Libretto: La Cenerentola ossia La Bontà in Trionfo

von Gioacchino Rossini


Aschenbrödel oder Der Triumph der Güte


Personen:
DON RAMIRO, Prinz von Salerno (Tenor)
DANDINI, sein Kammerdiener (Bariton)
DON MAGNIFICO, Baron von Montefiascone (Bass)
CLORINDE und (Sopran)
THISBE, seine Töchter (Mezzosopran)
ANGELINE, unter dem Namen Aschenbrödel, Stieftochter des Barons (Mezzosopran)
ALIDOR, Philosoph und Lehrer des Prinzen (Bass)

CHOR:
Hofleute. Damen. Pagen

ERSTER AKT
Saal im Schlosse des Barons

CLORINDE
Nein, nein, nein! So leicht wie ich
Und so anmuthsvoll, so schön
Tanzt doch keine sicherlich!

THISBE
Ja, ja, ja! gut steh'n sie mir. –
Besser da – nein, besser hier.
Welch ein Schmuck ist dieser Strauss!

BEIDE
Meinen Reizen, meiner Kunst
Schenkt ein Jeder seine Gunst.

ASCHENBRÖDEL
Ein Mal gab es einen König,
Der allein nicht bleiben mochte
Und er sucht, und fand drei Schwestern,
Die ihn alle wollten frei'n,
Was geschah?
Er verschmähte Schönheit und Glanz,
Und erwählte von den Drei'n
Herzensgüte und Unschuld sich!
Lalalalala!

CLORINDE, THISBE
Aschenbrödel, höre auf!
Still mit Deinem alten Liede!

ASCHENBRÖDEL
Ewig an den Heerd gebunden,
Kürzt mein Liedchen mir die Stunden.
Ein Mal gab es einen König –
Ein Mal –

CLORINDE
Und zwei Mal und drei Mal!

BEIDE
Wirst Du endlich schweigen hier?
Hörst Du nicht, so geb' ich's Dir!

ASCHENBRÖDEL
Ein Mal gab es –

ALLE DREI
Wer ist da?

ALIDOR
Habet Mitleid doch mit mir!

CLORINDE, THISBE
Frecher Bettler, fort von hier!

ASCHENBRÖDEL
Stille, stille! – Nehmt: nun könnt Ihr
Doch ein kleines Frühstück essen.
Ach, mich selbst muss ich vergessen,
Seh' ich solche grosse Noth!

ALIDOR
Ha! vielleicht lohnt Dir der Himmel,
Eh' erscheint das Morgenroth!

CLORINDE, THISBE
Ha! wer kann mit uns sich messen,
Wir erblüh'n wie Morgenroth!
Doch, was seh' ich? Noch ist er hier?
Wie, Du giebst ihm Brod, Kaffee?
Sah man solche Frechheit je?

ASCHENBRÖDEL
Ach, zu Hilfe kommet mir!

ALIDOR
Habt Erbarmen doch mit ihr!

CHOR
O holde Töchter Ihr des Don Magnifico!
Der Prinz Ramiro kommt hierher sogleich
Zu seinem Schlosse; dann führt er Euch
Zu Spiel und Sang, zu Fest und Tanz.
Dann wählt die Schönste er von allen Frauen
Sich zur Gemahlin, reicht ihr den Kranz.

CLORINDE, THISBE
Ha! Prinz Ramiro kommt?

CHOR
Er kommt hierher!

CLORINDE, THISBE
Die allerschönste dann? –

CHOR
Sie wählet er!

CLORINDE, THISBE
Aschenbrödel, komm' hierher!
Ist der Schmuck schon bei der Hand?
Aschenbrödel, komm' hierher!
Schuhe, Federn, Ring und Band!
Wie der Kopf mir brennt und glühet;
Mir, der Schönsten, winkt die Kron',
Schnell besiegt vom ersten Blicke,
Führt der Prinz mich selbst zum Thron.

ASCHENBRÖDEL
Aschenbrödel, komm zu mir,
Ruft die Eine schreiend dort;
Aschenbrödel, bleibe hier,
Schreit die Andre, geh' nicht fort!
Welche Qual in diesem Hanse!
Ist für Liebe dies mein Lohn?
Ihr geht fort zu Fest und Schmause,
Ich bleib' hier zu Spott und Hohn!

ALIDOR
Wie die Narrheit sich bemühet,
Sich schon glaubet auf dem Thron;
Doch herbei das Wetter ziehet,
Sie bedroht mit Spott und Hohn!

CHOR
Wie sie schon vor Freude glühen,
Und sich mächtig brüsten schon!
Wie voll Eifer sie sich mühen,
Denn es winkt von fern der Thron!

