Libretto: Hänsel und Gretel

von Engelbert Humperdinck


Personen:
HÄNSEL
GRETEL
DER VATER (Peter), Besenbinder
DIE MUTTER (Gertrud)
DIE KNUSPERHEXE
SANDMÄNNCHEN
TAUMÄNNCHEN

KINDERCHOR
Kuchenkinder



ERSTES BILD

Daheim
Kleine dürftige Stube. Im Hintergrunde eine niedrige Türe, daneben ein kleines Fenster mit Aussicht in den Wald.
Links ein Herd mit einem Rauchfang darüber. An den Wänden hängen Besen in verschiedenen Grössen.
Hänsel, an der Türe mit Besenbinden, Gretel, am Herde mit Strumpfstricken beschäftigt, sitzen einander gegenüber.


GRETEL
Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh?
Die Gänse gehen barfuss und haben kein Schuh
Der Schuster hat's Leder, kein Leisten dazu,
drum kann er den Gänslein auch machen kein'…

HÄNSEL
unterbrechend
Ei, so geh'n sie halt barfuss!

GRETEL
fortfahrend
... Schuh!

HÄNSEL
Eia popeia, das ist eine Not!
Wer schenkt mir einen Dreier zu Zucker und Brot?
Verkauf ich mein Bettlein und leg' mich aufs Stroh,
sticht mich keine Feder und beisst mich kein ...

GRETEL
unterbrechend
Ei, wie beisst mich der Hunger!

HÄNSEL
fortfahrend
... Floh!
Er wirft seine Arbeit hin und steht auf)
Ach, käm' doch die Mutter nun endlich nach Haus!

GRETEL
erhebt sich
Ach ja, auch ich halt's kaum noch vor Hunger aus!

HÄNSEL
Seit Wochen nichts als trocken Brot;
ist das ein Elend! Potz schwere Not!

GRETEL
Still, Hänsel, denk daran, was Vater sagt,
wenn Mutter manchmal so verzagt:
"Wenn die Not aufs höchste steigt,
Gott der Herr die Hand euch reicht!"

HÄNSEL
Jawohl, das klingt recht schön und glatt.
aber leider wird man davon nicht satt!
Ach, Gretel, wie lang ist's doch schon her,
dass wir nichts Gut's geschmauset mehr
Eierfladen und Butterwecken,
kaum weiss ich noch, wie die tun schmecken.
Ach, Gretel, ich wollt'. . .

GRETEL
hält ihm den Mund zu
Still, nicht verdriesslich sein!
Gedulde dich fein, sieh freundlich drein!
Dies lange Gesicht - Hu, welcher Graus!
Siehst ja wie der leibhaftige Griesgram aus!
Sie nimmt einen Besen zur Hand.
Griesgram hinaus,
fort aus dem Haus!
Ich will dich lehren,
Herz zu beschweren,
Sorgen zu mehren,
Freuden zu wehren!
Griesgram, Griesgram, gräulicher Wicht,
griesiges, grämiges Galgengesicht.
Packe dich, trolle dich, schäbiger Wicht!
griesiges, grämiges Galgengesicht,
packe dich, trolle dich, schäbiger Wicht!

HÄNSEL
fasst mit an den Besen
Griesgram hinaus!

GRETEL
Griesgram hinaus!

HÄNSEL
Halt's nicht mehr aus!

GRETEL
Fort aus dem Haus!

HÄNSEL
Immer mich…

GRETEL
Knurrt auch der Magen,
werd nicht verzagen,
nicht darnach fragen,
schnell dich verjagen!

HÄNSEL
plagen,
Hungertuch benagen!
Muss ja verzagen,
kann's nicht vertragen!
Griesgram…

BEIDE
Griesgram, Griesgram, gräulicher Wicht
Griesiges, grämiges Galgengesicht,
packe dich, trolle dich…

GRETEL
schäbiger Wicht

HÄNSEL
du Wicht!

GRETEL
So recht! Und willst du nun nicht mehr klagen,
so will ich dir auch ein Geheimnis sagen,

HÄNSEL
Ein Geheimnis! Wird wohl was Rechtes sein!

GRETEL
Ja, hör nur. Brüderchen, darfst dich schon freu'n!
Guck her in den Topf: Milch ist darin,
die schenkte uns heute die Nachbarin.
Die Mutter kocht uns, kehrt sie nach Haus,
gewiss einen leckeren Reisbrei draus.

HÄNSEL
jubelnd
Reisbrei! Hei!
Er tanzt im Zimmer umher
Reisbrei, Reisbrei, herrlicher Brei!
Gibt's Reisbrei, da ist Hänsel dabei!
Wie dick ist der Rahm auf der Milch, lass schmecken!-
Er leckt den Rahm vom Finger
Herrjemine! den möcht ich ganz verschlecken!

GRETEL
Wie Hänsel, naschen? Schämst du dich nicht?
Sie gibt ihm eins auf die Finger.
Fort mit den Fingern, du naschhafter Wicht!
Und jetzt an die Arbeit zurück, geschwind!
Dass wir bei Zeiten fertig sind!
Kommt Mutter heim und wir taten nicht recht,
dann weisst du - geht's den Faulpelzen schlecht!

HÄNSEL
steckt die Hände in die Hosentaschen
Arbeiten? Wo denkst du hin,
danach steht mir nicht mein Sinn.
Immer mich plagen, fällt mir nicht ein,
jetzt lass uns tanzen und fröhlich sein.

GRETEL
Tanzen! Tanzen! Das wär' auch mir eine Lust!
Dazu ein Liedchen aus voller Brust.
Was uns die Muhme gelehrt zu singen:
Tanzliedchen soll jetzt lustig erklingen!

Brüderchen, komm tanz mit mir,
beide Händchen reich' ich dir.
einmal hin, einmal her,
rund herum, es ist nicht schwer!

Hänsel versucht's, jedoch ungeschickt.

HÄNSEL
Tanzen soll ich armer Wicht,
Schwesterchen, und kann es nicht.
Darum zeig mir wie es Brauch,
dass ich tanzen lerne auch.

GRETEL
Mit den Füsschen tapp tapp tapp,
mit den Händchen klapp klapp klapp,
einmal hin, einmal her,
rund herum, es ist nicht schwer!

HÄNSEL
Mit den Füsschen
usw.
… 'rum, es ist nicht schwer'

GRETEL
Ei. das hast du gut gemacht!
Ei, das hätt' ich nicht gedacht.
Seht mir doch den Hänsel an,
wie der tanzen lernen kann!

Mit dem Köpfchen nick nick nick,
mit dem Fingerchen tick tick tick,
einmal hin, einmal her,
rund herum, es ist nicht schwer

HÄNSEL
Mit dem Köpfchen
usw.
… 'rum, es ist nicht schwer'

GRETEL
Brüderchen, nun gib mal acht,
was die Gretel weiter macht!
Lass uns Arm in Arm verschränken,
unsre Schrittchen paarweis Ienken!
Komm!

Sie fasst Hänsel unter dem Arm

HÄNSEL
Ich liebe Tanz und liebe Fröhlichkeit,
bin nicht gern allein.

BEIDE
Ich bin kein Freund von Leid und Traurigkeit,
und fröhlich will ich sein!
Ich liebe Tanz
usw.

