Libretto: L'Elisir d'amore

von Gaetano Donizetti


Der Liebestrank


Personen:
ADINA, eine junge reiche Pächterin (Sopran)
NEMORINO, ein junger Landmann (Tenor)
BELCORE, Sergeant (Bariton)
DULCAMARA, ein Quacksalber (Bass)
GIANETTA, ein Wäschermädchen (Sopran)
Ein NOTAR (stumme Rolle)
Ein SOLDAT (Bass)
Ein DIENER (stumme Rolle)
Ein MOHR (stumme Rolle)

CHOR
Wäscherinnen - Landleute - Schnitter
Unteroffizier - Trommler - Trompeter - Soldaten - Knechte

ERSTER AKT

Nr. 1 - Präludium und Introduktion

Der Vorhang hebt sich nach dem einundachtzigsten Takte.
Dorfgegend. Im Hintergrunde Berge, Wald und Getreidefelder. Hinten eine felsige Erhöhung, von der sich ein Ablauf nach unten zieht. Rechts eine grosse Buche mit einem Tisch und zwei Lehnschemeln davor; von der Buche nach dem Baume rechts Leinen mit Wäsche. Links vorn der Pachthof mit Eingangstür; vor dem Pachthof ein niederer Schemel. Links hinten ein Brunnen an einem Baum; an dem Brunnen Zuber, mehrere Eimer und Waschkörbe. Es ist inmitten des Tages.


ERSTER AUFTRITT
Gianetta. Adina. Nemorino. Bauern. Bäuerinnen. Schnitterinnen. Wäschermädchen. Knechte.
Gianetta und Adina letztere lesend, sitzen sich gegenüber auf den beiden Lehnschemeln unter der grossen Buche inmitten des Platzes. Nemorino steht links vorn und betrachtet Adina unverwandten Blickes.
Wäschermädchen, Schnitterinnen, Bauern und Bäuerinnen in einer Gruppe um die Buche herum.
Knechte und Wäschermädchen um den Brunnen herum links hinten mit Waschen beschäftigt.


GIANETTA UND CHOR
Vor des Tages Hitz' und Schwüle
Schirmen uns der Buche Zweige;
Kurze Rast in frischer Kühle
Wird uns neue Kraft verleihn.
Wenn die Sonne Flammen sprühet,
Muss der kühle Quell uns laben,
Doch wenn Lieb' im Herzen glühet,
Flösst kein Trunk uns Labung ein.
Nur wer sich der Lieb' entziehet,
Kann beglückt und heiter sein.
Nur wer sich der Lieb' entziehet,
Kann beglückt und heiter sein. -

Nr. 2 - Kavatine

NEMORINO
die lesende Adina beobachtend
Welche Schönheit, welche Reize,
Die Adina hold umschweben!
All mein Mühen, all mein Streben
Flösst ihr kein Erbarmen ein!
Sie gebildet und belesen,
Und ich arm beschränktes Wesen,
Ich kann nichts von all den Dingen,
Seufzen kann ich nur allein.
O wie schön! O wie schön, ach!
Welche Schönheit, welche Reize,
Die Adina hold umschweben!
All mein Mühen, all mein Streben
Flösst ihr kein Erbarmen ein!
Nein, ach, nein!
Flösst ihr kein Erbarmen ein!
Wer erheitert meine Sinne,
Lehrt mich liebenswürdig sein?

GIANETTA UND CHOR
Wenn die Sonne Flammen sprühet,
Muss der kühle Quell uns laben!

NEMORINO
für sich
O weh mir Armen!

GIANETTA UND CHOR
Doch wenn Lieb' im Herzen glühet,
Flösst kein Trunk uns Labung ein.

GIANETTA
Nein, dann flösst kein Trunk uns Labung ein.

CHOR
Dann flösst kein Trunk uns Labung ein.

NEMORINO
für sich
Wer erheitert meine Sinne,
Lehrt mich liebenswürdig sein? -

GIANETTA UND CHOR
Nur wer sich der Lieb' entziehet,
Kann beglückt und heiter sein.

NEMORINO
für sich
Wer erheitert meine Sinne,
Lehrt mich liebenswürdig sein?

GIANETTA UND CHOR
Nur wer sich der Lieb' entziehet,
Kann beglückt und heiter sein.

NEMORINO
für sich
Ach, wer lehret mich
Liebenswürdig sein!

Nr. 3 - Kavatine

ADINA
lachend
Hahahaha!

Sie steht auf, Gianetta ebenso

ADINA
Eine drollige Geschichte!
Was sind das für tolle Sachen!

,ie Arbeit hört auf. Alle versammeln sich um Adina.

GIANETTA UND CHOR
Warum lachst du? Lass doch hören! -
Sag', was machte dich so lachen?

ADINA
wichtig tuend, doch lächelnd
Tristans Lieb' und Herzenswehe
Ist es, was das Buch enthält.

GIANETTA UND CHOR.
Lies doch! lies doch! ei, so lies doch!

NEMORINO
für sich
Zu ihr mich schleichen werd' ich, während sie erzählt.

GIANETTA UND CHOR
Lies - doch!

ADINA
liest
Tief von Isoldens Reizen
War Tristans Herz getroffen:
Getäuscht in seinem Hoffen,
Ward er vor Sehnsucht krank.
Da kam, ihm Trost zu spenden,
Ein Wundermann gegangen;
Der gab mit milden Händen
Ihm einen Liebestrank,
Um seine Qual zu enden:
Isoldens Hochmut sank.
lächelnd zum Chor, ohne zu lesen
Könnten wir doch nur ergründen,
Ob der Wundermann noch lebt;
Nirgends ist er mehr zu finden
Und verloren sein Rezept.

GIANETTA, NEMORINO UND CHOR
Könnten wir doch nur ergründen,
Ob der Wundermann noch lebt;
Nirgends ist er mehr zu finden,
Und verloren sein Rezept,
Ja, sein Rezept. - Lies doch!
Lies doch weiter!

ADINA
liest weiter
Kaum hatt' er in zwei Zügen
Den Zaubertrank genommen,
So wusst' er zu besiegen
schmelzend und zärtlich
Isoldens Grausamkeit.
mit Pathos
In einem Augenblicke
Hatt' er ihr Herz bezwungen,
Sie hing an Tristans Blicke,
Von seinem Arm umschlungen,
Und heiss durch ihre Adern
Durchzuckt sie Liebesschmerz. -
Wie vorher lächelnd, ohne zu lesen
Könnten wir doch nur ergründen,
Ob der Wundermann noch lebt;
Nirgends ist er mehr zu finden,
Und verloren sein Rezept.

GIANETTA, ADINA, NEMORINO UND CHOR
Könnten wir doch nur ergründen,
Ob der Wundermann noch lebt;
Nirgends ist er mehr zu finden,
Und verloren sein Rezept.

Trommelwirbel links in der Nähe. Alle wenden sich nach hinten und beobachten nach links hinein.
Der Sergeant Belcore marschiert mit einem Tambour, zwei Trompetern, einem Unteroffizier und acht Soldaten, alle in vollständiger Ausrüstung, von links hinten über den Ablauf herbei.



ZWEITER AUFTRITT
Die Vorigen. Belcore und seine Soldaten

BELCORE
kommandiert nach fünfunddreissig Takten des Marsches
Halt! - Front! - Richt' euch!
G'wehr bei Fuss! - Rührt euch!

Die Soldaten stellen ihre Gewehre in Rotten.
Belcore steckt seinen Säbel ein, nimmt den Hut ab und von demselben einen schönen Blumenstrauss, nähert sich mit diesem Adina, den Hut unterm Arm.


Nr. 4 - Kavatine und Stretta der Introduktion

BELCORE
zu Adina
So wie Paris mit dem Apfel
Nur die Schönste einst beglücket,
Soll der Strauss, den ich gepflücket,
Auch nur dir beschieden sein.
Mehr als jener Hirtenknabe
Darf mein Los ich glücklich preisen,
Denn zum Lohn für meine Gabe
seinen Strauss überreichend
Ist dein kleines Herzchen mein!

Er setzt seinen Hut auf

ADINA
halblaut zu den Mädchen, indem sie den Strauss an den Busen steckt
Wie bescheiden ist das Herrchen.

GIANETTA
halblaut
Ja, wahrhaftig!

CHOR
ebenso
Ja, wahrhaftig!

ADINA
halblaut
Wie bescheiden!

NEMORINO
beiseite, voll Wut
O ich vergehe!

BELCORE
für sich, nach Adina gewendet
Ja, ich wette, kleines Närrchen,
Bist verliebt im höchsten Grade.
Und wer möchte drob erstaunen?
laut
Ein Sergeant voll Stolz und Ehre!
Leis' erbebt das Herz der Frauen,
Lässt ein blanker Helm sich schauen.
Auch für Mars glüht' einst Cythere,
Musste liebend sich ihm weihn.

ADINA
für sich
O wie sinnig!

GIANETTA
ebenso
Ja, wahrhaftig!

BELCORE
Leis' erbebt das Herz der Frauen,
Lässt ein blanker Helm sich schauen.

NEMORINO
für sich, mit verbissenem Ärger
O welche Pein!

BELCORE
Auch für Mars glüht' einst Cythere,
Musste liebend, ja, sich ihm weihn. -
zu Adina
Da die Herzen sich verstehen,
Warum willst du dich noch zieren?
Lass uns denn kapitulieren,
Sag', wann soll die Hochzeit sein?

ADINA
schelmisch
Ei, mein Herr, nur nicht so eilen,
Lassen Sie mir doch auch Zeit.

NEMORINO
für sich, bebend
Soll Adina ich verlieren,
Bleibt der Tod mir nur allein!

BELCORE
dringend zu Adina
So lass uns doch -

ADINA
schelmisch
Nicht so eilen -

BELCORE
wie vorher
Kapitulieren! Sag', wann soll -

NEMORINO
wie vorher
Weh mir Armen!

BELCORE
wie vorher
Die Hochzeit sein?

NEMORINO
wie vorher
Weh mir Armen!

BELCORE
wie vorher
Sag', wann soll die Hochzeit sein?

ADINA
schelmisch
Nicht so eilen, nicht so eilen,
bittend
Lassen Sie mir doch auch Zeit!

BELCORE
feurig
Nicht lange mehr besonnen,
Bald ist die Zeit verronnen;
Im Krieg, wie in der Liebe
Heisst's rasch entschlossen sein.
Aus meinen Siegerbanden
Kann nichts dich mehr befreien,
Nein, nein, dich mehr befrein!

ADINA
scherzend zu Belcore
Ei, seht mir doch die Männer an
Mit ihrem eitlen Prahlen,
Sie glauben, eh' der Kampf beginnt,
Die Sieger schon zu sein!
Nein, nicht so leicht gelingt es dir,
Adina ist zu schlau! sie ist zu schlau!

NEMORINO
sich aneifernd
Könnt ich wie er es wagen,
Mein Leid ihr zu gestehen,
Kaum dürfte meinen Klagen
Ihr Herz verschlossen sein!
Könnt ich wie er es wagen,
Mein Leid ihr zu gestehen,
Kaum würde meinen Klagen
Ihr Herz verschlossen sein!
Mein schüchternes Betragen
Wird nie mir Glück verleihn!
Ach, nein! ach, nein! ach, nein! kein Glück verleihn!

BELCORE
feurig, drängend
Nicht lange mehr besonnen! -
Bald ist die Zeit verronnen!
Im Krieg wie in der Liebe -
Ja, da heisst's, rasch entschlossen sein! -
Aus meinen Siegerbanden
Kann nichts dich mehr befrein,
Dich mehr befrein, dich mehr befrein! -
Kann nichts, kann nichts dich mehr befrein!

ADINA
abwehrend, scherzend
Mein Herr, nur nicht so eilen,
So lassen Sie mir Zeit! -
Mein Herr - nur nicht so eilen!
Mein Herr, Geduld! mein Herr, Geduld!

GIANETTA UND CHOR
belustigt unter sich
Da gäb es wohl zu lachen hier -
Wenn ihm der Streich gelänge! -
Da gäb es wohl zu lachen hier! -
Der Freier bunte Menge,
Wie würde sie's erfreun!
Doch nein, in ihrem Herzen
Wird niemals Liebe sein!
Nein nein, nein nein, nein nein,
Nie Liebe sein!
Haha, haha, haha, haha!

MÄNNERCHOR
wie vorher
Nein, nein, in ihrem Herzen wird -

BELCORE
wie vorher
Kapituliere!

MÄNNERCHOR
wie vorher
Niemals Liebe sein!

ADINA
wie vorher
Nur nicht so eilen!

FRAUENCHOR
wie vorher
Nein, nein, in ihrem Herzen
Wird niemals Liebe sein!

ADINA
wie vorher
Ei, seht mir doch die Männer an,
Mit ihrem eitlen Prahlen;
Sie glauben, eh' der Kampf beginnt,
Die Sieger schon zu sein!
für sich, nach Belcore hin
Nein, nicht so leicht gelingt er dir,
Adina ist zu schlau!
Nein, nicht so leicht gelingt es dir,
Adina ist zu schlau! Ja, ja, sie ist zu schlau!

BELCORE
wie vorher
Schatz, aus meinen Siegerbanden
Kann nichts dich mehr befrein!

NEMORINO
für sich, sich ereifernd
Könnt' ich wie er es wagen!
Könnt' ich wie er es wagen,
Mein Leid ihr zu gestehen,
Kaum dürfte meinen Klagen
Ihr Herz verschlossen sein!

BELCORE
wie vorher
Nicht lange mehr besonnen! -
Ach, bald ist die Zeit verronnen.
Im Krieg wie in der Liebe -
Ja, da heisst's rasch entschlossen sein!

NEMORINO
wie vorher
Könnt' ich wie er es wagen,
Mein Leid ihr zu gestehen,
Kaum dürfte meinen Klagen
Ihr Herz verschlossen sein!

ADINA
abwehrend, scherzend
Mein Herr, nur nicht so eilen,
So lassen Sie mir Zeit! -

CHOR UND GIANETTA
belustigt unter sich
Da gäb es wohl zu lachen hier,
Wenn ihm der Streich gelänge!
Da gäb es wohl zu lachen hier,
Da gäb's zu lachen hier!

GIANETTA UND CHOR
beiseite
In ihrem Herzen
Wird niemals Liebe sein!

NEMORINO
wie vorher
Mein schüchternes Betragen
Wird nie mir Glück verleihn!

BELCORE
mit Zuversicht
Aus Siegerhand
Kann nichts dich mehr befrein!

ADINA
wie vorher
Nein, nicht so leicht gelingt es dir,
Adina ist zu schlau!

GIANETTA UND CHOR
beiseite
Doch nein, in ihrem Herzen
Wird niemals Liebe sein!

BELCORE
wie vorher
Aus meinen Siegerarmen
Kann nichts dich mehr befrein!

ADINA
wie vorher
Nein, nicht so leicht gelingt es dir,
Adina ist zu schlau!

NEMORINO
wie vorher
Mein schüchternes Betragen
Wird nie mir Glück verleihn!

BELCORE
spricht, zu Adina
Du erlaubst doch mir und meinen Leuten, in deinem Pachthof ein wenig auszuruhen?

ADINA
freundlich erwidernd
O sehr gern! Nach links zeigend. Kommt nur herein. An einem guten Trunke zur Erquickung soll es nicht fehlen.

