Libretto: Don Giovanni

von Wolfgang Amadeus Mozart


Don Giovanni oder Der bestrafte Wüstling



Personen:
DON GIOVANNI (Bariton)
DER KOMTUR (Bass)
DONNA ANNA, seine Tochter (Sopran)
DON OTTAVIO, ihr Verlobter (Tenor)
DONNA ELVIRA, vornehme Dame aus Burgos, Don Giovannis verlassene Geliebte (Sopran)
LEPORELLO, Don Giovannis Diener (Bass)
MASETTO, ein Bauer, Bräutigam der Zerlina (Bassbariton)
ZERLINA, seine Braut (Sopran)

CHOR
Bauern, Bäuerinnen, Musikanten, Diener
ERSTER AKT

Ouvertüre

Sevilla; Vorhof und Garten vor dem erleuchteten Palast des Komturs, durch niedriges Gitter mit Tür abgeschlossen. Nacht.

ERSTE SZENE
Leporello allein; später Don Giovanni und Donna Anna, zuletzt der Komtur.

Nr. 1 - Introduktion

LEPORELLO
unmutig auf und abgehend
Keine Ruh' bei Tag und Nacht,
Nichts, was mir Vergnügen macht,
Schmale Kost und wenig Geld,
Das ertrage, wem's gefällt!
Ich will selbst den Herren machen,
Mag nicht länger Diener sein.
Gnäd'ger Herr, Ihr habt gut lachen!
Tändelt Ihr mit einer Schönen,
Dann muss ich als Wache fröhnen.
Ich will selbst den Herren machen,
Mag nicht länger Diener sein.
Doch was gibt's? Ich höre kommen!
Fort in's Dunkel schnell hinein.

Er verbirgt sich.

DONNA ANNA
hält Don Giovanni, welcher sein Gesicht zu verbergen sucht, fest am Arme.
Hoffe nicht, so lang ich atme,
Unerkannt zu fliehn von hier!

DON GIOVANNI
Wer ich bin, du töricht Mädchen,
Nie erfährst du das von mir!

LEPORELLO
Welch' ein Wirrwarr! O Gott, welch' Schreien!
Neue Händel gibt es hier.

DONNA ANNA
Helft, o Leute, helft mir Armen!

DON GIOVANNI
Still, sonst kenn' ich kein Erbarmen!

DONNA ANNA
Ehrvergessner!

DON GIOVANNI
Fort, Verwegne!

DONNA ANNA
Hört mich niemand?

DON GIOVANNI
Schweig' und zittre!

DONNA ANNA
Gleich der Furie will ich rasen,
Dein Verderben werd' ich sein.

DON GIOVANNI
Dieser Furie tolles Rasen,
Mein Verderben wird es sein.

LEPORELLO
Seine tollen Abenteuer
Werden mein Verderben sein.
Welch' ein Wirrwarr, o Gott, welch' Schreien!

Donna Anna lässt, da sie den Komtur kommen sieht, Don Giovanni los und eilt durch die Gittertür hinaus.

KOMTUR
aus dem Palast
Lass' sie, Verworfner, stell' dich zur Wehre!

DON GIOVANNI
Dich zu besiegen wär' wenig Ehre!

KOMTUR
Mit eitlem Vorwand weichst du mir aus?

DON GIOVANNI
Ich mit dir kämpfen? Nein!

LEPORELLO
O könnt' ich heimlich doch fort von hier!

DON GIOVANNI
Wehe dir!

KOMTUR
Her zu mir!

DON GIOVANNI
Wehe dir!
Er stellt sich dem Komtur.
Wohl denn, so sei es:
Du willst den Tod!

Sie fechten, der Komtur sinkt, tödlich getroffen, nieder.

DON GIOVANNI
Ha! Da liegt der Unglücksel'ge ...
Meinem tödlichen Streich erliegend,
Bald aus tiefdurchbohrtem Herzen
Wird sein schwaches Leben fliehn.

KOMTUR
Ach, zu Hilfe! Ach, zu Hilfe!
Aus dem tiefdurchbohrten Herzen
Fühl ich schon das Leben fliehn.

Stirbt.

LEPORELLO
Welch' Verbrechen! Welch ein Frevel!
Ach, vor Schrecken und vor Zagen
Fühl' ich alle Pulse schlagen!
Soll ich bleiben, soll ich fliehn?


ZWEITE SZENE
Don Giovanni. Leporello.

Rezitativ

DON GIOVANNI
Leporello, wo bist du?

LEPORELLO
Ach leider bin ich hier! Und Ihr?

DON GIOVANNI
Nun hier!

LEPORELLO
Seid Ihr tot oder der Alte?

DON GIOVANNI
Welche Frage, du Dummkopf! Der Alte.

LEPORELLO
Bravo! Zwei recht artige Stückchen!
Die Tochter verführen und den Vater ermorden!

DON GIOVANNI
Er wollte selbst sein Verderben!

LEPORELLO
Doch Donn' Anna ... was wollte die?

DON GIOVANNI
Schweige, reize mich nicht. Komm mit mir!
Oder willst du etwa auch was von mir?
Mit der Gebärde des Schlagens.

LEPORELLO
Ich will nichts, gnäd'ger Herr, bin mäuschenstill.

Sie gehen ab


DRITTE SZENE
Donna Anna, Don Ottavio, Diener mit Fackeln (durch das Parktor).

DONNA ANNA
Schnell dem Vater zu helfen
Lass' uns eilen, o, Freund!
Opfr' ich freudig mein Leben:
Doch wo ist der Verwegne?

DONNA ANNA
Hier muss er weilen.

Nr. 2 - Rezitativ und Duett

DONNA ANNA
Welch' ein graunvolles Bild enthüllt sich meinen Augen,
Gerechter Himmel! Mein Vater!
O mein Vater! Teuerster Vater!

Diener aus dem Palast.

DON OTTAVIO
Dein Vater!

DONNA ANNA
Ach, tödlich traf der mördrische Streich!
Dies Blut ... Diese Wunde ... dies Antlitz,
Bleich und erkaltet durch den Hauch des Todes ...
Kein Odem hebt die Brust! Kalt seine Glieder!
O mein Vater! bester Vater! teuerster Vater!
Ich wanke ... ich sterbe ...
Sinkt in Ohnmacht.

DON OTTAVIO
zu den umstehenden Dienern
Auf, bringet schnelle Hilfe der Heissgeliebten!
O zaudert nicht, bringt Labung ihr, steht mir bei!
Welch ein Jammer! Ach eilt, ich bitte!
Zwei Diener entfernen sich.
O Anna! Freundin! Geliebte!
Des Schmerzes Übermass wird die Ärmste töten.

Die Diener kehren mit Medikamenten zurück.

DONNA ANNA
Ach!

DON OTTAVIO
Sie erholt sich! Reicht ihr noch weit're Stärkung!

DONNA ANNA
Ach, mein Vater!

DON OTTAVIO
Ihr Freunde! dies Opfer unerhörten Frevels
Berget schnell ihren Blicken!

Der Leichnam des Komtur wird fortgetragen.

O, du mein Leben! Erhole dich! Erwache!

DONNA ANNA
im Wahn
Fliehe, Verräter, fliehe!
Lass' mich mein Leben enden!
Er starb von Mörderhänden,
Der mir das Leben gab!

DON OTTAVIO
Hör' mich, o hör', Geliebte!
Der dir sein Leben weihte,
Der Freund steht dir zur Seite,
Dein eigen bis zum Grab!

DONNA ANNA
jetzt erst Ottavio erkennend
Bist du's, o Freund, verzeih' mir!
Der Schmerz, der Jammer entsetzlich
Wo ist mein Vater, sprich?

DON OTTAVIO
Dein Vater? Lass' Geliebte,
Lass' der Erinnrung Leiden!
Dein Gatte beschirmt als Vater dich.

DONNA ANNA
Ach! Mein Vater,
Wo ist mein Vater, sprich?
Auf! Schwöre mir zu rächen
Dieses vergoss'ne Blut!

DON OTTAVIO
Ich schwöre, ich schwöre,
Ich schwör's bei deinen Tränen,
Bei unsrer Liebe Glut!

DONNA ANNA UND DON OTTAVIO
Mög' Gott, zu dem wir schwören,
Der Rache Ruf erhören!
Er spende Trost und Hilfe
Gegen die herbe Pein!
Ach welch' ein Tag des Jammers
Brach über uns herein!

Beide ab.


Verwandlung
Platz bei Sevilla mit Don Giovannis Palast im Hintergrund, einem ländlichen Gasthaus vorn seitlich und einem Lusttempel.

VIERTE SZENE

Rezitativ

DON GIOVANNI
Wohlan, heraus mit der Sprache,
Was begehrst du?

LEPORELLO
Was mir am Herzen liegt,
Ist sehr wichtig.

DON GIOVANNI
Natürlich!

LEPORELLO
Von höchster Wichtigkeit.

DON GIOVANNI
Desto besser, heraus damit!

LEPORELLO
Erst schwört mir, mich ruhig anzuhören.

DON GIOVANNI
Ich schwör's bei meiner Ehre,
Nur den Komtur, den lass' mir aus dem Spiele.

LEPORELLO
Sind wir allein?

DON GIOVANNI
Du siehst es.

LEPORELLO
Und niemand hört uns?

DON GIOVANNI
Nein!

LEPORELLO
Und Ihr erlaubt mir, frei und offen zu sprechen?

DON GIOVANNI
Ja.

LEPORELLO
Nun, wenn dem so ist, mein teuerster Gebieter:
Euer Leben gleicht auf ein Haar dem
ins Ohr, sehr laut.
eines Schelmen.

DON GIOVANNI
Ha, Vermessner, welche Sprache?

LEPORELLO
Wo bleibt der Schwur?

DON GIOVANNI
Ich weiss von keinem Schwur;
Schweige, wo nicht ...

LEPORELLO
Ich bin ja still, sag' nicht ein Sterbenswörtchen.

DON GIOVANNI
So sind wir wieder Freunde.
Jetzt eine Frage:
Kennst du den Grund meines Hierseins?

LEPORELLO
Ich wüsste keinen,
Doch da der Morgen dämmert,
Gilt's vermutlich einer neuen Erob'rung.
Dies wär' wichtig für unser Register.

DON GIOVANNI
Ei, ei, wie schlau du bist!
Nun denn, so wisse:
Ich glühe für eine reizende Donna
Und auch sie liebt mich innig;
Ich sah sie, ich beschwor sie,
Und heute Abend kommt sie zu mir in mein Schlösschen ...
Doch still, mir ist, ich atme süssen Weiberduft.

LEPORELLO
Alle Wetter! Welche feine Nase!

DON GIOVANNI
Die Gestalt, o wie reizend!

LEPORELLO
Und welch' feines Auge!

DON GIOVANNI
Lass' beiseite uns gehen,
Das Terrain zu sondieren.

LEPORELLO
Er brennt schon wieder!


FÜNFTE SZENE
Die Vorigen. Donna Elvira.

Nr. 3 - Arie

DONNA ELVIRA
in Reisekleidern, von ihrer Zofe begleitet.
Ach, werd' ich ihn wohl finden,
Der Liebe mir verhiess,
Der schmeichelnd mich betörte
Und treulos dann verliess.
Find' ich den Ehrvergessnen
Fühllos für all mein Leid,
Dann werd' ihm Schmach und Schande,
Dem Tod sei er geweiht.

DON GIOVANNI
heimlich zu Leporello
Vernahmst du, eine Schöne,
Verlassen vom Geliebten.
Armes Mädchen, armes Mädchen!
Es wird schon, sie zu trösten, mir gelingen!

LEPORELLO
So sah ich ihn schon Tausenden Tröstung bringen!

Rezitativ

DON GIOVANNI
Schöne Donna! Schöne Donna!

DONNA ELVIRA
Wer naht?

DON GIOVANNI
Himmel, was seh' ich?

LEPORELLO
O herrlich, Donna Elvira!

DONNA ELVIRA
Don Giovanni, du hier,
Ehrloser Wicht, meineid'ger Frevler!

LEPORELLO
für sich
Ei, was für schöne Titel,
Die kennt meinen Herrn ja vortrefflich!

DON GIOVANNI
Ach, teure Donna Elvira,
Beschwichtigt euren Zorn.
Ich bitte, vergönnt mir nur ein Wort.