GRETEL
lässt Hänsel fahren, umtanzt ihn…
Tra-la-la, ta la la
usw.
… und gibt ihm einen Stoss
Drehe dich herum, mein lieber Hänsel.
Dreh dich doch herum, mein lieber Hans!
Komm her zu mir, komm her zu mir
zum Ringelreigentanz!

HÄNSEL
Geh weg von mir, geh weg von mir,
ich bin der stolze Hans!
Mit kleinen Mädchen tanz' ich nicht,
das ist mir viel zu dumm! 

GRETEL
Geh, stolzer Hans, geh, dummer Hans,
ich krieg dich doch herum.
Sie umtanzt Hänsel wie vorhin…
Tra la la, tra la la
usw.
…und gibt ihm einen Stoss.

Drehe dich herum, mein Iieber Hänsel.
Dreh dich doch herum, mein lieber Hans!

HÄNSEL
tanzt um Gretel
Tra la la, tra la la
usw.
Ach, Schwesterlein, ach Gretelein,
du hast im Strumpf ein Loch!

GRETEL
Ach, Brüderlein, ach, Hänselein,
du willst mich hänseln noch?
Mit bösen Buben tanz' ich nicht,
das wär' mir viel zu dumm!

HÄNSEL
Nicht böse sein, lieb' Schwesterlein,
ich krieg' dich doch herum!
Sie umtanzen sich wie vorhin

GRETEL
jubelnd
Tra la la, tra la la
usw.
Drehe dich herum
usw.

HÄNSEL
Tra la la, tra la la
usw.

BEIDE
Tanz lustig, heissa, lustig tanz.
Lass dich's nicht gereu'n!

GRETEL
Und ist der Strumpf auch nicht mehr ganz…

HÄNSEL
Und ist der Schuh auch nicht mehr ganz…

GRETEL
Die Mutter strickt dir'n neu'n!

HÄNSEL
Der Schuster flickt dir'n neu'n
Tra la la, tra la la
usw.

GRETEL
Dreh dich herum
usw.

HÄNSEL
Tra la la, tra la la
usw.

Dann fassen sie sich bei den Händen…

BEIDE
Tra la la
usw.

… und drehen sich immer schneller im Kreise, bis sie schliesslich das Gleichgewicht verlieren und übereinander auf den Boden hinpurzeln. In diesem Augenblicke geht die Türe auf: die Mutter wird sichtbar, worauf die Kínder schnell vom Boden aufspringen.

DIE MUTTER
Holla! 

GRETEL
Die Mutter!

HÄNSEL
Himmel, die Mutter! 

DIE MUTTER
Was ist das für eine Geschichte!

GRETEL
Der Hänsel ...

HÄNSEL
Die Gretel ...

GRETEL
... er wollte ...

HÄNSEL
... ich sollte ... 

Die Mutter tritt herein, schnallt Ihre Kiepe ab und setzt sich nieder.

DIE MUTTER
Wartet, ihr ungezogenen Wichte!
Nennt ihr das Arbeit, johlen und singen?
wie auf der Kirmes tanzen und springen?
Indess die Eltern vom frühen Morgen
bis in die Nacht sich mühen und sorgen,
Sie gibt Hänsel einen Puff.
Dass dich!
Lasst sehn, was habt ihr beschickt?
Sich umwendend.
Wie, Gretel? den Strumpf nicht fertig gestrickt?
Und du, du Schlingel, in all' den Stunden
nicht mal die wenigen Besen gebunden?
Ihr unnützes Volk, den Stock will ich holen
und euch den Faulpelz weidlich versohlen!
In ihrem Eifer hinter den Kindern her, stösst sie den Milchtopf vom Tisch, so dass er klirrend zu Boden fällt.
Jesses! nun auch den Topf noch zerbrochen!
weinend
Was nun zum Abend kochen?
Sie besieht sich ihren mit Milch begossenen Rock, Hänsel kichert verstohlen.
Was! Bengel, lachst mich noch aus?
Mit dem Stock hinter Hänsel her, der zur offenen Türe hinausrennt.
Wart, kommt nur der Vater nach Haus!
Mit plötzlicher Heftigkeit einen Korb von der Wand nehmend und ihn Gretel in die Hand drängend.
Marsch! Fort in den Wald
Dort sucht mir Erdbeeren! Wird es bald?
Und bringt ihr den Korb nicht voll bis zum Rand,
so hau' ich euch, dass ihr fliegt an die Wand!
Die Kinder laufen in den Wald. Die Mutter setzt sich erschöpft an den Tisch.
Da liegt nun der gute Topf in Scherben!
Ja, blinder Eifer bringt immer Verderben!
Sie ringt die Hände.
Herr Gott, wirf Geld herab!
Schluchzend.
Nichts hab' ich zu leben,
kein Krümmchen den Würmern zu essen zu geben!
Kein Tröpfchen im Topfe, kein Krüstchen im Schrank,
schon lange nur Wasser zum Trank!
Sie stützt den Kopf mit der Hand.
Müde bin ich, müde zum Sterben! Herrgott, wirf Geld herab!
Sie legt den Kopf auf den Arm und schläft ein.

Man hört eine Stimme von weitem.

STIMME des VATERS
Ra-la-la-la, ra-la-la-la,
heissa Mutter, ich bin da!
bringe Glück und Gloria!
Etwas näher
Ach, wir armen, armen Leute,
alle Tage so wie heute:
In dem Beutel ein grosses Loch,
und im Magen ein gröss'res noch.
Ral-la-la-la, ra-la-la-la,
Hunger ist der beste Koch!
Ral-la-la-la, ra-la-la-la,
Hunger ist der beste Koch!

Am Fenster wird der Kopf des Besenbinders sichtbar, welcher während des Folgenden in angeheitertem Zustand, mit einem Kober auf dem Rücken, in die Stube tritt.

Ja, ihr Reichen könnt euch laben,
wir, die nichts zu essen haben,
nagen ach, die ganze Woch',
sieben Tag' an einem Knoch'!
Ral-la-la-la
usw.
Ja, ja, der Hunger kocht schon gut,
sofern er kommandieren tut;
allein, was nützt der Kommandör,
fehlt auch im Topf die Zubehör?
Ra-la-la-la, ral-la-la-la,
Kümmel ist mein Leiblikör!
Ral-la-ia-la-la, ral-la-la-la,

Schwankt tänzelnd zu der Schlafenden und gibt ihr einen derben Schmatz.

Mutter, schau, was ich bescher'!

DIE MUTTER
reibt sich die Augen
Ho ho! Wer speck- specktakelt mir da im Haus
und ral-la-la-lakelt aus 'm Schlaf mich heraus?

DER VATER
I wo!
Das tolle Tier im Magen hier,
das bellte so, das glaube mir!
Ra-la-la-la, ral-la-la-la,
Hunger ist ein tolles Tier!
Ra-la-la-la, ral-la-la-la,
beisst und kratzt, das glaube mir!

DIE MUTTER
So, so!
Das tolle Tier, es ist wohl schier
stark angezecht, das glaube mir!

DER VATER
Nun ja!
's war heut' ein heiterer Tag,
fandst du nicht auch, lieb' Weib?

Er will sie küssen.

DIE MUTTER
stösst ihn ärgerlich von sich
Ach geh! Du weisst, nicht leiden mag
ich Wirtshaus-Zeitvertreib!

DER VATER
Auch gut!
Er wendet sich zu seinem Kober.
So seh'n wir, wenn's beliebt,
was es für heut' zu schmausen gibt!