MAGNIFICO
Meines Stammes edle Sprossen,
Ich kann Euch nur schelten, schmähen.
Ach, den Traum, den ich gesehen,
Habt Ihr schreiend mir verjagt.
Wie zerknirscht sind nun die Armen!
Würd'ge Töchter eines Freiherrn!
Hört, was mir der Traum gesagt:
Halb entschlummert gegen Morgen
Träumte mir von einem Esel,
Einem Esel, wohlgestaltet;
Welch ein Wunder! Er entfaltet
Plötzlich schöne bunte Schwingen,
Die ihm aus den Schultern dringen,
Flieget in die Höhe bald,
Und auf eines Kirchthurms Spitze
Macht er gravitätisch Halt!
Und die Glocken klangen nieder
Von dem Thurme in mein Ohr:
Da jagt Euer Schnattern wieder
Aus dem Traume mich empor. –
Doch nun höret, was dies Traumbild,
Dies Verworrene bedeute:
Erst das festliche Geläute?
Diesem Haus verkündet's Freude.
Jene Flügel? – Seid Ihr Beide.
Jener Aufschwung? – Adieu, Pöbel!
Nur der Esel ist noch übrig –
Ei, der Esel – der bin ich!
Wer Euch anschaut, kann nicht zweifeln,
Dass der Esel – der Vater ist.
Als zwei hohe Königinnen
Steht Ihr jetzt schon vor mir da,
Enkelein und Enkelinnen
Drückt an's Herz der Grosspapa!
Hier ein König, nett und klein!
Dort 'ne kleine Königin –
Und der Ruhm ist einzig mein!

CLORINDE
Ach, Vater, wisst, dass bald –

THISBE
Der Prinz Ramiro –

CLORINDE
Der seit drei Tagen dort in seinem Lustschloss –

THISBE
Ganz in der Nähe, eine halbe Stunde
Von hier sich aufhält –

CLORINDE
Eine Braut sich wählt –

THISBE
Er schickte her, uns einzuladen –

CLORINDE
Und in Kurzem –

THISBE
Kommt er, uns abzuholen –

CLORINDE
Und die Schönste
Wird er dann wählen.

MAGNIFICO
Töchter! Was sagt Ihr?
Welch trefflicher Fürst! Ich kenn' ihn zwar noch nicht –
Er wählt! – er lud Euch ein – Die Schönste wird
Die Braut. Ich fall' in Ohnmacht!
He, Aschenbrödel, schnell,
Bring' mir den Kaffee. Hört mich, meine Theuern!
Die Hälfte meines Schlosses liegt in Trümmern,
Der Rest wird auch bald folgen. Macht ihm Ehre,
Und werdet seine Stützen.
Töchter, nehmt Euch zusammen,
Setzt Eure Worte gut, ich bitte Euch,
Putzt Euch gehörig heraus. Es handelt sich
Um nichts Geringeres, als Fürstin zu werden.

RAMIRO
Alles ist einsam. Mein Rufen erwiedert Niemand.
In dieser Verkleidung will ich
Die Schönen kennen lernen. –
Wie, kommt noch Niemand?
Und doch gab mir die süsse Hoffnung
Mein weiser Alidor, dass hier
Verständig und voll Liebreiz,
Ganz meiner würdig, die Braut ich finde?
Ach, sich vermählen ohne Liebe!
Hartes Gesetz! das in der Blüthe des Lebens
Zu einer schweren Wahl mich zwingt!
Wohlan, ich such' und sehe!

ASCHENBRÖDEL
Einmal gab es einen – ach! – Weh mir!

RAMIRO
Nun? was ist? –

ASCHENBRÖDEL
Wie klopft mein Busen!

RAMIRO
Bin ich denn so fürchterlich?

ASCHENBRÖDEL
Ja – nein – mein Herr!

RAMIRO
Wie so zauberisch und mild
Mir ihr Aug' entgegen lacht!

ASCHENBRÖDEL
Wüsst' ich doch, warum mein Herz
Mir so schlägt mit Sturmesmacht?

RAMIRO
Mir fehlt Muth, mit ihr zu sprechen.

ASCHENBRÖDEL
Ach, ich schweig' und möchte reden.

BEIDE.
Holde Anmuth, süsser Zauber
Glänzen mir aus seinen / ihren Blicken,
Ja, sein / ihr Lächeln schafft Entzücken,
Und verheisst mir milden Trost!

RAMIRO
Ha, ich suche des Hauses Töchter,
Wo sind sie? darf ich sie sehen?

ASCHENBRÖDEL
Sie sind dort in jenem Zimmer.
Doch sie kommen. Fort Hoffnungsschimmer!

RAMIRO
Mit Erlaubniss – wer seid Ihr? –

ASCHENBRÖDEL
Ich? – wer ich bin? – weiss es nicht!

RAMIRO
Wie, Ihr wisst nicht?

ASCHENBRÖDEL
Ach, nicht recht,
Der mein Vater, ist nicht Vater –
Und dann jene beiden Schwestern –
Eine Witwe war die Mutter,
Ward auch Mutter von den Beiden.
Dieser Vater, stolz und eitel –
Ach, ich werde ganz verwirrt!
Ach entschuldigt, ach verzeihet,
Was ich sprach in Einfalt hier.

RAMIRO
Mich ergreifet, mich bezaubert
Diese holde Einfalt hier!

MAGNIFICO, CLORINDE, THISBE
Aschenbrödel, komm zu mir!

RAMIRO
Gelten diese Stimmen Dir?

ASCHENBRÖDEL
Bei der Abendsonne Schwinden,
Wenn das Morgenroth erglühet,
Niemals kann ich Ruhe finden,
Alles lastet stets auf mir.
Komme schon! – Lebt wohl, mein Herr!
Süss am Herzen nagt ein Wehe! –
Ach, dies Herz ist nicht mehr mein!

