Personen:
ALTOUM, Kaiser von China (Bass)
TURANDOT, seine Tochter (Sopran)
ADELMA, ihre Vertraute (Mezzosopran)
KALAF, ein fremder Prinz (Tenor)
BARAK, sein Getreuer (Bariton)
Die KÖNIGINMUTTER von Samarkand (Alt)
TRUFFALDINO, Haupt der Eunuchen (Tenor)
PANTALONE, Minister (Bass)
TARTAGLIA, Minister (Bass)
Acht DOKTOREN
VORSÄNGERIN
SCHARFRICHTER
Sklaven, Sklavinnen, Tänzerinnen, Klageweiber, Eunuchen, Soldaten, ein Priester
Turandot
Altoum spricht:
Vom fernen Osten, ja vom fernsten her
Zeigt sich Altoum, ein Monarch der Bühne,
Die Fabel hat ihn auf den Thron gesetzt,
Mit manchem Prunk und Herrlichkeit begabt;
Doch herrlicher als Kron und Zepter glänzt
An seiner Seite Tochter Turandot.
Zwar sagt man von der Jungfraun schönem Chor
Die Herzen sämmtlich seyen räthselhaft;
Doch dieser hat ein höchst subtiler Geist
So viele Räthsel in den Kopf gesetzt,
Dass mancher Freier scheiternd unterging.
(Goethe: »Festzug«.)
ERSTER AKT
ERSTES BILD
1. - Introduktion und Szene
Das Stadttor
Als der Vorhang aufgeht, erblickt man eines der
mächtigen Tore der Hauptstadt. Über demselben
prangt eine Reihe aufgepfählter Menschenköpfe.
Seitwärts vor dem Tore steht ein ärmliches Haus.
Es ist früh am Morgen und alles still. Nach kurzer
Pause sprengt Kalaf vor das Tor.
KALAF
Peking! Stadt der Wunder! Verheissungsvolle!
Hier soll mein Los sich wenden.
Rüste dich, meine Seele.
Hoffnung steig und blühe.
Aus dem Taumel der Strasse,
Den heimlichen Kammern
Winkt tausendhändig der Zauber.
Ich wittere das Ausserordentliche!
Peking, Sonne der Welt!
BARAK
tritt neugierig aus dem Hause
Wie, ist das nicht mein Prinz Kalaf?
KALAF
Den Mann sollte ich kennen. Barak – –?
BARAK
Mein Prinz – schluchzend O, o, o!
KALAF
Du hier?
BARAK
Ihr am Leben?
KALAF
Still, sprich meinen Namen nicht laut. Berichte.
BARAK
O, o, o ...!
KALAF
stärker
Berichte.
BARAK
Ja, ja, ja ... Herrlich war die entscheidende
Schlacht, doch leider für uns verloren – Euch, Euren Vater den König hielt ich für tot. Ich floh, Treue im Herzen, Flügel an den Beinen – und über Chinas Mauer hinweg – bis zu diesem Häuschen, das ich als stiller Mieter bewohne. Und was beginnet Ihr?
KALAF
Mein Vater lebt –
BARAK
Gott sei gepriesen!
KALAF
Ich suche das Glück, es ihm zurückzubringen.
BARAK
Allah ist gross! Gross ist sein Prophet!
KALAF
Noch heute dringe ich bis zum Kaiser.
BARAK
Bleibt. Der Hof ist eine Trauerstatt. Die Kaiserstochter, Turandot, ein Teufel, den Männern abhold, so schön als weise, und unerbittlich grausam –
KALAF
– – das Märchen hört' ich. Ein jeder Prinz darf um sie frein –
BARAK
Ihr wisset?
KALAF
– – und pflichtet sich drei Rätsel anzuhören – –
BARAK
Ja, ja –
KALAF
– – und wagt den Kopf, falls ihm der nicht festsitzt.
BARAK
Ihr spottet?
KALAF
Gewiss, denn albern ist die Fabel.
BARAK
Fabel? So schaut Euch um. Betrachtet. Die Köpfe, die Köpfe ...! Sie alle warben um Turandot –
KALAF
wendet sich ab, angewidert
Grässliche Schau. Ekelnd. Und das um eines Ungeheuers willen!
BARAK
Ein Ungeheuer so bestrickend, dass schon vermag der Anblick ihres Bildes den Jüngling in den Tod zu locken.
KALAF
– – den Narren!
BARAK
ernst
Erst heute traf's den Prinzen von Samarkand.
Man vernimmt entfernten Trommelwirbel
– – Hört, o hört – dies ist das Zeichen, dass das Ge-
richt an ihm vollstreckt wird.