BELCORE
galant
Sehr verbunden!
für sich, mit Humor
Sie tut schon, als ob ich zur Familie gehörte.

ADINA
zu den andern
Ihr könnt nun wieder an eure Arbeit gehen, die Hitze hat schon etwas nachgelassen.

Sie gibt den Schnitterinnen einen Wink, ihre Arbeit wieder aufzunehmen und deutet Gianetta an, von den Wäscherinnen die Wäsche besorgen zu lassen. Gianetta vollzieht den Auftrag.
Die Wäscherinnen und Gianetta nehmen die Wäsche von den Leinen rechts und tragen sie in Körben in den Pachthof links. Die Schnitterinnen entfernen sich nach verschiedenen Seiten hin. Bauern und Bäuerinnen folgen ihnen. Belcore wirft Adina eine Kusshand zu, gibt seinen Soldaten ein Zeichen und geht mit ihnen ab in den Pachthof links. Adina weist die Knechte an, den Soldaten nachzugehen und ihnen zu trinken zu geben.
Die Knechte folgen den Soldaten.
Adina wendet sich, wenn alle andern sich entfernt haben, ebenfalls nach dem Pachthof.
Nemorino zupft sie sachte am Rocke.



DRITTER AUFTRITT
Nemorino, Adina zu seiner Linken

Rezitativ

Nr. 5 - Rezitativ und Duett

NEMORINO
sanft und zurückhaltend; singt
Ach, nur ein Wörtchen, Adina!

ADINA
ungeduldig
Gewiss die alte Leier,
Der fade Liebesjammer.
ihn zurechtweisend
Du tätest besser,
In die Stadt zu deinem Ohm zurückzukehren,
Der krank daniederliegt
An schwerem Leiden.

NEMORINO
Doch gegen meine Leiden ist's nichts, ich wette!
Nicht kann von dir ich scheiden!
Tausendmal schon versucht ich's!

ADINA
Wird er nun sterben,
So wird ein andrer erben.

NEMORINO
Was kümmert's mich?

ADINA
In Not und Elend
Wirst du zu Grunde gehen!

NEMORINO
Sei's aus Not, sei's aus Liebe -
Das gilt mir gleich.

ADINA
Höre mich!
Du bist gut, du bist recht artig -

Nemorinos Gesicht erheitert sich

ADINA
Doch kannst mit dem Sergeanten
An Artigkeit dich nimmer messen.

Nemorino wird wieder traurig

ADINA
So, wie ich brav dich nenne,
Sag' ich dir auch, dass dein Herz
Vergebens brenne,
mit Malice
Dass ich eigensinnig bin;
Was heut' mich fesselt,
Macht Verdruss mir und Abscheu
Am nächsten Tage.

NEMORINO
Adina, sag', warum?

ADINA
Ei, schöne Frage.

Duett

ADINA
Frag' die kühlen Morgenlüfte,
Frag', warum sie schmeichelnd kosen;
Bald mit Lilien und bald mit Rosen
Bald über Flur und Bäche wehn:
Nur Natur kann man es nennen,
Was zum Flattern sie bewegt.
Ja, Natur, ja, Natur zum Flattern,
Zum Flattern sie bewegt.

NEMORINO
traurig
Also soll ich?

ADINA
derb
Mir entsagen! Mir entsagen! Fliehn von hier!

NEMORINO
Ach, wie könnt' ich das ertragen?

ADINA
Nicht vermagst du's? So sag', warum? Warum?

NEMORINO
Warum? Warum? -
Frage doch, warum die Quelle,
Die dem Felsen schnell entspringet,
Hin zum Meere rieselnd dringet,
Wo der Tod sie kalt umfängt.
Ach, sie kann es dir nicht sagen,
Welch geheime Macht sie drängt!

ADINA
mit Güte
Also willst du?

NEMORINO
Wie sie nun sterben,
Doch vor deinem Angesicht.

ADINA
Magst bei andern um Liebe werben!

NEMORINO
Nein, o nein! Das kann ich nicht!
Das kann ich nicht! Das kann ich nicht!

ADINA
ausgelassen lachend
Von dem Wahne dich zu heilen,
Denn nur Wahn ist Liebestreue,
Musst du meine Ansicht teilen,
Täglich lieben eine Neue.
Statt dem Gram mich hinzugeben,
Dient die Liebe mir zum Scherz;
So geniesse ich mein Leben
Und in Freiheit bleibt mein Herz,
Ja, ja, mein Herz,
Und in Freiheit bleibt mein Herz!

NEMORINO.
Ach! Wo ich weile, wo ich gehe,
Fühl' ich bang' mein Herz erbeben;
Träume mich in deine Nähe,
Seh' dein Bild mich hold umschweben.
Hat dein Leichtsinn auch getrieben
Mit der Liebe seinen Scherz,
Ach, zum zweitenmal zu lieben,
Das vermag kein treues Herz!

ADINA
Ja, ja, ja!

Sie geht an ihm vorüber nach rechts

NEMORINO
Nein, nein, nein!

ADINA
Ja, ja, ja!

NEMORINO
Nein, nein, nein!

ADINA
Ja, ja, ja!

NEMORINO
Das vermag kein treues Herz!

ADINA
So geniesse ich mein Leben
Und in Freiheit bleibt mein Herz!

NEMORINO
Nein, nein, nein! - Nein, nein, nein!
Das vermag fürwahr kein treues Herz!

ADINA
mit Güte
Also willst du?

NEMORINO
Ich will in Liebe sterben
Vor deinem Angesicht!

ADINA
Magst bei andern -

NEMORINO
Nein.

ADINA
Liebe werben!

NEMORINO
Nein, lieber sterben für dich! -

ADINA
Ei, ei, für mich willst sterben du?
Von dem Wahne dich zu heilen,
Denn nur Wahn ist Liebestreue,
Musst du meine Ansicht teilen,
Täglich lieben eine Neue!

NEMORINO
Hat dein Leichtsinn auch getrieben
Mit der Liebe seinen Scherz,
Ach, zum zweitenmal zu lieben,
Das vermag kein treues Herz!

ADINA
Ja, ja, ja!

Sie geht an ihm vorüber nach links

NEMORINO
Nein, nein, nein!

ADINA
Ja, ja, ja!

NEMORINO
Nein, nein, nein!

ADINA
Ja, ja, ja!

NEMORINO
Das vermag kein treues Herz!

ADINA
So geniesse ich mein Leben
Und in Freiheit bleibt mein Herz!

NEMORINO
Nein, nein, nein! - Nein, nein, nein!
Das vermag fürwahr kein treues Herz!
Hat dein Leichtsinn auch getrieben
Mit der Liebe seinen Scherz,
Ach, zum zweitenmal zu lieben,
Das vermag kein treues Herz!

ADINA
Statt dem Gram mich hinzugeben,
Dienet Liebe mir zum Scherz;
So geniesse ich mein Leben,
Und in Freiheit bleibt mein Herz!

Adina wendet sich zum Abgang nach links in den Pachthof. Nemorino eilt ihr mit bittender Gebärde nach.
Adina bemerkt es und dreht sich um. Nemorino erschrickt. Adina droht ihm mit erhobenem Finger.
Nemorino tritt ihr bittend näher. Adina stampft leicht auf, stellt sich böse und zeigt ihm mit ausgestreckter Hand, dass er gehen solle. Nemorino geht in kläglicher Haltung ab nach rechts hinten. Adina eilt laut lachend ab nach links in den Pachthof. Ein Posthorn wird von links in der Nähe gehört. Landleute eilen von allen Seiten herbei und beobachten nach links.



VIERTER AUFTRITT
Landleute

Nr. 6 - Chor

FRAUENCHOR
Ei, was mag dieser Ton wohl bedeuten? -

MÄNNERCHOR
Hört, o höret! Was Neues!
Habt ihr's noch nicht vernommen?
In vergoldetem Wagen
Ist ein Fremder angekommen.
Welcher Adel in Mienen und Blicken,
In Mienen und Blicken!
Wie die Leute sich neigen und bücken,
Sich neigen und bücken!
Sicher geht auf so glänzende Weise
Nur ein Baron, ein Marquis auf die Reise.

FRAUEN UND MÄNNER
Sicherlich geht auf so glänzende Weise
Nur ein Baron, ein Marquis auf die Reise.
Solchen Herrn ihr wohl hier noch nicht sahet,
's ist ein Herzog, der steigt bei uns ab!
Ha, gebt Achtung, er kommt schon, er nahet.
Schnell die Hüte, die Mützen herab!

Der Quacksalber Dulcamara kommt von links hinten auf einem mit Gold verzierten Wagen, der von einem magern Gaul gezogen wird; eine Stange mit einem schlecht gemalten Bildnis Dulcamaras und eine Tafel mit einer Ratte darauf gezeichnet sind an der Hinterseite des Wagens angebracht; der Wagen ist über und über mit marktschreierischen Gemälden, Fahnen und Schildern bedeckt, selbst der Gaul hat Tafeln mit Inschriften auf sich hängen; hinter Dulcamara ein auffallend gekleideter, reich bornierter Diener mit einem Posthorn und mit einem Kasten voll Tinkturen, Pillenschachteln, Medikamenten etc.; ein kleiner Mohr führt den Gaul und teilt dann Zettel mit Anpreisungen aus; der Wagen fährt schräg in die Mitte und Dulcamara bleibt im Wagen stehen.


FÜNFTER AUFTRITT
Dulcamara. Diener. Mohr. Landleute

Die Landleute umstehen staunend den Wagen

Nr. 7 - Kavatine mit Chor

DULCAMARA
Vernehmet! Ihr Leute! O höret mich!
Gemurmel
Seid stille! Spitzt die Ohren!
Es wird still
Gewiss ist schon vom weiten
Seit langen grauen Zeiten
Durch Famas laute Zungen
Der Ruf zu euch gedrungen
Vom Doktor Dulcamara,
Berühmt durch seine Taten,
Durch seine Wunderkuren,
Bekannt in ganz Europa,
gesprochen
Selbst bei den Mulatten -
Er singt weiter
Als Arzt zieh ich von Haus zu Haus,
Durch Berge und durch Täler,
Ich treibe jede Krankheit aus
Und leere die Spitäler.
Ich biet' euch die Gesundheit an
Mit meiner Medizin;
Drum komm und kaufe jedermann,
Ich geb' sie wohlfeil hin! -

Diener reicht ihm während der folgenden Anpreisungen die Gegenstände, Schachteln, Gläser und Mixturen zu.

DULCAMARA
greift nach einer Flasche und einem Blättchen mit Beschreibung
Hier sehet mein Specifikum,
Es wirkt auf seltne Weise;
Schnell bringt es alle Motten um,
Die Ratten und die Mäuse.
Er reicht das Blättchen hin
In dem Certifikate
Vom hohen Magistrate
Könnt' ihr die Probe lesen,
Da steht es deutlich drin.
Er ergreift eine zweite Flasche
Durch dieses, mein Specifikum,
Sympathisch wirkend um und um,
Ward kürzlich erst ein Alter
Noch seines Stamms Erhalter:
Ein paar gesunde Zwillinge
Wiegt er auf seinen Knien!
Er langt nach einer Salbenbüchse und zeigt sie umher
Mit diesem Elixire
Still' ich der Witwen Sehnen,
Es schwinden ihre Tränen
In kurzer Zeit dahin.

CHOR
Ah!

DULCAMARA
sich zu den Matronen wendend, zeigt er eine grosse Flasche mit einem Totenkopf
Und ihr, verehrte Frauen,
Wollt ihr euch jung erhalten,
Dem Mittel könnt ihr trauen,
Es glättet alle Falten!
Mit mehreren Fläschchen in der Hand
Tragt, Mädchen, ihr Verlangen
Nach Grübchen in den Wangen?
Ihr jungen Bauersleute,
Wollt ihr recht schöne Bräute,
So kaufet mein Specifikum,
Ich geb's euch wohlfeil hin!
Ihr Bursche und ihr Mädchen,
Ihr Witwen und ihr Frauen,
Kommt, kaufet mein Specifikum,
Ich geb's euch wohlfeil hin!
Sei einer paralytisch,
Asthmatisch und asphyktisch,
Rheumatisch, apoplektisch,
Hysterisch oder hektisch,
Und kann ein schwacher Magen
Ein Gläschen nicht vertragen,
Ich weiss ihn zu kurieren
Mit meiner Medizin.
Er zeigt eine Schachtel vor
Dies Mittel ist für Wanzen gut,
Auch wohl es für die Leber thut,
Es hilft auch für die Wassersucht,
Ist herrlich für die Lungensucht;
Drum kauft nur mein Specifikum,
Ihr Männer und ihr Frauen,
Ihr dürfet mir vertrauen,
So wahr ich ehrlich bin.
Herbei! Herbei! Ihr Mädchen!
Herbei! Herbei! Ihr Frauen!
Kommt, kaufet mein Specifikum,
Ich biet's euch wohlfeil an,
Ja, ja, ich biet's euch wohlfeil an! -

Er weist mit einem Stäbchen bald auf die Aushängeschilder, auf sein Pferd und auf seinen Wagen, bald auf Flaschen und Gläser. Der Mohr und der Diener bieten immerfort Medikamente aus.

DULCAMARA
Ja, ich bring's von weiter Reise
Über tausend Meilen her.
Er ergreift wieder eine Flasche
Wie? Ihr fraget nach dem Preise?
Was der Wert der Flasche wäre?
schreiend
Zwanzig Thaler.
lächelnd
Nein! -
Vierzehn? - Nein! - Sieben!
O seid darum nicht bange.
Weil ihr freundlich hergekommen
und mich höflich aufgenommen,
Sollt ihr wohlfeil es bekommen:
sehr laut
Einen Thaler wendet an.

CHOR
staunend
Einen Thaler? Ei, man denke!
Das ist ja ein Ehrenmann! -

DULCAMARA
eine grosse Flasche mit einer langen Fahne vorzeigend
Sehet her, für diese Flasche
Mit dem Wunder-Elixire,
Geben die, die ich kuriere,
Sonst mir jedesmal neun Lire.
Doch da ich hier Orts geboren,
Geb' ich etwas dran verloren,
Und ihr sollt die Wundergaben
Um drei Lire von mir haben.
Er spricht zu seinem Diener
Blase nun!

Diener bläst auf seinem Posthorn

DULCAMARA
steigt vom Wagen
Klar und deutlich muss euch allen
Der Beweis ins Auge fallen,
Dass ihr so bei diesem Handel
Einen Thaler euch gespart.

CHOR
Ja, die Rechnung ist ganz richtig!
Wollet schnell nur her es geben!
Grosser Doktor, Ihr sollt leben!
Sie drängen sich an ihn

DULCAMARA
teilt gegen Bezahlung Fläschchen, Büchsen, Schachteln und dergleichen aus
Kaufet! - Drei Lire! - Avanti! - Avanti!

CHOR
Nimmer wird man Euch vergessen,
Denn Ihr seid ein braver Mann! Ja!

DULCAMARA
Ach, der Heimat süsse Bande
Wirken Wunder dann und wann!

CHOR
Nimmer wird man Euch vergessen!

DULCAMARA
Denn der Heimat süsse Bande
Wirken Wunder dann und wann!

CHOR
Nimmer wird man Euch vergessen,
Braver Mann!