DIE MUTTER
Höchst einfach ist das Speisregister,
der Abendschmaus, zum Henker ist er!
Teller leer, Keller leer,
und im Beutel ist gar nichts mehr!

DER VATER
Ra-la-la-la, ral-la-la-la,
lustig, Mutter, bin auch noch da,
bringe Glück und Gloria!
Er nimmt den Kober und kramt aus.
Schau, Mutter,
wie gefällt dir dies Futter?

DIE MUTTER
Mann, Mann, was seh' ich!
Speck und Butter,
Mehl und Würste -
Sie hilft ihm beim Auspacken.
- vierzehn Eier -
(Mann, die sind jetztunder teuer!)
Bohnen, Zwiebeln, und - Herrjeh!! -
gar ein Viertelpfund Kaffee!

Der Vater kehrt den Kober vollends um; ein Haufen Kartoffeln rollt zur Erde. Dann fasst er die Mutter am Arm und tanzt mit ihr in der Stube umher.

DER VATER
Ral-la-la-la, ral-la-la-la,
ral-la-la-la, hop-sas-sa
heute woll'n wir lustig sein.

DIE MUTTER
stimmt mit ein
Ral-la-la-la,...

BEIDE
Ral-la-la-la,...
usw.

DER VATER
Ja, hör nur, Mütterchen, wie's geschah!

Er setzt sich nieder, die Mutter kramt inzwischen die Sachen ein, zündet Feuer im Herd an, schlägt Eier in eine Pfanne usw.

Drüben hinterm Herrenwald,
da gibt's prächt'ge Feste bald:
Kirmes, Hochzeit, Jubiläum,
Böllergeknall und gross Tedeum!
Mein Geschäft kommt nun zur Blüte,
dessen froh sei dein Gemüte!
Wer will feine Feste feiern,
der muss kehren, schrubben und scheuern;
bot drum meine Waren aus,
zog damit von Haus zu Haus:
"Kauft Besen! Kauft Besen! Gute Feger,
feine Bürsten, Spinnejäger!"
Sieh, da verkauft' ich massenweise
meine Ware zu dem höchsten Preise!
Schnell nun her mit Topf und Pfanne,
Er stösst einige blecherne Gefässe vom Herde hinunter.
her mit Schüssel, Kessel und Kanne!
Vivat hoch ...

DIE MUTTER
Vivat hoch ...

BEIDE
... die Besenbinder!

Der Vater setzt die Kümmelflasche an den Mund, hält jedoch plötzlich inne.

DER VATER
Doch halt, wo bleiben die Kinder?
Hänsel, Gretel, wo steckt der Hans?

DIE MUTTER
Wo er steckt?
Sie zuckt verlegen die Achseln.
Ja, wüsste man's!
Doch das weiss ich klar wie Tag,
dass der Topf zu Scherben brach.

DER VATER
Was? Der neue Topf entzwei?

DIE MUTTER
Und am Boden quoll der Brei!

DER VATER
wütend mit der Faust auf den Tisch schlagend
Donnerkeil! So haben die Rangen
wieder Unfug angefangen?

DIE MUTTER
hastig
Unfug viel und Arbeit keine
hatten sie getrieben hier alleine;
hörte schon draussen sie johlen,
hopsen und springen wie wilde Fohlen,
na, da wusst' ich nicht, wo mir stand der Kopf…

DER VATER
Und vor Zorn ...

DIE MUTTER
... und vor Zorn zerbrach ...

DER VATER
... brach ...

BEIDE
... der Topf!

DER VATER, dann BEIDE
lachend
Ha ha ha ha ha
usw.

DER VATER
die Mutter lacht weiter
Na, Zornmütterchen, nimm mir's nicht krumm:
solche Zorntöpfe find' ich recht dumm!
Die Mutter schweigt.
Doch sag, wo mögen die Kinderchen wohl sein?

DIE MUTTER
schnippisch
Meinethalben am Ilsenstein!

DER VATER
entsetzt
Am Ilsenstein! Ei, juckt dich das Fell?

Er holt einen Besen von der Wand.

DIE MUTTER
mit verächtlicher Miene
Den Besen, den lass nur an seiner Stell!

Er lässt den Besen fallen und ringt die Hände.

DER VATER
Wenn sie sich verirrten im Walde dort,
in der Nacht ohne Stern' und Mond!

DIE MUTTER
O Himmel!

DER VATER
Kennst du nicht den schauerlich düstern Ort,
weisst nicht, dass die Böse dort wohnt?

DIE MUTTER
betroffen
Die Böse? Wen meinst du?

DER VATER
Die Knusperhexe!

DIE MUTTER
Die Knusperhexe!

Der Vater nimmt den Besen wieder vom Boden.

Mein! Sag doch, was soll denn der Besen?

DER VATER
Der Besen, der Besen, was macht man damit,
was macht man damit?
Es reiten drauf, es reiten drauf die Hexen!
Eine Hex', steinalt,
haust tief im Wald,
vom Teufel selber hat sie Gewalt.
Um Mitternacht,
wenn Niemand wacht,
dann reitet sie aus zur Hexenjagd.
Zum Schornstein hinaus,
auf dem Besen, o Graus,
über Berg und Kluft,
über Tal und Schlucht,
durch Nebelduft,
im Sturm durch die Luft:
ja, so reiten, ja, so reiten,
juchheissa, die Hexen!

DIE MUTTER
Entsetzlich! Doch die Knusperhex?

DER VATER
Ja, bei Tag o Graus,
zum Hexenschmaus
im Knisper-Knasper-Knusperhaus
die Kinderlein,
Armsünderlein,
mit Zauberkuchen lockt sie hinein.
Doch übel gesinnt
ergreift sie geschwind
das arme Kuchen knuspernde Kind,
in den Ofen, hitzhell,
schiebt's die Hexe blitzschnell,
dann kommen zur Stell',
gebräunet das Fell,
aus dem Ofen, aus dem Ofen
die Lebkuchenkinder!

DIE MUTTER
Und die Lebkuchenkinder?

DER VATER
Sie werden gefressen!

DIE MUTTER
Von der Hexe?

DER VATER
Von der Hexe!

DIE MUTTER
die Hände ringend
O Graus!
Hilf Himmel! Die Kinder!
Ich halt's nicht mehr aus!

Sie rennt aus dem Hause.

DER VATER
He, Alte, wart doch, nimm mich mit!
Wir wollen ja beide zum Hexenritt!

Er nimmt die Kümmelflasche vom Tische und eilt ihr nach.


Hexenritt
(Vorspiel zum 2. Bild)


ZWEITES BILD
Im Walde


Tiefer Wald. Im Hintergrunde der "Ilsenstein", von dichtem Tannengehölz umgeben.
Rechts eine mächtige Tanne, darunter sitzt Gretel auf einer mit Moos bedeckten Wurzel und windet einen Kranz von Hagebutten, neben ihr liegt ein Blumenstrauss.
Links abseits im Gebüsch Hänsel, nach Erdbeeren suchend. Abendrot.


GRETEL
leise vor sich hinsummend

Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm,
es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
das da steht im Wald allein
mit dem purpurroten Mäntelein? 

Das Männlein steht im Walde auf einem Bein
und hat auf seinem Kopfe schwarz Käpplein klein
Sagt, wer mag das Männlein sein,
das da steht auf einem Bein
mit dem kleinen schwarzen Käppelein?
Sie hält das Hagenbuttenkränzchen in die Höhe und betrachtet es von allen Seiten.
Mit dem kleinen schwarzen Käppelein!