DONNA ELVIRA
Was kannst du sagen nach so schwerem Frevel?
Du drängtest schmeichelnd dich in meine Nähe,
Mit tausend Künsten, mit falschen Eiden,
Gelang es, Frevler, dir endlich,
Mein armes Herz zu betören
Und auf immer zu fesseln;
Du nanntest mich Gattin und dann,
Missachtend die heil'gen Rechte des Himmels und der Erde,
Entferntest du dich still wie ein Dieb nach drei
Tagen aus Burgos,
Mich verlassend, entfliehst du,
Und gibst der Reue mich Preis und Tränen,
Mich, die so treu und innig dich geliebt!

LEPORELLO
Ah, sie spricht wie ein gedrucktes Buch!

DON GIOVANNI
O, wenn ihr wüsstet
Welche Gründe mich zwangen.
zu Leporello
Ist's nicht so?

LEPORELLO
Wahrhaftig, die allerstärksten Gründe.

DONNA ELVIRA
Und welche Gründe,
Wenn nicht frevelhafter Leichtsinn
Und Treubruch ohnegleichen?
Aber gerecht ist der Himmel;
Ich fand dich wieder,
Um mich und ihn an dir zu rächen.

DON GIOVANNI
Hör' auf zu schmähen
Und sei vernünftig.
für sich
Wahrhaftig, das Weib macht mir heiss.
zu Donna Elvira
Willst meinen Worten du nicht glauben,
So glaube doch diesem Ehrenmann.

LEPORELLO
für sich
Mit Vorbehalt.

DON GIOVANNI
Komm und erzähle ...

LEPORELLO
leise
Was soll ich denn erzählen?

DON GIOVANNI
Ja, ja, sag' ihr nur alles!
Schleicht sich fort.

DONNA ELVIRA
Wohlan, so rede.

LEPORELLO
Wahrhaftig, schöne Donna,
Sintemalen und alldieweil es männiglich bekannt,
dass ein Viereck nicht rund ist ...

DONNA ELVIRA
Ha, Vermessner! Du wagst es,
Meiner Leiden noch zu spotten!
Zu Don Giovanni, den sie noch anwesend glaubt
Und du .. Himmel, der Frevler entwich,
Wehe mir Armen! Wohin floh er?

LEPORELLO
Ach, so lasst ihn nur laufen,
Nein, er verdient nicht,
Dass Ihr sein noch gedenket.

DONNA ELVIRA
O der Verbrecher,
Der mich Ärmste verriet.

LEPORELLO
Gebt Euch zufrieden,
Denn Ihr seid,
Ihr waret und Ihr werdet
Nicht die Erste noch Letzte sein!
Hier seht nur, dies korpulente Büchlein,
Da sind verzeichnet die Namen seiner Schönen;
Jedes Städtchen, jedes Dörfchen ringsum im Reiche
Kennt meinen Herrn und seine losen Streiche.

Nr. 4 - Arie

LEPORELLO
Schöne Donna! Dies genaue Register,
Es enthält seine Liebesaffären;
Der Verfasser des Werks bin ich selber;
Wenn's gefällig, so gehn wir es durch.
In Italien sechshundertundvierzig,
Hier in Deutschland zweihundertunddreissig,
Hundert in Frankreich und neunzig in Persien,
Aber in Spanien schon tausend und drei.
Hier ein schlichtes Bauernmädchen,
Dort die Schönste aus dem Städtchen,
Kammerzofen, Baronessen,
Hochgeborene Prinzessen,
Mädchen sind's von jedem Stande,
Jeder Gattung und Gestalt,
Schön und hässlich, jung und alt!
Bei Blondinen preist er vor allem
Holde Anmut und sanftes Wesen,
Bei Brünetten feste Treue,
Bei den Blassen süsses Schmachten.
Volle sucht er für den Winter,
Für den Sommer schlanke Kinder.
Grosse liebt er gravitätisch,
Ernst und vornehm, majestätisch.
Doch die Kleine, die sei possierlich,
Die sei manierlich, sei fein und zierlich.
Dass dies Büchlein Stoff erhalte,
Schwärmt er manchmal auch selbst für - Alte.
Doch wofür er immer glühte,
Ist der Jugend erste Blüte.
Elvira bricht zusammen.
Da 's ihm gleich ist, ob sie bleich ist,
Ob sie bettelt oder reich ist,
Kirrt er Weiber jeder Sorte.
Nun, Ihr wisst ja, wie's da geht.
Doch wozu auch all' die Worte,
Kennt ja selbst ihn ganz genau.

Er geht ab.


SECHSTE SZENE
Donna Elvira allein.

Rezitativ

DONNA ELVIRA
So schmählich hinterging mich
Dieser freche Betrüger!
Dies soll der Dank sein,
Dass ich ihm Alles, Alles dahingab?
Rache doch will ich nehmen
Für mein blutendes Herz;
Eh' er entfliehet,
Muss Vergeltung ich finden.
Nur ein Gedanke füllt die Seele mir noch:
Zorn und Verachtung.

Rezitativ und Arie
Nachkomponiert für die Wiener Aufführung 1788.

In welchen Abgrund, o Himmel,
In welchem Pfuhle abscheulicher Verbrechen
Versank der Unglücksel'ge!
Nein, nein, nicht länger wird Gottes Langmut hemmen
Der Gerechtigkeit Arm.
Schon seh' ich flammen den vernichtenden Blitzstrahl,
Ihm das Haupt zu zerschmettern.
Schon seh' ich offen der Hölle grausen Schlund!
Arme Elvira!
Welch ein Kampf der Gefühle bewegt das Herz dir?
Weshalb noch diese Seufzer, dies bange Sehnen?

Mich verriet der Undankbare,
Gab dem Jammer, der Schmach mich hin.
Doch verraten, von ihm verlassen,
Fühl' ich Mitleid noch für ihn.
Wenn ich denke alles Leid's, das ich erfahren,
Dann entflammt die Brust von Rache,
Doch erblick' ich ihn in Gefahren,
Ach, dann zagt dies schwache Herz.

Geht ab ins Wirtshaus.


SIEBENTE SZENE
Masetto und Zerlina mit singenden, spielenden und tanzenden Bauern und Bäuerinnen.

Nr. 5 - Duett

ZERLINA
O ihr Mädchen, zur Liebe geboren,
Auf benützet die blühende Zeit!
Wenn ihr schmachtet, in Sehnen verloren,
Seht die Hilfe, sie ist schon bereit!
Ah! O die Freude, die Freude, ist da!

CHOR DER BÄUERINNEN
Ah! O die Freude, die Freude ist da!
Tralalerala, tralalerala!

MASETTO
O ihr Burschen mit flatterndem Herzen,
Schwärmet ja nicht zu lange umher.
Wohl ergötzet das Tändeln und Scherzen,
Doch ein Weibchen erfreuet noch mehr.
Ah! O die Freude, die Freude ist da,

CHOR DER BAUERN
Ah! O die Freude, die Freude ist da!
Tralalerala, tralalerala!

ZERLINA UND MASETTO
Komm', o komme Geliebter / Geliebte zum Feste,
Lasst uns tanzen und singen, ihr Gäste!
O die Freude, die Freude ist da!

CHOR DER BÄUERINNEN UND BAUERN
Ah! O die Freude, die Freude ist da,
Tralalerala, tralalerala!


ACHTE SZENE
Die Vorigen. Don Giovanni. Leporello.

Rezitativ

DON GIOVANNI
Gott sei Dank, dass sie fort ist.
Ei sieh da, sieh da, das schmucke junge Volk,
Die hübschen Mädchen!

LEPORELLO
Nun, unter so vielen wird wohl auch für mich sich etwas finden.

DON GIOVANNI
Seid gegrüsst, liebe Freunde!
Lasst Euch nicht stören in eurer Freude,
Singt und spielt immer zu, ihr guten Leutchen.
Hier gibt's wohl eine Hochzeit?

ZERLINA
Ja, gnäd'ger Herr, und ich bin die Braut.

DON GIOVANNI
Ei, das freut mich! Der Bräut'gam?

MASETTO
Ich, Euch zu dienen.

DON GIOVANNI
Vortrefflich! "Mir zu dienen".
Das heisst gesprochen wie ein rechter Ehrenmann.

LEPORELLO
Ja, wie ein richt'ger Ehemann.

ZERLINA
O, mein Masetto hat das beste Herz.

DON GIOVANNI
Ganz wie ich selber.
Darum lasst uns Freunde sein.
Wie ist dein Name?

ZERLINA
Zerlina.

DON GIOVANNI
Der deine?

MASETTO
Masetto.

DON GIOVANNI
Nun denn, mein lieber Masetto und meine teure Zerlina,
Ich versich're euch meiner Huld und Gnade.
Leporello versucht die Bauernmädchen zu küssen, von denen eines aufschreit.
Leporello? Schlingel, was soll das heissen?

LEPORELLO
Auch ich, gnädiger Herr,
Ich versich're die Leutchen meiner Gnade.

DON GIOVANNI
Hurtig, führe sie fort
Und bringe gleich allesamt sie in mein Schlösschen.
Versorge sie reichlich mit Schokolade,
Kaffee, Wein und feinen Speisen,
Sorge für Unterhaltung,
Zeige ihnen den Garten,
Meine Gemälde, die Säle,
Und vor allem gib' mir acht,
Dass Masetto recht vergnügt ist.
Du verstehst mich?

LEPORELLO
Ich verstehe.
Zu den Bauern
Nun kommt!

MASETTO
Doch gnäd'ger Herr ..

DON GIOVANNI
Nun was gibt's?

MASETTO
Ohne mich kann Zerlina nicht bleiben.

LEPORELLO
Die Exzellenz bleibt unterdess' bei Zerlina
Und wird gewiss ganz vortrefflich dich vertreten.

DON GIOVANNI
O, dein Zerlinchen beschützt ein Kavalier;
Drum geh, wir folgen in kurzem dir nach.

ZERLINA
Geh, sei nicht ängstlich,
Dein Zerlinchen beschützt ein Kavalier.

MASETTO
Grade darum.

ZERLINA
Grade darum kannst du ganz ruhig sein.

MASETTO
Nein, alle Teufel.

DON GIOVANNI
Holla! genug der Worte nun!
Wofern du nicht sogleich
Und ohne Widerrede fortgehst,
an den Degen greifend
Masetto, nimm dich in Acht,
Wirst du's bereuen!

Nr. 6 - Arie

MASETTO
Hab's verstanden, gnäd'ger Herr,
Höflich dankend geh' ich fort.
Weil es Euch denn so beliebt,
Sag' ich nicht ein einzig Wort.
O, wie könnt' ich Euch misstraun,
Seid Ihr doch ein Kavalier;
Deutlich sagt mir Eure Huld,
Was Ihr haben wollt von mir.
zu Zerlina
Ha, du Falsche, ha, du Schlange,
Immer war vor dir mir bange.
zu Leporello
Nun, ich komm' schon!
zu Zerlina
Bleib' nur, bleibe!
Ehre solchem braven Weibe!
Sicher macht der gnäd'ge Herr
Dich noch zu seiner gnäd'gen Fran.

Masetto und Leporello mit den Bauern ab ins Schloss.


NEUNTE SZENE
Don Giovanni. Zerlina.

Rezitativ

DON GIOVANNI
Endlich sind wir befreit,
Du mein reizendes Kind,
Von diesem Tölpel.
Nun was sagst du dazu?
Hab' ich es recht gemacht?

ZERLINA
Gnäd'ger Herr, er ist mein Bräut'gam!

DON GIOVANNI
Wie? der da?
Glaubst du, ein Mann von Ehre,
Ein Kavalier, wie ich,
Der könnt' es dulden,
Dass dieses liebe, goldige Gesichtchen,
Dies zuckersüsse Mündchen,
Die Beute eines plumpen Bauern werde?

ZERLINA
Doch, gnäd'ger Herr, ich gab ihm mein Wort,
Seine Frau zu werden.

DON GIOVANNI
Dieses Wort, es ist null und nichtig,
Du bist nicht geschaffen
Als Bäuerin zu leben;
Ein schön'res Los verdienen diese schelmischen Augen,
Diese schwellenden Lippen, und diese zarten Händchen,
Die so weich wie Samt sind und so duftend wie Rosen.

ZERLINA
Doch ich befürchte ...

DON GIOVANNI
Was kannst du fürchten?