DULCAMARA
Wirken Wunder dann und wann!

CHOR
Ja, Ihr seid ein braver Mann!

DULCAMARA
im tragischen Tone
Denn der Heimat süsse Bande
Wirken Wunder dann und wann!

CHOR
Ein braver Mann!

DULCAMARA
Denn der Heimat süsse Bande
Wirken Wunder dann und wann,
Ja, dann und wann!

CHOR
Ein braver Mann, ein braver Mann,
Ja, Ihr seid ein braver Mann,
Braver Mann!

Sie bezahlen den Doktor, zerstreuen sich mit ihren Medikamenten, sich eifrig besprechend und auf Dulcamara zurückweisend, nach allen Seiten hin.

Nemorino ist schon früher von rechts hinten herbeigekommen, hat eifrig auf Dulcamara hingehorcht, scheint einen Entschluss gefasst zu haben und nachdem die Landleute alle verschwunden sind, nähert er sich dem Doktor.

Der Mohr und der Diener entfernen sich nach links in den Pachthof, wie um eine Erfrischung zu erbitten, nachdem sie vorher den Gaul abgespannt und nach links hinten weggeführt haben.


SECHSTER AUFTRITT
Nemorino, Dulcamara zu seiner Linken. Dann der Mohr, der Diener, zwei Knechte


Nr. 8 - Rezitativ und Duett

NEMORINO
für sich; singt
Nur Mut! Vielleicht erlesen
Zu meinem Glücke
Ist von höherm Wesen der Wundermann,
Der hier erst angekommen.
Ich will ihn sprechen,
Ist mein Herz auch beklommen. -
Er zieht seinen Hut, laut
Herr Doktor, Ihr verzeiht mir,
Ihr habt wohl, wie man sagte,
Gar wunderbare Sachen?

DULCAMARA
mit Pathos
Ja, zum Staunen!
Pandoras Schätze trage ich in meiner Tasche.

NEMORINO
voll Begierde
Habt Ihr denn auch zum Beispiel
ihm zublinzelnd
Jenen Liebestrank der Königin Isolde?

DULCAMARA
ihn anstarrend
He? Was? Was für'n Ding?

Duett

NEMORINO
sieht sich um, ob jemand lauscht und nähert sich; halblaut
Man erzählt von einem Tranke,
Der ein sprödes Herz soll rühren.

DULCAMARA
ihn verstehend, pfiffig
Ach! Ja, ja! Verstehe, begreife!
Ich kann selbst ihn destillieren!

NEMORINO
freudig
Wär' es wahr?

DULCAMARA
Ja, heutzutag'
Ist die Frage, ist die Frage stark danach!

NEMORINO
Welches Glück! Und Ihr verkauft ihn?

DULCAMARA
Ich verkauf' ihn aller Welt!

NEMORINO
Nennt den Preis mir nur geschwinde!

DULCAMARA
mild
Er ist billig!

NEMORINO
froh
Billig?

DULCAMARA
ihn fixierend
Das heisst - je nachdem.

NEMORINO
betrübt
Einen Dukaten - mehr hab' ich nicht!

DULCAMARA
schnell und freudig
Und gerade reicht es hin.

NEMORINO
reicht ihm sein Geldstück
Ach, empfangt für Eure Gabe
All mein Geld und heissen Dank.

DULCAMARA
nimmt den Dukaten, geht an den Wagen und nimmt eine mit einer Vignette beklebte Flasche heraus
Hier hast du den Wundertrank!

NEMORINO
nimmt mit heftigem Entzücken
Sehr verbunden, o sehr verbunden!
Aller Kummer ist entschwunden!
Zaubermittel, wer dich erfunden,
Ist fürwahr ein grosser Mann! Ja! -

Er küsst die Flasche und drückt sie liebevoll an sein Herz

DULCAMARA
geht an ihm vorüber nach rechts; für sich
Auf der Erde weitem Kreise
Hab' ich Dumme wohl gefunden,
Doch ich traf auf meiner Reise
Keinen solchen Pinsel an.

Er will nach links abgehen

NEMORINO
wie vorher
Sehr verbunden, sehr verbunden!
Aller Kummer ist entschwunden!
Zaubermittel, wer dich erfunden,
Ist fürwahr ein grosser Mann!
ihn zurückhaltend
Einen Augenblick, Herr Doktor.
Nur noch eines möcht' ich wissen. -
Wie muss ich den Trank geniessen?

DULCAMARA
mit verschmitzter Miene auf die Vignette weisend
Schüttle ihn erst eine Weile,
Sonst zersetzen sich die Teile.
Öffne dann den Kork der Flasche;
Doch ist Vorsicht zu gebrauchen,
Denn der Geist kann leicht verrauchen!

NEMORINO
hat mit offenem Munde und mit grosser Aufmerksamkeit zugehört
Gut!

Der Mohr, der Diener und zwei Knechte kommen von links aus dem Pachthof und entfernen den Wagen nach links hinter den Pachthof.

DULCAMARA
Eilig setz' ihn an die Lippen -

NEMORINO
leckt mit der Zunge, als ob er schon koste
Gut!

DULCAMARA
Nur ein wenig davon zu nippen -

NEMORINO
bejahend
Gut!

DULCAMARA
Und die Wirkung wird sich zeigen,
Freund, ich stehe dir dafür.

NEMORINO
mit Erstaunen
Wirkt es schnelle?

DULCAMARA
einlenkend
Nicht auf der Stelle!
Erst in vierundzwanzig Stunden.
beiseite
Zeit hab' ich indes gefunden,
Weit bin ich alsdann von hier!

NEMORINO
ihn ansehend, mit saurem Gesicht
Doch wie schmeckt es?

DULCAMARA
dessen sich bewusst
Ganz vortrefflich!

NEMORINO
mit grossen Augen
Ganz vortrefflich?

DULCAMARA
Ganz vortrefflich!
beiseite
's ist Bordeaux, kein Elixir!

NEMORINO
wie vorher
Sehr verbunden, o sehr verbunden!
Aller Kummer ist verschwunden!
Zaubermittel, wer dich erfunden,
Ist fürwahr ein grosser Mann!

DULCAMARA
für sich
Nein, ich traf auf meiner Reise
Keinen solchen Pinsel an!

NEMORINO
Sehr verbunden, sehr verbunden!
Aller Kummer ist verschwunden!
Zaubermittel, wer dich erfunden,
Ist fürwahr ein grosser Mann!

Er will sich entfernen

DULCAMARA
ihm zurufend
Junger Mann - he! he!

NEMORINO
kehrt um
Herr Doktor?

DULCAMARA
geheimnisvoll
Reinen Mund! - Verstanden?
Hörst du? Fein stille - geschwiegen!
Liebestränke abzusetzen,
Widerstreitet den Gesetzen.

NEMORINO
Aha!

DULCAMARA
Ja, ja, glaub' mir!
Es widerstreitet den Gesetzen!
geheimnisvoll
Freund, es wär' um uns geschehen,
Mischt die Obrigkeit sich drein!
Also nur schweigen!

NEMORINO
die Hand aufs Herz legend
Heilig will ich's Euch versprechen,
Werde schon verschwiegen sein.

DULCAMARA
Nur schweigen!

NEMORINO
Heilig will ich's Euch versprechen!

DULCAMARA
Nur schweigen!

NEMORINO
Heilig will ich's Euch versprechen,
Werde schon verschwiegen sein!

DULCAMARA
ihm die Hand reichend und sie schüttelnd
Gehe denn, du Hochbeglückter,
Reichen Lohn bringt dein Vertrauen,
Denn die Mädchen und die Frauen
Sind bis morgen alle dein.
Gehe denn, du Hochbeglückter,
Denn die Mädchen und die Frauen
Sind bis morgen alle dein!

NEMORINO
mit Feuer
Ach, das Herz, das Herz der einen,
Soll fortan mir ganz gehören.
Keiner sonst, das will ich schwören,
Wird der Trank gewidmet sein.

DULCAMARA
für sich
Früh, wenn kaum die Nacht sich endet,
Hoff' ich fern von hier zu sein!
laut
Gehe denn, du Hochbeglückter,
Reichen Lohn bringt dein Vertrauen,
Denn die Mädchen und die Frauen
Sind bis morgen alle dein!
für sich
Früh, wenn kaum die Nacht sich endet,
Hoff' ich fern von hier zu sein!

NEMORINO
nach Dulcamara hin
Ja, vom Himmel mir gesendet,
Traf er hier im Dorfe ein!

DULCAMARA
Nun, so geh', du Hochbeglückter, geh', geh'!

NEMORINO
Fort denn!

DULCAMARA
Geh', doch nur strenges, strenges Schweigen,
Ja, Schweigen!

NEMORINO
Ich versprech' es!
Werde schon verschwiegen sein.
Ach, das Herz, das Herz der einen
Soll fortan mir ganz gehören;
Keiner sonst, das will ich schwören,
Soll der Trank gewidmet sein!

DULCAMARA
für sich
Früh, wenn kaum die Nacht sich endet,
Hoff' ich fern von hier zu sein!
laut
Gehe denn, du Hochbeglückter,
Reichen Lohn bringt dein Vertrauen,
Denn die Mädchen und die Frauen
Sind bis morgen alle dein!
für sich
Früh, wenn kaum die Nacht sich endet, Hoff' ich fern von hier zu sein! Doch -

NEMORINO
wie vorher
Ja, vom Himmel mir gesendet,
Traf er hier im Dorfe ein!

DULCAMARA
Doch wirst du strenge auch verschweigen -

NEMORINO
Ich versprech' es!

DULCAMARA
Wirst du strenge auch verschweigen?

NEMORINO
Ja, ich schwöre!

DULCAMARA
für sich
Früh, wenn kaum die Nacht sich endet,
Hoff' ich fern von hier zu sein!
Früh, wenn kaum die Nacht sich endet,
Hoff' ich fern von hier zu sein!

NEMORINO
Ja, vom Himmel mir gesendet,
Traf er hier im Dorfe ein!
Traf er hier im Dorfe ein!

DULCAMARA
Ja, fern zu sein, ja, fern zu sein!
Ja, dann hoff' ich fern zu sein!

Nemorino läuft in grosser Freude umher, den Doktor in seinem Eifer umhalsend.
Dulcamara lacht und geht an ihm vorüber ab nach links in den Pachthof.



SIEBENTER AUFTRITT
Nemorino allein

Rezitativ oder beliebig Dialog

Nr. 9 - Rezitativ

NEMORINO
hebt die Flasche hoch, singt
Göttlicher Trank, du mein nun!
Ja, ganz mein eigen! -
Wie kräftig muss der Tranksein,
Da seine Kraft,
Noch nicht einmal getrunken,
Mich schon erhebet
Und mir schafft Begeistrung! -
Ach, dass mein heisses Sehnen
Die Wirkung erst soll sehen
Und fühlen die Freude,
Wenn ein Tag vergangen?
Zaudre nicht!
er trinkt
O köstlich! O herrlich!
Schnell noch ein Schlückchen!
er trinkt in langen Zügen
Ich fühle durch die Adern
Wonnige Wärme rieseln.
feurig
Ob wohl ihr Herz
Bald diese süsse Flamme
Auch zu fühlen beginnt?
er trinkt
O welche Wonne!
Rosig erscheint die Welt
Heut' meinem Blicke!
Ja, selbst der Appetit
Kehrt mir zurück.
Er setzt sich an den Tisch rechts, nimmt Brot und Früchte aus der Tasche und singt laut und mit vollem Munde
La, la, la, la, la, la, la, la, la!

Dialog

NEMORINO
die Flasche mit Wohlgefallen betrachtend, spricht
Himmlischer Trank, du bist nun mein, ganz mein Eigentum! Wie gross muss deine Zauberkraft sein, wenn du noch ungetrunken mich schon belebst, erhebst und mir Mut und Stärke durch die Adern giessest! Aber warum das Zaudern? Warum soll ich warten, bis ein ganzer langer Tag verflossen ist? Ich probier's gleich! Es wird den Kopf nicht kosten!
Er trinkt
Herrlich!
Er streicht sich den Bauch
Ganz köstlich! Ich hab's ja gesagt! Schnell noch einmal!
Er trinkt in langen Zügen; aufatmend
Ah! Ich werde ein anderer Mensch! So was hab' ich ja nie gefühlt! Es hämmert mir im Kopf und es zittert mir im Herzen!
feurig
Ob's bei ihr ebenso ist? Fast sollt' ich es glauben! Mir sagt's die Ahnung, die mir die schöne Welt noch herrlicher erscheinen lässt - und der Hunger, der mich plötzlich quält!
Er setzt sich an den Tisch rechts, nimmt Brot und Früchte aus der Tasche und singt laut und mit vollem Munde.
La, la, la, la, la, la, la, la, la!

Adina kommt von links aus dem Pachthof.


ACHTER AUFTRITT
Nemorino, Adina zu seiner Linken

ADINA
beobachtet Nemorino, für sich
Wer ist der Narr?
Sie tritt näher
Was seh' ich? 's ist Nemorino! -
Gar so lustig? Und weshalb?

NEMORINO
La, la. la -
Er sieht sie, für sich
Himmel, da ist sie!
Er steht auf, will auf sie zu, besinnt sich aber und setzt sich wieder; für sich
Doch nein, ich bleibe kalt!
An meinen Seufzern
Darf sie nimmer sich erfreun!
Sie selbst soll morgen,
Wie ich's bisher gethan,
Um Liebe flehen!

ADINA
für sich
Er sieht mich gar nicht an?
Was ist geschehen?

ADINA
für sich
Wer schreit denn so hier herum?
Sie tritt näher
Wahrhaftig, es ist Nemorino! Und so lustig? Wie geht denn das zu?

NEMORINO
wie vorher
La, la, la -
Er sieht sie; für sich
Richtig, da ist sie!
Er steht auf, will auf sie zu, besinnt sich aber und setzt sich wieder
Nicht voreilig, Nemorino! Bleibe kalt! Sie soll auch nicht einen Seufzer von mir hören, die Hartherzige! Morgen wird sich das Blättchen wenden! Dann wird sie um Liebe betteln - ja, betteln - wie ich es bisher getan habe. Nur Geduld, nur Geduld!

ADINA
für sich
Was ist denn mit ihm vorgegangen? Er sieht mich ja nicht einmal an. Was ist denn da geschehen?

Nr. 10 - Duett

NEMORINO
steht auf, tanzt und trinkt
Lalalalalalalalalalalalala
Lalalalalalalalalalala!

ADINA
staunend, für sich
Wie soll ich das verstehen?
Verstellung scheint es nur!

NEMORINO
Lalalalalalalalalalalalalalalalalalala!
Lalalalalalalalalalalalalalalalalalalalalalala!
für sich, heimlich nach Adina blickend
Noch zeigt sie keine Liebe!
Lalalalalalalalalalalalalalalalala
Lalalalalalalalalalalalalalalalala!

ADINA
wie vorher
Ja, ja, er will mich necken.

NEMORINO
für sich
Noch kann ich nichts entdecken.

ADINA
für sich
Gleich hab' ich's wahrgenommen.

NEMORINO
für sich
Geduld, es wird schon kommen.