HÄNSEL
kommt hervor und schwenkt jubelnd sein Körbchen
Juch-he!
Mein Erbelkörbchen ist voll bis oben!
Wie wird die Mutter den Hänsel loben!

GRETEL
aufstehend
Mein Kränzel ist auch schon fertig! Sieh,
so schön wie heute ward's noch nie!

Sie will den Kranz Hänsel auf den Kopf setzen.

GRETEL
Komm, wir wollen rasch neue suchen! 

HÄNSEL
Im Dunkeln wohl gar, unter Hecken und Buchen?
Man sieht ja nicht Blatt, nicht Beere mehr!
Es wird schon dunkel rings umher!

GRETEL
Ach, Hänsel, Hänsel, was fangen wir an?
Was haben wir törigen Kinder getan!
Wir durften hier nicht so lange säumen! 

Der Kuckuck ertönt, etwas näher als vorhin. 

HÄNSEL
Horch, wie es rauscht in den Bäumen!
Weisst du, was der Wald jetzt spricht
"Kindlein, Kindlein," fragt er, "fürchtet ihr euch nicht?"
Er späht unruhig umher, endlich wendet er sich verlegen zu Gretel
Gretel, ich weiss den Weg nicht mehr! 

GRETEL
bestürzt
O Gott! Was sagst du? Den Weg nicht mehr? 

HÄNSEL
sich mutig stellend
Was bist du für ein furchstam' Wicht!
Ich bin ein Bub' und fürcht' mich nicht!

GRETEL
Ach, Hänsel, gewiss geschieht uns ein Leid! 

HÄNSEL
Ach, Gretel, geh, sei doch gescheit! 

GRETEL
Was schimmert denn dort in der Dunkelheit? 

HÄNSEL
Das sind die Birken im weissen Kleid. 

GRETEL
Und dort, was grinset daher vom Sumpf? 

HÄNSEL
stammelnd
Das ist ein glimmernder Weidenstumpf! 

GRETEL
Was für ein wunderlich Gesicht
macht er soeben, siehst du's nicht? 

HÄNSEL
Ich mach' dir 'ne Nase! Hörst du's? Du Wicht! 

GRETEL
ängstlich
Da sieh! Das Lichtchen, es kommt immer näh'r! 

HÄNSEL
Irrlichtchen hüpfet wohl hin und her.
Gretel, du musst beherzter sein!
Wart, ich will einmal tüchtig schrein!
Geht einige Schritte zum Hintergrund und ruft durch die hohlen Hände.
Wer da?

STIMMEN
wie vom Ilsenstein her
Er da! Er da! Er da! Er da! 

Die Kinde, schmiegen sich erschreckt aneinander.

HÄNSEL
barsch abwehrend
Buben tragen doch so was nicht!
Passt nur für ein Mädchengesicht!
Er setzt ihr das Kränzlein auf.
Hei, Gretel, fein's Mädel! Ei der Daus!
Siehst ja wie die Waldkönigin aus! 

GRETEL
Seh' ich wie die Waldkönigin aus,
so reich mir auch den Blumenstrauss! 

HÄNSEL
gibt ihr den Strauss
Waldkönigin mit Szepter und Kron,
da nimm auch die Erbeln, doch nasch nicht davon! 
Er gibt ihr das Körbchen voll Erdbeeren in die andere Hand und lässt sich gleichsam huldigend auf die Knie vor ihr nieder. In diesem Augenblicke ertönt der Ruf eines Kuckucks.
Mit der Hand deutend.
Kuckuck, Kuckuck, Eierschluck! 

GRETEL
schalkhaft
Kuckuck, Kuckuck, Erbelschluck! 

Sie nimmt eine Beere aus dem Körbchen und schiebt sie in den Mund, der sie schlürft, als ob er ein Ei austränke. 

HÄNSEL
aufspringend
Ho-ho! Das kann ich auch, gib nur acht!
Er nimmt einige Beeren und lässt sie in Gretels Mund rollen.
Wir machen's wie der Kuckuck schluck'
wenn er in fremde Nester guckt!
Kuckuck, Eierschluck!

Es beginnt zu dämmern. 

GRETEL
Kuckuck, Erbelschluck,

HÄNSEL
Setzest deine Kinder aus! 

GRETEL
zugreifend
Kuckuck, gluck gluck! 

HÄNSEL
... Trinkst die fremden Eier aus!

GRETEL
Kuckuck, schluck schluck! 
Hänsel lässt sich eine Hand voll Erdbeeren in den Mund rollen.
Sammelst Beeren schön zu Hauf!…  

HÄNSEL
zugreifend
Kuckuck, gluck gluck! 

GRETEL
…Schluckst sie, Schlauer, selber auf! 

HÄNSEL
Kuckuck, schluck schluck! 

Im Übermute raufen sie sich schliesslich um die Beeren. Hänsel trägt den Sieg davon und setzt den Korb vollends an den Mund, bis er leer geworden. 

GRETEL
entsetzt die Hände zusammenschlagend
Hänsel, was hast du getan, o Himmel!
Alle Erbeln gegessen, du Lümmel!
Wart nur, das gibt ein Strafgericht!
Denn die Mutter, die spasst heute nicht!

HÄNSEL
ruhig
Ei was, stell dich doch nicht so an!
Du, Gretel, du hast's ja selber getan! 

GRETEL
etwas zaghaft
Ist jemand da? 

STIMMEN
Ja! Ja! 

Die Kinder schaudern zusammen. 

GRETEL
Hast du's gehört? 's rief leise "Ja!"
Hänsel, sicher ist jemand nah!
weinend
Ich fürcht' mich, ich fürcht' ich,
o wär ich zu Haus!
Wie sieht der Wald so gespenstig aus! 

HÄNSEL
Gretelchen, drücke dich fest an mich,
ich halte dich, ich schütze dich! 

Ein dichter Nebel steigt au und verhüllt den Hintergrund gänzlich.

GRETEL
Da kommen weisse Nebelfrauen!
Sieh, wie sie winken und drohend schauen!
Sie kommen, sie kommen, sie fassen uns an!
Schreiend, eilt entsetzt unter den Baum und verbirgt sich, auf die Knie stützend, hinter Hänsel.
Vater! Mutter! Ah!

In diesem Augenblicke zerreisst der Nebel links: ein kleines graues Männchen mit einem Säckchen auf dem Rücken wird sichtbar.

HÄNSEL
Sieh dort, das Männchen! 

GRETEL
Ah! 

HÄNSEL
Schwesterlein! ...
... Was mag das für ein ...
Männchen sein? 

GRETEL
Ach! 

Das Männchen nähert sich mit freundlichen Gebärden den Kindern, die sich nach und nach beruhigen.

SANDMÄNNCHEN
den Kindern Sand in die Augen streuend
Der kleine Sandmann bin ich, st!
und gar nichts arges sinn' ich, st!
euch Kleinen lieb' ich innig, st!
bin euch gesinnt gar minnig, st!
Aus diesem Sack zwei Körnelein
euch Müden in die Äugelein:
die fallen dann von selber zu,
damit ihr schlaft in sanfter Ruh';
und seid ihr brav und fein geschlafen ein:
dann wachen auf die Sterne,
aus hoher Himmelsferne;
gar holde Träume bringen euch die Engelein!
Drum träume, träume, Kindchen, träume,
gar holde Träume bringen euch die Engelein!