Er verbirgt das Haupt
2. - Lamento
Jetzt ertönen Klagerufe und alsbald erscheint, in
einer Sänfte getragen und von rasenden Klageweibern gefolgt, die Königinmutter von Samarkand, eine Mohrin, mit bunten Straussfedern phantastisch ausgeputzt. Sie machen vor dem Tore halt
DIE KÖNIGINMUTTER
Verweilt. O, o! Man mordet meinen Sohn.
KLAGEWEIBER
mit Gebärden
O, o!
KÖNIGINMUTTER
Fluch, Fluch, diesen Mauern, diesem Lande, dreimal verflucht sei die Ungeheure, die ihn verdarb. Dieses Bild, das ich vom Halse ihm riss, es sei zertreten, wie sie zertreten soll werden, die es zeigt. Fort, fort!
Sie gehen eiligst klagend ab
BARAK
Ihr hörtet –
KALAF
– und ich sah. Kaum, dass ich's fasse. Wie könnte denn ein Bildnis tödlich wirken?
Er will das Bild aufheben
BARAK
Tut es nicht.
KALAF
Möchte doch die furchtbare Schönheit mir betrachten.
BARAK
Lasst ab, es ist verzaubert.
KALAF
Ängstlicher Mann, gib her.
BARAK
Es ist verflucht.
3. - Arioso
KALAF
Du kränkst mich. Her das Bild!
Er besieht das Bild
Barak, Barak, Du tückischer Alter, wolltest also mich narren. –
BARAK
für sich
Ihr Genien helft!
KALAF
Diese Züge nicht eines Teufels, noch eines Ungeheuers – ... das Antlitz einer Göttin, der Blick ein lichter Himmelsstrahl, und sternenrein sein Ausdruck. –
BARAK
Betörter Prinz, noch siebentausend Male ist schöner Turandot.
KALAF
noch immer in Betrachtung des Bildes
Du süsseste Gestalt, ihr Wangen des Morgenrots, knos-
pende Lippen; Schatten |der Sommernacht, ihr
dunklen Haare – Barak, alles an ihr ist Einklang, alles an ihr spricht Liebe.
BARAK
Glaubt es nicht. –
KALAF
mit heiterem Entschluss
Barak, ich wage frisch das Spiel.
KARAK
bestürzt
Mein Prinz!
KALAF
Ein Spiel, das millionenfach den hohen Einsatz wieder einbringt. –
BARAK
Seht welch ein Spiel.
4. - Pantomime und Finale
Der Scharfrichter, von Wachen und Trommlern
gefolgt, steigt auf, über dem Tore, um auf dasselbe
einen frischgefällten Menschenkopf aufzupfählen
und nach verrichteter Handlung sich wieder zu
entfernen. Sobald es wieder still geworden, tritt Kalaf mit Aufwallung vor
KALAF
Dich will ich rächen, du Jammerprinz, Kopfverlierer! Auf Wiedersehn!
BARAK
Mein Prinz ... Mein Prinz ... O! –
Will ihm folgen, wird von Wachen aufgehalten, die ihn verprügeln. Andere schlagen auf Glocken und Tamtams Alarm. Über diesem kurzen Tumulte fällt der Vorhang
ZWEITES BILD
1. - Introduktion und Arietta.
Truffaldino tritt vor dem Vorhang auf, den er
eigenhändig offen zieht, und klatscht in die Hände.
Auf dieses Zeichen erscheinen mehrere Sklaven. Die
Bühne stellt den Thronsaal im Kaiserpalast vor.
Man erblickt Truffaldino Haupt der kaiserlichen
Eunuchen, eifrig beschäftigt, den Sklaven anzubefehlen. den Raum für die bevorstehende Sitzung anzuordnen
TRUFFALDINO
Rechts zunächst der grosse Thron, –
Links darauf der kleine Thron, –
In die Mitte stellt acht Sessel
Für der Richter Weisheitskessel, –
Kehrt mir flink den Boden rein,
Leget Teppich', gross und klein,
Macht, dass Lampen sei'n bereit
Zur Erhellung dunkler Zeit;
Hurtig, nicht den Takt verlieren.
Wollt ihr's nicht am Hintern spüren,
Regt die Beine, spannt die Schenkel,
Schurken, Diebe, faule Bengel!
Für sich
Nun wird's lustig, wird's ergötzlich,
Meldet sich ein Neuer plötzlich:
Sind's doch drei Stunden kaum –
wie schnell man so vergisst –
Da wurd ' der letzte aufgespiesst. –
Diese Gecken, Narren, Laffen,
Die sich jämmerlich vergaffen,
s' ist viel zu wenig noch – den Göttern sei's geklagt –
Wenn nur der Kopf ihnen wird abgehackt. –
–Was bin ich, damit verglichen,
Für ein Muster der Eunüchen,
Mir wird das Hirn nicht warm –
vor einem Weiberschwarm –
Hier wurzelt meiner Halbheit Scharm, –
Ob der Hahn sich noch so blähe,
Mich lockt nicht das Bett der Ehe,
La, trallala,
Wie steh' ich da!