ADINA
lacht
Haha! - Ha! -

NEMORINO
An meiner Sehnsucht Leiden
Mag noch ihr Herz sich weiden;
Geduld, Geduld bis morgen,
Dann ist die Reih' an mir,
Die Reih' an mir, die Reih' an mir!

ADINA
für sich
Den Ketten zu entfliehen,
Dahin geht sein Bemühen!
Jedoch mit stärkern Banden
Wird er bestraft dafür.
Den Ketten zu entfliehen,
Dahin geht sein Bemühen!
Jedoch mit stärkern Banden
Wird er bestraft dafür!

NEMORINO
O juble nur, morgen schon,
Dann ist die Reih' an mir,
Die Reih' an mir!
An meiner Sehnsucht Leiden
Mag noch ihr Herz sich weiden;
Ja, morgen naht das Ende, ja,
Ja, dann ist die Reih' an mir!
Er trinkt heimlich; gesteigert wie vorher
Lalalalalalalala!

ADINA
sich nähernd
Bravissimo!
Ei, ei, das muss ich loben,
Du folgest meiner Lehre.

NEMORINO
heiter zu ihr
Ich wollt' es nur erproben,
Ob's wohl auch möglich wäre!

ADINA
ironisch
Und deinen Herzenskummer?

NEMORINO
Ich wiege ihn in Schlummer.

ADINA
wie vorher
Der Schmerz, den du empfunden?

NEMORINO
mit Frohsinn
Er ist schon halb verschwunden;
Noch vierundzwanzig Stunden,
Dann wird er ganz vergehn!

ADINA
sich erstaunt stellend
Gewiss?

Nemorino bejaht

ADINA
Ei, ei, das freut mich!
Und doch - wir wollen sehn!

Sie geht an ihm vorüber nach rechts

NEMORINO
Mein Herz wird heilen.

ADINA
Nun wohlan! Nun wohlan!

Sie geht lachend auf und nieder

NEMORINO
für sich
An meiner Sehnsucht Leiden
Mag noch ihr Herz sich weiden!

ADINA
für sich
Den Ketten zu entfliehen,
Dahin geht sein Bemühen!

NEMORINO
für sich
Geduld, Geduld bis morgen,
Dann ist die Reih' an mir!

ADINA
für sich
Ja, doch mit stärkern Banden
Wird er bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
An meiner Sehnsucht Leiden -

ADINA
für sich
Den Ketten zu entfliehen,
Den Ketten zu entfliehen,
Dahin geht sein Bemühen;
Jedoch mit stärkern Banden
Wird er bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
An meiner Sehnsucht Leiden
Mag noch ihr Herz sich weiden;
Schon morgen naht das Ende sich,
Dann ist die Reih' an mir!
Schon morgen naht das Ende, ja,
Dann ist die Reih' an mir!

ADINA
für sich
Jedoch mit stärkern Banden
Wird er bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
Ja, ja, die Reih' an mir!

ADINA
für sich
Ja, ja, bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
Ja, ja, die Reih' an mir! -
zu Adina
Mein Herz wird heilen.

ADINA
schelmisch lächelnd
Gewisslich?

NEMORINO
Ja, ja, gewiss! - Ja, ja, gewiss!

ADINA
wie vorher
Ja?

NEMORINO
gesteigert
Ja!

ADINA
ebenso
Ah! -

NEMORINO
für sich
Ja! - An meiner Sehnsucht Leiden -
Mag noch ihr Herz sich weiden.

ADINA
für sich
Den Ketten zu entfliehen,
Dahin geht sein Bemühen!

NEMORINO
für sich
Geduld, Geduld bis morgen,
Dann ist die Reih' an mir!

ADINA
für sich
Jedoch mit stärkern Banden
Wird er bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
n meiner Sehnsucht Leiden -

ADINA
für sich
Den Ketten zu entfliehen,
Den Ketten zu entfliehen,
Dahin geht sein Bemühen;
Jedoch mit stärkern Banden
Wird er bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
An meiner Sehnsucht Leiden
Mag noch ihr Herz sich weiden;
Schon morgen naht das Ende sich,
Dann ist die Reih' an mir!
Schon morgen naht das Ende sich,
Dann ist die Reih' an mir!

ADINA
für sich
Jedoch mit stärkern Banden
Ja, wird er bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
Ja, ja, die Reih' an mir -

ADINA
für sich
Ja, ja, bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
Ja, ja, die Reih' an mir!

ADINA
für sich
Ja, dann wird er bestraft dafür!

NEMORINO
für sich
Ja, morgen ist die Reih' an mir!

Sergeant Belcore singt im Pachthofe links


NEUNTER AUFTRITT
Adina rechts, Nemorino zu ihrer Linken. Belcore im Pachthofe

Nr. 11 - Terzett

BELCORE
drinnen singend
Tram! tram! tram! tram! tram! tram! tram! tram! tram!
Im Krieg und in der Lieb'
Darf man es nicht verpassen -

ADINA
geht an Nemorino vorüber nach links; für sich
Ganz recht kommt mir Belcore!

BELCORE
drinnen
Man muss den Zeitpunkt fassen
Im Krieg und in der Lieb'!

NEMORINO
für sich
Schon prahlt er mit dem Sieg!

BELCORE
drinnen
Ja, man muss den Zeitpunkt fassen
Im Krieg und in der Lieb'!
Tram! Tram! - Tram! tram!

Er kommt von links aus dem Pachthof heraus und begrüsst Adina freundlich und zutraulich

ADINA
ebenso zu ihm
Mein Freund, seid Ihr zufrieden?
Was sagt Ihr zum Quartiere?

BELCORE
Der Platz will Trotz mir bieten,
Obgleich ich ihn blockiere!

ADINA
nach Nemorino blickend
Solch tapferm Helden sollte
Nicht leicht ein Sieg entgehn!

BELCORE
Ja! Wenn nur Gott Amor wollte?

ADINA
freundlich
Er will, Ihr werdet es schon sehn!

BELCORE
freudig erstaunt
Himmel! So dürft' ich hoffen?

NEMORINO
ingrimmig für sich
Mein Herz will fast verzagen!

BELCORE
Adinas Hand ergreifend
Mein Engel, sag' es offen,
Wann wird die Stunde schlagen?

ADINA
freundlich und entgegenkommend
In kurzem schon!

NEMORINO
erschreckt auf seinen vorigen Sitz zurücksinkend
Was Teufel!

BELCORE
dringend
O rede!

ADINA
Nemorino beobachtend, stark betonend
In sechs Tagen!

BELCORE
Ah! Vor Freude, vor Behagen -

NEMORINO
fröhlich und laut
Hahahaha!

BELCORE
Fühl' ich das Herz mir schlagen!

NEMORINO
wie vorher
Hahahaha!

BELCORE
Das Herz -

NEMORINO
wie vorher
Hahahaha!

Er steht auf

BELCORE
Mir schla - gen!

NEMORINO
wie vorher
So geht's recht schön! So geht's recht schön!
Haha, haha! So geht's recht schön! -

BELCORE
für sich
Was hat der hier zu lachen?
Geduld, ich lehr' ihn schweigen!
Den Weg werd' ich ihm zeigen,
Will er nicht von hier gehn!

NEMORINO
wildlustig lachend
Haha, nur zu!

BELCORE
wie vorher
Den Weg werd' ich ihm zeigen -

NEMORINO
wildlustig
Haha, nur zu.

BELCORE
wie vorher
Wird er nicht von hier gehn!

ADINA
für sich
Sein Unglück macht ihn lachen!
Ei, fürwahr, das ist doch eigen!
Ihm meinen Zorn zu zeigen,
Kann ich kaum noch widerstehn!

NEMORINO
für sich
Ganz herrlich stehn die Sachen!
Er wähnt sie schon sein eigen! -
Bis morgen wird sich's zeigen -
Da sollt ihr Wunder sehn!

BELCORE
für sich
Was hat er hier zu lachen?
Geduld, ich lehr' ihn schweigen!
Den Weg werd' ich ihm zeigen,
Wird er nicht von hier gehn!
Ich werd' den Weg ihm zeigen schon,
Wird er nicht von hier gehn!

ADINA
für sich
Ihm meinen Zorn zu zeigen,
Kann kaum ich widerstehn!
Sein Unglück macht ihn lachen,
Fürwahr, das ist doch eigen! -
Den Zorn ihm - nun zu zeigen -
Ja, ihm meinen Zorn zu zeigen,
Kann ich kaum noch widerstehn!

NEMORINO
für sich
Bis morgen wird sich's zeigen,
Da sollt ihr Wunder sehn!
Ganz herrlich stehn die Sachen,
Er wähnt sie schon sein eigen!
Schon morgen - da wird sich's zeigen!
Ja, schon morgen wird sich's zeigen,
Morgen sollt ihr Wunder sehn!

BELCORE
für sich
Dieser Gimpel! - Dieser Gimpel! -
Ja, den Weg werd' ich ihm zeigen,
Ja, den Weg ihm zeigen,
Wird er fort nicht gehn -

ADINA
für sich
Ihm meinen Zorn zu zeigen,
Kann ich kaum noch widerstehn!

NEMORINO
für sich
Haha, haha, hahahaha, haha, haha, hahahaha!
Ja, morgen wird sich's zeigen,
Da sollt ihr Wunder sehn!

BELCORE
für sich
Wird er von hier nicht gehn!
Den Weg werd' ich ihm zeigen,
Wird er von hier nicht gehn!

ADINA
für sich
Ihm meinen Zorn zu zeigen,
Kann ich kaum noch widerstehn!

NEMORINO
für sich
Haha, haha, hahahaha, haha, haha, hahahaha!
Ja, morgen wird sich's zeigen,
Ei, da sollt ihr Wunder sehn!

BELCORE
für sich
Wird er von hier nicht gehn!
Den Weg werd' ich ihm zeigen,
Wird er von hier nicht gehn!

Trommelwirbel links hinten. Gianetta kommt mit den Wäscherinnen von links aus dem Pachthof.
Die Soldaten und Knechte folgen von ebendaher. Landleute, Bauern und Bäuerinnen eilen von allen Seiten herbei.



ZEHNTER AUFTRITT
Die Vorigen. Gianetta. Soldaten, Bauern und Bäuerinnen, Wäscherinnen, Knechte zurückstehend

Nr. 12 - Quartett und Stretta. Erstes Finale

GIANETTA
zu Belcore
Mein Herr Sergeant! Mein Herr Sergeant!
Recht gut, recht gut, dass man Euch hier fand.

BELCORE
Was gibt's? Da bin ich!
Was soll die Eile?

EIN SOLDAT
mit einer Schrift
Vor zwei Minuten kam die Stafette,
Die eine Ordre hier für Euch gebracht.

Er überreicht sie

BELCORE
nimmt und liest
Von meinem Hauptmann. -
Ah! - Ah, recht gut, recht schön!
Recht gut, recht schön!
zu den Soldaten
Auf, Kameraden! -
Wir müssen gehn!

CHOR DER LANDLEUTE
Ihr wollt marschieren?

CHOR DER SOLDATEN
Von hier marschieren?

BELCORE
Frühzeitig morgen!

CHOR DER LANDLEUTE
O weh! So eilig?

NEMORINO
Adina beobachtend
Es macht ihr Sorgen.

BELCORE
achselzuckend
Die Ordre lautet so,
Kann's nicht verstehn!

CHOR DER SOLDATEN
Verwünschtes Schicksal! Aus den Quartieren
Muss man so oft hin und her marschieren,
Dass man vom Liebchen so bald muss gehn!

BELCORE
zärtlich zu Adina
Du hast es vernommen:
Schon morgen wir scheiden!

CHOR DER FRAUEN
Ihr geht - so bald?
So bald schon scheiden?

CHOR DER MÄNNER
Ja, ja -

BELCORE
wie vorher
O denk' zuweilen meiner,
Der sobald dich muss meiden!

CHOR DER MÄNNER
Sobald - sobald schon scheiden?

NEMORINO
selbstzufrieden für sich
Ja, ja, schon morgen -
Wirst du's erfahren!

ADINA
nach Nemorino blickend, zu Belcore
Treu will mein Herz stets
Ich dir bewahren
Und mein Versprechen halt' treu ich dir.

NEMORINO
für sich, wie vorher
Wart' nur - haha! -

BELCORE
feurig
Geliebte!

NEMORINO
wie vorher
Ja, ja, schon morgen
Wirst du's erfahren!

BELCORE
Bist du entschlossen, dein Wort zu halten,
Ei, welch ein Hindernis
Kann hier noch walten?
Kannst du nicht heut' noch
Die Hand mir geben?

NEMORINO
laut, erschreckt
Wie, was? Schon heute?

ADINA
Nemorino betrachtend, froh für sich
Ich seh' ihn beben!
stockend, laut zu Belcore
Wohlan! - Noch heute!

NEMORINO
erschrocken sich Adina nähernd
Wie? Schon heute? O Adina!
Du sagst: noch heute?

ADINA
pikiert
Warum denn nicht?

NEMORINO
bittend
O warte
Noch bis morgen!

ADINA
drängend
Warum?

NEMORINO
wichtig
Nur heute, heute nicht!

ADINA
gesteigert
Warum?

BELCORE
trotzig zu Nemorino
Was kann's dich kümmern?
Du armer Wicht!
Du armer Wicht! Du armer Wicht!

NEMORINO
Wozu die Eile? Wozu die Eile?
Adina, nur heute nicht! -
ärgerlich, Adina mit Heftigkeit bittend
Adina, glaube mir, lass dir nur sagen!
Ach, ihn zu freien, wie kannst du's wagen?
Ach, einen Tag nur! lass dich bewegen!
Weshalb ich flehe, weiss ich allein!
Nur bitterm Grame eilst du entgegen
Und ewig, ewig wirst du's bereun!

BELCORE
tritt zwischen Nemorino und Adina, stösst Nemorino fort
Dem Himmel dank's und seinem Walten,
Dass ich für trunken dich gehalten!
Gehauen hätt' ich dich in Stücke,
Doch flösst du mir Erbarmen ein.
Zeigst du noch ferner dich meinem Blicke,
Dann, toller Schwätzer, kannst du dich freun!

NEMORINO
für sich, mit Beben
O der Doktor!

ADINA
Mein Freund, was wollt Ihr -

BELCORE
heftig zu Nemorino
Jetzt pack' dich -

ADINA
Mit ihm beginnen?

BELCORE
wie vorher
Zum Teufel!

ADINA
für sich
Der arme Bursche -

BELCORE
wie vorher
Und gehe -

ADINA
für sich
Ist halb von Sinnen!

BELCORE
wie vorher
Du Pavian!

ADINA
für sich
Stets wild vor Liebe -

BELCORE
Zeigst du dich ferner meinem Blicke,
Dann, toller Schwätzer, kannst du dich freun! -

heftig

O du Pavian! Geh' zum Teufel! -
Dem Himmel dank's und seinem Walten,
Dass ich für trunken und närrisch dich gehalten,
Doch flösst du mir Erbarmen ein!
Zeigst du noch ferner dich meinen Blicken,
Dann, toller Schwätzer, kannst du dich freun!

ADINA
für sich wie vorher
Das Herz ihm brechen,
Vergeht in Sehnsucht, um mich zu frein!
Für sein Betragen werd' ich mich rächen,
Zu meinen Füssen soll er's bereun!