ZERLINA
Am End hintergeht Ihr mich nur;
's ist ja bekannt, dass Ihr vornehmen Herrn
Es mit uns Mädchen nicht immer ehrlich meint.

DON GIOVANNI
Das ist Verleumdung, nur vom Pöbel erfunden.
Dem Adligen blicket die Ehre aus den Augen.
Doch lass' die Zeit uns nützen,
Denn ohne Aufschub will ich dich zur Gattin nehmen.

ZERLINA
So?

DON GIOVANNI
Kannst du zweifeln?
Folge mir in mein Schlösschen:
Dort stört uns Niemand,
Und dort, mein liebes Täubchen,
Wirst du mein Weibchen!

Nr. 7 - Duettino

DON GIOVANNI
Reich' mir die Hand mein Leben,
Komm' auf mein Schloss mit mir;
Kannst du noch widerstreben?
Es ist nicht weit von hier.

ZERLINA
für sich
Ach soll ich wohl es wagen?
Mein Herz, o sag es mir!
Ich fühle froh dich schlagen,
Und steh' doch zitternd hier.

DON GIOVANNI
Lass' nicht umsonst mich werben!

ZERLINA
Masetto würde sterben!

DON GIOVANNI
Glück soll dich stets umgeben!

ZERLINA
Kaum kann ich widerstreben.

DON GIOVANNI
Komm', o folg' mir!
O komm, o komm!

ZERLINA
überwältigt
Wohlan!

DON GIOVANNI UND ZERLINA
So dein zu sein auf ewig,
Wie glücklich, o wie selig,
Wie selig werd' ich sein!

DON GIOVANNI
O komm!

ZERLINA
Wohlan!

DON GIOVANNI UND ZERLINA
Komm lass' uns glücklich sein,
Komm lass' uns selig sein!


ZEHNTE SZENE
Die Vorigen. Donna Elvira.

Rezitativ

DONNA ELVIRA
Schändlicher, keinen Schritt mehr!
Der Himmel führt mich her, dich zu entlarven.
Noch ist es Zeit, diese arme Betrogene
Zu entreissen deinen frevelnden Händen.

ZERLINA
O Gott, was muss ich hören!

DON GIOVANNI
für sich
Hilf mir, Gott Amor.
zu Elvira
Siehst du nicht, o Geliebte,
Dass Alles nur ein Scherz ist?

DONNA ELVIRA
Nur ein Scherz? Wahrhaftig, nur ein Scherz.
Ich weiss, Verworfner, wie grausam du scherzest!

ZERLINA
Aber sagt, gnäd'ger Herr,
Ist's Wahrheit, was sie spricht?

DON GIOVANNI
leise zu Zerlina
Ach, diese Unglücksel'ge, sie liebt mich bis zum Wahnsinn,
Und nur aus Mitleid spiel' ich den Verliebten.
Warum auch ist mein Herz so weich geschaffen!

Nr. 8 - Arie

DONNA ELVIRA
O flieh', Betrog'ne, flieh'
Und trau' dem Falschen nicht;
Sein Blick ist Heuchelei
Und Lüge, was er spricht!
Mein Kummer, meine Zähren,
Sie sagen dir genug,
Sie mögen vor Betrug
Dir Schutz gewähren.

Geht mit Zerlina ab.


ELFTE SZENE
Don Giovanni. Don Ottavio. Donna Anna.

Rezitativ

DON GIOVANNI
Es ist, als ob ein Dämon sich ergötzte,
All' meine Pläne tückisch zu vereiteln.
Heut' will Nichts mir gelingen.

DON OTTAVIO
zu Donna Anna
Vergeblich sind die Klagen, o Heissgeliebte!
Uns geziemt nur die Rache. Ha, Don Giovanni!

DON GIOVANNI
Das hatte noch gefehlt!

DONNA ANNA
O Freund, Ihr kommt zur rechten Zeit.
Lebt noch in Euch Eur' edles Herz, Eure grosse Seele?

DON GIOVANNI
für sich
Hat der Teufel denn selber sie auf meine Spur gebracht?
zu beiden
Welche Frage! Was soll's?

DONNA ANNA
Mit Eurem Rate sollt als Freund Ihr uns beistehn.

DON GIOVANNI
für sich
Ich atme wieder freier -
O befehlt nur, edle Donna!
All' mein Gut, diese Hand, diesen Degen,
Ja mein Leben bring' ich Euch mit Freuden zum Opfer!
Anna schluchzt
Doch, schöne Donna Anna, warum vergiesst Ihr Tränen?
Wer nur hat es gewagt, der Seele Frieden Euch mitleidlos zu rauben?


ZWÖLFTE SZENE
Die Vorigen. Donna Elvira.

DONNA ELVIRA
Ha, find' ich dich noch hier, ruchloser Frevler!

Nr. 9 - Quartett

DONNA ELVIRA
Traue dem glatten Heuchler nicht,
So schmeichelnd er dir naht!
Mich schon verriet sein falsches Herz,
So droht auch dir Verrat.

DONNA ANNA UND DON OTTAVIO
Himmel, welch' edles Frauenbild,
Welch' holde Majestät!
Wie mir ihr Schmerz, ihr Tränenblick
Tief in die Seele geht.

DON GIOVANNI
Das arme, gute Mädchen,
Ihr Freunde, ist von Sinnen!
Ich bitte, geht von hinnen,
Dann wird sie ruhig sein.

DONNA ELVIRA
O glaubt dem frechen Heuchler nicht!

DON GIOVANNI
Von Sinnen ist die Arme! O eilet!

DONNA ELVIRA
Verweilet hier, verweilet!

DONNA ANNA UND DON OTTAVIO
Auf wen ist hier zu baun,
Wem sollen wir vertraun?
Wie ergreift mich unnennbares Bangen!
O wie fühlt sich die Seele befangen!
Was in mir für die Arme sich reget,
Ach, zu deuten vermag ich es nicht,
Nein, nein!

DON GIOVANNI
Es ergreift mich ein seltsames Bangen!
O wie fühlt sich die Seele befangen!
Was in mir für die Arme sich reget,
Ach, zu deuten vermag ich es nicht,
Nein, nein!

DONNA ELVIRA
Ha, vor Abscheu, Verachtung und Bangen
Fühl' ich ganz meine Seele befangen!
Was noch hält mich, den Frevler zu schonen?
Ach, zu deuten vermag ich es nicht.
Nein!

DON OTTAVIO
beiseite
Nein, nicht eher will ich weichen,
Bis mir Klarheit wird und Licht.

DONNA ANNA
beiseite
Nein, für Wahnsinn spricht kein Zeichen.
Aus dem edlen Angesicht.

DON GIOVANNI
Um dem Argwohn zu entweichen,
Gilt es kecke Zuversicht.

DONNA ELVIRA
zu Donna Anna und Don Ottavio
Glaubt ihm nicht, sein falsches Auge
Kündet Euch den Bösewicht.

DON OTTAVIO
zu Don Giovanni
Sie von Sinnen?

DON GIOVANNI
Ja, ganz von Sinnen.
Unglücksel'ge!

DONNA ANNA
zu Donna Elvira
Also Jener?

DONNA ELVIRA
Ist ein Verräter, Missetäter,
Missetäter, frecher Lügner!

DONNA ANNA UND DON OTTAVIO
Zweifel regen sich in mir.

DON GIOVANNI
zu Donna Elvira
Stille, still, es nahen Leute,
O versuche dich zu fassen!
Lässt du nicht von diesem Streite,
Drohet dir und mir Gefahr.

DONNA ELVIRA
Nicht mehr schweig' ich, du Vermessner,
Hoffe nichts, du Ehrvergessner,
Mein Geschick und dein Verbrechen,
Allen mach' ich's offenbar!

DON GIOVANNI
Leise, leise, nur gelassen,
O versuche dich zu fassen,
Lässt du nicht von diesem Streite,
Drohet dir und mir Gefahr.

DONNA ANNA UND DON OTTAVIO
Dieses Flüstern, dieses Flehen,
Sein Erröten, sein Erbleichen,
Alles ist ein sichres Zeichen:
Seine Schuld, sie wird uns klar.

DONNA ELVIRA
Schweige, schweige, du Vermessner,
Hoffe nichts du Ehrvergessner.
Mein Geschick und sein Verbrechen
Allen werd' es offenbar.

Wird von Don Giovanni weggeleitet.

Rezitativ

DON GIOVANNI
zurückkommend
O, die arme Betörte!
Sie zu beschützen, folg' ich ihr nach,
Wie leicht könnt' ein Unglück sie ereilen:
Drum vergebt mir, schöne Donna Anna,
Kann ich jemals Euch dienen,
Nahe bei ihr
So erwart' ich Euch in meinem Hause!
Lebt wohl denn, ihr Freunde!

Geht ab.


DREIZEHNTE SZENE
Donna Anna. Don Ottavio.

Nr. 10 - Rezitativ und Arie

DONNA ANNA
Ach, Ottavio, ich sterbe!

DON OTTAVIO
Was erschreckt dich?

DONNA ANNA
Hab' Erbarmen, o rette mich!

DON OTTAVIO
Geliebte, Mut nur und Fassung!

DONNA ANNA
O Himmel! Er ist der Mörder meines Vaters!

DON OTTAVIO
Was hör' ich?

DONNA ANNA
O, zweifle länger nicht;
Die letzten Worte, die dieser Freche sprach,
Haltung und Stimme, alles weckt die Erinnrung
An den Frevler, der jüngst in meiner Wohnung.

DON OTTAVIO
O Gott, wärs möglich,
Dass unterm heil'gen Mantel treuer Freundschaft ...
Doch was geschah?
Erzähle mir den unerhörten Vorgang!

DONNA ANNA
Schon warf die Dämmrung ihren Schleier hernieder,
Als in meine Gemächer, wo ich zu meinem Unheil völlig allein war,
Ein Mann hereintritt, gehüllt in einen Mantel.
Im ersten Augenblicke wähnt' ich dich, Freund, mir nahe,
Doch nur zu bald erkannt' ich die schreckliche Täuschung.

DON OTTAVIO
Himmel, vollende!

DONNA ANNA
Schweigend schleicht er mir näher,
Schlingt um mich seinen Arm;
Ich will entfliehen,
Er hält mich fester, ich rufe!
Doch niemand kommt...
Mit einer Hand versucht er,
Meine Rufe zu hindern,
Mit der andern umschlingt er heftiger mich,
Schon glaubt ich mich verloren.

DON OTTAVIO
Schändlicher! Und dann?

DONNA ANNA
Die Todesangst,
Der Abscheu vor dem furchtbaren Frevel,
Erhöhte so mir meine Kräfte,
Dass ich mich durch heft'ges Ringen,
Sträuben und Entwinden
Endlich befreite.

DON OTTAVIO
Ich atme auf, vollende!

DONNA ANNA
Auf's neu' nehm' ich alle Kraft zusammen,
Rufe nach Hilfe. Er aber floh:
In flammender Empörung folg' ich ihm nach bis auf die Strasse,
So wurde aus der Verfolgten eine Verfolg'rin.
Mein Vater tritt dazwischen, stellt zur Rede ihn,
Doch der Bube, überlegen an Kräften dem schwachen Greise,
Häuft noch das Mass des Frevels, raubt ihm das Leben!

Du kennst nun den Frevler,
Der Schande mir drohte,
Mit mördrischem Stahle
Den Vater mir raubte!
Wohlauf denn zur Rache,
Wohlauf denn zur Tat!
Gedenke der Wunde
Im Busen des Toten,
Gedenke des Blutes,
Das tränkte den Boden,
Wenn je dir erkaltet
Der Rache Begier.

Geht ab.


VIERZEHNTE SZENE
Don Ottavio.

DON OTTAVIO
Kaum vermag ich zu glauben,
Dass so schwarzes Verbrechen ein Edelmann begehe!
Klarheit hier zu gewinnen,
Will ich alles versuchen.
Die Pflicht des Freundes, des Verlobten,
Hör' ich mahnend tief im Innersten sprechen:
Ist seine Tat erwiesen,
Werd' ich sie rächen.

Arie des Don Ottavio
Nachkomponiert für die Wiener Aufführung 1788.

DON OTTAVIO
Nur ihrem Frieden weih' ich mein Leben,
Nur ihre Freude kann Ruh' mir geben,
Seh' ich sie leiden,
Sterb' ich vor Pein.
Ja, ihre Seufzer
Sind auch die meinen,
Und mein ihr Zürnen,
Und mein ihr Weinen!
Kein Glück auf Erden
Kenn' ich allein.