Das ist des Kastraten Segen,
Dass sein Geist bleibt überlegen,
Schrum, tututum,
Ich bin nicht dumm.
Zu den Sklaven
Hurtig, nicht den Takt verlieren.
Wollt ihr's nicht am Hintern spüren,
Spannt die Schenkel, regt die Beine,
Schurken, Diebe, Affen, Schweine!
Jetzt hinaus,
Hinaus, hinaus,
Piff, paff, piff, paff.
Er prügelt rechts und links und treibt sie aus dem Saale
2. - Recitativo
TRUFFALDINO
Allein
Das find' ich doch sehr vernünftig,
Dass mein Prinzesschen nicht mag heiraten;
Auch ich bin nicht verheiratet,
Meiner Mutter ging's nicht anders.
Nur solche Schwächlinge,
Die nicht auf einem Beine können stehen,
Sollen sich paaren,
Meinetwegen!
Man hört Fanfaren
Ah, der Kaiser kommt. Ich mag die vielen Mannsbil-
der nicht, ich mach' mich fort: zu meiner holdseligen Prinzessin und ihren jungen Damen, künde die frohe Nachricht. Dann gibt es Tee.
Ab
3. - Einzug des Kaisers
Wachen und Herolde voran, hernach Kaiser Altoum
von seinen Getreuen, Pantalone und Tartaglia um-
geben, besteigt umständlich den Thron
DOKTORES
Wir sind die Doktores, und sitzen zu Gericht.
Sie nehmen ihre Plätze ein
CHOR
Heil!
Segen auf sein Haupt
Dem edlen Kaiser Altoum,
Dem gütigen, dem weisen,
Segen auf sein Haupt
Für immerdar.
Heil!
Sie fallen sämtlich dreimal auf die Nasen vor Altoum
ALTOUM
Das Zeremoniell wirkt immer erhebend.
Danke, danke, meine Lieben. Aber, seht, Kinder,
hier drinnen nagt ein Druck, der mir selbst die
schöne Hofetikette verleidet. Denn, seht, Kinder,
ich kann nicht anders, ich muss meine Tochter lie-
ben; aber ich bin nicht für Grausamkeiten geschaffen...
PANTALONE
Euer Majestät Herz ist wie Fliesspapier in Honig getränkt. –
TARTAGLIA
Ba-ba-Baumwolle mit Schmalz. –
ALTOUM
vorwurfsvoll
Pantalone? ... Tartaglia...?
Sie ducken
Ach, wie lange soll ich dem noch zusehen! Es bringt mich vorzeitig unter die Erde.
PANTALONE
Bei uns in Italien, Majestät, da ist jedermann entzückt, wenn's auf dem Theater mit Mord und Totschlag zugeht. Aber ich sehe ein, dass es von grausigem Geschmacke zeugt.
TARTAGLIA
Liebe Ma-Ma-Majestät, ich kenn' ein englisches Stück, darin ein pechschwarzer Neger eine lilienweisse Dame umbringt. Da-da-das ist aber Zucker und Marzipan gegen eine Prinzessin, die sieben Männer, hi-hi-hintereinander, hi-hi-hinrichten lässt.
4. - Aria
ALTOUM
Ich kann's nicht ändern.
Kon-fut-se, Dir hab' ich geschworen,
Du schaust mein Herz, es trägt das Elend nicht;
Dass mir ein Sohn sei auserkoren,
Beschliesse Du beim kommenden Gericht.
So wird das Böse, das sie birgt, entschwinden,
Die Tochter wieder, schön und gut, erstehn,
Den langen Schmerz soll kurze Freude linden,
Dann will ich gern zu meinen Vätern gehn.
Man bringe den Fremden herein.
5. - Dialog
Kalaf wird von Wachen hereingeführt und stürzt sich dem Kaiser zu Füssen
Steh auf, unkluger Jüngling!
Für sich Wie schön er ist!
Laut Wer bist Du?
KALAF
Sire, ein Märchenprinz.
ALTOUM
Dreister! Nenne Deinen Namen.
KALAF
Sire, nein, ich bin ein Prinz. Es genüge.
ALTOUM
für sich
Es scheint, der ist ein ebensolcher
Starrkopf als meine Tochter.
Laut
Ich will's Dir glauben. Glaub' auch Du mir ein Weniges. Du weisst wohl, was Du wagst? Ich gewähr' Dir die Gnade, Dich zurückzuziehen.
KALAF
Sire, Tod oder Turandot. Von beiden Eines. Ein Drittes nicht.
ALTOUM
Ach, diese Jugend!