NEMORINO
laut
Ach, Adinchen!

für sich, mit Beben

O der Doktor!
Weh mir Armen!

bittend

Schon morgen, Teure,
Schon morgen! Ja, ewig, ewig wirst du's bereun!
Nur bitterm Grame - eilst du entgegen,
Ach, ewig wirst du es bereun!

GIANETTA
für sich
Ei, seht doch an! Ei, wie vermessen!
Er kann den Abstand so sehr vergessen!
Er schickt sich an, den Kampf zu wagen,
Mit Belcore lässt er sich ein!

CHOR
unter sich
Ei, seht doch nur an, ei, wie vermessen!
Er kann den Abstand so sehr vergessen!
Ei, seht doch, ei, seht doch, ei, seht doch nur an!

GIANETTA UND CHOR
Ei, sehet doch den Gecken an,
Den armen übermüt'gen Toren!

NEMORINO
zu Adina
Ach, einen Tag nur, lass dich bewegen! -
Ach, ewig wirst du es bereun,
Wirst es bereun, wirst es bereun!

BELCORE
zu Nemorino
Dank es dem Himmel und seinem Walten,
Dass ich für trunken und für närrisch dich gehalten!
Doch jetzt pack' dich! Zeigst du noch ferner
Dich meinem Blick, dann, toller Schwätzer,
Kannst du dich freun, kannst du dich freun -

ADINA
für sich
Für sein Betragen werd' ich mich rächen,
Ja, zu meinen Füssen soll er es bereun,
Soll er's bereun, soll er's bereun!

GIANETTA
für sich
Er schickt sich an, den Kampf zu wagen!
Mit Belcore lässt er sich ein! Seht doch an!
Gewiss, ihm möcht' es wohl behagen,
Liess sich Adina von ihm frein,
Von ihm frein, von ihm sich frein!

CHOR
unter sich
Ei, sehet doch den Gecken an,
Den armen übermüt'gen Toren!
Er schickt sich an, den Kampf zu wagen,
Mit Belcore lässt er sich ein!
Gewiss, ihm möcht' es wohl behagen,
Liess sich Adina von ihm frein,
Von ihm sich frein, von ihm sich frein!

BELCORE
Kannst, toller Schwätzer, du dich freun! -

ADINA
entschlossen
Nun kommt, Belcore! -

lachend

Schickt schnell zum Notare!

NEMORINO
verzweifelt für sich
Herr Doktor! Erbarmen!
Gib Rettung mir Armen!

BELCORE, GIANETTA UND CHOR
Wahrhaftig, 's ist Narrheit!

NEMORINO
wie vorher
Herr Doktor! Herr Doktor!

ADINA
für sich
Dir wird nun dein Lohn!

NEMORINO
wie vorher
Herr Doktor! Herr Doktor!

BELCORE, GIANETTA UND CHOR
Wahrhaftig, 's ist Narrheit!

ADINA
für sich
Dir wird nun dein Lohn! -

lachend zu den Anwesenden

Beim fröhlichen Feste -
Seid all meine Gäste!

BELCORE
übermütig
Ich lad' euch, ihr Mädchen,
Zum Tanz und zum Schmaus!

GIANETTA UND CHOR
Ein Schmaus und ein Tänzchen, Wer schlüge das aus?

NEMORINO
wie vorher
Herr Doktor, zu Hilfe!
Herr Doktor, kommt zu Hilfe mir!

ADINA
heiter
Beim fröhlichen Feste
Seid all ihr meine Gäste! -
Ja, zum Schmause!

GIANETTA UND CHOR
Wer schlüge das aus? Wer schlüge das aus?
Ein Schmaus und ein Tänzchen,
Wer schlüge das aus!

BELCORE
wie vorher
Zum Tanz und zum Schmause!

ADINA
nach Nemorino hin, für sich
Dir wird dein Lohn!

NEMORINO
wie vorher
Ich sehe die Menge mich spottend umringen,
Die Brust wird mir enge, das Herz will zerspringen,
Es schwand mir der Hoffnung erquickendes Licht!
Herr Doktor, zu Hilf', verlasst mich doch nicht! -
Ja - ja - lacht nicht!
Ach, Herr Doktor, zu Hilfe, verlasst mich doch nicht!

BELCORE, ADINA UND CHOR
wie vorher
Lasst muntre Gesänge voll Jubel erklingen,
Im bunten Gedränge uns tanzend umschlingen,
Wir dulden beim Feste kein trübes Gesicht!
Drum lacht dieses Thoren und schonet ihn nicht!
Lasst muntre Gesänge voll Jubel erklingen,
Im bunten Gedränge uns tanzend umschlingen,
Wir dulden beim Feste kein trübes Gesicht!

GIANETTA
wie vorher
Lasst muntre Gesänge voll Jubel erklingen,
Im bunten Gedränge uns tanzend umschlingen,
Wir dulden beim Feste kein trübes Gesicht!
Sie lacht seiner Torheit und schonet ihn nicht!
Lasst muntre Gesänge voll Jubel erklingen,
Im bunten Gedränge uns tanzend umschlingen,
Wir dulden beim Feste kein trübes Gesicht.

NEMORINO
wie vorher
Ich sehe die Menge mich spottend umringen,
Die Brust wird mir enge, das Herz will zerspringen,
Es schwand mir der Hoffnung erquickendes Licht!
Herr Doktor, zu Hilf', verlasst mich doch nicht!
Herr Doktor! Herr Doktor! Erbarmen! Zu Hilf'!
Ach, Herr Doktor, zu Hilf'! Ach, Herr Doktor, zu Hilf'!
Herr Doktor, kommt, o kommt doch, kommt!
Zu Hilf'! Zu Hilf'! Zu Hilf'! Zu Hilf'!

BELCORE, ADINA UND CHOR
wie vorher
Lasst muntre Gesänge voll Jubel erklingen,
Im bunten Gedränge uns tanzend umschlingen,
Wir dulden beim Feste kein trübes Gesicht!
Drum lacht dieses Toren und schonet ihn nicht!
Hahahahahaha! Hahahahahaha! Ha, ha, ha, ha, ha, ha, ha, ha!
Nun lasst uns gehn! Nun lasst uns gehn!

GIANETTA
wie vorher
Lasst muntre Gesänge voll Jubel erklingen,
Im bunten Gedränge uns tanzend umschlingen,
Wir dulden beim Feste kein trübes Gesicht!
Sie lacht seiner Torheit und schonet ihn nicht!
Nun lasst uns gehn! Nun lasst uns gehn!
Adina gibt Belcore den Arm, Belcore führt sie an Nemorino vorüber. Adina und Belcore betrachten Nemorino dabei mit spöttischem Lachen und gehen ab nach links in den Pachthof. Nemorino will ihnen in höchster Erregung ergrimmt nacheilen. Die Soldaten halten ihn zurück. Gianetta sucht ihn zu beruhigen.
Nemorino stösst sie zurück und beginnt plötzlich in höchster Leidenschaft zu lachen und zu tanzen.
Die Anderen werden davon ergriffen und lachen mit. Gianetta wendet sich schluchzend ab.


ZWEITER AKT

Nr. 13 - Introduktion und Chor

Dorfgegend, Wald, Getreidefelder, Berge

Innerer Hof von Adinas Pachtgut mit Aussicht ins Freie auf Wald, Getreidefelder und Berge. Eingangstor links Mitte. Rechts von dem Eingangstor Musikantentribüne. Rechts der Eingang in das Pachthaus. Links Wirtschaftsgebäude. Tische, festlich geschmückt, mit Wein, Blumen und Speisen besetzt und von Stühlen umstellt. Schattige Bäume. Es ist Tag.

ERSTER AUFTRITT
Doktor Dulcamara, Gianetta, Adina, Sergeant Belcore essen und trinken am Tisch rechts mit Wäscherinnen, Bauern und Bäuerinnen. An den Tischen in der Mitte und links essen und trinken Soldaten, Bauern und Bäuerinnen und stehen essend und trinkend im Hintergrunde. Auf der Tribüne rechts vom Eingangstor Musikanten.

DULCAMARA, BELCORE, GIANETTA UND CHOR
Nun singet und trinkt!
Ja, singt, ja, singt und trinkt!
Bei frohem Rundgesange
Lasst Braut und Bräut'gam leben!
Sie mögen sich noch lange
Des schönsten Glücks erfreun!

BELCORE
Das Lob des Weins, der Liebe
Will laut ich stets verkünden,
Denn Gram und Kummer schwinden
Bei Liebe und bei Wein!
Das Lob des Weins, der Liebe
Will laut ich stets verkünden,
Denn Gram und Kummer schwinden
Bei Liebe und bei Wein!

DULCAMARA UND CHOR
Nun singt - ja, singt - ja, singt - ja, singt!

ADINA
für sich
Warum muss Nemorino
Jetzt nicht zugegen sein!

DULCAMARA, BELCORE, GIANETTA UND CHOR
Bei frohem Rundgesange
Lasst Braut und Bräut'gam leben!
Sie mögen sich noch lange
Des schönsten Glücks erfreun!
Des schönsten, des schönsten Glücks erfreun!
Sie mögen sich noch lange
Des schönsten Glücks erfreun,
Des schönsten, des schönsten Glücks erfreun!
Des Glücks, des schönsten Glücks erfreun!

Dulcamara der inzwischen tüchtig gegessen und getrunken hat, wischt sich den Mund und steht auf

Nr. 14 - Rezitativ und Barkarole

DULCAMARA
Ihr liebet den Gesang;
Auch ich kann damit dienen!
Es ist noch gar nicht lang'
Ein Lied bei uns erschienen!
Gern will ich's produzieren,
Ich weiss, es wird euch freun!
zu Adina gewendet
Will, mich zu sekundieren,
Die Braut so gütig sein?

CHOR
steht auf und horcht erwartungsvoll auf Dulcamara
O lasst das Lied uns hören,
Es soll uns Freud' gewähren;
Wenn solch ein Mann es lobet,
Dann muss es herrlich sein!

Alle Übrigen stehen auf

DULCAMARA
zieht zwei Büchelchen aus der Tasche, gibt eines mit Grazie und schmachtenden Blicken Adina; sprechend
Das Theater stellt eine wüste menschenleere Insel dar, auf welcher eine Rosenlaube befindlich. Der Senator Dreizack, ein Hypochonder und Podagrist, lernt dort auf der Promenade, bei einigen dreissig Grad Wärme, eine soeben durch einen zu erwartenden Sturm ans Land geworfene Schifferin kennen und bietet ihr sein Herz und seine Hand an. Es ist anbrechender Morgen und die Sonne wirft soeben ihren letzten Strahl aus Westen auf jenen unglücklich Liebenden. Den Ton ändernd. Dieses Intermezzo hat auf allen Bühnen Italiens Furore gemacht und ist unter dem so bezeichnenden Titel: "Nina, die schöne Schifferin und der Senator Dreizack" allgemein bekannt.
Er singt
Barkarole für zwei Stimmen.
den Anwesenden zuwinkend
Seid stille!

Er tritt in die Mitte. Adina zu seiner Rechten stehend, nimmt das Büchelchen, sieht hinein und gibt, mit dem Kopfe nickend und lächelnd, ihre Zustimmung, mitsingen zu wollen. Dulcamara führt Belcore an einen Tisch links.
Belcore setzt sich dort.


DULCAMARA
ordnet seine Zuhörer in einem Halbkreis und spricht bei der Fermate
Ruhe! Erste Stanze!
Dann singt er, agiert mit komischem Liebespathos gegen Adina und sieht dann und wann in sein Büchelchen

Barkarole

DULCAMARA
Holdes Kind, willst du mich haben,
Du bist schön und ich bin reich!
Tauschen wir nun unsre Gaben,
Dann sind wir einander gleich!

ADINA
begleitet ihren Gesang mit Gesten wie Dulcamara
Ein Senator, welche Ehre!
Will ein Schiffermädchen frein?
Doch der Mann, den ich begehre,
Muss von meinesgleichen sein!

Sie wendet sich ironisch lächelnd von ihm ab

DULCAMARA
begeistert
Süsses Kind, entschliesse dich,
Komm, o komm, beglücke mich!

ADINA
demütig
Excellenza irren sich,
Kein Senator passt für mich!

CHOR
sehr stark
Bravo, bra -

Sie klatschen in die Hände

DULCAMARA
schreiend unterbrechend
Silentium! Stille! -
Er spricht wieder bei der Fermate
Zweite Stanze!
Dann singt er wieder wie vorher
O du Schönste aller Schönen,
Lass die Liebe, nimm mein Gold,
Stille dieses heisse Sehnen,
Sei mir nur ein wenig hold!

ADINA
mit Gebärden wie Dulcamara
Ein Senator, welche Ehre!
Will ein Schiffermädchen frein?
Nur Zanetto ich begehre,
Er nur kann mein Schätzchen sein!

DULCAMARA
kniet in feuriger Begeisterung vor ihr
Süsses Kind, entschliesse dich,
Komm, o komm, beglücke mich!

ADINA
hebt ihn schüchtern empor
Excellenza irren sich,
Kein Senator passt für mich!

CHOR
laut jubelnd, wobei einige Dulcamara umarmen
Bravo, bravo, Dulcamara,
Herrlich ist die Barkarole!
Keinen Sänger kann es geben,
Der wie Ihr in aller Gunst!

DULCAMARA
stolz und aufgeblasen
Ja, der Doktor Dulcamara
Ist Professor jeder Kunst!

DULCAMARA UND CHOR
Ja, der Doktor Dulcamara
Ist Professor jeder Kunst!

ADINA, DULCAMARA UND CHOR
Ist Professor jeder Kunst,
Ja, jeder Kunst!

Dulcamara erbittet sich von Adina das Büchelchen zurück und steckt beide Büchelchen wieder ein.
Der Notar kommt mit dem Ehekontrakt in einer Mappe von links durch das Eingangsthor links Mitte



ZWEITER AUFTRITT
Die Vorigen. Der Notar

Belcore steht auf. Notar nimmt die Mitte und begrüsst das Paar mit einer tiefen Verneigung.
Adina geht ihm entgegen, steht zu seiner Linken und erwidert seinen Gruss mit zurückhaltender verlegener Freundlichkeit.



Nr. 15 - Rezitativ und Duett

BELCORE
singt, ohne Pause fortfahrend, laut
Doch stille! Der Herr Notarius!
für sich
Bald ist mein Glück gegründet,
Adina wird nun mein!

CHOR
zum Notar
Seid uns gegrüsset!

DULCAMARA
tritt dem Notar zur Rechten, ihn verbindlich begrüssend
Willkommen! Freundlich gegrüsset
Seist du auch mir!
Du Hymens und Amors
Special!

ADINA
tritt hinter Belcore weg auf die linke Ecke
Schon ist hier der Notar!
verlegen sich umsehend, betrübt für sich
Doch Nemorino kommt noch nicht.

BELCORE
zu Adina
O Teure, lass uns gehen!
frappiert
Doch ach, was muss ich sehen?
So trüb' ist meine Sonne?

ADINA
entschlossen, laut
's geht vorüber!
ärgerlich für sich
Er ist nicht hier zu meiner
Rache Wonne.

BELCORE
zärtlich zu Adina
O komm, lass uns nicht weilen,
Zum Eh'kontrakt zu eilen!