RAMIRO
Wenn ich diese Reize sehe,
Die so engelgleich sie schmücken,
Dringt zum Herzen süss ein Wehe;
Ach, dies Herz ist nicht mehr mein!
Welche Unschuld! Welche Anmuth!
Meine Ruhe ist verloren,
Ja, mein Herz ist nicht mehr mein.
Was soll ich davon denken? In so niedrer Hülle
So reizende Erscheinung. Aber der Baron
Lässt sich noch nicht erblicken. Ich wollte ihm
Die Ankunft des verkappten Prinzen melden.
Ein glücklicher Gedanke!
In dieser schlichten Knappentracht
Lern' ich gewiss die Schönen hier
Am besten kennen. Dandini unterdessen
Wird sich als Prinz geberden –

MAGNIFICO
Ich bitte
Millionenmal um Verzeihung!
Doch redet! Seine Hoheit, der Prinz?

RAMIRO
Er wird bald hier sein.

MAGNIFICO
Wann?

RAMIRO
In drei Minuten.

MAGNIFICO
In drei Minuten? Töchter!
Beeilt Euch! Ich muss selbst nur geh'n,
Zur Eile sie zu treiben. Entschuldigt mich:
Mit diesen Mädchen hat man seine Noth,
Sie brauchen ein Jahrhundert zur Toilette.

RAMIRO
Was für ein Narr! Und doch sagt Alidor,
Mein Lehrer, mir, dass dieses Schloss
Der reinsten Herzensgüte Wohnsitz sei.
Nun gut, ich werde seh'n. Seinen Töchtern
Muss ich mich nun zu nähern suchen.
Doch welch' ein Lärm? – Gewiss ist es Dandini.

CHOR
Eile, die Braut zu wählen hier,
Die Jugend schnell entflieht;
Denk', dass Dein Volk vom Fürstenstamm
In Dir den letzten sieht.

DANDINI
Wie in Frühlingstagen die Biene
Unter Scherzen und leichtem Kosen,
Flattert schnell von den Lilien zu Rosen
Ein süsses Blümchen suchet für sich;
So umschwärme ich forschend die Mädchen,
Doch ich fand bei den Schönsten von Allen
Keinen Geist, der mir könnte gefallen,
Keine Schönheit, die recht wär' für mich.

CLORINDE
Hoheit!

THISBE
Durchlaucht!

CLORINDE, THISBE
Ha, mir so viel Ehre!

MAGNIFICO
Welche Sündfluth, welch ein Meer von Gnade!

DANDINI
Keine Gnade! O Holde! – ach Schöne!
Ist's recht so? – Ganz wie der Papa!

RAMIRO
Dummkopf! Dein Platz ist dort, nicht da.

DANDINI
Habt Erbarmen und senkt Eure Blicke.
Solcher Sonnen vernichtende Strahlen
Wecken der Sehnsucht verzehrende Qualen,
Schmelzen wie zartes Wachs mein Herz!
Aber ist der Scherz zu Ende,
Folget Jammer, Spott und Hohn.

CLORINDE, THISBE
Mich betrachtet er und seufzet –
Ja, gefangen ist sein Herz!

RAMIRO
Ach, warum kehrt die Holde nicht wieder,
Deren Unschuld mir rührte das Herz!

MAGNIFICO
Wie der Prinz nach ihnen schmachtet!
Thrones-Wonne durchbebt mein Herz!

DANDINI
Wahrhaftig, reizende Gemälde!
Was für ein Mündchen, was für Augen!
Ihr seid das achte und neunte Wunder der Welt.
Ja: tales patris, talem filias!

CLORINDE
Allzugnädig!

MAGNIFICO
Hoheit der Hoheiten!
Dies Wort – ich bin verwirrt – ich werde schwach!

DANDINI
Wahrhaft etruskische Figuren. Mach' ich's recht?

RAMIRO
Du drückst Dich etwas stark aus!

DANDINI
Ich bin ein grosser Herr, und muss als solcher
Grossartig reden!

MAGNIFICO
Ein allerliebster Prinz!
Passt auf, lasst ihn Euch nicht entgehen!

DANDINI
Um also in der Rede fortzufahren,
Die ich noch gar nicht angefangen habe:
Als ich von meinen Reisen wieder kam,
Fand ich, dass mein Papa indess
Sich in die Ewigkeit begeben hatte,
Und sterbend noch befohlen, dass ich
Zu einer mir bestimmten Frist heirathen
Oder enterbt sein solle.
Da hab' ich denn die ganze Nachbarschaft
Geladen, um zu seh'n, ob ich für mich
Nicht eine Frau kann finden, die mir ansteht;
Das wollt' ich Euch nur sagen, und nun Punktum!

MAGNIFICO
Welch' unvergleichliche Beredtsamkeit!

ASCHENBRÖDEL
Ei, was für schöne Kleider!
Und wie mich dort der And're ansieht!

RAMIRO
Ha, da ist sie!
Wie mir das Herz schlägt.

DANDINI
Meine schönen Damen,
Ist's Euch gefällig, unsern Cavalieren
Euch an den Arm zu hängen? Der Wagen wartet.

CLORINDE
Wir sind bereit!

THISBE
Papa! Eure Excellenz
Belieb' uns bald zu folgen!

MAGNIFICO
Was willst Du hier?
Geh', hol' mir Hut und Stock!

ASCHENBRÖDEL
Gleich, gnäd'ger Herr!

DANDINI
So folgt mir dann alsbald,
Und zögert nicht, respektvoll
In meine hohen Füsstapfen zu treten.