6. - Quartett
ALTOUM
Entweiche, entweiche der Gefahr,
Der Du Dich aussetzest;
Mein Sohn, mein Sohn, hör' auf mich,
Der ich Dich schon liebe.
Sei die Stütze dem Greis,
Schliess' die Augen ihm zu,
Wenn ihm schlägt seine Stunde,
Schöner Lohn soll Dir werden,
Hohe Ehren zuteil,
Wenn Du ihn verschonest.
Zwing' mich nicht wieder
Gegen mein Herz
Als Tyrann zu walten,
Ungeratener Tochter
Widerwilliger Vater,
Deinen Tod zu beweinen.
KALAF
Tod oder Turandot;
Von beiden Eines,
Nicht ein Drittes!
PANTALONE
Aber teuerster der Prinzen,
Mein gebenedeiter Bub,
Merkt die Köpfe überm Tore!
ALTOUM
Es ist umsonst!
PANTALONE
Weiter hab' ich nichts gesagt, als
Dass ich nicht die Lust begreife,
Sich zum Schlachten anzubieten.
Seien Sie nur zuversichtlich,
Dass die Rätsel, die sie dreht,
Nicht von Pappe sind noch Zucker;
Selbst der Zaubrer Cingarillo
Würde sich vergeblich mühen,
Solche Nüsse aufzuknacken.
ALTOUM
O hör' auf ihn!
PANTALONE
Das ist nicht so, als: »Wieviel ist zweimal zwei«
»Welches Obst trägt Pflaumenkerne«
»Welches ist das Tier, das miaut«
Nein, nein, nein!
Wenn Ihr Euch darauf verbeisset,
Gäb' ich nicht für Euren Schädel
Einen abgeschabten Rettich,
Nein, nein, nein.
KALAF
Tod oder Turandot;
Von beiden Eines,
Nicht ein Drittes!
TARTAGLIA
To-to-to-to-to-to-tod
Oder Tu-tu-tu-tu-turandot!
ALTOUM UND PANTALONE
Es ist umsonst.
TARTAGLIA
Teufel, Teufel, süsses Herzchen,
Welch verbohrter Ei-ei-eigensinn!
Geht es hier vielleicht um Bohnen,
Geht's um Tassen Kokolade?
Um den Ko-ko-ko-ko-kopf geht's.
ALTOUM
O hör' auf ihn!
PANTALONE
Es ist umsonst!
TARTAGLIA
Haben Sie das schon erwogen,
Was es heisset um den Kopf,
Ko-ko-ko-ko-kopf zu spielen?
Ich glaub' es nicht. –
ALTOUM UND PANTALONE
Ich glaub' es nicht!
KALAF
Es ist umsonst!
Tod oder Turandot!
Ein Drittes nicht!
7. - Marsch und Szene
PANTALONE
Möchte lieber gar auf einem Bein auf der Spitze stehen des Markusturms, als in dieses lieben Jungen Hosen stecken.
ALTOUM
Mein Sohn, ich segne Dich.
Er segnet
KALAF
knabenhaft
Sie kommt, sie kommt!
Der Zug Turandots, an der Spitze Truffaldino
TARTAGLIA
Da ist auch schon der Hammelführer.
CHOR
Wehe, wehe!
TURANDOT
Wer ist's, der sich aufs neu vermessen darf,
Aus meiner Weisheit Grund zu schöpfen,
Der Lust verspürt, sein Leben auszuspielen?
CHOR
Wehe, wehe!
TURANDOT
Auch Du sollst mir erliegen,
Dich stärkrem Geiste fügen:
Rat' oder stirb!
CHOR
Wehe!
TURANDOT
für sich
Weh, anderen gleicht dieser nicht.
Was berührt mich jäh so fremd und neu?
TARTAGLIA, PANTALONE, ALTOUM
Was sagt sie?
TURANDOT
Seltsam wirkt des Knaben Gesicht,
Es anzusehn macht fast mich scheu.
Wie mild es zu mir spricht!
Weh mir!
Noch einmal sein
Will ich Turandot,
Sein Tod wird auch mein Tod.
TARTAGLIA, PANTALONE UND ALTOUM
Hört sie!
ADELMA
Beim Himmel er ist's,
Jung Kalaf, der Traum meiner Schulzeit. Er gefällt mir noch immer. Ihn gewinn' ich mir zurück.
CHOR
Ja, andern gleichet dieser nicht.
Was berührt sie jäh so fremd und neu?
Seltsam wirkt des Knaben Gesicht,
Wie so mild es zu uns spricht,
Mag sie noch immer sein Turandot,
Sein Tod wird auch ihr Tod!
DIE DOKTOREN
Raten oder sterben.
CHOR
Rat' oder stirb!
TURANDOT
Nein, es gleichet dieser andern nicht.
Seltsam wirkt auf mich des Knaben Angesicht;
Noch einmal sein will ich Turandot,
Sein Tod wird auch mein Tod.