Belcore und Adina nehmen den Notar in die Mitte und geleiten ihn nach rechts in das Pachthaus.
Gianetta, die Landleute, Soldaten und Musikanten wenden sich nach links Mitte unter dem folgenden Chor aus Nr. 13 zum Abgang.


CHOR
Bei frohem Rundgesange
Lasst Braut und Bräut'gam leben!
Sie mögen sich noch lange
Des schönsten Glücks erfreun!
Des schönsten, des schönsten Glücks erfreun!
Des Glücks, des schönsten Glücks erfreun!

Sie verschwinden nach links Mitte

Bauernbursche tragen den Mitteltisch, die Tische links und deren Stühle nach rechts und links hinweg. Der grosse Tisch rechts mit seinen Stühlen und ein Tisch links mit zwei Stühlen bleiben, nachdem sie vorher abgeräumt worden sind, stehen. Dulcamara nahm schon vorher eine Flasche und ein Glas, empfiehlt sich Adina und den übrigen, setzt sich dann an den Tisch links, schenkt sich ein und trinkt.

Rezitativ

DULCAMARA
singt
Die Freuden der Verlobung
Und ihre Festlichkeiten sind angenehm.
Doch besser noch gefallen mir
Die Klänge, die zur Tafel erschallen.

Nemorino kommt gedankenvoll, mit untergeschlagenen Armen von links durch das Eingangstor links Mitte


DRITTER AUFTRITT
Dulcamara, Nemorino zu seiner Linken

NEMORINO
sieht nach der Tür rechts
Den Notar sah ich, ja, den Notar!
Ach, dahin ist alle Hoffnung,
Verachtet mein Herz.

Er bemerkt Dulcamara nicht

DULCAMARA
singend und trinkend, ohne Nemorino zu sehen, gleichsam die früheren Verse wiederholend
O du Schönste aller Schönen,
Sei mir nur ein bisschen hold.

NEMORINO
erschrickt, sieht sich um
Ihr hier, Herr Doktor?

DULCAMARA
steht auf
Zur Tafel hat mich geladen
Die schöne Braut.

NEMORINO
in grosser Erregung, laut vor sich hin
Doch ich - bin in Verzweiflung,
Bin ausser mir!
Weh' mir, ich bin verloren!
Die mein Herz sich hat erkoren,
Heute noch muss sie mich lieben! -

DULCAMARA
kopfschüttelnd für sich
Er ist närrisch!

laut zu ihm

Nimm das Elixir,
Dann ist's um sie geschehen.

NEMORINO
schwer atmend, rasch
Lieber Herr Doktor, noch eine Flasche!

DULCAMARA
Von Herzen gern! mich freut es,
Bedrängten beizustehen.

gierig

Doch hast du Geld?

NEMORINO
mit dem Kopf verneinend, ihn starr anblickend
Gar keines mehr!

DULCAMARA
ironisch verächtlich.
Mein Guter, so komme schnell zu mir,
Wenn du was hast.
Im Gasthaus wirst du mich finden;
Nun lebe wohl!
Lass nicht die Zeit unnütz entschwinden!

Er trinkt aus und geht lachend mit seiner Flasche und seinem Glas ab nach rechts in das Pachthaus

NEMORINO
Wehe mir Armen!

Er setzt sich an den Tisch links und stützt den Kopf verdriesslich in die Hand

Sergeant Belcore kommt gestikulierend von rechts aus dem Pachthaus, schüttelt den Kopf und sieht, ohne Nemorino zu bemerken, nach dem Hause zurück


VIERTER AUFTRITT
Belcore, Nemorino zu seiner Linken

Rezitativ

BELCORE
für sich
Der Weiber bunte Launen,
Ach, wer kann sie ergründen?
Adina liebt mich,
Will mit mir sich verbinden.
Doch erst diesen Abend
Will sie unterzeichnen.

NEMORINO
erblickt Belcore
Ha, mein Rival!

Er fasst sich wütend am Kopfe

Könnt' ich mit eignen Händen mich vernichten!

BELCORE
für sich
Zum Henker!
Welche Wut ergreift den Armen?

Er geht auf Nemorino zu, ihn anschreiend

He! holla! he, guter Freund,
Sag' an, was dich so quälet?

NEMORINO
verdriesslich
Ich muss verzweifeln, weil ich -
Weil's mir an Gelde fehlet,
Und niemand kann mir helfen.

BELCORE
ironisch lächelnd
Ei, sei nicht töricht!
Ist es dies nur allein?

gewichtig und flott

Werde Soldat und zwanzig Thaler sind dein!

Duett

NEMORINO
schnellt erfreut empor
Zwanzig Thaler?

BELCORE
bejahend
In blankem Golde!

NEMORINO
Wann denn? Noch heute?

BELCORE
Auf der Stelle!

NEMORINO
für sich
Ha! Was tu' ich?

BELCORE
Und mit dem Solde
Ruhm und Ehr' im Regimente!

NEMORINO
Ach! Nicht Ruhm kann mich verführen,
Gerne leist' ich drauf Verzicht!

BELCORE
Ist es Liebe? In den Quartieren
Fehlt's an schmucken Mädchen nicht!
Nein, nein, nein, nein, nein!
An schmucken Mädchen fehlt es nicht!

NEMORINO
Ach nein!

für sich

Ach nein! Ah! -
Blut'ger Kämpfe wildem Grauen
Soll ich nun entgegenziehen?

BELCORE
ihn lockend
Zwanzig Thaler!

NEMORINO
für sich
Meiner Heimat Blumenauen,
Freund und Oheim soll ich fliehen!

BELCORE
wie vorher
In blankem Golde!

NEMORINO
wie vorher
Doch ich weiss auf andern Wegen
Nicht ihr Mitleid zu erregen,
Ach, vielleicht wird sie erbeben,
Ja, wird mein Schicksal ihr bekannt!

BELCORE
Bei der Trommel lautem Schalle
Gibt uns Liebe das Geleite;
Flinke Marketenderinnen
Ziehen schäkernd uns zur Seite!

NEMORINO
für sich
Gerne wag' ich selbst mein Leben!

BELCORE
fröhlich
Mädchen finden sich die Menge,
Sind mit Helden nicht zu strenge;
Flehen, Seufzen, Schmachten, Beben
Ist uns Kriegern nicht bekannt!

NEMORINO
für sich
Winkt am Ziel Adinas Hand!

BELCORE
lockend, munter, fast tanzend
Glaube mir, das schönste Leben
Bietet der Soldatenstand!
Flehen, Seufzen, Schmachten, Beben
Ist uns Kriegern nicht bekannt!
Glaube mir, das schönste Leben
Bietet der Soldatenstand!

NEMORINO
für sich
Gerne wag' ich selbst mein Leben,
Ja, winkt am Ziel mir Adinas Hand!

BELCORE
wie vorher
Ja, glaube mir!

NEMORINO
für sich
Gern wag' ich -

BELCORE
wie vorher
Ja, glaube mir!

NEMORINO
für sich
Mein Leben -

BELCORE
wie vorher
Das schönste Leben -

NEMORINO
für sich
Winkt mir Adinas Hand!

BELCORE
wie vorher
Bietet der Soldatenstand, Ja, glaube mir!

NEMORINO
für sich
Gern wag ich -

BELCORE
wie vorher
Ja, glaube mir!

NEMORINO
für sich
Mein Leben!

BELCORE
wie vorher
Das schönste Leben -

NEMORINO
für sich
Winkt mir Adinas Hand -

BELCORE
wie vorher
Bietet der Soldatenstand!
Ja, glaube mir, das schönste Leben
Bietet der Soldatenstand! Ja, unser Stand! -

NEMORINO
für sich
Adinas Hand! Adinas Hand!
Winkt mir am Ziel Adinas Hand! -

rasch zu Belcore

Zwanzig Thaler!

BELCORE
zieht eine Börse hervor und öffnet sie schnell
Auf der Stelle!

NEMORINO
Wohlan! - Hurtig! - Her das Handgeld

BELCORE
tritt an Nemorino vorüber hinter den Tisch links, legt das Geld auf den Tisch und drückt die Hand darauf
Nicht so hitzig! - Nur gelassen!
Unterschreib' erst dies Papier!

Er legt Nemorino eine Schrift vor, die er nebst einem Stift hervorzieht, zeigt auf die Stelle und spricht bei der Fermate

Hierher den Namen oder drei Kreuze!

NEMORINO
spricht fragend
Hierher?

Belcore bejaht

NEMORINO
seufzend sprechend
Es sei!

Er unterschreibt und streicht dann rasch das Geld ein; für sich, singend

Dulcamara!
Ja, eilig bin ich bei dir!
Ja, eilig bin ich bei dir, bei dir!

Er will forteilen

BELCORE
hat zufrieden nickend die Schrift und den Stift eingesteckt, hält Nemorino zurück
Brav, mein Junge, eingeschlagen!

Es geschieht

Du gefällst mir, bin zufrieden!
Wirst du tapfer dich betragen,
Ist dir Ehr' und Glück beschieden!
Bald hast du den Streif erworben,
Wenn mein Beispiel dich belehrt. Ja!

für sich

Den Rival hab' ich geworben,
Das allein ist schon viel wert!

NEMORINO
Wüsstet Ihr, nach welchem Ziele
Ich bei diesem Schritt gerungen:
Kenntet Ihr nur die Gefühle,
Die so heiss mein Herz durchdrungen!

für sich

Wie dies Geld mir reich soll lohnen,
Ach, das weiss nur ich allein!
Es ist mehr als Millionen,
Glückt es mir, geliebt zu sein!

BELCORE
Mädchen finden sich die Menge,
Sind mit Helden nicht so strenge;
Flehen, Schmachten, Seufzen, Beben
Ist uns Kriegern nicht bekannt!
Wenn wir in die Stadt marschieren,
Winkt manch' reizendes Gesicht!

NEMORINO
Kenntet Ihr nur die Gefühle,
Die so heiss mein Herz durchdrungen!

BELCORE
Glaube mir, in den Quartieren
Fehlt's an schmucken Mädchen nicht!

NEMORINO
Ja, wie dies Geld mir reich soll lohnen,
Davon weiss nur ich allein.

BELCORE
Ja, glaube mir, in den Quartieren
Fehlt's an schmucken Mädchen nicht!
Brav, mein Junge, eingeschlagen!

es geschieht

Du gefällst mir, bin zufrieden!
Wirst du tapfer dich betragen,
Ist dir Ehr' und Glück beschieden!
Bald hast du den Streif erworben -

NEMORINO
Ah, du weisst nicht -

BELCORE
Wenn mein Beispiel dich belehrt!

NEMORINO
Ach ja!

für sich

Wie dies Gold soll reich mir lohnen,
Ach, das weiss nur ich allein!
Es ist mehr als Millionen,
Glückt es mir, geliebt zu sein!

BELCORE
für sich
Den Rival hab' ich geworben,
Das allein ist schon viel wert!

NEMORINO
für sich
Ja, glückt es mir, geliebt zu sein,
Geliebt zu sein!

BELCORE
laut
Als Krieger wirst geliebt du sein,
Geliebt du sein!

Beide gehen Arm in Arm nach hinten; am Eingangstor trennen sie sich

Belcore geht lachend ab nach rechts in das Pachthaus. Nemorino wendet sich durch das Eingangstor links Mitte nach rechts hinten. Gianetta kommt in eifriger Unterhaltung mit vielen jungen Bauernmädchen von links hinten durch das Eingangstor links Mitte.


FÜNFTER AUFTRITT
Gianetta, Bauernmädchen um sie herum

Nr. 16 - Chor

MÄDCHEN
Sollt' das wohl möglich sein?

GIANETTA
Wie ich euch sage.

MÄDCHEN
Ich kann's nicht glauben!

GIANETTA
Ihr dürft es glauben!

MÄDCHEN
Doch sprich, erzähl'! Woher die Nachricht?

GIANETTA
Stille!

MÄDCHEN
Wer dir es sagte, erzähl' und sprich!

GIANETTA
den Finger auf dem Mund
So sprecht doch leise nur!
Schweigt vor den Leuten!
Noch darf die Sache man
Nicht laut verbreiten,
Denn unserm Krämer
Kam es zu Ohren,
Der im Vertrauen es mir gesagt.

MÄDCHEN
Wie, unser Krämer hat dir's gesagt?
Dann ist's gewiss auch wahr,
Ich bürg' dafür.

ALLE
Dann ist's gewiss auch wahr!
Leise!
Ich bürg' dafür, ich bürg' dafür!
Stille!

GIANETTA
geheimnisvoll
Er raunte vorhin mir sacht ins Ohr,
Dass Nemorino den Oheim verlor.
Gestern schon nahm ihn der Tod aus der Welt
Und es erbt der Neffe
Unmenschlich viel Geld.
Bewegung
Doch dass mir keine es weiter erzählt!
Doch dass mir keine -

MÄDCHEN
Wir schweigen still!

GIANETTA
Es weiter erzählt!

MÄDCHEN
Wir schweigen still vor aller Welt,
Vor aller Welt!

GIANETTA
Stille!

MÄDCHEN
Stille! -

ALLE
unter sich
Nun kann er sich im Golde vergraben,
Kann seine eigene Wirtschaft haben;
Jetzt wagt kein Mädchen, ihn auszuschlagen,
Und die er nimmt, kann vom Glücke sagen!

GIANETTA
Doch stille, leise! stille, leise!

MÄDCHEN
Doch dass es keine weiter erzählt,
Stille, nur stille vor aller Welt!

ALLE
Stille! leise! stille vor aller Welt! stille!
Nun kann er sich im Golde vergraben,
Kann seine eigene Wirtschaft haben;
Jetzt wagt kein Mädchen, ihn auszuschlagen,
Und die er nimmt, kann vom Glücke sagen!
Doch dass es keine weiter erzählt,
Stille, nur stille vor aller Welt!

Nemorino kommt von rechts hinten durch das Eingangstor links Mitte


SECHSTER AUFTRITT
Gianetta und die Mädchen. Nemorino

Alle Mädchen ziehen sich, sowie sie Nemorinos ansichtig werden, nach rechts hinten.
Nemorino nur mit sich beschäftigt, bemerkt sie nicht.


Nr. 17 - Quartett mit Chor

NEMORINO
für sich
Wahrlich, von diesem Wundertrank
Hab' reichlich ich genossen!
Wie es der Doktor versprochen,
Sind alle Mädchen mein, ja!
Alle Mädchen mein!
Mein Busen atmet freier,
Die Hoffnung kehret wieder;
Mein Herz ergreift ein Feuer,
Wie ich's noch nie empfand!

GIANETTA
für sich
Noch kennt er nicht sein volles Glück,
Leicht wird er mein nun sein!

MÄDCHEN
unter sich
Er ist so blöd, voll Schüchternheit,
Noch ist ihm nichts bekannt!

NEMORINO
wendet sich nach rechts zum Pachthof
Nur Mut!

GIANETTA
tritt ihm mit einem Knicks grüssend entgegen
Ergebne Dienerin!

Mädchen knicksen mit Gianetta

NEMORINO
fragend
Gianetta!

ALLE MÄDCHEN
freundlich knicksend
Ergebne Dienerin, ergebne Dienerin!

NEMORINO
verwundert für sich
Ei, was wollen diese Mädchen?

GIANETTA
für sich, kokettierend
Er ist ein schöner Junge!

NEMORINO
für sich
Ei, was soll's?