Versinkt

HÄNSEL
schlaftrunken
Sandmann war da!

GRETEL
ebenso
Lass uns den Abendsegen beten!

Sie kauern sich nieder und falten die Hände

GRETEL, HÄNSEL
Abends will ich schlafen gehn,
vierzehn Engel um mich stehn:
zwei zu meinen Häupten,
zwei zu meinen Füssen,
zwei zu meiner Rechten,
zwei zu meiner Linken,
zweie, die mich decken,
zweie, die mich wecken…

GRETEL
…zweie, die mich weisen
zu Himmels Paradeisen!

HÄNSEL
… zweie, die zum Himmel weisen!

Sie sinken aufs Moos zurück und schlummern, Arm in Arm verschlungen, alsbald ein. Gänzliche Dunkelheit. Nun dringt plötzlich ein heller Schein durch den Nebel, der sich alsbald wolkenförmig zusammenballt und die Gestalt einer Treppe annimmt.

Vierzehn Engel, in lichten, lang herabwallenden Gewändern, schreiten paarweise, wahrend das Licht an Heiligkeit zunimmt, in Zwischenräumen die Wolkentreppe hinab und stellen sich, der Reihenfolge des "Abendsegens" entsprechend, um die schlafenden Kinder auf. Das erste Paar zu den Häupten, das zweite zu den Füssen, das dritte rechts, das vierte links; dann verteilen sich das fünfte und das sechste Paar zwischen die andern Paare, so dass der Kreis der Engel vollständig geschlossen wird. Zuletzt tritt das siebente Paar in den Kreis und nimmt als "Schutzengel" zu beiden Seiten der Kinder Platz. Die übrigen Engel reichen sich nunmehr die Hand und führen einen feierlicben Reigen um die Gruppe auf. Die ganze Szene ist von intensivem Lichte erfüllt. Während die Engel sich zu einem malerischen Schlussbilde ordnen, schliesst sich langsam der Vorhang.


DRITTES BILD

Vorspiel

Das Knusperhäuschen


Szene wie am Schlusse des 2. Bildes.
Der Hintergrund noch von Nebel verhüllt, der sich während des Folgenden langsam verzieht.
Die Engel sind verschwunden. Der Morgen bricht an.

Taumännchen tritt auf und schüttelt aus einer Glockenblume Tautropfen auf die schlafenden Kinder.


TAUMÄNNCHEN
Der kleine Taumann heiss' ich,
und mit der Sonne reis' ich,
von Ost bis Westen weiss ich,
wer faul ist und wer fleissig,
kling! klang! kling! klang!
Ich komm' mit gold'nem Sonnenschein
und strahl' in eure Äugelein,
und weck' mit kühlem Taue,
was schläft auf Flur und Aue,
dann springet auf, wer munter
in früher Morgenstunde,
denn sie hat Gold im Munde;
drum auf, ihr Schläfer, erwachet!
Der lichte Tag schon lachet,
drum auf, ihr Schläfer, erwacht, erwacht!

Eilt singend davon.

Die Kinder regen sich. Gretel reibt sich die Augen, blickt um sich und richtet sich ein wenig auf während Hänsel sich auf die andere Seite legt, um weiter zu schlafen. 

GRETEL
Wo bin ich? Wach' ich? Ist es ein Traum?
Hier lieg' ich unterm Tannenbaum!
Hoch in den Zweigen da lispelt es leise,
Vöglein singen so süsse Weise,
wohl früh schon waren sie aufgewacht
und haben ihr Morgenliedchen dargebracht.
Ihr lieben Vöglein, liebe Vöglein,
guten Morgen!
Sie wendet sich zu Hänsel.
Sich da, der faule Siebenschläfer!
Wart nur, dich weck' ich!
Ti-re-li-re-li, 's ist nicht mehr früh!
Ti-re-li-re-li, 's ist nicht mehr früh!
Die Lerche hat's gesungen
und hoch sich aufgeschwungen.
Ti-re-li-re-li
usw.

HÄNSEL
Plötzlich mit einem Satze in die Höhe springend
Ki-ke-ri-ki! 's ist noch früh!
Ki-ke-ri-ki! 's ist noch früh!
Ja, hab's wohl vernommen:
Der Morgen ist gekommen! 

GRETEL
Ti-ti-ti-ti-ti-re-li-re usw.

HÄNSEL
Ki-ke-ri-ki! Ü-ü-ü-ü-ü
usw.
Mir ist so wohl, ich weiss nicht wie!
So gut wie heute schlief ich noch nie! 

GRETEL
Doch höre nur: Hier, unterrn Baum,
hatt' ich 'nen wunderschönen Traum! 

HÄNSEL
nachdenklich
Richtig! Auch mir träumte was! 

GRETEL
Mir träumte, ich hör' ein Rauschen und Klingen,
wie Chöre der Engel ein himmlisches Singen.
Lichte Wölkchen in rosigem Schein
wallten und wogten ins Dunkel hinein.
Siehe: Helle ward's mit einem Male,
licht durchflossen vom Himmetsstrahle,
eine gold'ne Leiter sah ich sich neigen,
Engel hernieder steigen,
gar holde Englein mit gold'nen Flügelein. 

HÄNSEL
sie lebaft unterbrechend
Vierzehn müssen's gewesen sein! 

GRETEL
erstaunt
Hast du denn alles dies auch gesehen? 

HÄNSEL
Freilich, 's war wunderschön!
Und dorthin sah ich sie gehn. 

Hänsel wendet sich nach dem Hintergrunde: In diesem Augenblicke zerreisst der letzte Nebelschleier. An Stelle des Tannengehölzes erscheint glitzernd im Strahle der aufgegangenen Sonne das "Knusperhäuschen" am Ilsensteine. Links davon in einiger Entfernung befindet sich ein Backofen. Diesem rechts gegenüber ein grosser Käfig, beide mit dem Knusperhäuschen durch einen Zaun von Kuchenmännern verbunden. 

GRETEL
hält Hänsel betroffen zurück
Bleib stehn, bleib stehn! 

HÄNSEL
überrascht
O Himmel, welch Wunder ist hier geschehn?
Nein, so was hab' ich mein Tag nicht gesehn!
Beide blicken wie verzaubert auf das Knusperhäuschen. 

GRETEL
gewinnt allmählich die Fassung wieder
Wie duftet's von dorten,
o schau nur diese Pracht,
Von Kuchen und Torten ... 

mit HÄNSEL zusammen
... ein Häuslein gemacht,
mit Fladen und Torten
ist's hoch überdacht,
die Fenster wahrhaftig,
wie Zucker so blank,
Rosinen gar saftig
den Giebel entlang,
und traun! rings zu schau'n
gar ein Lebkuchenzaun! 

O herrlich Schlösschen,
wie bist du schmuck und fein,
Welch Waldprinzesschen
mag da wohl drinnen sein?
Ach, wär' doch zu Hause
Waldprinzessin fein,
sie lüde zum Schmause
bei Kuchen und Wein,
zum herrlichsten Schmause
uns beide freundlich ein,
uns freundlich ein, uns freundlich ein!

HÄNSEL
Alles bleibt still, nichts regt sich da drinnen!
Komm, lass uns hineingehn! 

GRETEL
ihn erschrocken zurückhaltend
Bist du bei Sinnen?
Junge, wie magst du so dreist nur sein?
Wer weiss, wer da drin wohl im Häuschen fein? 