KALAF
zugleich mit ihr
Von Glück erschimmert ein Gesicht,
Mein Leben spiel' ich gegen ein Gedicht;
Ob Tod, ob Turandot.
Die Lösung schreckt mich nicht.
ALTOUM
Meine Tochter, drei leichte Rätsel, dass
die Form bleibe gewahrt; und dann Hochzeit!
ADELMA
Lasst Euch nicht erweichen.
TURANDOT
Die Rätsel sind gezogen. Das Gesetz muss sich erfüllen.
KALAF
Ich bin bereit.
TURANDOT
Ich beginne.
CHOR
Beim Konfutse!
Fallen sämtlich nieder
TRUFFALDINO
klingelt
Das erste Rätsel:
8. - Die drei Rätsel
TURANDOT
»Was kriecht am Boden, fliegt gen Himmel,
Was tappt im Dunkeln, zündet Lichter,
Wühlt im Vergangenen – strebt in die Zukunft,
Weilt im Gewohnten – regt sich im Neuen,
Was ist besonnen, und bäumt sich trotzig
Gesund-ergeben und krankhaft-protzig?«
KALAF
nach kurzem Nachdenken
Was kriecht und fliegt, im Dunkeln tappt, erleuchtet,
Gewohntes übt – nach Neuem strebt,
Sich selber Weltsysteme webt,
Besonnen ist, und trotzig, Hand in Hand:
Es ist der menschliche Verstand.
PANTALONE
Tartaglia, er hat's!
TARTAGLIA
Meiner Seel'!
DIE DOKTOREN
Optime. Der Verstand, der Verstand, der Verstand!
ALTOUM
freudig
Brav, mach tapfer weiter!
Bewegung im Saale, Fanfaren, Trommeln. Truffaldino winkt den Fanfaren abzubrechen
ADELMA
Ich vergehe!
TURANDOT
für sich
O Schicksal! Willst Du mich bezwingen.
Laut
Einbildischer, noch bin ich nicht am Ende.
Sie fährt fort
»Was ist beständig und stets wechselnd,
Heute geboten – morgen verpönt,
Hier gepriesen – dort bestraft,
Erst befolgt – später verlacht;
Ein unentbehrlich-stillschweigend Gesetz,
Je wen'ger begründet, je seltner verletzt?
KALAF
O zürnet nicht, dass mir auch dieses glückt:
Was Ihr erfragt, das wechselnd ist und ständig,
Toter Begriff, und als Gebrauch lebendig,
Solang es gilt, keine Verletzung litte,
Wenn abgetan, verlacht wird: ist die Sitte.
PANTALONE
Tartaglia, ins Schwarze!
TARTAGLIA
Mitten drin.
DIE DOKTOREN.
Optime. Die Sitte, die Sitte.
ALTOUM
Wär's nicht genug?
ADELMA
Ich verliere ihn! Prinzessin mehr Strenge.
TURANDOT
Ein Knabe sollte mich treten! O der
Schande! O der Lehre! Dein Glück, Du Eiteler, fördert meinen Hass. Das ist's, was Du gewinnst. Doch spar' ich Dir das Letzte. Geh hinweg.
KALAF
Nein, ich bleibe.
CHOR
Weh!
TURANDOT
Wohlan, Dein Todesurteil sprech' ich:
»Was ist, das aus der Wurzel der Zeiten
Dem Stamm, den Menschengemeinschaft trägt,
Und dem Geäste der Gewohnheiten
Als köstlichste Blüte zuhöchst ausschlägt;
Das jeden hinzieht, wenige nur halten,
Worüber einsam Geweihte walten,
Das jegliches schönt, an alles sich wendet,
Die Erde zu heitern von oben entsendet?“
Sie entschleiert sich
Schaue und zittere nicht. Antworte!
KALAF
verwirrt
O Glanz, o Vision!
ALTOUM
ängstlich
Er verliert sich...
TARTAGLIA, PANTALONE, ALTOUM
Er ist verloren! ..
Wer rät ihm, wer hilft?
TURANDOT
Ergib Dich!
Truffaldino führt den Scharfrichter herein
KALAF
sich fassend
Nur Eure Schönheit, Fürstin, riss mich weg.
Ich war betäubt, nicht bin ich überwunden.
Was aus der Zeiten Wurzel, Stamm, Gezweigen
Als feinste Blüte will zuhöchst sich zeigen,
Das jeden trifft, nur wenigen sich antraut,
Gehört, gefühlt, ersonnen und geschaut,
Ein Kuss der Erde von des Himmels Gunst:
Es ist die Kunst.
PANTALONE
er umarmt Kalaf
O seiest Du benedeit.
TARTAGLIA
Ich halt' nicht mehr an mir!