Geht ab.


FÜNFZEHNTE SZENE
Leporello. Dann Don Giovanni.

Rezitativ

LEPORELLO
Ich muss den tollen Narren
Noch heute und für immerdar verlassen.
Da kommt er ja ... ei seht nur ...
So harmlos und vergnügt, wie die liebe Unschuld!

DON GIOVANNI
Mein lieber Leporello! Es geht vortrefflich!

LEPORELLO
Mein lieber gnäd'ger Herr, es geht erbärmlich!

DON GIOVANNI
Sage, warum erbärmlich?

LEPORELLO
Ich begab mich, wie Ihr mir befohlen,
Mit Allen nach dem Schlosse.

DON GIOVANNI
Bravo!

LEPORELLO
Durch Plaudern und Scherzen,
Durch Lügen und Geschichten,
Die ich alle in Eurem Dienst erlernt,
Sucht' ich sie zu unterhalten.

DON GIOVANNI
Bravo!

LEPORELLO
Tausend Dinge sag' ich,
Masetto zu zerstreuen,
Und ihn von seiner Eifersucht zu heilen.

DON GIOVANNI
Bravo, bravo, ganz vortrefflich!

LEPORELLO
Ich lass' sie trinken
Die Burschen und die Mädchen;
Bald sind alle benebelt,
Ein'ge singen, andre scherzen,
And're trinken noch fort;
Als es am tollsten war,
Ratet, wer überrascht uns da?

DON GIOVANNI
Zerlina?

LEPORELLO
Bravo! Und an ihrer Seite?

DON GIOVANNI
Donna Elvira!

LEPORELLO
Bravo! Und was sprach sie von Euch?

DON GIOVANNI
Nun, alles Böse, was nur zu erdenken.

LEPORELLO
Bravo, bravo, ganz vortrefflich!

DON GIOVANNI
Und du, sag' was begannst du?

LEPORELLO
Ich schwieg.

DON GIOVANNI
Und sie?

LEPORELLO
Schalt immer fort.

DON GIOVANNI
Und du?

LEPORELLO
Als ihr zuletzt vor Zorn die Worte versagten,
Führt ich sie sachte hinaus aus dem Garten,
Schloss hinter ihr die Tür sorgsam zu,
Machte mich dann aus dem Staub
Und liess sie so allein am Wege stehn.

DON GIOVANNI
Bravo! bravo, bravissimo!
Die Sache geht vortrefflich.
Du hast begonnen, für das Ende sorg' ich.
Gar sehr ergötzen mich die hübschen Bauernmädchen;
Ich will sie bis zur Nacht wohl unterhalten.

Nr. 11 - Arie

DON GIOVANNI
Auf denn zum Feste,
Froh soll es werden,
Bis meine Gäste
Glühen von Wein!
Siehst du ein Mädchen
Nahen dem Garten,
Lass' sie nicht warten,
Führ' sie herein.
Tanzen lass' alle sie
Wirr durcheinander;
Hier Menuette,
Da rasche Walzer,
Dort Allemanden
Spiel' ihnen auf.
Ich aber leise,
Nach meiner Weise,
Führe das Liebchen
In's Kämmerlein.
Drum ohne Sorgen
Deinem Register
Schreibst du schon morgen
Zehne noch ein.

Ab mit Leporello.


Verwandlung
Garten vor Don Giovannis Landschloss.

SECHZEHNTE SZENE
Masetto und Zerlina. Bauern und Bäuerinnen.

Rezitativ

ZERLINA
Masetto, höre doch, lieber Masetto!

MASETTO
Rühr' mich nicht an.

ZERLINA
Warum?

MASETTO
Du kannst noch fragen? Falsche du!
Von deiner ungetreuen Hand lass' ich mich nicht berühren.

ZERLINA
O Gott, sei doch vernünftig,
Ich verdiene nicht solche bittre Kränkung.

MASETTO
Wirklich? Du hast noch den Mut, dich zu entschuld'gen?
Mit einem Manne allein zu bleiben,
Mich zu verlassen am Tag unsrer Hochzeit,
Einen braven und ehrlichen Burschen so frech zu beschimpfen!
Ja glaube nur - wenn das Aufsehn nicht wäre, sowollt' ich Dich ...

ZERLINA
Meine Schuld ist es nicht,
Ward' ich doch selber von ihm hintergangen;
Was kannst du fürchten?
Beruh'ge dich, mein Liebster!
Er berührte nicht die Spitze meines Fingers.
Du willst nicht glauben? Du Böser!
Komm her, schilt mich nur, und schlage mich,
Ja mach' mit mir alles, was du willst,
Doch dann mein lieber Schatz, dann schliess' wieder Frieden!

Nr. 12 - Arie

ZERLINA
Schmäle, schmäle, lieber Junge,
Wie ein Lamm will ich's ertragen,
Fromm, ergeben, ohne Klagen,
Ohne jeden Widerstand.
Jede Strafe will ich dulden,
Schelten magst du mich und schlagen,
Dank dafür will ich dir sagen
Und noch küssen deine Hand,
Die liebe Hand,
Ja, ich seh' es, du vergibst mir,
Friede, Friede lass uns schliessen,
Lass der Liebe Glück geniessen
Uns in Wonne Tag für Tag.

Rezitativ

MASETTO
Ei, da seht diese Hexe,
Die versteht sich auf's Ködern!
Ja, wir Männer sind wahrlich gute Narren!

DON GIOVANNI
hinter der Szene
Nun kann das Fest beginnen, bereit ist alles.

ZERLINA
Ach, Masetto, Masetto, hörst du die Stimme unsers gnädigen Herrn?

MASETTO
Je nun, was tut's?

ZERLINA
Er kommt.

MASETTO
Lass' ihn nur kommen.

ZERLINA
Was fang' ich an, wie kann ich ihm entfliehn?

MASETTO
Was ist zu fürchten, weswegen, sag', entfärbst du dich?
Ha, du Schelmin, ich merke schon,
Du fürchtest, dass ich jetzt wohl erfahre,
Wie zwischen dir und ihm die Sache ablief!

Nr. 13 - Finale

MASETTO
Hurtig, hurtig, eh' er nahet,
Will ich mich bei Seite machen.
In der Nische werd' ich wachen,
Alles hör' ich dort mit an.

ZERLINA
Ach Masetto, was beginnst du?
Ach bitte, bitte, nicht verstecken!
Sicher wird er dich entdecken
Und dann ist's um dich getan.

MASETTO
Sag' und tu' er, was er wolle.

ZERLINA
Ach, er hört mich nicht, der Tolle!

MASETTO
Rede laut und bleib' hier stehen!

ZERLINA
Er ist taub für all' mein Flehen!

MASETTO
Sprich' mir laut und bleib' hier stehen!
Ich will seh'n, ob sie mir treu ist,
So nur komm' ich auf die Spur.

Geht in die Nische.

ZERLINA
O wie grausam, wie abscheulich,
Dass er mir die Falle stellt!


SIEBZEHNTE SZENE
Die Vorigen. Don Giovanni. Diener.

DON GIOVANNI
Auf Ihr Freunde, munter, munter!
Nicht verlegen, liebe Leute!
Nur die Freude herrsche heute!
Tanzt und scherzet, trinkt und lacht.
Auf ihr Diener, führt geschwinde
Mir die Leute hier zum Mahle,
Füllet alle Weinpokale,
Jubel herrsch' in dieser Nacht!

DIE VIER DIENER
Auf ihr Freunde, munter, munter!
Nicht verlegen, liebe Leute!
Nur die Freude herrsche heute,
Tanzt und scherzet, trinkt und lacht!

Gehen ab.


ACHTZEHNTE SZENE
Don Giovanni. Zerlina; dann Masetto.

ZERLINA
Seinem Blick mich zu verbergen,
Eil' ich unter jene Bäume.

DON GIOVANNI
hält sie fest
Ach Zerlinchen, säume, säume;
Holde Kleine, holde Kleine, fliehe nicht!

ZERLINA
Gnäd'ger Herr, o lasst mich gehen!

DON GIOVANNI
Nein, du darfst nicht widerstehen!

ZERLINA
Ich beschwöre Euch mit Tränen ...

DON GIOVANNI
Liebchen, stille dieses Sehnen!
Komm zur Laube, süsse Taube,
Komm, dort sollst du glücklich sein!
Komm mit mir in jene Grotte,
Komm, dort sollst du glücklich sein!

ZERLINA
Ach, wenn er Masetto findet,
Werden wir verloren sein.

DON GIOVANNI
erblickt Masetto
Masetto?

MASETTO
Ja, Masetto!

DON GIOVANNI
Verborgen hier, warum?
Dem Bräutchen wurde bange,
Du bliebst ihr allzulange,
Sie sehnte sich nach dir,
Und dich zu suchen, half ich ihr.

MASETTO
spöttisch
O, zuviel Ehr' erweist ihr mir!

DON GIOVANNI
Nun seid nur guten Mutes,
Die Geigen hört ihr klingen,
Zum Tanze kommt mit mir.

ZERLINA UND MASETTO
Zum Feste lasst uns eilen,
Der andern Lust zu teilen,
Zusammen gehen wir!

DON GIOVANNI
Auf, auf und kommt,
Zusammen gehen wir!

ZERLINA, MASETTO UND DON GIOVANNI
Zum Feste, zum Tanze lasst uns gehn.

Sie gehen ab.


NEUNZEHNTE SZENE
Donna Elvira. Donna Anna. Don Ottavio. Dann Leporello. Don Giovanni.

DONNA ELVIRA
als erste
Seid mutig, edle Freunde,
So wird es uns gelingen,
Das Dunkel zu durchdringen,
Entlarvt wird bald der Frevler sein!

DON OTTAVIO
O hör' der Freundin Worte!
Sei standhaft, du mein Leben,
Das Ziel, nach dem wir streben,
Es mag dir Mut verleih'n!

DONNA ANNA
Gefahrvoll' Unterfangen,
Mich fasst ein tiefes Bangen.
Du bist's, für den ich fürchte,
Hier droht auf's neu' uns Pein.

LEPORELLO
am Fenster
O sehet, gnäd'ger Herr doch
Die allerliebsten Masken!

DON GIOVANNI
am Fenster
Lass' sie mir nicht entgehen,
Lade zum Ball sie ein!
Zieht sich zurück.

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO
Wie Mienen doch und Blicke
Den Schändlichen verraten!

LEPORELLO
Pst, pst! Ihr schönen Masken dort, pst, pst!

DONNA ANNA
zu Don Ottavio
Gib du ihm Antwort!

DONNA ELVIRA
zu Don Ottavio
Gebt Ihr ihm Antwort!

LEPORELLO
Pst, pst, ihr schönen Masken dort!

DON OTTAVIO
Sprecht, was begehrt Ihr?

LEPORELLO
Zum Tanz lädt mein Gebieter
Euch alle freundlich ein.

DON OTTAVIO
Dank für so grosse Ehre!
Wohlan! Wir werden kommen.

LEPORELLO
für sich
Mein Büchlein wird schon morgen
Wieder bereichert sein.

DONNA ANNA UND DON OTTAVIO
die Masken abnehmend
Mög' Gott zu unsrem Werke,
Uns Kraft und Mut verleih'n!

Sie legen die Masken wieder an und gehen feierlich ab.


Verwandlung
Ballsaal in Don Giovannis Landschloss.

ZWANZIGSTE SZENE
Don Giovanni, Zerlina, Leporello, Masetto, Bauern, Bäuerinnen, Diener.

Don Giovanni ladet die Mädchen, Leporello die Burschen, die soeben einen Tanz beendet, zum Sitzen ein.

DON GIOVANNI
Ruht ein wenig, ihr reizenden Kinder!

LEPORELLO
Kommt, erfrischt euch, ihr artigen Burschen.

DON GIOVANNI UND LEPORELLO
Dann beginnen wir wieder zu tanzen,
Wirbeln lustig im Kreise herum.

DON GIOVANNI
He, Kaffee!

LEPORELLO
Schokolade!

MASETTO
Ach, Zerlina, behutsam!

DON GIOVANNI
Gefror'nes!

LEPORELLO
Konfekt her!

ZERLINA UND MASETTO
Zwar recht artig beginnet das Spiel hier,
Doch das Ende, wer sieht es voraus?