MAGNIFICO
Zum Wagen folg' ich Eurer Hoheit gleich.

RAMIRO
Ich muss
Sie wieder sehen!

MAGNIFICO
Lass mich!

RAMIRO
Gilt das ihr?

ASCHENBRÖDEL
O hört mich an!

MAGNIFICO
Ich habe keine Zeit!

RAMIRO
Was mag sie wollen?

MAGNIFICO
Wirst Du geh'n?

ASCHENBRÖDEL
Ein Wort nur!
Mein Herr, ein einzig Wörtchen!
In's Schloss zu jenem Fürsten dort
Nehmt nur für eine Stunde
Mit Euch zum Ball mich fort!

MAGNIFICO
Hihi! haha! Die schöne Venus da!
Wie reizend, ei wie strahlend!
Stets hockt sie an dem Heerde ja. –
Gleich lass mich! ich muss fort!

DANDINI
Mein Prinz gleicht einer Statue!

RAMIRO
Ha, schweig'! und lass mich seh'n!

DANDINI
Baron! Wir wollen gehen!

RAMIRO
Mir blutet, ach, mein Herz!

ASCHENBRÖDEL
Ein halbes Stündchen – zehn Minuten –

MAGNIFICO
Schweig', oder ich zermalme Dich!

RAMIRO
O haltet!

MAGNIFICO
Mein Durchlauchtigster!
Schnell packe Dich! Hocherhabenster!
's ist nur 'ne dumme Magd!

RAMIRO, DANDINI
Magd nur?

ASCHENBRÖDEL
Das heisst –

MAGNIFICO
Zum Lachen!
Von der gemeinsten Rasse!
Will gar aus sich was machen,
So eine edle Klasse
Will schön sein! 's ist zum Lachen!
Nun fort in Deine Kammer,
Feg' schnell das Zimmer mir!

DANDINI
Mein lieber Don Magnifico,
Ei quälet sie nicht hier!

RAMIRO
Ich halte mich nicht länger hier,
Das Herz erbebet mir!

ASCHENBRÖDEL
Stets soll ich am Feuerherd
Die Arbeit tragen hier!
O gute Herr'n, beredet ihn,
Zum Tanze helfet mir!

ALIDOR
Nach dem Verzeichniss hier
Von allen Schönen,
Hat Don Magnifico
Drei Fräulein Töchter. –
Eh' sich der Prinz vermählt
Hier – wo noch Eine fehlt,
Fordert die Sitte,
Dass ich Euch frage:
Wo ist die Dritte?

MAGNIFICO
Ward eine Dritte mir noch geboren?
Die Dritte –

ALIDOR
Die dritte Tochter? –

MAGNIFICO
Sie ist schon todt! –

ALIDOR
Nach dem Verzeichniss hier
Ist sie nicht todt!

ASCHENBRÖDEL
Sie reden gar von mir?
Nein, ich bin nicht todt!

MAGNIFICO
Du pack' Dich fort
Und red' kein Wort!
Wenn Du Dich rührest,
Erdrossl' ich Dich!

ALLE DREI
Wäre sie todt?

MAGNIFICO
Ja, Hoheit – todt!

ALLE FÜNF
Ach, Aller Blick' mir sagt,
Dass Sturm im Herzen nagt,
Hier jede Seele plagt,
Erfüllt mit Schmerzen!
Von bangen Zweifeln
Erbebt die Brust.

MAGNIFICO
Wenn Du zu murmeln wagst,
Nur eine Sylbe sagst,
Mord' ich mit eig'ner Hand
Dich, Falsche, hier!

ASCHENBRÖDEL
Freunde, ach, rettet mich!
Himmel, erbarme dich!
Ich Unglückselige,
Was drohet mir!

RAMIRO
Eilet und tröstet sie!
Wüthender! lasse sie!
Länger ertrag' ich nicht
Den Frevel hier!

ALIDOR
Redet kein hartes Wort,
Ehret nur diesen Ort;
Meidet doch Zank und Streit
Im Hause hier!

DANDINI
Bin ich als Prinz denn hier,
Oder als Murmelthier?
Seid Alle Narren ihr?
Kommt jetzt mit mir!


ZWEITER AKT
Kabinet in Ramiro's Pallast

ALIDOR
Gieb wohl acht und schweige,
Du sollst alles von mir erhalten,
Kleider, Schmuck und was Du begehrst.
Du wirst eine Dame sein,
Darfst Dich aber nicht zu erkennen geben.
Die Liebe allein wird Dich das Uebrige lehren.

ASCHENBRÖDEL
Ist dies ein Märchen
Oder nur ein Lustspiel?

ALIDOR
Meine Tochter, Heiterkeit oder Leiden
Bilden ein Lustspiel oder eine Tragödie.
Die Welt ist der Schauplatz.
Bewahre treu Dein gutes Herz,
Es ist des Himmels schönste Gabe.
Bei Einfalt wohnet das Vertrauen,
Wenn die Hoheit nur Sorgen kennt.
Die unvergänglichste Schönheit ist die Herzensgüte.
Reichthümer, Liebe, Freuden, Vergnügen
Sind Träume der Sinne, des Herzens.
Sind Deine Führer stets
Einfachheit, Beständigkeit und Ehre,
So wird Dein Leben gleich einer Blume sein.

ASCHENBRÖDEL
Welche süss duftend wächst.