MÄDCHEN
unter sich
Er ist ein schöner Junge!

NEMORINO
für sich
Ei, was soll's?

GIANETTA
für sich
Er ist, das muss man sagen -

NEMORINO
für sich
Ach - ich merke -

MÄDCHEN
unter sich
Er ist, das muss man sagen -

GIANETTA
stets für sich
Ein art'ger junger Mann -

NEMORINO
stets für sich
Des Doktors Wundertrank -

MÄDCHEN
stets unter sich
Ein art'ger junger Mann!

GIANETTA
Er weiss sich zu betragen,
Man sieht ihn gerne an!

NEMORINO
fröhlich und erstaunt
Fängt schon zu wirken an!

MÄDCHEN
umgeben ihn, drängen eine um die andere vor
Er weiss sich zu betragen,
Man sieht ihn gerne an!

GIANETTA
Er ist, das muss man sagen -

NEMORINO
Es kommt schon! es kommt schon!

MÄDCHEN
Er ist, das muss man sagen -

GIANETTA
Ein art'ger junger Mann!

NEMORINO
Es fängt zu wirken an!

MÄDCHEN
Ein art'ger junger Mann!

GIANETTA
Er weiss sich zu betragen -

NEMORINO
Es kommt schon! es kommt schon!

MÄDCHEN
Er weiss sich zu betragen!

GIANETTA
Man sieht ihn gerne an!

NEMORINO
Es fängt zu wirken an!

MÄDCHEN
Man sieht ihn gerne an!

GIANETTA
Ein art'ger junger Mann!

NEMORINO
Ja!

MÄDCHEN
Ein art'ger junger Mann!

GIANETTA
Ein art'ger junger Mann,
Man sieht ihn gerne an!

NEMORINO
Des Doktors Wundertrank fängt schon an,
Fängt zu wirken schon an!
Hahahahaha!

MÄDCHEN
Ein art'ger junger Mann,
Man sieht ihn gerne an! -

Doktor Dulcamara kommt, schon ganz reisefertig, von rechts aus dem Pachthaus.Sergeant Belcore und Adina folgen ihm.


SIEBENTER AUFTRITT
Die Vorigen. Dulcamara. Belcore. Adina

Belcore übergibt im Heraustreten Adina Nemorinos Verschreibung und geht dann ab durch das Eingangstor links Mitte nach links hinten


ACHTER AUFTRITT
Die Vorigen ohne Belcore

GIANETTA UND MÄDCHEN
umschmeicheln Nemorino wie vorher
Ihn gerne an!

NEMORINO
wie vorher
Hahahahahahaha!

DULCAMARA UND ADINA
ganz verwundert, unter sich
Was seh' ich?

NEMORINO
wie vorher
Welch Entzücken!
Er sieht Dulcamara, laut
Lasst mich ans Herz Euch drücken!
Der Trank, wie Ihr versprochen,
Flösst allen Liebe ein!

ADINA
erstaunt, für sich
Was hör' ich?

DULCAMARA
ungläubig pfiffig
So darf ich's glauben?
Er tritt zwischen Gianetta und Nemorino; zu den Mädchen, nach Nemorino hinweisend
Er gefällt euch?

GIANETTA UND DIE MÄDCHEN
Ihr könnt noch fragen?
Es könnte sein Betragen
Nicht liebenswürd'ger sein!

GIANETTA
wie vorher; für sich
Den lieben schmucken Jungen -
Lass ich mir nicht entgehen!
Was andern schon gelungen,
Wird mir so schwer nicht sein!

DULCAMARA
wie vorher; für sich
Ist's möglich, was ich höre?
lachend
Nach allem, was geschehen,
Muss ich doch wohl auf Ehre
Ein Wunderdoktor sein!

Er tritt zwischen Nemorino und Adina

NEMORINO
wie vorher; für sich
Ach! könnt' ich sie verkünden,
Die Lust, die mich durchdrungen!
Wenn alle Lieb' empfinden,
Ist auch ihr Herz wohl mein!

ADINA
erstaunt und eifersüchtig, für sich
Statt trostlos ihn zu finden,
Muss ich ihn heiter sehen!
Von neuem ihn zu binden,
Wird dies wohl möglich sein?

ALLE MÄDCHEN
für sich
Den lieben schmucken Jungen
Lass ich mir nicht entgehen!
Was andern schon gelungen,
Wird mir so schwer doch nicht sein!

GIANETTA
Nun lasst uns alle zum Tanze gehen!
zärtlich zu Nemorino
Werdet Ihr kommen?

NEMORINO
sieht heimlich nach Adina, tut aber, als beachte er sie nicht; zärtlich zu Gianetta und den anderen Mädchen
Ich werde sehen!

ALLE MÄDCHEN
drängen sich an Nemorino
Ihr werdet doch tanzen?

GIANETTA
Mit mir?

NEMORINO
wie vorher
Ja!

DIE ANDERN MÄDCHEN
Gianetta wegdrängend
Mit mir?

NEMORINO
wie vorher
Ja!

GIANETTA
sich vordrängend
Ich bin die erste!

DIE ANDERN MÄDCHEN
Nein, ich! nein, ich!

GIANETTA
wie vorher
Mir ist's versprochen!

NEMORINO
wie vorher
Ei, seht doch! ei, seht doch!

GIANETTA
will ihn fortziehen
So komm doch!

NEMORINO
macht sich los
Sachte!

DIE ANDERN MÄDCHEN
ihn bedrängend
Entscheidet!

NEMORINO
wie vorher
Nur stille!
zu Gianetta
Du bist die erste!
zu den andern
Dann du, dann du!

DULCAMARA
für sich, nach Nemorino gewendet
Dass Gott erbarme, er liebt sie alle!
Mag's wohl bekommen, tanz' du nur zu!
Tanz' du nur zu, tanz' du nur zu!

ADINA
tritt zwischen Nemorino und Dulcamara; zu Nemorino, ihn bewegt an der Hand fassend
He, Nemorino!

NEMORINO
beglückt für sich
Ha, auch Adina!

DULCAMARA
erschreckt ausrufend
Der tanzt mit allen!

ADINA
Nur auf zwei Worte:
Ein kleines Sümmchen kann dich verführen,
Dich als Soldaten zu engagieren?

GIANETTA UND DIE MÄDCHEN
erschrocken, laut
O Himmel! zum Soldaten?

ADINA
Nemorino fester fassend
Das war ein Fehler!
Ich spräche gerne deshalb mit dir!

NEMORINO
sieht sie erwartungsvoll und schmachtend an
Ei, ei, so rede! ei, ei, so rede!

GIANETTA UND DIE MÄDCHEN
Nemorino bedrängend
Nur fort, zum Tanz, zum Tanz, zum Tanze!

NEMORINO
zu Adina
Gleich nach dem Tanze
Siehst du mich hier! - Sogleich! - Sogleich!

Er wendet sich zum Gehen

ADINA
ihn zurückhaltend
Ach, höre! ach, höre!

DULCAMARA
Ich bin ein ganzer Narr! -
Der Fall ist neu und selten! -
In welch' erhabnem Glanze
Strahlet heut' mein Elixir!

ADINA
wie vorher zu Nemorino
O höre!

NEMORINO
froh für sich
Was sie mir sagen will,
Ist leicht zu sehen,
Sie kann dem Liebestrank
Nicht widerstehen!
Ja, sie empfinde nur
Im wunden Herzen
Der Sehnsucht Schmerzen,
Der Liebe Pein!

ADINA
für sich
Ha! wie so launenvoll
Sind unsre Triebe,
Mit bittrer Reue
Rächt sich die Liebe.

NEMORINO
wie vorher, für sich
Ja, sie ertrage nun -

ADINA
stets für sich
Ihm, den ich quälte -

NEMORINO
stets für sich
Der Liebe Pein -

ADINA
Mit kaltem Hohne,
Muss ich zum Lohne -

NEMORINO
Der Liebe Pein!

ADINA
Nun Liebe weihn!
Ihm, den ich quälte
Mit kaltem Hohne,
Muss ich zum Lohne -

NEMORINO
Ja, sie ertrage nun
Der Liebe Pein!

ADINA
Nun Liebe weihn!
Muss ich zum Lohne
Liebe weihn, ja, Liebe weihn,
Ja, Liebe weihn!

NEMORINO
Ja, sie ertrage
Nun der Liebe Pein!

DULCAMARA
lächelnd für sich
Ich seh' sie alle vor Lieb' erkranken;
Nur meinem Wundertrank hat er's zu danken!
Ich werde Schätze mir noch verdienen;
Ich werde bald schon ein Krösus sein!

GIANETTA
für sich
Nach allen Männern fast vom ganzen Orte
Hat sie geangelt schon mit süssem Worte!
Mit Nemorino soll's ihr nicht gelingen,
In ihre Falle geht er nicht ein!

NEMORINO
für sich
Ja, sie empfinde nun - der Liebe Pein!
Ja, sie empfinde nun im wunden Herzen
Der Sehnsucht Schmerzen, der Liebe Pein!

ADINA
für sich
Ha, wie so launenvoll - sind unsre Triebe!
Mit bittrer Reue rächt sich die Liebe!
Ihm, den ich quälte mit kaltem Hohne,
Muss ich zum Lohne nun Liebe weihn!

MÄDCHEN
unter sich
Nach allen Männern fast vom ganzen Orte
Hat sie geangelt schon mit süssem Worte;
Mit Nemorino soll's ihr nicht gelingen,
In ihre Falle geht er nicht ein!

DULCAMARA
lächelnd für sich
Ich werde bald ein Krösus sein!

GIANETTA
für sich
Sie fühlet Pein, sie fühlet Pein,
Doch er geht nicht in ihre Falle ein!

NEMORINO
für sich
Der Liebe Pein, der Liebe Pein,
Der Sehnsucht Schmerzen, der Liebe Pein!
Ja, sie ertrage diese Pein, ja, sie ertrag' der Liebe Pein!

ADINA
für sich
Ja, Liebe weihn, ja, Liebe weihn,
Muss ich zum Lohn nun Liebe weihn!

MÄDCHEN
unter sich
Sie lockte - ihn gerne,
Doch er geht nicht in ihre Falle ein!
Er geht nicht in die Falle ein!

Gianetta und die Mädchen nehmen Nemorino in ihre Mitte und wenden sich zum Abgang. Adina sieht ihnen betrübt und aufgeregt nach. Nemorino wendet sich, bevor er geht, verstohlen nach Adina zurück, doch scherzt er mit den Mädchen und schwingt den Hut vor Freude. Gianetta und die Mädchen fassen ihn am Arm und hüpfen in ausgelassener Fröhlichkeit mit ihm fort durch das Eingangstor links Mitte nach links hinten.
Dulcamara lacht über das Possenspiel.



NEUNTER AUFTRITT
Adina, Dulcamara zu ihrer Linken
Rezitativ

Nr. 18 - Rezitativ und Duett

ADINA
schmerzlich ergriffen, singt
O wie geht er zufrieden!

DULCAMARA
stolz
Mir soll er's danken!

ADINA
ihn erstaunt betrachtend
Wie? Euch, Herr Doktor?

DULCAMARA
selbstbewusst lächelnd
Ja, mir nur!
Ich gebiete der Freude, destilliere die Lust,
Und schaffe Liebe gleich dem Rosenwasser.
Was Ihr bewundert,
Was Euch mit Staunen füllet an dem Jüngling,
Das alles ist mein Werk,
Das Werk des Doktors!

ADINA
verächtlich
Possen!

DULCAMARA
Possen, sagt Ihr? Ungläubige!
Possen? Wär' Euch bekannt nur die Gewalt
Der Alchimie, der hohe Wert des Elixirs
Der Königin Isolda!

ADINA
staunend fragend
Isolda?

Sie denkt nach, als ob sie sich ihrer Vorlesung erinnere

DULCAMARA
Isolda! Verstehe ich doch selbst,
Es zu bereiten.

ADINA
für sich
Was hör' ich?

laut

Und Nemorino? Und jenes Elixir?

DULCAMARA
Mich fragte er,
Wie Lieb' man könnt' erwecken
In einem harten Herzen.

ADINA
Er also liebte!

DULCAMARA
Und seufzte Tag und Nacht.
Vergebens war sein Hoffen!
Nur einen Tropfen von diesem Trank,
Dem herrlichen, zu kaufen,
Opfert seine Freiheit er
Und ward Soldat!

Duett

ADINA
für sich
Ach, wie grausam! Soviel Treue
Lohnt' ich mit Verachtung dir!

DULCAMARA
sie beobachtend, für sich
Ha, nun kommt sie an die Reihe!

ADINA
für sich
Wie grausam!

DULCAMARA
für sich
Not tut ihr mein Elixir!

ADINA
für sich
Wie grausam!

Dulcamara fragend

Also wirklich ist Nemorino
Hochbeglückt in seiner Liebe?

DULCAMARA
eitel
Alle Mädchen sind besessen,
Können nimmer ihn vergessen.

ADINA
ängstlich weiterfragend
Ach! Welcher Schönen konnt' es gelingen,
Seine Liebe zu erringen?

DULCAMARA
O so heiss geliebt von allen,
Wird auch keine ihm missfallen.

ADINA
für sich
Und voll edler reiner Treue -

DULCAMARA
für sich
Ja, nun kommt an sie die Reihe!

ADINA
wie vorher
Hing dies Herz einst nur an mir!

DULCAMARA
für sich
Not tut ihr mein Elixir!

laut, eitel

Alle Mädchen sind besessen,
Können nimmer ihn vergessen.

für sich

Ja, nun kommt an sie die Reihe,
Not thut ihr mein Elixir!

ADINA
für sich
Ja, voll edler reiner Treue
Hing dies Herz einst nur an mir!

DULCAMARA
O Adina! - Kannst mir vertrauen!
Nur das Köpfchen in die Höhe!
An den Mienen ist's klar zu schauen,
Dass du leidest an Herzenswehe!
Wenn du willst -

ADINA
schnell
Und was? So redet!

DULCAMARA
Helfen will ich Trotzkopf dir
Bei meinem Leben!
Ich will dir ein Mittel geben,
Das hinweg das Übel schafft.

ADINA
ihn schelmisch fixierend
Doktor, fruchtlos ist Eu'r Streben,
Denn bei mir hat's keine Kraft!

DULCAMARA
Willst du, soll kein Mann entrinnen,
Alle sollen um dich schmachten.

ADINA
Mit so vielen, was beginnen?
Nur nach einem will ich trachten!

DULCAMARA
Tausend Weiber sollst du sehen,
Die in Eifersucht vergehen!

ADINA
Ach, wie soll es mich erfreuen,
Zwietracht lieblos auszustreuen?

DULCAMARA
Einen Reichen kannst du wählen -

ADINA
Ich will lieben und nicht zählen.

DULCAMARA
Willst du Grafen, willst du Marchesen?

ADINA
Nemorino ist erlesen -

DULCAMARA
Ich will dir ein Mittel geben -

ADINA
Fruchtlos ist doch Euer Streben -

DULCAMARA
Das hinweg das Übel schafft!

ADINA
Denn bei mir hat's keine Kraft!
Nein, nein, bei mir hat's keine Kraft! Nein!

DULCAMARA
zieht einige Fläschchen hervor
Nimm doch dies - oder dies!
Ich will dir ein Mittel geben,
Das hinweg das Übel schafft!
So nimm die's hier!