DON GIOVANNI
O wie bist du so reizend, Zerlina!
Liebkost sie.

ZERLINA
Ei, Ihr scherzet!

MASETTO
Wie die Schelmin vergnügt ist!
Don Giovanni beobachtend.
Rühr' sie an, und es soll dich gereuen.

LEPORELLO
Don Giovanni nachahmend
O, wie bist du so reizend, Gianotta!

ZERLINA
Ach, Masetto verdreht schon die Augen,
Dieser Handel, er endet nicht gut.

DON GIOVANNI UND LEPORELLO
Ha, Masetto verdreht schon die Augen,
Darum Vorsicht und wohl auf der Hut!


EINUNDZWANZIGSTE SZENE
Die Vorigen, Donna Anna, Donna Elvira, Don Ottavio.

LEPORELLO
Nur näher, schöne Masken,
Willkommen hier zum Feste!

DON GIOVANNI
Willkommen, werte Gäste,
Hoch leb' die Freiheit hier!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA UND DON OTTAVIO
Wir danken Eurer Grossmut,
Die Freiheit uns gewährt!

DON GIOVANNI
Seid meine Gäste!
Hoch leb' die Freiheit!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO, DON GIOVANNI, LEPORELLO
Hoch leb' die Freiheit
Hoch, sie lebe hoch!

DON GIOVANNI
zum Hausmarschall
Lasst die Musik beginnen!
zu Leporello
Du ordne neu die Tänze!

Auf dem Theater Musik

LEPORELLO
Nur flink zum muntern Tanze!

DONNA ELVIRA
zu Donna Anna
Das ist die junge Bäu'rin!

DONNA ANNA
Ich sterbe!

DON OTTAVIO
zu Donna Anna
Still, nur Fassung!

DON GIOVANNI UND LEPORELLO
Nicht besser könnt' es gehn'!

MASETTO
spöttisch
Vortrefflich, vortrefflich!
Vortrefflich, muss gestehn!

DON GIOVANNI
zu Leporello
Masetto schaff' beiseite!

LEPORELLO
Willst du nicht auch mit tanzen,
Armer Junge?
O komm doch, Freund Masetto,
Tanze, so wie's die andern tun.

DON GIOVANNI
zu Zerlina
Reich' mir die Hand zum Tanze,
Zerlina, komm mit mir!

MASETTO
Nein, nein, ich mag nicht tanzen!

LEPORELLO
Ei tanze nur, Masetto!

MASETTO
Nein!

LEPORELLO
Ja! Masetto, tanze! Tanze!

MASETTO
Nein, nein, ich mag nicht.

DONNA ANNA
Ich kann mich nicht mehr fassen!

DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO
Verstellung gilt es hier.

LEPORELLO
Komm tanze, Freund Masetto,
So wie's die andern tun.

DON GIOVANNI
Komm nur mit mir, mein Leben,
Komm, o folge mir!

MASETTO
Lass' mich doch hinweg! Zerlina!

ZERLINA
Ich Arme, bin verloren!

Wird im Tanz von Don Giovanni weggezogen.

LEPORELLO
Jetzt wird es Händel setzen!
Ab.

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO
Im eignen Netze fängt nun
Der Schändliche sich hier!

ZERLINA
von draussen
Ach zu Hilfe, habt Erbarmen!!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO
Auf, entreisst sie seinen Armen!

Die Musikanten und Bauern entfernen sich im Tumult.

MASETTO
Ach, Zerlina!

ZERLINA
Weh mir Armen!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO
Ha, sie rief auf jener Seite!

ZERLINA
Weh mir Armen!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO
Sprengt die Türe, lasst uns eilen!

ZERLINA
Kommt zu Hilfe mir,
Ach, ich sterbe!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO
Wir sind hier zu deinem Schutze!

DON GIOVANNI
führt Leporello am Arme herein und tut, als wolle er ihn erstechen.
Frecher Bube! Sie beleid'gen!
Doch bestrafen werd' ich ihn,
Stirb, Verwegner!
Du musst sterben!

LEPORELLO
Ach, habt Erbarmen!

DON OTTAVIO
richtet eine Pistole auf Don Giovanni
Deine List ist hier vergebens!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA UND DON OTTAVIO
Hoffe nimmer uns zu täuschen
Durch dein schnödes Gaukelspiel.
Sie nehmen die Masken ab.

DON GIOVANNI
Wie, Elvira?

DONNA ELVIRA
Ja, Verräter!

DON GIOVANNI
Don Ottavio?

DON OTTAVIO
Ja, ich bin es!

DON GIOVANNI
Könnt ihr glauben ...

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO, ZERLINA UND MASETTO
Ehrvergessner, schweig und zittre!
Alles, alles wissen wir!
Zittre! Bebe!
Bebe, Missetäter!

DON GIOVANNI UND LEPORELLO
Mir verwirren sich die Sinne!
Kaum vermag ich mich zu fassen.
Wild erregte Stürme rasen,
Drohn von allen Seiten mir!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, ZERLINA, DON OTTAVIO UND MASETTO
Bald soll alle Welt mit Grauen
Dein verruchtes Herz durchschauen
Deine grausam wilde Gier.
Hör' des Donners Rachestimme!
Vor dem Blitz des Himmels zage,
Weh' dir, noch an diesem Tage
Treffe dich sein Feuerstrahl.

DON GIOVANNI
Doch soll nie mein Mut erliegen.
Mag die Welt in Trümmer gehen!

LEPORELLO
Doch wird nie sein Mut erliegen.
Mag die Welt in Trümmer gehen!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO, ZERLINA UND MASETTO
Hör den Sturm!
Weh dir, noch heute an diesem Tage
Treffe dich der Rache Strahl!

Als Ottavio den Zweikampf mit Don Giovanni aufnehmen will, wirft sich Elvira dazwischen. Der Kampf wird abgebrochen. Anna sinkt ohnmächtig in Ottavios Arme, Don Giovanni behauptet das Feld.



ZWEITER AKT

Eine einsame Strasse. Einbrechende Dunkelheit.

ERSTE SZENE
Don Giovanni. Leporello.

Nr. 14 - Duett

DON GIOVANNI
Gib dich zufrieden,
Alberner Wicht!

LEPORELLO
Wir sind geschieden,
Ich bleibe nicht!

DON GIOVANNI
Lass' dich belehren ...

LEPORELLO
Mag nichts mehr hören!

DON GIOVANNI
Was hat's gegeben,
Das dir missfiele?

LEPORELLO
Nichts, nur mein Leben
Stand auf dem Spiele!

DON GIOVANNI
Das waren Possen,
Werde doch klug!

LEPORELLO
Von solchen Possen,
Hab' ich genug!

Will abgehen. Don Giovanni hält ihn zurück.

Rezitativ

DON GIOVANNI
Leporello!

LEPORELLO
Eu'r Gnaden!

DON GIOVANNI
Komm her, wir schliessen Frieden,
Nimm da!

LEPORELLO
Was denn?

DON GIOVANNI
Vier Dublonen.

LEPORELLO
Gut, doch höret:
Für diesmal sei's,
Will das Schmerzensgeld behalten,
Doch merkt Euch:
Nur für diesmal, und glaubt ja nicht,
Dass ihr mich so verführen könnt wie die Weiber,
Durch Geld und schöne Worte.

DON GIOVANNI
Und nun nichts mehr davon!
Bist du jetzt willig,
Zu tun, was ich dir sage?

LEPORELLO
Nur lasst mir von den Weibern!

DON GIOVANNI
Die Weiber lassen? Dummkopf!
So wisse, dass sie mir nötig sind
Wie das Brot, das ich esse,
Wie die Luft, die ich atme.

LEPORELLO
Und dennoch strebt ihr,
Sie alle zu betrügen?

DON GIOVANNI
Aus reiner Liebe.
Wer nur einer getreu ist,
Begeht ein Unrecht an den andern;
In meinem liebebedürftigen Herzen
Ist Raum genug für alle,
Und nur die Frauen, die das nicht begreifen,
Erklären diese Liebe für Betrug.

LEPORELLO
Von einer gar so reichen, unversiegbaren Liebe
Hab' ich gar keine Ahnung.
Nun wohl, was steht zu Diensten?

DON GIOVANNI
Höre! Sahst du noch nicht das Kammerzöfchen von Donn' Elvira?

LEPORELLO
Ich? Nein!

DON GIOVANNI
Dann hast du niemals etwas Schönes gesehen,
Mein guter Leporello.
Ich will mein Glück bei der Kleinen versuchen,
Und hab' beschlossen,
Da der Abend schon hereinbricht,
Um sie leichter noch zu betören,
Mich in deinen Kleidern ihr zu präsentieren.

LEPORELLO
Aber wär es nicht besser,
Ihr behieltet die Euren?

DON GIOVANNI
Bei Leuten niedren Stands
Haben vornehme Kleider selten viel Kredit.
Vorwärts nur, eilig!

Sie wechseln Mäntel und Hüte.

LEPORELLO
O Herr, wenn Ihr bedächtet ...

DON GIOVANNI
Kein Wort mehr,
Ich dulde keinen Widerspruch.


ZWEITE SZENE
Die Vorigen. Donna Elvira.

Nr. 15 - Terzett

DONNA ELVIRA
am Fenster oder auf dem Balkon eines Hauses
Mein Herz, was soll dein Zagen?
Hör' auf für ihn zu schlagen!
Der Falsche hat mich verraten,
Nicht darf ich ihm verzeihn.

LEPORELLO
Das ist ja Frau Elvira,
Wohl hab' ich sie vernommen.

DON GIOVANNI
Das ist mir sehr willkommen,
Nimm meine Stelle ein!
Stellt sich hinter Leporello
Elvira, du mein Leben!

DONNA ELVIRA
Ist das nicht seine Stimme?

DON GIOVANNI
Ja, ich bin's, einzig Geliebte,
Der reuvoll zu dir fleht!

DONNA ELVIRA
Heiss fluten mir im Herzen
Sehnsücht'ger Liebe Schmerzen!

LEPORELLO
Merk' schon, die gute Närrin
Läuft nochmals ihm in's Garn.

DON GIOVANNI
O komm herab, mein Liebchen!
Ich schwöre dir auf's neue
Für Tod und Leben Treue,
Erhöre mein reuig' Flehn!

DONNA ELVIRA
Dir glaub' ich nun und nimmermehr!

DON GIOVANNI
Ach glaube mir, sonst verzweifl' ich!

LEPORELLO
Ich kann nicht mehr vor Lachen,
Ich lache, lache, lache.

DONNA ELVIRA
Gott schenke jetzt mir Gnade,
Zeig' mir die rechten Pfade!
Wie könnt' ich seinem Flehen
Noch länger widerstehn!

Sie verlässt das Fenster.

DON GIOVANNI
Dank dir, o Serenade,
Hilf du nun Maskerade!
Dass ich im Ködern Meister,
Muss jeder zugestehn.

LEPORELLO
Sie glaubt der Maskerade!
Nun schenke Gott ihr Gnade!
Schützt er sie nicht vor Unheil,
Dann ist's um sie geschehn.

Rezitativ

DON GIOVANNI
sehr heiter
Nun, Freund, was sagst du jetzt?

LEPORELLO
Dass Euer Herz
Noch härter ist, als Erz.

DON GIOVANNI
Geh, geh, sei nicht so albern!
Nun gib wohl Achtung:
Siehst du die Tür sie öffnen,
So eilst du ihr entgegen,
Schliesst sie in deine Arme,
Und ahmst meine Stimme nach;
Dann suchest du von hier
Mit Schmeicheln und List
Sie zu entfernen.

LEPORELLO
Doch Eu'r Gnaden!

DON GIOVANNI
Keinen Widerspruch!

LEPORELLO
Wenn sie mich nun erkennt?

DON GIOVANNI
Sie erkennt dich nicht,
Wenn du nicht willst.
Stille: sie kommt schon!
Nun gilt es!


DRITTE SZENE
Donna Elvira, Leporello, Don Giovanni.

DONNA ELVIRA
Ich hab' dich wieder!

DON GIOVANNI
Lass sehen, was er tut!

LEPORELLO
für sich
Schöne Geschichte!

DONNA ELVIRA
Darf ich glauben, dass endlich mein Klagen
Doch dein Herz noch bewegt,
Und dass voll Reue mein heissgeliebter Gatte,
Treu seiner Pflicht,
Zurück in meine Arme kehrt?