HÄNSEL
O sieh nur, sieh, wie das Häuslein uns lacht!
Ha! Die Englein haben's uns hergebracht! 

GRETEL
sinnend
Die Englein? Ja, so wird es wohl sein! 

HÄNSEL
Ja, Gretel, sie laden freundlich uns ein!
Komm, wir knuspern ein wenig vom Häuschen! 

BEIDE
Komm, ja knuspern wir,
komm, ja knuspern wir wie zwei Nagemäuschen! 

Sie hüpfen Hand in Hand nacb dem Hintergrunde, bleiben wiederum stehen und schleichen dann vorsichtig auf den Fussspitzen bis an das Häuschen. Nach einigem Zögern bricht Hänsel an der rechten Kante ein Stückchen Kuchen heraus.

Eine STIMME aus dem Häuschen
Knusper, knusper Knäuschen, wer knuspert mir am Häuschen?

Hänsel stutzt und lässt erschrocken das Stückchen Kuchen fallen.

HÄNSEL
Hast du's gehört? 

GRETEL
etwas zaghaft
Der Wind.... 

HÄNSEL
... der Wind.... 

BEIDE
... das himmlische Kind! 

GRETEL
hebt das Stück Kuchen wieder auf und versucht es
Hm! 

HÄNSEL
Gretel begehrlich anschauend
Wie schmeckt das?

GRETEL
lässt Hänsel beissen
Da hast du auch was!

HÄNSEL
legt entzückt die Hände auf die Brust
Hei! 

GRETEL, HÄNSEL
Hei!
usw.
O köstlicher Kuchen,
wie schmeckst du nach mehr!
Mir ist ja, als wenn
ich im Himmel schon wär!

HÄNSEL
Ha, wie das schmeckt!

GRETEL
's ist gar zu lecker! 

HÄNSEL
Wie süss! 

GRETEL
Wie köstlich! 

HÄNSEL
Ha.... 

GRETEL
Wie süss! 

HÄNSEL
... wie lecker! 

GRETEL
Vielleicht hier wohnt gar ein Zuckerbäcker! 

HÄNSEL
He, Zuckerbäcker! Nimm dich in Acht!
Ein Loch wird dir jetzt vom Mäuslein gemacht!
Er bricht ein grosses Stück Kuchen aus der Wand.

Die STIMME aus dem Häuschen
Knusper, knusper Knäuschen, wer knuspert mir am Häuschen? 

GRETEL, HÄNSEL
Der Wind, der Wind, das himmlische Kind! 

Der obere Teil der Haustüre öffnet sich leise und der Kopf der Knusperhexe wird sichtbar Die Kinder bemerken sie nicht und schmausen lustig weiter Dann öffnet sie vollends die Tür, schleicht behutsam auf die Kinder zu und wirft Hänsel, der ihr ahnungslos den Rücken wendet, einen Strick um den Hals.

GRETEL
Wart, du näschiges Mäuschen,
gleich kommt die Katz' aus dem Häuschen' 

HÄNSEL
weiter kauend
Knusp're nur zu
und lass mich in Ruht

GRETEL
reisst ihm das Stück aus der Hand
Nicht so geschwind,
Herr Wind, Herr Wind! 

HÄNSEL
nimmt es ihr wieder
Himmlisches Kind, ich nehm', was ich find!

GRETEL, dann HÄNSEL
lachend
Ha ha ha
usw.

KNUSPERHEXE
grell lachend
Hi hi, hi hi
usw.

HÄNSEL
entsetzt
Lass los! Wer bist du? Lass mich los! 

HEXE
die Kinder an sich ziehend
Engelchen!
Und du mein Bengelchen!
Sie streichelt die Kinder.
Ihr kommt mich besuchen? Das ist nett!
Ihr lieben Kinder, so rund und fett! 

HÄNSEL
macht verzweifelte Anstrengungen, sich loszumachen
Wer bist du, Garstige? Lass mich los! 

HEXE
Na, Herzchen, zier' dich nicht erst gross!
Wisst denn, dass euch vor mir nicht graul'.
Ich bin Rosine Leckermaul,
höchst menschenfreundlich stets gesinnt,
unschuldig, wie ein kleines Kind!
Drum hab' ich die kleinen Kinder so lieb!
so lieb, so lieb, ach! zum Aufessen lieb!
Sie streichelt Hänsel 

HÄNSEL
Geh, bleib mit doch aus dem Gesicht!
Er stampft mit dem Fusse
Hörst du, ich mag dich nicht! 

HEXE
grell lachend
Was seid ihr für leckere Teufelsbrätchen,
besonders du, mein herziges Mädchen!
Kommt, kleine Mäuslein,
kommt in mein Häuslein!
Ihr sollt's gut bei mir haben,
will drinnen köstlich euch laben!
Schokolade, Torten, Marzipan,
Kuchen, gefüllt mit süsser Sahn',
Johannisbrot und Jungfernleder,
und Reisbrei, auf dem Ofen steht er,
Rosinen und Feigen
und Mandeln und Datteln sich zeigen:
's ist alles im Häuschen eu'r eigen,
ja, alles eu'r eigen! 

HÄNSEL
Ich geh' nicht mit dir, garstige Frau! 

GRETEL
Du bist gar zu freundlich! 

HEXE
Schau, schau!
Schau, wie schlau!
Ihr Kinder, ich mein's ja so gut mit euch,
ihr seid ja bei mir wie im Himmelreich!
Kommt, kleine Mäuslein,
kommt in mein Häuslein!
Ihr sollt's gut bei mir haben,
will drinnen ...

GRETEL
So sprich: Was willst du ...

HEXE
... köstlich euch laben.

GRETEL
... meinem Bruder tun?

HEXE
I nun...
Ich will ihn futtern und nudeln,
mit allerhand vortrefflichen Sachen
ihn zart und wohlschmeckend machen.
Und ist er dann nicht zahm, und brav,
und fügsam und geduldig wie ein Schaf,
dann, Hänsel, ich sag' dir's in's Ohr,
dir steht eine grosse Freude bevor! 

HÄNSEL
So sag's, doch laut und nicht ins Ohr: ...

HEXE
He? 

HÄNSEL
Welch grosse Freude steht mir bevor? 

HEXE
Ja, liebe Kinder, Hören und Sehn
wird euch bei diesem Vergnügen vergehn! 

HÄNSEL
Ei, meine Augen und Ohren sind gut!
Haben wohl acht, was Schaden mir tut!
entschlossen
Gretel, trau nicht dem gleissenden Wort!
Komm, Schwesterchen, wir laufen fort. 

Er hat sich mittlerweile von der Schlinge befreit und läuft mit Gretel zum Vordergrunde. Hier werden sie von der Hexe zurückgehalten, die gebieterisch ein am Gürtel hängendes Stäbchen mit wiederholten Gebärden des Festbannens gegen die beiden erhebt. 

HEXE
Halt!
Die Bühne verfinstert sich allmählich.
Hokus pokus, Hexenschuss!
Rühr' dich und dich trifft der Fluss!
Nicht mehr vorwärts, nicht zurück?
Bann' dich mit dem bösen Blick!
Kopf steh starr dir im Genick!

Der Knopf des Stäbchens beginnt intensiv zu leuchten.