ALIDOR
Ja, sei der Blume gleich,
Die wachsend süssen Duft verbreitet,
O Tochter!


Saal in Ramiro's Palast

RAMIRO
Stille, stille! Leise, leise!
Dass es höre keine Seele.
Rede Wahrheit, nichts verhehle,
Sage mir, wie Beide sind.

DANDINI
Nur ganz leise, mit halbem Tone,
Und geheim ganz im Vertrauen
Sage ich: dass sie wie Pfauen,
Stolz, gefühllos, eitel sind.

RAMIRO
Doch hat Alidor gerathen,
Hier die Braut mir zu erwählen.

DANDINI
Er will Alles besser wissen,
Dieser alte schlaue Fuchs.
Glaubt mir, es sind eitle Seelen,
Doch hier hilft Verstellung nur!

RAMIRO
Mag ein And'rer sie erwählen;
Weiter suchen müssen wir.

CLORINDE
Ei, mein holder Prinz, wo seid Ihr?

THISBE
Ei, mein theurer Prinz, wo weilt Ihr?

BEIDE.
Sagt, warum Ihr mich verlassen?
Ach, Verzweiflung bricht mein Herz!

CLORINDE
Mein nur ist er!

THISBE
Mir gehört er!

DANDINI
Aber liebe, süsse Leutchen,
Denkt, dass Beide Euch zum Bräutchen
Ich unmöglich nehmen kann.
Eine Braut nur!

CLORINDE, THISBE
Und die And're? –

DANDINI
Der Andern? –
Geb' ich diesen Freund zum Mann!

CLORINDE, THISBE
Nein, nein, nein, nein, nein!
Ein schlichter Knappe? Das kann nicht sein!

RAMIRO
Meine Hand streut Ihnen Rosen,
Zärtlich werd' ich stets nur kosen.

CLORINDE, THISBE
Solch' ein Mensch! Nein, mein Gebieter,
Er kann nie Gemahl mir sein.

CLORINDE
Er, mit der gemeinen Seele!

THISBE
Aschenbrödel er sich wähle.

BEIDE.
Ach mir schwinden meine Sinne,
Denk' ich nur von fern daran!

RAMIRO, DANDINI
Ha, das gäbe ein Kapitel
Für den herrlichsten Roman!

CHOR
Da sie verschleiert schon
Die Herzen kann berücken,
Wie wird sie erst entzücken,
Wenn Ihr sie seht.

ASCHENBRÖDEL
Des Glückes blinde Gaben
Verachtet meine Seele;
Wer auch zur Braut mich wähle,
Er ehre nur liebend mein Herz!

CLORINDE, THISBE
Das Wunderbild zu sehen,
Schlägt mir erwartungsvoll das Herz!

ALLE
Ha!

CLORINDE, THISBE, RAMIRO, DANDINI
Ich steh' gebannt, bezaubert,
Von ihrer Schönheit Strahl;
Der Anblick dieser Reize
Füllt mich mit herber Qual.
Füllt mich mit süsser Qual.

ALIDOR
Ich steh' gebannt, bezaubert,
Sie steht gebannt, bezaubert,
Mein Athem wehet kaum;
Ihr Atem wehet kaum;
Der Anblick des Geliebten
Erscheint mir / ihr wie ein Traum!

Ballet


MAGNIFICO
Durchlaucht! Hoheit! an die Tafel –
Ja – was – ich – mit – ja – was ha, Dummkopf!
Darf man dergleichen noch sagen hier?
Gleicht sie dem Aschenbrödel nicht?

CLORINDE, THISBE
Ha, jene zu vergleichen
Mit dieser zarten Dame,
Solch feines, edles Wesen,
Wie wär' es jener eigen?
Obgleich sie keine Venus ist,
Um furchtbar uns zu sein!

MAGNIFICO
Ja, jene steht am Feuerheerd,
Hat Lumpen nur statt Kleider an.

ASCHENBRÖDEL, ALIDOR
Der Vater heget Zweifel noch.

RAMIRO
Die Theure sieht mich bebend an.

DANDINI
Doch steh'n wir nicht wie Blöcke hier;
Der Magen leidet sehr dabei!
Drum fort zur Tafel eilen wir
Und machen froh ein Tänzchen hier;
Dann soll die Allerschönste mir
Zur Braut erkohren sein.

ALLE
Auf, auf, zur Tafel eilen wir,
Um fröhlich dort zu sein!

DANDINI
Da ich als Herr erscheine hier,
Ess' ich für Drei allein!

ALLE
Wie in einem Zauberhaine
Träum' ich, froh umblüht von Wiesen,
Wo die Quellen murmelnd fliessen
In des Mondes Silberscheine.
Und in einem Meer von Wonne
Schwimmet selig nun mein Herz!
Doch mir bangt, dass bald der Erde
Sich allmälig still und leise
Ein gewalt'ger Brand entreisse,
Und ein Sturm sich wild erhebe,
Und die ganze Erde bebe,
Dass umkrachet und umsauset,
Dass umdonnert und umbrauset,
Endlich mir der Schlaf entflieht,
Und mein selig süsses Träumen
Sich wie leichter Rauch verzieht!


DRITTER AKT

Saal wie im ersten Akt

RAMIRO
Ha, diese schöne Unbekannte,
Die ganz dem armen Mädchen gleicht,
Das heute Morgen so mich rührte,
Hat heisser Sehnsucht Gluth
Im Herzen mir erweckt – Dandini
Scheint auch von ihr ganz eingenommen.
Da sind sie: ich will im Verborg'nen lauschen.

