch und erregt
Verzeiht, das Auge des Meisters ist vonnöten:
Mit Metall habe ich soeben
Den Schmeizofen gefüttert, er steht ganz unter Feuer;
Im Augenblick geht alles bestens.

Die Arbeiter sind mit verdoppelter Aktivität tätig

FRANCESCO und BERNARDINO
erschreckt herbeieilend
Meister! Meister!
Die Schmelze erstarrt!

ALLE
Die Schmelze erstarrt!

FRANCESCO und BERNARDINO
Metall!

CELLINI
Ist alles geschmolzen?

FRANCESCO und BERNARDINO
Alles! Wir benötigen noch mehr, sage ich euch!

CELLINI
Ich habe nichts mehr. Ich bin verloren!

DER PAPST
Der Aufschneider ist verwirrt!

BALDUCCI
Der Raufbold wird gehängt werden!

ALLE
Er hat nichts mehr. Er ist verloren!

BALDUCCI
Ihr, was! Ihr, ein Mann mit Genie,
Ein Nichts quält euch?
Welche Angste?
Euer Können ist grenzenlos.
Müsst ihr also verzweifeln?

DIE ARBEITER
Metall! Metall!

FRANCESCO
Nun, Meister, die Zeit drängt;
Das Feuer geht aus.

CELLINI
stammelnd
Warte!…Was muss…ich bin…was muss ich tun?

DIE ARBEITER
ihre Schreie verdoppelnd
Metall! Metall! Metall!

CELLINI
verzweifelt die Hände zum Himmel hebend
Herr, gebrauche deine Macht!
In deiner Hand liegt das einzige Heil.
Wenn du nicht willst, dass ich zusammenbreche
Vor Verzweiflung,
Dann helfe mir, da ich mir doch selber helfe!...

BALDUCCI
Beten! Der Augenblick ist schlecht gewählt
Versichert euch zuerst des Erfolgs
Und sagt nachher dem Himmel dank.

CELLINI
Ich bin gerettet! Gott hilft mir!...
zu Francesco und Bernardino
Nehmt alles, was ich besitze!
Lauft, lasst nichts im Atelier.

FRANCESCO und BERNARDINO
Was! alle eure Meisterwerke!

CELLINI
Lauft, lauft, das macht nichts!...
Gold, Silber, Kupfer, Bronze; nehmt es mit
Und werft alles in die Glut.

Ensemble

TERESA
Ach! Mir schwindet die Kraft!
Wird er trotz allem Erfolg haben?

DER PAPST
oben auf dem Podium
Wirklich! Sein Mut erstaunt mich:
Wird er trotz allem Erfolg haben?

BALDUCCI
Meiner Treu! Der Verstand verlässt ihn!
Der Verrückte ruiniert sich nach Belieben.

Man vernimmt eine Detonation, es ist der Deckel des Kessels, der aufgesprungen ist

CELLINI
verzweifelt, sich auf den vorderen Teil der Bühne stürzend
Ich bin verloren!

TERESA, DER PAPST und BALDUCCI
Ah! Welcher Lärm! Ist es zu glauben?

Die Frauen und die Kinder der Arbeiter treten auf

DIE ARBEITER,
im hinteren Teil der Bühne
Viva! viva! Meister vivat!

Bei diesem Schrei wenden sich alle Blicke auf den Kessel, aus dem sich ein Strom von flüssigem Metall ergiesst, der in die Erde stürzt.

DIE ARBEITER und DIE ZUSCHAUER
Sieg!

FIERAMOSCA
schwarz von Rauch, die Menge durchbrechend, um zu Cellini zu gelangen
Fort, fort, macht mir Platz,
Dieser liebe Freund, dass ich ihn umarme.

BALDUCCI
Teresa zu Cellini geleitend
Es ist ihm gelungen! Ich war sicher
Meine Tochter, umarme deinen Zukünftigen!

CELLINI
zur Seite gewendet
Wer ist der Feigste?
Jetzt...
laut
Heiliger Vater, ich habe meine Aufgabe beendet.

DER PAPST
von seinem Platz herabgestiegen
Weil selbst Gott gesegnet hat
Deine Arbeit und deine Kühnheit,
Erfülle ich augenblicklich mein Versprechen,
Und verzeihe dir, oh Cellini!

CELLINI
Oh meine Teresa!

TERESA
Oh Cellini!

Der Papst geht mit seinem Gefolge ab

FRANCESCO, BERNARDINO und DER CHOR
Viva! Viva!

TERESA, ASCANIO und FIERAMOSCA
Unsterblicher Ruhm!

DIE ARBEITER
Das Gold leuchtet wie eine Sonne,
Der Rubin funkelt
Wie ein Feuer in der Nacht.

TERESA, ASCANIO, FIERAMOSCA, FRANCESCO, BERNARDINO und BALDUCCI
Ruhm ihm!

ALLE
Die Metalle, diese unterirdischen Blumen,
Mit unvergänglichen Farben,
Glänzen nur auf der Stirn von Königinnen,
Königen, Päpsten, Grossherzögen und Kaisern.
Ehre den Meisterziseleuren!