Hokus pokus, nun kommt jocus:
Kinder, schaut den Zauberknopf,
Äuglein stehet still im Kopf!.
Nun zum Stall hinein, du Tropf. 

Neue Gebärde; dann leitet sie Hänsel, dessen Blick starr auf den leuchtenden Knopf gerichtet ist, zum Stalle und schliesst hinter ihm die Gittertüre. 

Hokus pokus, bonus jocus,
malus tocus, hokus pokus!
Bonus jocus, malus locus! 

Allmählich erhellt sich die Bühne wieder, während der Glanz des Zauberknopfes abnimmt. 

Hokus pokus, bonus jocus,
malus locus, hokus pokus!

Vergnügt zu Gretel, die noch immer regungslos dasteht

Nun Gretel, sei vernünftig und nett,
der Hänsel wird nun balde fett.
Wir wollen ihn, so ist's am besten,
mit süssen Mandeln und Rosinen mästen.
Ich geh' ins Haus und hole sie schnell,
du rühre dich nicht von der Stell'!

Sie droht grinsend mit dem Finger und geht ins Haus. 

GRETEL
starr und unbeweglich
Hu! Wie mir vor der Hexe graut! 

HÄNSEL
hastig flüsternd
Gretel, pst! sprich nicht so laut!
Sei hübsch gescheit und gib fein acht
auf jedes, was die Hexe macht.
Zum Schein tu alles, was sie will -
da kommt sie schon zurück - pst! still!

Die Hexe kommt hervor, überzeugt sich, ob Gretel noch stille steht, worauf sie dem Hänsel aus einem Korb Mandeln und Rosinen hinstreut. 

HEXE
Nun, Jüngelchen,
ergötze dein Züngelchen!

Steckt Hänsel eine Rosine in den Mund.

Friss, Vogel, oder stirb!
Kuchenheil dir erwirb!

Sie wendet sich zu Gretel und entzaubert sie mit einem Wacholder.

Hokus pokus Holderbusch!
Schwinde Gliederstarre, husch!

Gretel rührt sich wieder.

Nun wieder kregel, süsses Kleinchen,
rühr mir geschwind die runden Beinchen!
Geh, mein Püppchen, flink und frisch,
decke drinnen hübsch den Tisch:
Schüsselchen, Tellerchen, Messerchen, Gäbelchen,
Serviettchen für mein Schnäbelchen;
nun mach alles recht hurtig und fein,
sonst sperr' ich dich auch in den Stall hinein!

Sie droht kichernd; Gretel eilends ab.

Hi hi hi hi hi hi!

zu dem sich schlafend stellenden Hänsel

Der Lümmel schläft ja, nun sieh mal an,
wie doch die Jugend schlafen kann!
Na, schlaf nur brav, du gutes Schaf,
bald schläfst du deinen ew'gen Schlaf.
Doch erst die Gretel muss mir dran,
mit dir, mein Mädel, fang' ich an;
bist so niedlich, zart und rund,
wie gemacht für Hexenmund! 

Sie öffnet die Backofentüre und riecht hinein, wobei ihr Gesicht grell von dunkelrotem Feuerschein beleuchtet wird. 

Der Teig ist gar, wir können voran machen.
Hei, wie im Ofen die Scheite krachen!

Sie schiebt noch ein paar Scheite unter,- die Flammen schlagen hoch hinaus und sinken wieder zusammen. Die Hexe, vergnügt, reibt sicb die Hände.

Ja, Gretelchen,
wirst bald ein Brätelchen!
Schau, schau!
Schau, wie schlau!
Sollst gleich im Backofen hucken,
und nach den Lebkuchen gucken!
Bist du dann drin, schwaps!
geht die Tür,
Dann ist fein Gretelchen
mein Brätelchen!
Das Brätlein, das soll sich verwandeln
in Kuchen mit Zucker und Mandeln!
Im Zauberofen mein
wirst du ein Lebkuchen fein!
Schau, schau, wie schlau!
Hi hi, hi hi
usw.

In wilder Freude ergreift sie einen Besen und setzt sich rittlings darauf.

Hurr hopp hopp hopp,
Galopp lopp lopp,
mein Besengaul,
hurr hopp nit faul!

Sie reitet ausgelassen auf dem Besen umher.

So wie ich's mag,
am lichten Tag
spring' kreuz und quer
um's Häuschen her!

Sie reitet wieder. Gretel steht währenddem lauschend am Fenster.

Bei dunkler Nacht,
wenn niemand wacht,
zum Hexenschmaus
am Schornstein raus!
Aus fünf und sechs,
so sagt die Hex',
mach sieb'n und acht,
so ist's vollbracht,
und neun ist eins
und zehn ist keins
und viel ist nichts,
die Hexe spricht's!
So reitet sie bis morgens früh!

Mit tollen Sprüngen reitet sie dem Hintergrunde zu und verschwindet zeitweilig hinter dem Knusperhäuschen. Wiederum sichtbar geworden, kommt die Hexe zum Vordergrunde, wo sie plötzlich anhält und absteigt.

Prr! Besen, hüh!

Sie hinkt zum Stalle zurück und kitzelt Hänsel mit einem Besenreis wach.

Auf, wach auf, mein Jüngelchen,
zeig mir dein Züngelchen!

Hänsel streckt die Zunge heraus.

Schlicker, schlecker! Mm, mm, mm!
Lecker, lecker! Mm, mm, mm!
Kleines leckeres Schlingelchen,
zeig mir dein Fingerchen!

Hänsel steckt ein Stöckchen heraus.

Jemine! O je!
wie ein Stöckchen, o weh!
Bübchen, deine Fingerchen
sind elende Dingerchen!

rufend

Mädel! Gretel!

Gretel zeigt sich an der Türe.

Bring Rosinen und Mandeln her,
Hänsel meint, es schmeckt nach mehr!

Gretel springt ins Haus und kehrt alsbald mit einem Körbchen voll Rosinen und Mandeln zurück.

GRETEL
Da sind die Mandeln!

Sie stellt sich, während die Hexe den Hänsel füttert, hinter sie und macht mit dem Wacholder die Entzauberungsgebärde.
leise


Hokus pokus Holderbusch,
schwinde Gliederstarre, husch!

HEXE
sich rasch umwendend
Was sagtest du, mein GänseIchen?

Hänsel regt sich wieder.

GRETEL
etwas verwirrt
Meint' nur: Wohl bekomm's, mein Hänselchen! 

HEXE
He? 

GRETEL
lauter
Wohl bekomm's, mein Hänselchen! 

HEXE
Hi hi hi! Mein gutes Tröpfchen,
da steck dir was ins Kröpfchen!
Steckt Greteln eine Rosine in den Mund.
Friss, Vogel, oder stirb!
Kuchenheil die erwirb!

Sie öffnet die Backofentüre, die Glut hat scheinbar etwas nachgelassen. Hänsel gibt Greteln währenddessen lebhafte Zeichen. 

HÄNSEL
leise die Stalltüre öffnend
Schwesterlein, hüt dich fein! 

HEXE
Gretel gierig betrachtend
Wie wässert mir das Mündchen
nach diesem süssen Kindchen!
Komm, Gretelchen,
Zuckermädelchen!
Gretel tritt heran.
Sollst in den Backofen hucken
und nach den Lebkuchen gucken.
Sorgfältig schaun, ja!
ob sie schon braun da,
oder ob's zu früh
's ist kleine Müh'!

Gretel zaudert.