LEPORELLO
Ja, Geliebte!

DONNA ELVIRA
Du Böser, wenn du wüsstest,
Wie viel Tränen
Und wie viele Seufzer
Du mich gekostet!

LEPORELLO
Ich dich gekostet?

DONNA ELVIRA
Ja, du!

LEPORELLO
Ach, du Arme, das tut mir sehr leid!

DONNA ELVIRA
Bleibst du nun stets auch mein?

LEPORELLO
Ja, Zuckermäulchen!

DONNA ELVIRA
Und wirst mich nie verlassen?

LEPORELLO
Niemals!

DONNA ELVIRA
Geliebtester!

LEPORELLO
Geliebteste!
für sich
Der Spass ist gar nicht übel.

DONNA ELVIRA
Du mein Alles!

LEPORELLO
Meine Venus!

DONNA ELVIRA
Ach für dich bin ich ganz Flamme!

LEPORELLO
Und ich ganz Asche.

DON GIOVANNI
für sich
Der Schlingel fängt schon Feuer!

DONNA ELVIRA
Und wirst du stets mir treu sein?

LEPORELLO
Das versteht sich!

DONNA ELVIRA
So schwör es mir!

LEPORELLO
Ich schwör's bei diesem Händchen,
Das ich voll Inbrunst küsse,
Bei diesen Augen -

DON GIOVANNI
indem er tut, als ob er jemanden töten wolle
He, hollah, he! Du musst sterben!

DONNA ELVIRA UND LEPORELLO
O Himmel!
Fliehen.

DON GIOVANNI
He, holla, holla, he!
Die Sache geht ja ganz nach Wunsche.
Lass sehen! Dieses hier ist ihr Fenster,
Nun frisch gesungen.

Nr. 16 - Canzonetta

DON GIOVANNI
Feinsliebchen, komm an's Fenster, erhör' mein Flehen!
O eile, meinem Schmerz Balsam zu spenden.
Kannst meine Liebe du grausam verschmähen,
Dann mag ein rascher Tod mein Leben enden.
Dein honigsüsses Mündchen hold mir lachte,
Lieblich strahlt mir dein Auge, wie Maiensonne!
Ach, dass in Liebespein ich nicht verschmachte,
Gönne mir einen Blick, du meine Wonne!

Man sieht die Zofe einen Augenblick am Fenster.


VIERTE SZENE
Don Giovanni, Masetto, Bauern.

Rezitativ

DON GIOVANNI
Es regt sich was am Fenster,
Ja sie ist es .. Pst, pst ...

MASETTO
zu den Bauern
Nur unverdrossen,
Ihr werdet sehen, wir finden ihn hier.

DON GIOVANNI
für sich
Ich höre sprechen.

MASETTO
Bleibt hier stehen!
Mir scheint, als ob dort sich etwas rege.

DON GIOVANNI
für sich
Irr' ich nicht, ist's Masetto.

MASETTO
Wer ist da? Keine Antwort!
Mut, das Gewehr an die Backen!
Alle legen das Gewehr an.
Wer ist da?

DON GIOVANNI
für sich
Es sind viele, da heisst es klug sein.
Ahmt Leporellos Stimme nach.
Ihr Freunde!
für sich
Kennen darf man mich nicht.
Bist du's Masetto?

MASETTO
zornig
Grade der bin ich, und du?

DON GIOVANNI
Kennst du mich nicht mehr?
Ich bin ja der Diener jenes Don Giovanni.

MASETTO
Leporello! Der Diener
Jenes saubren Kavalieres?

DON GIOVANNI
Freilich, jenes Schurken.

MASETTO
Jenes ehrlosen Buben!
Kannst du mir sagen,
Wo wir ihn finden können?
Wir haben uns vereint,
Ihn tot zu schlagen.

DON GIOVANNI
für sich
Eine Kleinigkeit!
Zu Masetto.
Mein guter Freund Masetto, ich schliesse mich euch an,
Dem schändlichen Patron eins aufzupelzen.
Zuvor doch hört, was ich mir ausgesonnen.

Nr. 17 - Arie

DON GIOVANNI
Ihr geht nach jener Seite hin,
Durch diese Gasse ihr!
Nur klug und still, dann fangt ihr ihn,
Er ist nicht weit von hier.
Seht ihr ein zärtlich Pärchen,
Die Strasse hin spazieren,
Hört unter einem Fenster
Von Liebe ihr parlieren,
Dann habt ihr ihn, dann packt ihn,
Zerschlaget und zerhackt ihn,
Den saubern Kavalier!

Die Bauern wollen abgehn.

DON GIOVANNI
Noch merke sich ein jeder
Am Hut die weisse Feder,
Den grossen, weiten Mantel,
Das Schwert am Bandelier,
Dran kennt ihr, glaubet mir,
Den saubren Kavalier.
Nur hurtig ohne Weilen.
zu Masetto
Nur du, du bleibst bei mir.
Die Bauern gehen ab.
Glaub mir, o Freund Masetto,
Den Rest besorgen wir.


FÜNFTE SZENE
Don Giovanni, Masetto.

Rezitativ

DON GIOVANNI
Stille, lass' mich erst horchen!
Alles in Ordnung!
Also wir woll'n ihn ermorden?

MASETTO
Versteht sich.

DON GIOVANNI
Doch wär's nicht auch genug
Ihn durchzuprügeln,
Ein paar Rippen ihm zu brechen?

MASETTO
Nein, nein, ich will ihn morden,
In Stücke ihn zerreissen!

DON GIOVANNI
Hast du Waffen?

MASETTO
Ei freilich!
Zuerst hier die Muskete,
Und dann noch die Pistole.

DON GIOVANNI
Was sonst noch?

MASETTO
Genügt's nicht?

DON GIOVANNI
Ei, es genügt schon. So nimm denn:
Dieses für die Pistole,
Dieses für die Muskete.

MASETTO
Au, au, mein Kopf, mein Rücken!

DON GIOVANNI
Schweig, oder stirb!
Nimm dies für das Ermorden
Und dies für das Zerreissen.
Da hast du deinen Lohn, du dummer Tölpel!

Geht ab.

MASETTO
O weh, mein armer Schädel!
O weh, mein Rücken, die Schulter ...


SECHSTE SZENE
Zerlina mit einem Laternchen. Masetto.

ZERLINA
Wenn mein Ohr mich nicht täuschte,
So hört' ich Masetto rufen.

MASETTO
O weh, Zerlina,
O mein Zerlinchen, zu Hilfe.

ZERLINA
Sag', was ist dir?

MASETTO
Der Schurke, der freche Bube,
Hat die Knochen mir zerschlagen!

ZERLINA
Wehe mir armen Frau! Wer?

MASETTO
Leporello,
Wenn nicht der Teufel in seiner Gestalt.

ZERLINA
Da siehst du! Sagt' ich's nicht immer,
Dass dein törichtes, eifersücht'ges Wesen
Dich noch in schreckliche Händel bringen werde?
Wo fühlst du Schmerzen?

MASETTO
Hier!

ZERLINA
Wo sonst noch?

MASETTO
kläglich
Hier, und hier, und - da!

ZERLINA
Sonst fühlst du keine Schmerzen?

MASETTO
Wie, du fragst noch nach mehr?
Ich hab' an denen grade genug!

ZERLINA
Ei nun, das tut nicht viel,
Wenn du sonst nur gesund bist.
Komm schön mit mir nach Hause,
Und wenn du mir versprichst
Deine Eifersucht zu lassen,
Dann will ich dich schon heilen, mein Masetto.

Nr. 18 - Arie

ZERLINA
Ich weiss ein Mittel,
Das dir, mein Schätzchen,
Wenn du fein fromm bist,
Heilung verschafft.
's ist so natürlich,
Mundet so köstlich,
Kein Apotheker
Kennt seine Kraft.
Ja dieser Balsam,
Er wirkte schon Wunder,
Magst du ihn kosten,
Bin ich bereit.
Willst du auch wissen,
Wo ich ihn berge,
Wo ich den Balsam berge?
Masetto nickt.
Fühlst du es klopfen hier?
Das heilt dein Leid!

Ab mit Masetto.


Verwandlung
Dunkle Vorhalle im Hause der Donna Anna.

SIEBENTE SZENE
Leporello, Donna Elvira, Donna Anna, Don Ottavio.

Rezitativ

LEPORELLO
Ich sehe Fackeln schimmern,
Ja, sie kommen hierher;
Lass uns hier warten,
Bis sie vorbeigegangen.

DONNA ELVIRA
Was besorgst du,
Angebeteter Gatte?

LEPORELLO
Nichts, o gar nichts ...
Gewisse Rücksichten,
Drum will ich seh'n,
Ob die Lichter sich entfernen.
für sich
Ach hätt' ich diesen Schatz doch vom Halse!
O bleib' nur, holdes Wesen!

DONNA ELVIRA
Teurer, verlass' mich nicht!

Nr. 19 - Sextett

DONNA ELVIRA
Einsam hier an dunkler Stätte
Pocht mein Herz, erfüllt von Bangen,
Und die Seele, sie bebt befangen,
Neuer Jammer ahnet mir.

LEPORELLO
geht tastend umher
Ach, vergebens, wie ich suche,
Keine Türe ist zu finden ...
Sachte, sachte, ja da ist sie,
Jetzt verschwinde ich von hier ...
Verfehlt die Tür.

Donna Anna und Don Ottavio mit Fackelträgern.


DON OTTAVIO
Heb' empor die feuchten Augen,
O lass ab von deinem Kummer!
Selbst deines Vaters tiefen Schlummer
Stört im Grab der Tränen Flut.

DONNA ANNA
Lass' mich klagen, lass' mich weinen,
Gönne mir den Trost der Tränen!
Erst im Grabe wird mein Sehnen,
Wird mein Schmerz erloschen sein.

DONNA ELVIRA
ohne bemerkt zu werden.
Ach, wo mag der Gatte weilen?

LEPORELLO
Trifft sie mich, bin ich verloren!

DONNA ELVIRA UND LEPORELLO
Hier die Tür', nun will ich eilen,
Sachte, sachte, fort von hier.


ACHTE SZENE
Die Vorigen, Zerlina und Masetto.

ZERLINA UND MASETTO
Halt Missetäter, nicht von der Stelle!

DONNA ANNA UND OTTAVIO
Wie, der Verräter lässt sich hier sehn!?

ZERLINA, MASETTO, DONNA ANNA, DONNA ELVIRA
Tod diesem Schändlichen,
Der mich verraten!

DONNA ELVIRA
Schont meines Gatten,
Erhört mein Flehn!

ZERLINA, MASETTO, DONNA ANNA, DON OTTAVIO
Was muss ich sehen?
Donna Elvira,
Kaum kann ich's verstehen!
Nein, nein, nein, nein!
Er stirbt!

DONNA ELVIRA
Erbarmen!

LEPORELLO
Ach habt Erbarmen
Und schont mich Armen!
Dies hier sind leider
Nur seine Kleider!
Der, den ihr sucht, ist weit.
Barmherzigkeit!

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO, ZERLINA, MASETTO
Wie, Leporello?
Welch neue Täuschung!
Staunen erfasst mich,
Was ist zu tun!
O Gott, was ist hier nun zu tun!

DONNA ANNA, ZERLINA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO, MASETTO
Welch ein frevelhaft Beginnen!
Wie soll Fassung ich gewinnen?

LEPORELLO
Weh mir Armen, was beginnen?
Könnt' ich nur von hier entrinnen;
Rett' ich mich aus den Gefahren,
Hat's ein Wunder nur vollbracht.

DONNA ANNA, ZERLINA, DONNA ELVIRA, DON OTTAVIO, MASETTO
Neue Frevel an jedem Tage,
Neues Unheil jede Nacht!

Donna Anna geht ab mit den Dienern.


NEUNTE SZENE
Zerlina, Donna Elvira, Don Ottavio, Masetto, Leporello.

ZERLINA
Also du bist der Schuft,
Der diesen Abend mir Masetto so übel zugerichtet?

DONNA ELVIRA
Also du hast so schändlich mich betrogen,
Da du für meinen Gatten dich ausgabst?

DON OTTAVIO
Du also kamst verkleidet in dieses Haus
Zu neuen Missetaten?

DONNA ELVIRA
An mir ist's, ihn zu strafen.

ZERLINA
Nein, an mir.