DANDINI
Ei, alle Wetter, lauf' doch nicht so! Viermal
Lässt Du die Gallerie mich schon durchjagen.

ASCHENBRÖDEL
Sprecht anders, Prinz, sonst muss ich Euch verlassen!

DANDINI
Wie so? Ist's etwa eine Grobheit!
Wenn man mit Dir von Liebe spricht?

ASCHENBRÖDEL
Doch wenn ich nun schon einen Andern liebe?

DANDINI
Und das sagst Du mir in's Gesicht?

ASCHENBRÖDEL
Ach, gnäd'ger Herr!
Ich bitte Euch, gerathet nicht in Zorn,
Wenn ich ganz offen zu Euch rede.

DANDINI
Du liebst?

ASCHENBRÖDEL
Verzeiht –

DANDINI
Und wen?

ASCHENBRÖDEL
Ach, Euren Knappen!

RAMIRO
O welches Glück! Mein teures Leben!

ALIDOR
Das geht vortrefflich!

RAMIRO
So können Rang und Reichthum
Dein Herz also nicht locken?

ASCHENBRÖDEL
Die Tugend ist mein Stolz,
mein Reichthum ist die Liebe.

RAMIRO
So willst Du also mein sein?

ASCHENBRÖDEL
Gemach! Du musst zuvor
Mich suchen, musst mein Loos
Erst kennen lernen.

RAMIRO
Teure,
O lass mich mit Dir geh'n!

ASCHENBRÖDEL
Halt, folg' mir nicht! Ich will es so!

RAMIRO
Wie aber soll ich –?

ASCHENBRÖDEL
Hier, nimm dieses Armband, suche mich;
Du wirst an meiner rechten Hand das andre seh'n;
Und liebst Du dann mich noch, so will ich Dein sein.

RAMIRO
Dandini, nun, was sagst Du?

DANDINI
Ei nun, ich sage, dass ich
Am längsten Prinz gewesen bin.

RAMIRO
»Und liebst Du dann mich noch, so will ich Dein sein.«
Geheimnissvolle Worte! – Ach, mein weiser,
Verehrter Lehrer! Mir durchglüht das Herz
Noch nie empfund'ne Liebe.
Was soll ich tun?

ALIDOR
Wozu Dein Herz Dir räth!

RAMIRO
Du bist nicht länger Fürst! Ich bin der Possen
In meinem Schlosse überdrüssig. Kommt, Ihr Freunde! O, hätt' ich Flügel doch, ihr nachzueilen.
Wie kann ich verbergen
Die zehrende Flamme,
Die der klopfenden Brust
Den Frieden geraubt,
Wenn die grausame Pflicht
Mir die Seele zerreisst.

DANDINI
Mit meiner Herrlichkeit ist's also aus?
Erst Alles und in einem Nu dann Nichts?
Indess muss ich doch sagen,
Ich habe meine Rolle gut gespielt.

MAGNIFICO
Hoheit, entschuldigt meine Eile.
Die beiden Mädchen zittern schon und glühen
Im Fieber der Erwartung. Wolltet Ihr
Zur Wahl nicht schreiten?

DANDINI
Ist schon geschehen, Freund!

MAGNIFICO
Geschehen? Sprecht, ich bitte Euch!
Geschehen! Werden meine Sprösslinge
In diesen Räumen künftig vegetiren?

DANDINI
Bald sollt Ihr Alles wissen; doch bis jetzt
Ist's noch ein gross Geheimniss.

MAGNIFICO
Redet, redet!
Ist es Clorinde, ist es Thisbe?

DANDINI
Nur nicht so eilig.

MAGNIFICO
Geruht, es dem Papa zu sagen!

DANDINI
Nur still.

MAGNIFICO
O redet schnell!

DANDINI
Hört uns auch Niemand?

MAGNIFICO
Keine Fliege
Lässt in der Luft sich seh'n.

DANDINI
Ich hab' ein wichtiges
Geheimniss; staunen werdet Ihr.

MAGNIFICO
Ich steh' auf Nadeln.

DANDINI
Kommt her, wir wollen uns setzen.

MAGNIFICO
Nur schnell, um's Himmels Willen

DANDINI
Ihr werdet
Etwas recht Sonderbares hören.

MAGNIFICO
Was wird da
Heraus noch kommen?

DANDINI
Aber seid verschwiegen!

MAGNIFICO
Hoheit, verlasst Euch darauf!

DANDINI
Legt's unter Siegel,
Was Ihr alsbald von mir vernehmen werdet!

MAGNIFICO
Ich werde sein wie ein verschloss'ner Schrank.

DANDINI
Ein Geheimniss, äusserst wichtig,
Ein Arkanum, sehr bedeutsam,
Werd' ich Euch jetzt anvertrau'n;
Doch Ihr müsst es treu bewahren,
Müsset stumm sein wie ein Fisch!

MAGNIFICO
Keine Wimper soll mir zucken;
Ohne Athem nur zu holen,
Steh' ich stille hörend da.
Ja, ich bleibe, wie befohlen,
Stumm, wie eine Statua!

DANDINI
Ihr, ein Mann, so wohl erfahren,
Wisst am besten Rath zu geben.
Saget mir, wie müsste leben
Eure Tochter als mein Weib?