Er umarmt Kalaf
DIE DOKTOREN
Es ist die Kunst.
ALTOUM
klatscht in die Hände
Musik! Auf die Tore!
Lärm und Musik. Die Tore öffnen sich. Man erblickt
bewegtes Volk. Turandot fällt erschöpft. Truffaldino
reicht Wasserglas. Sie winkt gebieterisch
TURANDOT
Haltet ein. Ich überstehe nicht die
Scham. Ich hab' verspielt, ich weiss, ich geb' es zu;
doch am Altar soll dieser Dolch ...
Man entreisst ihr die Waffe
ALTOUM
Sinnlose, Hoffärtige, Du hast das Recht verwirkt, über Dich selbst zu bestimmen. Auf, in den Tempel.
PANTALONE
Das Essen steht auf dem Tisch.
KALAF
O mein König, hört ... Was gewänn' ich,
wenn ich zu ihrem Abscheu würd' ihr Gatte? Wenn
sie mir stürbe. Sagt? Was freutet's Euch?
ALTOUM
Nun, nun, das ist ja leider nicht anders wahr... Aber ich bin am Ende meiner Langmut – Vorwärts, meine Herren.
TARTAGLIA
Ma-Ma-Marsch.
KALAF
Gestattet einen Aufschub. Gleiches Spiel
gibt gleiches Recht, ich stell' der Fürstin frei, nun
ihrerseits ein Rätsel zu entwirren, – vermag sie's
nicht, so reiche man ihr spitzes Spielzeug ihr zurück, – ich aber zieh' von hinnen.
TURANDOT
Ich bin's zufrieden.
ALTOUM
Ich bin's nicht zufrieden. Genug der Rätsel...
TURANDOT
Und wie lautet es? –
9. - Finale
KALAF
»Wes Stamms und Namens ist der fremde Prinz,
Der, an dem Gipfel seines Glücks gelangt,
Leidvoller ist, als er je war zuvor?«
Die Doktoren wiederholen und notieren den Satz
MÄNNERCHOR
flüsternd
Wer ist der Prinz?
FRAUENCHOR
Wer ist der fremde Prinz?
BEIDE
Wer? Wer?
Vorhang fällt
ZWEITER AKT
DRITTES BILD
1. - Lied mit Chor
Hinter dem geschlossenen Vorhang
2. - Tanz und Gesang
Das Frauengemach Turandots
MÄDCHENCHOR
Nacht wird zum Tag,
Schauet!
Leuchtend wird nun der Saal;
Leben, rhythmisch bewegt,
Wogt auf und ab.
Mädchen,
Freuet euch!
Bald empfängt euch der Bräutigam,
Nacht wird zum Tag,
Leben wogt
In seinem Arm.
3. - Rezitativ und Arie
TURANDOT
ungeduldig
Genug. Mein Kopf steht nach anderen Dingen.
Es pocht mein Herz in ungewohntem Schlage. Mein Geist trübt sich. Das Blut, es stockt und jagt. Ich fühle unsicher.
Arie
TURANDOT
Dass ich ihn liebe,
Sollt' es so sein?
Dass ich ihn hasse,
Doppelte Pein.
Noch wich ich keinem
Mir selbst betreut,
Würd' es sich wenden,
Schnell wär's bereut.
O, dass ich fände,
Was ihn beschämt,
Doch all mein Denken
Starret gelähmt.
Und ob er siege,
Ob er erliege:
Mein schöner Stolz, ach
Fällt, ach, bezähmt.
Richte Dich aufwärts
Mein hoher Mut,
Zum letzten Male
Wehre Dich gut:
Ein würd'ges Ende
Herbeigeführt!
Turandot sterbe,
Doch unberührt.
ADELMA
Ich erkenn' Euch nicht wieder, so sehr gebärdet Ihr Euch fremd. Hat der Anblick dieses
Glücksprinzen das Metall Eurer Seele zum Glühen
gebracht? Mir wär's drum leid.
TURANDOT
Du empörst mich.
ADELMA
Ich möchte Euch gern zufrieden sehen, verzeiht.
TURANDOT
Du meinst es ja redlich. Sag', was sollt' ich tun?
4. - Intermezzo-Dialog
ADELMA
Hören wir zunächst was Truffaldino meldet. Er kommt von seinem Auftrag erst zurück.
Truffaldino tritt würdig auf und kniet nieder
TURANDOT
Was bringst Du?
TRUFFALDINO
Meine angebetete Prinzessin, Ihr habt Euch an den Rechten gewandt. Alles ging vortrefflich. Möchte ein jeder seine Intelligenz vor dem Einfluss der Leiden-schaften bewahren. Die niederen Funktionen zehren von der Klarheit des Gehirns. Daran habe ich nicht zu tragen. Mein Kopf ist der Triumph der Zucht.