HÄNSEL
aus dem Stalle schleichend
Schwesterlein, hüt' dich fein!

GRETEL
sich ungeschickt stellend
Ei, wie fang' ich's an,
dass ich komme dran? 

HEXE
Musst dich nur eben
ein bisschen heben!
Kopf vorgebeugt,
's ist kinderleicht! 

HÄNSEL
Gretel am Kleide zurückhaltend
Schwesterlein, hüt' dich fein! 

GRETEL
schüchtern
Bin gar so dumm,
nimm mir's nicht krumm!
Drum zeig mir eben:
Wie soll ich mich denn heben? 

HEXE
macht eine ungeduldige Bewegung
Kopf vorgebeugt,
's ist kinderleicht!

Sie schickt sich murrend an, in den Backofen au kriechen, indem sie sich mit halbem Leibe vorbeugt, geben ihr Hänsel und Gretel einen derben Stoss, so dass sie vollends hineinfliegt, und schlagen dann rasch die Tür zu.

GRETEL, HÄNSEL
ihr nachspottend
"Und bist du dann drin, schwaps!
geht die Tür, klaps!"
Du bist dann statt Gretelchen
... ein Brätelchen! 

Hänsel und Gretel fallen sich jubelnd In die Arme.

Juch-hei! Nun ist die Hexe tot,
mausetot, und aus die Not!
Juch-hei! Nun ist die Hexe still,
mäuschenstill, Kuchen gibt's die Füll'. 

Nun ist zu End' der Graus,
Hexengraus,
und der Spuk ist aus!

sie fassen sich bei der Hand.

Ja, lass uns fröhlich sein,
tanzen im Feuerschein,
halten im Knusperhaus
herrlichsten Freudenschmaus.
Heil juch-hei, juch-hei! usw. 

Sie umfassen sich und walzen miteinander. erst im Vordergrunde dann allmählich in der Richtung auf das Knusperhäuschen zu. Als sie beim Knusperhäuschen angekommen sind, reisst sich Hänsel von Gretel los, eilt ins Häuschen, indem er die Türe hinter sich zuschlägt und wirft Gretel durch die obere Luke Äpfel, Birnen, Apfelsinen, vergoldete Nüsse und allerhand Zuckerwerk in die aufgehaltene Schürze. Mittl erweile fängt der Hexenofen gewaltig an zu knistern; die Flamme schlägt hoch empor. Dann gibt's einen starken Krach, und der Ofen stürzt donnernd zusammen. Hänsel und Gretel, die vor Schreck ihre Beute fallen lässt, eilen bestürzt herbei und stehen wie erstarrt da. Ihre Verwunderung steigt aufs Höchste, als sie die Reihen der Kinder um sich herum gewahr werden, deren Kuchenhülle mittlerweile abgefallen ist. 

HÄNSEL
Da, sieh nur die artigen Kinderlein! 

GRETEL
Wo mögen die hergekommen sein? 

KUCHENKINDER
regungslos, mit geschlossenen Augen, wie zuvor die Kuchenfiguren
Erlöst, befreit,
für alle Zeit! 

GRETEL
Geschlossen sind ihre Äugelein;
sie schlafen und singen doch so fein! 

KUCHENKINDER
O rühr mich an, dass ich erwachen kann! 

HÄNSEL
verlegen
Rühr du sie doch an, ich trau' mir's nicht! 

GRETEL
Ja, streicheln wir dies hübsche Gesicht! 

Sie streichelt das nächste Kind, dieses öffnet die Augen und lächelt.

KUCHENKINDER
O rühr auch mich, auch mich rühr an,
dass ich die Äuglein öffnen kann! 

Gretel geht streichelnd zu den übrigen Kindern, die lächelnd die Augen öffnen, ohne sich zu rühren; inzwiscben ergreift Hänsel den Wacholder. 

HÄNSEL
Hokus pokus Holderbusch!
Schwinde, Gliederstarre, husch! 

Die Kinder springen auf und stürzen von allen Seiten herbei. 

KUCHENKINDER
Habt Dank, habt Dank eu'r Leben lang!
Die Kinder schliessen sich zu einem Ringelreihen um Hänsel und Gretel.
Die Hexerei ist nun vorbei,
nun singen und springen wir froh und frei!
Kommt, Kinderlein, zum Ringelreih'n!
reicht alle euch die Händchen fein!
Drum singt und springt, drum tanzt und singt,
denn Kuchenheil uns allen winkt,
Drum singt und springt
usw.
dass laut der Jubelruf durchdringt den Wald,
und rings erschallt von Lust der Wald!
zurücktretend
Habt Dank! Habt Dank!

HÄNSEL
Die Englein haben's im Traum gesagt
in stiller Nacht…
Je vier Kuchenkinder umringen Hänsel und Gretel und verbeugen sich zierlich vor ihnen.
…was nun so herrlich…
der Tag hat wahr gemacht. 

KUCHENKINDER
Lob und Dank! 

GRETEL
Ihr Englein, die uns so treu bewacht
bei Tag und Nacht,
euch sei Lob und Dank für all die Pracht,
die hier uns lacht,
die uns so wonnig lacht! 

HÄNSEL
Ihr Englein, die uns so treulich bewacht
bei Tag und Nacht,
habt Lob und Dank,
habt Lob und Dank für all die Pracht,
die so wonnig uns lacht! 

KUCHENKINDER
Habt Lob und Dank für all die Pracht
die hier uns lacht!
Habt Dank eu'r Leben lang!
usw.
Alle drängen sich hinzu, um Hänsel und Gretel die Hände zu schütteln.

ALLE
Habt Lob und Dank usw.

DER VATER
hinter der Szene
Ral-la-la-la, ral-la-la-la,
wären doch uns're Kinder da!
Ral-la-la-ia, ral-la-ia-la-ia,
Juch! Ei, da sind sie ja!

Der Vater erscheint mit der Mutter im Hintergrunde und hält an, als er die Kinder erblickt.

HÄNSEL
ihnen entgegeneilend
Vater! Mutter!

GRETEL
ebenso
Vater! Mutter! 

DIE MUTTER
Kinderchen! 

DER VATER
Da sind ja die armen Sünderchen!

Frohe Umarmung. Unterdessen haben zwei Knaben die Hexe als grossen Lebkuchen aus den Trümmern des Zauberofens gezogen. Bei ihrem Anblick bricht alles in ein Jubelgeschrei aus. 

ALLE
Hei! 

DER VATER
Kinder, schaut das Wunder an,
wie die Hexe hexen kann,
wie sie hart, knusperhart
selber nun zum Kuchen ward!

ALLE ÜBRIGEN
Schaut, o schaut das Wunder an,
wie die Hexe hexen kann,
wie sie hart, knusperhart,
selber nun zum Kuchen ward! 

Die beiden Knaben tragen die Hexe ins Knusperhäuschen.

DER VATER
Merkt des Himmels Strafgericht:
Böse Werke dauern nicht.
Wenn die Not aufs höchste steigt,
Gott der Herr sich gnädig zu uns neigt!
Ja, wenn die Not aufs höchste steigt,
Gott der Herr die Hand uns reicht! 

GRETEL, HÄNSEL, DIE MUTTER, KUCHENKINDER
Wenn die Not aufs höchste steigt,
mit dem Vater
Gott der Herr die Hand uns reicht! 

Indem die Kinder einen lustigen Reigen um die Gruppe tanzen, fällt der Vorhang.