MAGNIFICO
Ha, schon bin ich Rath geworden!
Welch' ein Uebermass der Güte!
Eure Hoheit wolle gnädigst
Meine Meinung hören.
Immer zeigen sich im Saale
Dreissig Diener, ganz in Galla,
Hundertsechszehn Pferd' im Stalle,
Fürsten, Grafen und Barone
Müssen beim Levér erscheinen;
Auf der Tafel Eis und Torten,
Sechs Lakaien an den Pforten,
Eine noble Garde auch.

DANDINI
Ich erwied're Euch ganz offen:
Alles dies ist nicht zu hoffen;
Denn ich ess', statt zu traktiren,
Bissen nur, die übrig bleiben,
Pflege in der Antichambre
Dienstgeschäfte oft zu treiben
Und erscheine mit dem Herrn
Hinterher oft gar zu Fuss.

MAGNIFICO
Hoheit scherzen!

DANDINI
Ei, mit nichten!

MAGNIFICO
Alles wäre –?

DANDINI
Ein blosses Märchen!
Denn ich war nur Fürst zum Spasse,
Bin von der Bedienten – Race.
Da der rechte Prinz gekommen,
Wird die Larve abgenommen,
Meine Hoheit stürzet nieder,
Kehr' zu meinem Handwerk wieder;
Bin Dandini, der Kammerdiener,
Mache Betten, bürste Kleider,
Und barbiere meinen Herrn!

MAGNIFICO
Ha! Tod und Teufel!
Ihr konntet wagen!
Ich geh' zum Prinzen,
Er wird mich rächen!

DANDINI
Seid doch gelassen!
Was soll das helfen?
Das Klügste wäre,
Gleich sich entfernen.

MAGNIFICO
Ich gehe nicht!

DANDINI
Doch! Ihr müsst geh'n!

MAGNIFICO
Das wird sich finden,
Wir sprechen uns!

DANDINI
Wohl wird sich's finden,
Ihr werdet seh'n!

MAGNIFICO
Ich gehe nicht!

DANDINI
Doch! Ihr müsst geh'n!

MAGNIFICO
Ach, wie ein Kontrabass
Tobt's in der Stirne
Und im Gehirne
Geht's um und um.
Sich zu erfrechen!
Ich muss mich rächen,
Den Hals ihm brechen!
Er wird gefangen
Und dann gehangen,
Ich lass' ihn spiessen
Und dann erschiessen,
Kecker Patron!

DANDINI
Ach, wie ein Kontrabass
Brummt ihm die Stirne
Und im Gehirne
Geht es rund um.
Klugheit, Ihr Gnaden,
Kann ich nur rathen!
Wünschet Ihr Seife,
Kamm und Barbierzeug?
Ich kann barbieren,
Ich kann frisiren,
Und wenn's beliebet,
Auch noch weit mehr.

Saal wie zu Anfang des ersten Akts


ASCHENBRÖDEL
Das liebe Band! Sein Anblick führt mir
Das Bild des Theuren vor die Seele,
Dem ich das and're gab. Und jener Prinz,
Der so geziert, so albern sprach – nein, nein!
Ich frage nichts nach Pracht, ich liebe nur
Ein freundliches Gesicht, ein off'nes Herz,
Und d'rum gefällt sein Knappe mir viel besser.
Doch meine Schwestern – ach, die machten Augen!
Sie waren ganz erstarrt! – Was für ein Lärm?
Wie! Jetzt schon kommen sie, und so verdriesslich?
Ich glaubte nicht, dass sie vor Tage hier sein würden.

CLORINDE
Ich hab's Euch ja gesagt!

MAGNIFICO
Wahrhaftig, alle Wetter!
Die Aehnlichkeit ist täuschend. Jene
Ist das Original, und diese die Copie.
Hast Du auch Deine Arbeit abgethan?

ASCHENBRÖDEL
Ja wohl!
Doch weshalb seht Ihr mich
So böse an?

MAGNIFICO
Weshalb? Weil Du
Einer gewissen Hexe ähnlich siehst,
Der wir begegnet sind.

CLORINDE
An Dir möcht' ich
Gleich meine Wut auslassen!

ASCHENBRÖDEL
Wie, an mir?
Was hab' ich denn getan?

THISBE
Hu, was für Wetter!
Ein Ungewitter zieht heran.

MAGNIFICO
Nur immer zu! Ich wollte,
Dass es heraufkäm', und der Blitz
Den Kammerdiener todt schlüg'!

ASCHENBRÖDEL
Sagt mir doch,
Was ist denn vorgefallen? Habt Ihr
Vielleicht Verdruss gehabt?

MAGNIFICO
Schweig', Närrin! Geh', besorg' das Abendessen!

ASCHENBRÖDEL
Ich gehe schon! Sie sind sehr übler Laune.
Ach, stets muss ich an meinen Knappen denken.

DANDINI
Entschuldigt, Freund! Des Fürsten Wagen
Ist umgeworfen worden.
Wen seh' ich hier?

MAGNIFICO
Wie? Ihr seid es?
Wo ist der Fürst?

DANDINI
Erkennt Ihr ihn?