ADINA
Ach nein, bei mir hat's keine Kraft!

DULCAMARA
spricht
So?
er singt weiter
Wie kannst du dich unterstehen,
Meinen Liebestrank zu schmähen?

ADINA
Euern Wundertrank in Ehren,
Doch ich kann ihn leicht entbehren;
Andre Mittel als Mixturen
Führen mir den Teuren zu!

DULCAMARA
geht an ihr vorüber nach rechts; für sich
Freund! Hier scheitern deine Kuren!
Die ist pfiffiger als du, ja! ja!

ADINA
feurig
Ein vertraulich süsses Nicken,
Und ein Wink als Liebeszeichen
Kann der Männer Sinn berücken,
Und ein Marmorherz erweichen.
Zauber liegt schon in den Blicken,
Reden Lieb' sie und Entzücken;
Nemorino kann nicht fliehen,
An mich ist er festgebannt!

auf ihr Gesicht zeigend

Das Rezept steht hier geschrieben,
Hier im Aug' ist Liebestrank!
Ein vertraulich süsses Nicken,
Und ein Wink als Liebeszeichen
Kann der Männer Sinn berücken,
Und ein sprödes Herz erweichen.
Zauber liegt schon in den Blicken,
Reden Lieb' sie und Entzücken;
Nemorino kann nicht fliehen,
An mich fest ist er gebannt!
Nein, nein, er kann mir nicht entfliehn!

DULCAMARA
für sich
Ach, ich merk' es, lose Kleine,
Deine Kunst besiegt die meine! -
Ei, die Schelmin! - Ei, die Schelmin! -
Armer Doktor! Ja, mit diesem holden Munde
Schlägst und heilst du manche Wunde,
Und ein Strahl aus deinen Blicken
Kann ein krankes Herz erquicken!
Nein, nein, man kann ihr nicht entfliehn!
Nein, nein, er kann nicht!

er spricht

Ei?

er singt weiter

Ja, ich merk' es, lose Kleine,
Deine Kunst besiegt die meine!

ADINA
Ach! Herr Doktor!

DULCAMARA
Ja, mit diesem holden Munde
Schlägst und heilst du manche Wunde!

ADINA
Ach! Herr Doktor!

DULCAMARA
Und ein Strahl von deinen Blicken
Kann ein krankes Herz erquicken!

ADINA
Zauber liegt schon in den Blicken -

DULCAMARA
Die Arznei kann's nicht erreichen,
Was durch Anmut wohl gelang;
Ja, beschämt muss ich hier weichen!

ADINA
Reden Lieb' sie und Entzücken!

DULCAMARA
Ja, beschämt muss ich hier weichen,
Besser ist ihr Liebestrank!

ADINA
auf ihr Gesicht zeigend
Das Rezept steht hier geschrieben,
Hier im Aug' ist Liebestrank!
Ein vertraulich süsses Nicken,
Und ein Wink als Liebeszeichen
Kann der Männer Sinn berücken,
Und ein Marmorherz erweichen.
Zauber liegt schon in den Blicken,
Reden Lieb' sie und Entzücken;
Nemorino kann nicht fliehen,
Fest an mich ist er gebannt!
Nein, nein, er kann mir nicht entfliehn!

DULCAMARA
Ei, die Schelmin! - Ja, ich merk' es!
Lose Kleine! Deine Kunst besiegt die meine! -
Ei, die Schelmin! - Ei, die Schelmin! -
Armer Doktor! Ja, mit diesem holden Munde
Schlägst und heilst du manche Wunde,
Und ein Strahl aus deinen Blicken
Kann ein krankes Herz erquicken!
Nein, nein, man kann ihr nicht entfliehn!

ADINA
Ja, in dem Aug' ist Liebestrank!

DULCAMARA
Ja, beschämt muss ich hier weichen,
Besser ist ihr Liebestrank!

Adina schabt abgehend Dulcamara ein Rübchen. Dulcamara droht ihr freundlich. Beide gehen ab nach rechts in das Pachthaus. Nemorino kommt von links hinten durch das Eingangstor links Mitte.


ZEHNTER AUFTRITT
Nemorino allein

Nemorino sieht mit Wehmut in den Blicken nach dem Pachthof rechts, will hinein, zögert und geht langsam in den Vordergrund

Nr. 19 - Romanze

NEMORINO
Wohl drang aus ihrem Herzen
Ein Seufzer zu mir her,
Und bei der Mädchen Scherzen
Hob ihre Brust sich schwer!
Was will mein Herz noch mehr?
Liebe, sie fühlet deine Macht,
Ja, deine Macht!
Hinge ihr Auge nur einmal
Liebend an meinem Blick;
Gäb' mir ihr Mund nur einmal
Der Liebe Wort zurück.
Ach, gäbe sie mit schmachtendem Blick
Der Liebe süss Geständnis zurück!
Mag dann der Tod mir drohn,
Ach, mir ward der schönste Lohn!

Adina ist schon etwas vorher von rechts aus dem Pachthaus erschienen. Nemorino bemerkt Adina und wendet sich anscheinend zum Gehen.


ELFTER AUFTRITT
Adina, Nemorino zu ihrer Linken

Adina ruft ihm verlegen zu. Nemorino wendet sich mit zögernden Schritten zu ihr zurück.

Rezitativ

Nr. 20 - Rezitativ, Arie und Duett

ADINA
singt
Nemorino! Warum willst du fliehen?
Was konnte dich bewegen,
Die Waffen zu ergreifen?

NEMORINO
Ich sah, es würde nimmermehr
Mein Glück hier reifen.

ADINA
Doch Nemorino, dein Leben ist mir teuer.
Was du unterschrieben,
Hab' von Belcore ich zurückerworben.

NEMORINO
froh ausrufend
Adina!
für sich
Des Trankes Kraft scheint bei ihr sich zu entfalten.

Arie

ADINA
zieht Nemorinos Vertrag hervor, den ihr vorher Belcore übergeben hat
Nimm hier! - Nimm hier!

Nemorino nimmt den Vertrag

ADINA
Ich bring' die Freiheit dir!
Bleibe im Vaterlande,
Denn des Geschickes Bande
Fesseln dich ewig noch nicht. Bleibe!
Du findest Liebe überall,
Treu wird ein Herz für dich schlagen!
Ach! Bald wird verstummen dein Klagen,
Wonne wird lachen dir.

Duett

NEMORINO
beglückt für sich
Nun wird sie reden.

ADINA
reicht ihm die Hand, als wolle sie gehen
Leb' wohl denn!

NEMORINO
sie erstaunt ansehend, hält sie zurück
Wie? Du willst scheiden?

ADINA
zögernd
Ich - ja!

NEMORINO
Nichts weiter sagst du mir?

ADINA
Nichts weiter.

NEMORINO
Wohlan!

er lässt ihre Hand los

Nimm dies Papier!

er gibt ihr den Vertrag zurück; verzweifelt

Kann Lieb' ich nicht erwerben,
Will als Soldat ich sterben;
Der Stab ist nun gebrochen,
Der Doktor trieb nur Scherz;
Will als Soldat nun sterben,
Der Doktor trieb nur Scherz.

Er will fort

ADINA
legt ihren Arm auf den seinen, sieht ihn liebevoll an; dann schlägt sie den Blick zu Boden
Nein! Wahr hat er gesprochen,
Frag' doch dein treues Herz! -
Wisse denn und höre! Wisse denn!
Du bist mir teuer!

NEMORINO
freudig ausser sich
Himmel!

ADINA
verschämt
Du bist mir teuer! Ich liebe dich, liebe dich!

NEMORINO
sie an beiden Händen fassend
Du liebst mich?

ADINA
mit gesenkten Blicken
Dich lieb' ich!

NEMORINO
entzückt
Ja?

ADINA
wie vorher
Teurer!

NEMORINO
ebenso
Ja?

ADINA
ebenso
Teurer!

NEMORINO
zitternd
O Wonne, kaum noch fass' ich dich.

ADINA
Was du um mich gelitten -

NEMORINO
wie vorher
Du liebst mich?

ADINA
Soll Liebe dir vergüten.

NEMORINO
Betrog der Doktor nicht?

ADINA
Nein!

NEMORINO
sie umfassend
O Wonne, kaum noch fass' ich dich!

ADINA
zärtlich
Glück soll fortan dir lachen, Dir lachen!

NEMORINO
freudig
O Wonne!

ADINA
sich an ihn schmiegend
Vergiss vergangne Leiden,
Erkenne meine Reue!

BEIDE
umfangen
Vergiss vergangne Leiden, ach!
Erkenne meine Reue!
Nichts soll von dir mich scheiden,
Nein! dir schwör' ich ew'ge Treue!
Ja, mein, ja, mein, du mein,
Ja, mein, ewig mein! / dein!

NEMORINO
stets wie vorher
O Wonne, kaum noch fass' ich dich!

ADINA
ebenso
Teurer!

NEMORINO
Mich betrog der Doktor nicht?

ADINA
Nein!

NEMORINO
O welche Seligkeit!

BEIDE
Vergiss vergangne Leiden, ach!
Erkenne meine Reue!
Nichts soll von dir mich scheiden,
Nein! dir schwör' ich ew'ge Treue!
Ja, mein, ja, mein, du mein,
Ja, mein, ewig mein! / dein!

ADINA
Nichts soll von dir mich scheiden,
Dir schwör' ich ew'ge Treu'!
Ja, mein sollst du sein!

NEMORINO
Der Doktor täuschte nicht!

ADINA
wie vorher
Nichts soll von dir mich scheiden,
Dir schwör' ich ew'ge Treu'! Ja!
Mein sollst du sein!
Ja, mein sollst du auf ewig sein,
Ja, mein auf ewig sein!

NEMORINO
wie vorher
O welche Seligkeit!
Ja, dein will ich auf ewig sein! -
Will dein auf ewig sein!

Beide stehen in Umarmung. Trommelwirbel links hinten in der Nähe. Sergeant Belcore marschiert mit seinen Soldaten von links hinten durch das Eingangstor links Mitte herbei. Doktor Dulcamara kommt gleich nachher von rechts hinten durch das Eingangstor; sein Mohr und sein Diener folgen ihm mit seinem Gaul und Wagen, der mit den beiden letzteren Personen vor dem Eingangstor hält. Gianetta kommt von links hinten mit Landleuten und Wäscherinnen, die ihr von rechts und links hinten durch das Eingangstor folgen.


ZWÖLFTER AUFTRITT
Gianetta. Belcore. Adina. Nemorino. Dulcamara. Soldaten. Landleute. Wäscherinnen. Der Diener. Der Mohr.

Nr. 21 - Rezitativ

BELCORE
sieht die Umarmung, eilt vor und ruft den beiden Liebenden und seinen Soldaten im Kommandoton zu
Halt!
dann zu seinen Soldaten
Front! Präsentiert!
es geschieht
erstaunt
Was seh' ich? - Vor meinem Nebenbuhler
Lass ich präsentieren?
Er spricht kommandierend
Gewehr auf Schulter! Gewehr bei Fuss! Rührt euch!
Es geschieht

ADINA
zu Belcore
Ja, ja, so ist's, Belcore!
Ohne Groll möcht' ich gerne Euch scheiden sehen!
Er wird mein Gatte!
Was geschehen -

BELCORE
entschlossen, ihr mit süsssaurem Gesicht entsagend
Ist geschehen!
Behalte ihn, du Schelmin,
Schlimmer für dich!
Noch gibt es andre Mädchen!
Viel Tausend weiss ich wohl noch aufzutreiben.

DULCAMARA
wichtig und lächelnd zu Belcore
Nur müsst Ihr fein
Beim Liebestrank verbleiben.

NEMORINO
pfiffig, indem er Dulcamara die Hand reicht
Euch, weiser Mann, hab' ich mein Glück zu danken!

CHOR
Dulcamara anstaunend
Was hör' ich?

DULCAMARA
wichtig und aufgebläht
Ja, mir! Denn wisset, dass Nemorino
Heute mit einem Male
Hier der reichste Besitzer ist geworden,
Denn sein Oheim ist gestorben!

ADINA
erstaunt
Sein Oheim tot?

NEMORINO
ebenso
Mein Oheim tot?

GIANETTA
für sich
Das wusst' ich längst.

DULCAMARA
für sich
Und auch mir war es bekannt!
laut
Doch was ihr noch nicht wisset,
Und was ihr nicht wissen könnt:
Vernehmt, dass dieser überirdische Trank
Nicht nur die Kraft hat,
Liebe zu heilen gleich auf der Stelle,
Er macht auch reich arme Teufel!

CHOR
staunend
O herrlicher Trank!

Nr. 22 - Zweites Finale

DULCAMARA
übertrieben lobpreisend
Er kurieret alle Mängel,
Sind sie gleich uns angeboren,
Macht aus Weibern pure Engel,
Wenn die Schönheit sie verloren.
Krumme, Lahme macht er gehen,
Taube hören, Blinde sehen,
Ja, er glättet jede Stelle,
Wo zuvor ein Buckel war!

Er winkt seinem Diener und Mohren

CHOR
Dulcamara bedrängend
Mir ein Fläschchen, hurtig, schnelle!
Gebt, o gebt mir gleich ein Paar!

Mohr und Diener nehmen Medikamente aus dem Wagen, verkaufen sie an die Landleute und nehmen das Geld dafür

DULCAMARA
wie vorher
Wenn die Tanten neidisch wachen,
Wird der Schlaf sie bald besiegen;
Selbst die eifersücht'gen Drachen
Weiss er schmeichelnd einzuwiegen!
Bringet Trost den müden Schönen,
Die im Bette schlaflos gähnen!
Ja, es hilft für alle Fälle
Und beseitigt die Gefahr!

CHOR
wie vorher
Mir ein Fläschchen, hurtig, schnelle,
Gebt, o gebt mir gleich ein Paar!

Mohr und Diener wie vorher

DULCAMARA
aufschneidend wie vorher
Einen Schatz empfingt ihr heute,
Alles hab' ich euch gegeben:
Gold, Gesundheit, Männer, Bräute,
Schönheit, Glück und langes Leben!
Mit so herrlichen Geschenken
Dürft ihr freundlich mein gedenken,
Ja, für all die Wundergaben
Mögt ihr stets mir dankbar sein!

Er geht nach hinten und steigt in seinen Wagen

CHOR
zudringlich wie vorher
Kehrt mit Euren Wundergaben
Bald im Dorfe wieder ein!

ADINA UND NEMORINO
Was wir heut' errungen haben,
Ist die schönste aller Gaben,
Liebe nur kann sie verleihn!
zu Dulcamara
Lebt wohl nun! lebt wohl!

BELCORE
nach Dulcamara hin
Charlatan, ein Wassergraben
Mög' dein nächstes Lager sein!
Hüt' dich wohl!

GIANETTA UND CHOR
nach Dulcamara hin
Kehrt mit Euren Wundergaben
Bald im Dorfe wieder ein!
Lebt wohl nun, lebt wohl!

Der Mohr bläst draussen am Wagen das Posthorn. Der Diener und der Mohr nehmen dann auf dem Wagen mit Platz. Dulcamara grüsst herablassend mit den Händen und fährt fort. Alle winken ihm mit Tüchern und Hüten nach.
Belcore wendet sich achselzuckend zu seinen Soldaten.