DON OTTAVIO
Nein, nein, an mir.

MASETTO
Also schlagen wir viere ihn tot!

Nr. 20 - Arie

LEPORELLO
Ach Erbarmen, meine Herrn,
Ach erbarmt euch mein, Ihr Herrn!
Ihr habt recht ja und sie nicht minder,
Doch glaubt, euch zu täuschen liegt mir fern.
Er ist Herr, und er gebot mir,
Ich bin schuldlos, das ist klar.
Helft, o Donna, aus der Not mir!
Wisst ja selber, wie es war.
zu Zerlina
Von Masetto weiss ich gar nichts,
Diese Dame wird dir bezeugen,
Dass wir beide seit zwei Stunden,
Ganz allein und ungesehn,
Stillvergnügt spazieren gehn.
zu Don Ottavio
Euch, lieber Herre, sag' ich kein Wörtlein ...
Ich fand durch Zufall hier dieses Pförtlein,
Da draussen Lichtschein,
Doch hier kein Lichtlein.
Ich fühlte Schauer,
Die Pforte, die Mauer,
Dies Eck hier
Schien ein Versteck mir,
So wider Willen,
Bald da, bald dort,
Dacht' ich im Stillen:
O wär' ich fort.

Läuft fort.


ZEHNTE SZENE
Donna Elvira, Zerlina, Don Ottavio, Masetto.

Rezitativ

DONNA ELVIRA
Halte, Schändlicher, halte!

MASETTO
Der läuft, als hätt' er Flügel.

ZERLINA
Wie der Schurke uns so schlau entwischt ist!

DON OTTAVIO
Hört mich, ihr Freunde!
Nach so schweren Verbrechen
Zweifl' ich länger nicht mehr,
Dass Don Giovanni der verruchte Mörder
Von Donna Anna's Vater
In diesem Hause weilt nur wenige Stunden noch;
Seinem Richter wird nimmer er entrinnen;
In kurzer Zeit wird der Frevel bestraft sein.
So verlangt es die Pflicht, das Mitleid, die Liebe.

Nr. 21 - Arie

DON OTTAVIO
Folget der Heissgeliebten
Und sagt ihr, was Trost ihr bringen kann.
Trocknet die Tränenfluten
Und nehmt euch ihrer an.
O, tröstet die Teure
Und nehmt euch ihrer an.
Dann erst, wenn dem Verbrecher
Lohn seiner Tat geworden,
Als Richter und als Rächer
Werd' ich ihr wieder nahn.

Alle ab.


ZEHNTE SZENE
(nachkomponiert für die Wiener Première vom 30. April 1788)

Donna Elvira (allein)

Nr. 21b - Rezitativ und Arie

DONNA ELVIRA
In welche Abgrund, o Himmel, in welchem Pfuhle
Abscheulicher Verbrecher
Versank der Unglücksel'ge!
Nein, nein! Nicht länger wird Gottes Langmut hemmen
Der Gerechtigkeit Arm.
Schon seh' ich flammen den vernichtenden Blitzstrahl,
Ihm das Haupt zu zerschmettern.
Schon seh ich offen der Hölle grausen Schlund! Arme Elvira!
Welch ein Kampf der Gefühle bewegt das Herz dir?
Weshalb noch diese Seufzer, dies bange Sehnen?

Mich verriet der Undankbare,
Gab dem Jammer, der Schmach mich hin.
Doch verraten, von ihm verlassen
Fühl' ich Mitleid noch für ihn.
Wenn ich denke alles Leid's
Dann entflammt die Brust von Rache,
Doch erblick ich ihn in Gefahren,
Ach, dann zagt dies schwache Herz.

Geht ab


Verwandlung
Geschlossene Kirchhofshalle. Verschiedene Reiterstatuen; die Statue des Komturs.

ELFTE SZENE
Don Giovanni. Leporello. Dann Stimme des Komturs.

Rezitativ

DON GIOVANNI
Ha, ha, ha, ha! Ganz vortrefflich!
Nun mögen sie mich suchen.
Welch' schöne Mondnacht!
Fast so hell wie am Tage,
Wie geschaffen für Abenteuer
Auf Jagd nach schönen Mädchen.
Sieht auf die Uhr, die repetiert.
Wie spät ist's? Zwei volle Stunden noch bis Mitternacht.
Ich möchte wohl gerne erfahren,
Wie Leporello die Sache mit Elvira beendigt!
Wenn der Schlingel gescheit war ...

LEPORELLO
Gott sei Dank! Ei, das lief noch ziemlich gut ab!

DON GIOVANNI
Da ist er. He, Leporello!

LEPORELLO
Wer ruft mich?

DON GIOVANNI
Kennst du nicht deinen Herrn?

LEPORELLO
Ich wollt', ich kennt' ihn nicht!

DON GIOVANNI
Wie, du Schurke?

LEPORELLO
Ihr seid es, Herr? Verzeiht mir!

DON GIOVANNI
Nun, wie ging es?

LEPORELLO
An Eurer Statt wurd' ich beinah' erschlagen.

DON GIOVANNI
Nun, diese grosse Ehre wusstest du doch zu schätzen?

LEPORELLO
Nein Herr, ich danke.

DON GIOVANNI
Schon gut, schon gut, Komm her!
Die schönsten Sachen erzähl' ich dir!

LEPORELLO
Doch was bracht' euch hierher?

DON GIOVANNI
Komm herein, dann sollst du's wissen.
Verschied'ne Abenteuer,
Die ich glücklich bestanden, seit wir schieden,
Sollst du später erfahren,
Aber das Schönste will ich gleich dir erzählen.

LEPORELLO
Wieder mit Frauen?

DON GIOVANNI
Natürlich!
Ein junges Mädchen, frisch und schön wie der Tag,
Begegnet mir auf der Strasse;
Ich folg' ihr eilig und fasse ihre Hand,
Sie will entfliehen, ich sag' ihr ein paar Worte,
Und sie, sie hält mich, rate für wen?

LEPORELLO
Weiss es nicht.

DON GIOVANNI
Für Leporello.

LEPORELLO
Für mich?

DON GIOVANNI
Für dich.

LEPORELLO
Vortrefflich!

DON GIOVANNI
Und nun drückt sie mir zärtlich die Hände ...

LEPORELLO
Ei, immer besser!

DON GIOVANNI
Sie umarmt mich, sie küsst mich:
Mein lieber Leporello! Leporello mein Alles ...
Es war kein Zweifel, es war eins deiner Schätzchen.

LEPORELLO
O, alle Teufel!

DON GIOVANNI
Ich benutze den Irrtum,
Doch als sie endlich mich erkannte schrie sie,
Es kamen Leute, eilig sucht' ich den Rückzug
Und schwang behende mich herab dort über jene Mauer.

LEPORELLO
Und dies alles erzählet Ihr mir mit solchem Gleichmut?

DON GIOVANNI
Warum nicht?

LEPORELLO
Ei, gesetzt, meine Frau wär' es gewesen?

DON GIOVANNI
lacht laut auf
Desto besser!

KOMTUR
Dein Lachen wird vergeh'n, ehe der Tag graut!

DON GIOVANNI
zu Leporello
Wer sprach hier?

LEPORELLO
Ach, gewiss war es ein Geist aus andern Welten,
Der Euch ganz genau kennt.

DON GIOVANNI
Schweige, Dummkopf!
Wer ist da! Wer ist da?

KOMTUR
Verwegner, entweiche,
Gönne Ruhe den Toten!

LEPORELLO
Sagt ich's nicht?

DON GIOVANNI
Mir scheint, ein Tollkopf draussen
Macht sich über uns lustig ...
Ei, ist das nicht das Standbild unsers wackern Komturs?
Gehe hin und lies mir die Inschrift!

LEPORELLO
Entschuldigt ... so weit hab' ich's noch nicht gebracht,
Bei Mondenschein zu lesen.

DON GIOVANNI
Auf, gehorche!

LEPORELLO
liest
Ich ... warte ... hier ... der Rache an jenem Buben,
Der mir das Leben raubte ..
Vernahmt Ihr's? Ich bebe!

DON GIOVANNI
Der alte Possenreisser!
Sag' ihm, dass ich noch heute zum Nachtmahl ihn erwarte.

LEPORELLO
Unerhört! Doch mir scheint ...
O Himmel, seht nur, wie so drohend er auf uns beide blickt.
Er scheint lebend, scheint zu fühlen,
Und scheint sprechen zu wollen!

DON GIOVANNI
Wohlan, mach' vorwärts, sonst bring' ich dich um
Und begrabe dich gleich hier.

LEPORELLO
Nur gemach, gnäd'ger Herr,
Ich will gehorchen!

Nr. 22 - Duett

LEPORELLO
O hochgeschätzte Statue
Des grossen Herrn Komtures.
Weh mir! die Kniee schlottern,
Ich kann nicht, o Herr, verschonet mich!

DON GIOVANNI
Gehorche mir, vollende,
Sonst lehrt's mein Degen dich.

LEPORELLO
Wie gottlos, wie verwegen!

DON GIOVANNI
Der Spass kommt mir gelegen.

LEPORELLO
Zu Eis erstarrt mein Blut.

DON GIOVANNI
Ich kenne seinen Mut.

LEPORELLO
O hochgeschätzte Statue,
Obschon in Stein gehauen,
Gnäd'ger Herr, o Entsetzen, o Grauen,
Ach seht nur, wie finster schaut er drein.

DON GIOVANNI
den Degen ziehend
Stirb denn, stirb denn!

LEPORELLO
Nein, nein, jetzt soll es werden, wartet!
Mein Herr, den dort Ihr sehet,
Nicht ich, dass Ihr's verstehet ...
Lädt Euch zur Tafel ein.
Die Statue nickt.
Weh mir, weh, das ist entsetzlich,
O Gott, ich sah ihn nicken!

DON GIOVANNI
Welch' albernes Gebahren,
Du bist ein rechter Narre!

LEPORELLO
O seht nur, ich bitt' Euch, seht nur selber!

DON GIOVANNI
Was ist denn da zu sehen, sprich?

LEPORELLO
Mit seinem Marmorkopfe verneigte er sich so!

DON GIOVANNI UND LEPORELLO
Mit seinem Marmorkopfe verneigte er sich so!

DON GIOVANNI
zur Statue
Wohlan denn, gib mir Antwort!
Kommst du zur Tafel?

KOMTUR
Ja!

LEPORELLO
Weh, mir ist nicht geheuer,
Der Geist kommt selbst zur Tafel!
Ach, gnäd'ger Herr, Erbarmen,
Lasst uns nach Hause gehen.

DON GIOVANNI
Welch' tolles Abenteuer,
Der gute Alte kommt selbst zur Tafel!
Dass wir sie gut bereiten,
Lass' uns nach Hause gehn!
Er will zur Tafel kommen,
Ich selber hab's vernommen.
Dass wir sie gut bereiten,
Lass' uns nach Hause gehn!

Gehn ab.


Verwandlung
Zimmer in Donna Anna's Hause.

ZWÖLFTE SZENE
Donna Anna. Don Ottavio.

DON OTTAVIO
Auf, tröste dich, o Teure!
Bald wird die Strafe den Verbrecher ereilen,
Und wir alle werden endlich gerächt.

DONNA ANNA
Mein Vater, o Himmel!

DON OTTAVIO
O beuge dich in Demut dem Willen des Herrn!
Sei standhaft, Geliebte!
Alles, was du verloren,
Kann schon morgen ich treulich dir ersetzen;
Dieses Herz, meine Hand hier, meine zärtliche Liebe ...

DONNA ANNA
O Gott, was verlangst du?
In so trauriger Stunde!

DON OTTAVIO
Weh mir! Vermöchtest du durch neue Verzög'rung
Mein Leiden noch zu mehren? Wie grausam!

Nr. 23 - Rezitativ und Arie

DONNA ANNA
Ich grausam? O nein, Geliebter!
Schwer wird's auch mir, zu verzögern ein Glück,
Das schon so lange unsre Herzen ersehnen;
Doch denke, die Sitte, Teurer,
Ehre das Empfinden eines todwunden Herzen!
Immerdar bleibt mein Herz treu dir ergeben!

Sag' mir nicht, o Heissgeliebter,
Mein Verzögern sei Grausamkeit!
Ja du weisst es, dass ich dich liebe,
Dass mein Leben dir geweiht.
Teurer, lass' dein zärtlich Drängen,
Dass vor Leid ich nicht vergehe.
Lass', o lass' mich hoffen,
Dass dem Sturme folge klarer Sonnenschein.
Geht ab.