TURANDOT
ungeduldig
Komm zur Sache.
TRUFFALDINO
Welcher Sache? Ach ja. Wenn ich von mir selber spreche, erscheint mir alles andere recht sekundär.
Er seufzt
Nun, da Ihr sie verlangt zu wissen, hier ist die Geschichte:
5. - Aria
TRUFFALDINO
Ich schlich geschickt
Und unerblickt
In den bewachten Raum,
Da lag gereckt
Und ausgestreckt
Der Bub in Schlaf und Traum.
Ich holte sacht,
Was ich gebracht,
Den Zauberrettich vor;
Die löst' dem Jung'
Die starre Zung',
Die Wurzel Mandragor.
Er zeigt die Wurzel
Da ist sie. Recht knabenhaft
Und ekelhaft
Seufzt er 'ner Windlad' gleich,
Er dreht sich rund
Wie'n junger Hund
Und spricht so butterweich:
TURANDOT
Spricht seinen Namen, sag'?
TRUFFALDINO
Ja, er sagt: Tod oder Turandot.
Und weitres war nicht aus ihm zu locken.
TURANDOT
Unfähiger Mann, ist dies Dein ganzer Witz!
Hinweg! Hinweg! Pack Dich!
TRUFFALDINO
Mann oder Un-Mann,
Unfähig, fähig:
Meinen Witz kann mir niemand schneiden.
Verdienst lohnt Undank, das ist nun alt,
Geist wird verhöhnt,
Genie weckt Ärger.
Truffaldino
Bleibt er selber,
Wird der Neid auch
Gelb und gelber:
Mann von Verstand,
Scharf und gewandt,
Von reinen Sitten,
Stern im Reich der Mitten,
Keuschen Wandelns,
Strengen Handelns ...
Dero getreu untertänigster Sklav!
Er geht, nachdem er sich dreimal verbeugt hat
ADELMA
Seid getrost, Prinzessin, noch lange währt dieser lange Tag, wer weiss was Euch die nächste Stunde bringt.
TRUFFALDINO
schnell zurück
Der Kaiser kommt zur Prinzessin.
Ab
Pantalone und Tartaglia, die dem Kaiser gefolgt
sind, verweilen hinter der Türe, jedoch dem
Zuschauer sichtbar, neugierig horchend.
ALTOUM
Mein Kind –!
TURANDOT
zurückhaltend
Was befiehlt mein kaiserlicher Vater?
PANTALONE
Die Kröte!
TARTAGLIA
Die Ka-Ka-Kanaille!
ALTOUM
Warum so feierlich? Siehst Du nicht wie ich Dich liebe und vor Dir zerfalle aus Gram? Ich bin ein sehr alter Mann geworden.
TURANDOT
etwas weicher
Ich will Euch nicht betrüben.
ALTOUM
Ah, schön, brav und kindlich gesprochen!
Guck mal her.
Er winkt mit einer Rolle
Was ist das?
PANTALONE
Was ist das?
ALTOUM
Eine Rolle.
TARTAGLIA
Eine Rolle.
ALTOUM
Was steht darin?
PANTALONE
Was steht darin?
ALTOUM
Die Namen die Du nicht weisst.
Pantalone und Tartaglia pfeifen lange und leise vor
sich hin
TURANDOT
Die ich nicht weiss?
ALTOUM
nickt
Die Du nicht weisst.
TURANDOT
Mein Vater, ich kenn' die Namen – kenn' die Namen nicht – das soll morgen vor dem Diwan sich erweisen.
ALTOUM
aufgebracht
Halsstarrige!
PANTALONE
Jetzt kriegt sie's.
ALTOUM
Unwissende!
TARTAGLIA
Er kommt in Aff-Affekt.
6. - Arioso
ALTOUM
So höre.
Er wird ganz Majestät
Heimliche Kunde kam mir zu. Von hoher Herkunft ist der Jüngling. Würdig sein Stamm und strahlend das Geäst, die seine Tugend krönt. Er ist zu gut für Dich.
PANTALONE
Fein gegeben.
TARTAGLIA
Brill-brilliant!
TURANDOT
mit Impuls
O Vater!
ALTOUM
Nichts von Vater diesmal! Bitten kommt zu spät –
TURANDOT
Bitten?!
ALTOUM
Nichts davon mehr. In Deiner eigenen
Ratlosigkeit sollst Du Dich winden und gedemütigt
sein vor aller Welt. Dies ist mein väterlicher Wille,
meine Absicht heilsam. Und morgen hat das Teu-
felspiel ein Ende, und Du stehst beschämt vor aller
Welt.
Wendet sich zum Gehen
Soll ich sie so verlassen? Ich war ein bisschen hart. –
Wendet sich zurück
Nun, meine Tochter ...?