MAGNIFICO
Der Knappe! Nun, da sehe man –

RAMIRO
Verzeiht, mein Herr Baron,
Ein seltsames Zusammentreffen –

MAGNIFICO
Hoheit befehlen? – Sollte man es denken!
Ei, ohne Grund ist er nicht hergekommen.
Vielleicht wird eine doch von Euch die Braut.
Geschwinde, Aschenbrödel!
Den Ehrensessel bring' herbei!

RAMIRO
Nein, nein; nur wenige Minuten bleib' ich.
Ein andrer Wagen kommt schon.

MAGNIFICO
Hoheit wollten?

CLORINDE
Schnell, Aschenbrödel, spute Dich!

ASCHENBRÖDEL
Da bin ich schon!

MAGNIFICO
Einfält'ge Dirne, das dort ist der Prinz!

ASCHENBRÖDEL
Wie, dieser? Ha, wen seh' ich! Er der Fürst?

RAMIRO Verweile!
Dies Armband!
Ja, sie ist's! o welche Wonne!
Ihr die Dame?

ASCHENBRÖDEL
Ihr seid der Prinz?

CLORINDE, THISBE
Ha, verloren!

DANDINI
Das ist zum Lachen!

MAGNIFICO
Aber –

RAMIRO
Ha, schweiget!

MAGNIFICO
Was soll ich machen?
Wenn –

RAMIRO, DANDINI
Seid stille!

ALLE SECHS
Was geschieht?
Wie in schwerem Traum befangen,
Wo sich Alles dicht verwirret,
Stets die Seele trunken irret,
Weiss nicht, was sie soll verlangen,
Was sie fürchten soll und hoffen;
Also steh' ich hier betroffen,
Fasse nicht, was ist geschehen.

MAGNIFICO
Erlaubt sei mir zu fragen,
Was Hoheit hier befehlen? –

RAMIRO
Nur still: – Ich will es sagen:
Diese besteigt den Thron!

CLORINDE, THISBE, MAGNIFICO
Haha! Das ist zum Lachen hier!
Sie treiben ihren Scherz mit Dir!

RAMIRO
Ich schwör' es! Sie wird mein!

MAGNIFICO
Gefallen von den Töchtern
Nicht diese Euern Augen?

RAMIRO
Für sie kann ich nicht taugen!
Mit der gemeinen Seele,
Mit dem Alltagsgesichte!

DANDINI
Oft steht man sich selbst im Lichte,
Wenn man urtheilt nach dem Schein.
Wer die Nase hoch stets trägt,
Bricht am Boden oft ein Bein.

RAMIRO
Komm' an mein Herz! Ich befehle!

ASCHENBRÖDEL
Lass mich zu seinen Füssen
Die Vaterhand zuerst noch küssen!

MAGNIFICO
Ha, weiche!

CLORINDE, THISBE
Fort, Du Schlange!

RAMIRO
Wahnsinnig falsche Seelen!
Ha, fürchtet meinen Zorn!

DIE ANDERN
Die ergreift ein glühend Sehnen,
Jener tobet toll vor Galle,
Sie vergiesset Freudethränen,
Ja, der Wahnsinn fasset Alle,
Und von Leidenschaften brausend
Wogt das sturmbewegte Herz!

RAMIRO, DANDINI
Die Liebe tröste Dich nach Gram,
Den schönsten Sieg errang Dein Herz!

Thronsaal


CHOR
Noch keiner hat beständig treu
Je hier ein Glück gesehen.
Dir, Holde, bleibt Fortuna's Rad
Bewegungslos nun stehen.
Der Stolz gebeugt im Staube liegt,
Des Herzens Güte siegt.

Ballet


RAMIRO
Teure!

ASCHENBRÖDEL
Ach, Herr!
Verzeihe des Herzens banges Zagen!
Noch fass' ich Alles nicht.
Du weisst es, vor Kurzem stand ich
Verachtet noch am Herde,
Und nun auf meinem Haupt die Krone!

MAGNIFICO
Ach, Hoheit! – Zu Euern Füssen –

ASCHENBRÖDEL
Wollt Ihr denn niemals mich als Eure Tochter küssen?

RAMIRO
Und jene Stolzen –

ASCHENBRÖDEL
Mein Fürst! Ich fleh' Euch an!
Was mich beleidigt hat, es sei vergessen!
Es soll die Krone der Tugend neue Kraft verleihen.
Ja, es sei meine Rache, hier zu verzeihen.
Geboren nur zu Leiden,
Hab' ich sie still ertragen,
Doch süsser Liebe Zauber
In meines Lenzes Tagen
Stillte nun all' mein Sehnen,
Und brachte Freude mir!
Nein, nein! Ihr sollt nicht weinen!
Ihr bebet? ach, wovor?
An dieser Brust will Alle ich vereinen,
Tochter und Schwester und Freundin,
Alles findet Ihr, Theure, in mir!

ALLE
Ein Engel ist erschienen,
Die Herzen hier zu rühren,
Dich kann der Thron nicht zieren,
Es zieret ihn Dein Herz!

ASCHENBRÖDEL
Gatte – Vater – ach, Schwestern – o Wonne!
Einsam darf ich nicht mehr leben;
Und es schweigt mein Lied voll Schmerz!
Ja, ich seh' mit frohem Beben,
Was geahnet oft mein Herz!

ALLE
Alles wechselt stets im Leben,
Freude folget nach dem Schmerz;
Und es fühlt mit frohem Beben
Sel'ge Wonne nun Dein Herz.