Rezitativ
Don Ottavio allein

DON OTTAVIO
Ach, ich folg' ihren Schritten,
Ich will getreu die Leiden mit ihr teilen,
Schneller wird dann die Zeit die Schmerzen ihr heilen!
Geht ab.


Verwandlung
Speisesaal im Landschloss Don Giovannis.

Nr. 24 - Finale

DREIZEHNTE SZENE
Don Giovanni. Leporello. Musiker.

DON GIOVANNI
Ha, das Mahl ist schon bereitet!
Macht Musik, ihr lieben Leute!
Fürstlich will ich euch belohnen,
Frohe Weisen spielet mir!
zu Leporello
Leporello trag' die Speisen auf!

LEPORELLO
Euch zu dienen bin ich hier.
Die Musik spielt ein Stück aus "Cosa rara" von Martini.
Bravo! "Cosa rara!"

DON GIOVANNI
Wie behagt dir diese Weise?

LEPORELLO
Wie gemacht zu Eurem Preise.

DON GIOVANNI
Diese Schüssel ist vortrefflich.

LEPORELLO
Er ist gut bei Appetite!
Was sind das für Riesenbissen,
Und vor Hunger sterb' ich schier.

DON GIOVANNI
Wie er mich voll Neid betrachtet,
Er vergeht noch vor Begier.
Ja, er schmauste gern mit mir.
Teller! Zu dienen!

Die Musik spielt ein Stück aus "Fra due litiganti" von Sarti.

LEPORELLO
Wie heisst doch die alte Oper?

DON GIOVANNI
Schenk' mir Wein ein!
Exzellenter Marzimino!

LEPORELLO
Vom Fasan hier diesen Schlegel
Bring' ich sachte ausser Sicht.

DON GIOVANNI
Ei, wie mästet sich der Flegel,
Und er glaubt', ich merk' es nicht.

Die Musiker beginnen das dritte Stück aus "Figaros Hochzeit".

LEPORELLO
Die Musik kommt mir äusserst bekannt vor!

DON GIOVANNI
Leporello!

LEPORELLO
mit vollem Munde
Euch zu dienen.

DON GIOVANNI
Kerl, was steckt dir in der Kehle?

LEPORELLO
verlegen
Habe Schnupfen, habe Husten,
Mit dem Sprechen will's nicht gehn.

DON GIOVANNI
Nun, so pfeife, kürz' die Zeit mir!

LEPORELLO
Kann es nicht!

DON GIOVANNI
Warum?

LEPORELLO
Verzeiht mir!
Schluckt endlich den Bissen herunter.
Euer Koch sucht seinesgleichen,
Der Verführung musst' ich weichen,
Konnte nimmer widerstehn!

DON GIOVANNI
Ja, mein Koch sucht seinesgleichen,
Ihm kann keiner widerstehn.


VIERZEHNTE SZENE
Die Vorigen. Donna Elvira.

DONNA ELVIRA
Sieh mich noch einmal
Bittend dir nahen,
Höre der Liebe
Warnendes Wort.
Alles vergass ich,
Was du verbrochen,
Erbarmen nur fühl' ich!

DON GIOVANNI UND LEPORELLO
Wieso? Sag an!

DONNA ELVIRA
niederkniend
Nicht mehr verlanget
Die Tiefgebeugte
Für Ihre Treue
Zärtlichen Lohn.

DON GIOVANNI
Staunen erfasst mich,
Sag' was begehrst du?
Doch wenn du knieest,
Kniee auch ich!

DONNA ELVIERA
Ach, du verspottest mich,
Lachst meiner Tränen!

DON GIOVANNI
Wie, ich verhöhnte dich?

LEPORELLO
Ach, sie erpresst mir noch bittere Tränen.

DONNA ELVIRA
Ach, du verhöhnest mich.

DON GIOVANNI
Nein, wahrlich nein!
Was soll ich Teure?

DONNA ELVIRA
Entsag' der Sünde!

DON GIOVANNI
Bravo!

DONNA ELVIRA
Ha, Schändlicher!

DON GIOVANNI
Bravo!
Jetzt lass' mich essen!
Wenn's dir beliebet,
Speise mit mir.

DONNA ELVIRA
Nun, so versinke denn
Ganz in dem Pfuhle,
Bleibe ein Vorbild
Der Ruchlosigkeit!

LEPORELLO
Wenn ihre Klagen
Ihn noch nicht rühren,
Dann ist sein Herz
So hart wie Stein.

DON GIOVANNI
Mädchen und Reben nur
Würzen das Leben,
Sie sind das Herrlichste
Auf dieser Welt.

DONNA ELVIRA
will sich durch die Mitteltür entfernen, prallt jedoch mit einem Schrei in den Saal zurück und entflieht eilig durch eine Seitentür.
Ach!

DON GIOVANNI UND LEPORELLO
Was war das für ein Schreien? Was war das?

DON GIOVANNI
Geh' hinaus und sieh' nach, was es wohl sein mag!

LEPORELLO
geht hinaus, man hört seinen Aufschrei.
Oh!
Kommt entsetzt zurück.

DON GIOVANNI
Zum Teufel, dieses Schreien!
Leporello, sag', was gibt's?

LEPORELLO
Gnäd'ger Herr! O Schreck und Graus,
Gehet ja nicht dort hinaus,
's ist der weisse Mann von Steine;
Ach, wie schlottern mir Arme und Beine!
Hättet ihr ihn nur gesehen,
Seinen schweren Tritt gehört:
Tap, tap, tap, tap!

DON GIOVANNI
Wer kann dies Gewäsch verstehen!

LEPORELLO
Tap, tap, tap, tap!

DON GIOVANNI
Furcht und Wein hat dich betört!

Man hört klopfen.

LEPORELLO
Hört Ihr's klopfen?

DON GIOVANNI
Nun, man klopfet.
Öffne!

LEPORELLO
Ich bebe.

DON GIOVANNI
Öffne, sag ich.

LEPORELLO
Ach!

DON GIOVANNI
Öffne!

LEPORELLO
Ach!

DON GIOVANNI
Memme!
Dies Gaukelspiel zu enden,
Will ich selbst zu öffnen gehn.

LEPORELLO
Nun mach' ich mich still beiseite,
Will den Herrn nicht mehr sehn.


FÜNFZEHNTE SZENE
Don Giovanni. Leporello. Komtur.

KOMTUR
Don Giovanni! Du hast zum Nachtmahl
Mich geladen: ich bin gekommen.

DON GIOVANNI
Nimmer hätt' ich Euch erwartet,
Doch willkommen heiss ich Euch.
Leporello, her geschwinde,
Lass auf's neu' die Tafel decken!

LEPORELLO
Gnäd'ger Herr, gnäd'ger Herr,
Bin halb tot vor Angst und Schrecken!

DON GIOVANNI
Auf gehorche!

KOMTUR
Nein, bleibe hier!
Leicht des irdischen Mahles entbehret,
Wer von himmlischen Speisen sich nähret.
Andre Wünsche und höhere Sorgen
Riefen heute herab mich zu dir!

LEPORELLO
Wie vom Fieber, so werd' ich geschüttelt,
Alle Glieder erzittern an mir.

DON GIOVANNI
Nun so rede, was willst du?

KOMTUR
Hör' meine Worte,
Nur kurz hab' ich Zeit.

DON GIOVANNI
Rede, rede,
Du siehst mich bereit.

KOMTUR
Du ludest mich zum Mahle;
Weisst du nun, was dir ziemet?
Gib Antwort mir,
Wirst mein Mahl auch du nun teilen?

LEPORELLO
Entschuldigt Euch, sagt, dass Ihr keine Zeit habt!

DON GIOVANNI
Wer hätte wohl im Leben
Jemals mich feig gesehn?

KOMTUR
Entschliess' dich!

DON GIOVANNI
Ich bin entschlossen!

KOMTUR
So kommst du?

LEPORELLO
O saget nein, o saget nein!

DON GIOVANNI
Noch nie hab' ich gezittert,
Ich fürchte nichts, drum sei's.

KOMTUR
Reich mir die Hand zum Pfande.

DON GIOVANNI
Nimm sie denn!

KOMTUR
Wohlan?

DON GIOVANNI
O weh! Wie kalt fasst sie mich an!

KOMTUR
Öffne dein Herz der Reue,
Dir schlug die letzte Stunde!

DON GIOVANNI
Nicht kenn' ich Buss' und Reue,
Hebe dich weg von hier!

KOMTUR
Beug deinen Sinn, Verruchter!

DON GIOVANNI
Nein, nein, du tör'ger Alter!

KOMTUR
Bess're dich!

DON GIOVANNI
Nein!

KOMTUR
Ja!

DON GIOVANNI
Nein!

KOMTUR
Jetzt naht dein Strafgericht.

Er versinkt. Heftiger Donnerschlag. Feuersglut von verschiedenen Seiten. Sturm und Erdbeben.

DON GIOVANNI
Welch' ungewohntes Angstgefühl
Fesselt und lähmt die Sinne mir,
Gewittersturm umbrauset mich
Und wilde Feuersglut -

UNSICHTBARER CHOR
Furchtbar sind deine Sünden,
Schlimmres noch harret dein!

LEPORELLO
Wie beben ihm die Glieder,
Verzweifelnd sinkt er nieder;
Sein angsterfüllter Jammer
Flösst mir Entsetzen ein.
Stürzt entsetzt hinaus.
Ach!

DON GIOVANNI
Was foltert so die Seele mir,
Was tobt in allen Adern mir?
Ich fühle Höllenqualen,
O grauenvolle Pein!
Donnerschlag.
Ach!
Don Giovanni wird von den Flammen verschlungen.


LETZTE SZENE
Donna Anna, Donna Elvira, Zerlina, Don Ottavio, Masetto, Leporello.

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, ZERLINA, DON OTTAVIO, MASETTO
Wo ist der Schändliche?
Wo der Verbrecher?
Hier stehn die Rächer
Für ihn bereit.

DONNA ANNA
Ja, wenn gefesselt er
Vor mir sich windet,
Dann erst entschwindet
Mein tiefstes Leid.

LEPORELLO
Ach, den ihr suchet,
Findet ihr nimmer,
Ihr seid auf immer
Von ihm befreit.

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, ZERLINA, DON OTTAVIO, MASETTO
Wieso? Erzähle!
Rede, erzähle.

LEPORELLO
Da stand ein Riese,
Doch, ach, ich kann nicht,
Die Stimme stockt mir,
Ich kann nicht weiter.

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, ZERLINA, DON OTTAVIO, MASETTO
Rede, erzähle, rede doch!

LEPORELLO
Hier schlugen Flammen,
Wartet, ich bitte,
Prasselnd zusammen -
Der Mann von Steine -
Hier ohne Gnade
Packt er ihn grade,
Hier ward der Frevler
Vom Teufel geholt.

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, ZERLINA, DON OTTAVIO, MASETTO
Was muss ich hören?

LEPORELLO
Ich kann's beschwören.

DONNA ANNA, DONNA ELVIRA, ZERLINA, DON OTTAVIO, MASETTO
Das war der Schatten, den ich gesehn.
Das war der Schatten, den sie gesehn.

DON OTTAVIO
Da der Himmel, o du mein Leben,
Unsre Drangsal selber rächte,
End' auch du nun dein Widerstreben,
Und erhör' mein heisses Flehn!

DONNA ANNA
Gönne Ruhe noch meinen Schmerzen,
Lass' ein Jahr vorübergehn!

DON OTTAVIO, DONNA ANNA
Du nur lebst in meinem Herzen,
Meine Treue wird bestehn.

DONNA ELVIRA
In des Klosters heil'gen Mauern
Hoff' mein Leid ich zu vergessen -

ZERLINA UND MASETTO
Wir, mein Schatz, gehn Arm in Arme
Froh nach Haus zum Abendessen.

ZERLINA, MASETTO, LEPORELLO
In der Hölle tiefstem Schlund
Wird des Frevlers Wohnung sein.
Aber wir, ihr guten Leute,
Stimmen froh zusammen heute
In die alte Weise ein:

ALLE
Also stirbt, wer Böses tat.
Ja, dem Sünder wird Vergeltung,
Wenn die letzte Stunde naht!