TURANDOT
Morgen sollt Ihr Euer Unrecht bekennen.
ALTOUM
wieder barsch
Ha, Verstockte!
Im Abgehen für sich
Schade, schade, schade.
PANTALONE
Schade.
TARTAGLIA
Schade.
Er wird an der Türe von den beiden empfangen und
gestützt und sie gehen alle drei ab, indem sie immer
»schade, schade« murmeln.
7. - Duett
TURANDOT
Adelma, meine Freundin, sage Du dass
ich recht tat, mich so zu geben.
ADELMA
Glaubt Ihr, Prinzessin, dass Euer Vater, Seine Majestät,
Sie knixt
allein die wissenswerten Namen kenne?
TURANDOT
Adelma, wohin zielest Du?
ADELMA O
Ich meine: ob niemand andrer im Palast ebenso gebildet sei, als Kaiser Altoum?
TURANDOT
Wer könnt' es sein?
ADELMA
Sucht nicht zu weit.
TURANDOT
Die beiden Minister?
ADELMA
Sucht nicht zu hoch.
TURANDOT
Du scheinst etwas zu verbergen...
ADELMA
Vielleicht zu enthüllen...
TURANDOT
Adelma?
ADELMA
Ihr nennt mich Freundin,
Ja, ich bin's zu Euch,
Ich darf es sein,
Da ich von Königen stamme;
Doch haltet Ihr mich als Sklavin.
Gebt mich frei,
Ihr sollt erfahren,
Was Ihr glühend wünscht zu kennen;
Denn ich – ich weiss des
Fremden Kunst und Namen:
Ich schenk' Euch Freiheit,
Schenkt mir drum die meine,
Zwei kluge Mädchen
Kommen leicht ins reine!
Freiheit gegen Freiheit. –
TURANDOT
Es wär' Verrat!
ADELMA
Er hat mich einst verlacht,
Als ich, ein Kind, die Arme nach ihm streckte.
Ich hab' es nie verwunden.
Nun ist an mir die Reihe,
Willigt ein.
TURANDOT
Du hast gelitten ... hast erduldet – Das macht allein Dich zur Fürstin. Sei fortan meine Schwester!
ADELMA
O Dank!
Für sich
O, mein Triumph!
Und jetzt, Prinzessin Turandot, süsseste Schwester,
horch auf...
Sie flüstert Turandot ins Ohr
Während dieser letzten Szene hat Truffaldino spioniert und scheinbar etwas erhorcht.
Vorhang fällt.
8. - Intermezzo
LETZTES BILD
9. - Thronsaal
Altoum und sein Gefolge sind wie in Erwartung
versammelt. Es ertönt ein Trauermarsch, von ge-dämpften Trommeln begleitet.
TARTAGLIA
Hört mir nur das klägliche Getrommel.
PANTALONE
O, o, es stimmt mich ganz weich. Es gemahn mich so sehr an die Lagunen.
Er schluchzt
FRAUENCHOR
hinter der Bühne
O! O!
TARTAGLIA
Etwas Ha-Haltung, Pa-Pantalone.
Seid doch schliesslich der Kanzler.
PANTALONE
Etwas Ha-Haltung käme Deiner
Zunge zustatten, mein Herr Ta-Ta-Ta-Tartaglia.
TARTAGLIA
Ich drück' – ich drück' mich eben gebrochen aus.
Inzwischen ziehen Turandot und ihr Gefolge ein,
sämtlich mit Trauerschleiern behangen, in offenbarer Niedergeschlagenheit
PANTALONE
Schaut nur die Prinzessin an, rudert daher als wie eine Trauergondel.
TARTAGLIA
Und der Ka-Kapaun lässt die Flügel hängen.
FRAUENCHOR
O!
Kalaf wird von Wachen hereingeführt.
KALAF
So bin ich noch am Leben! Und diese Trauerklänge, gelten sie mir?
ALTOUM
Mein Sohn, sie deuten ihre Niederlage. Es tut mir leid um sie – ist sie doch mein Kind! – doch eine Lehre verdiente sie längst.
Inzwischen haben Turandot und ihr Gefolge ihre
Plätze eingenommen.
ALTOUM
zu Turandot
Nun, meine Tochter ...?
TURANDOT
Diese Zeichen von Trauer sollten meiner Erniedrigung die äusseren Merkmale geben. Euch, Prinz, tönen sie als Siegesgesang.
KALAF
Nicht um den Preis Eures Leides möcht' ich gewinnen.
ALTOUM
Also lasst lustig aufspielen.
TARTAGLIA
Tschinellen.
PANTALONE
Dideldum.
TURANDOT
nach einer Pause
Noch nicht, – die Rache mir süsser zu gestalten, führt' ich Euch sanft in die Irre. Nun aber starre in den Abgrund, der vor Dir sich auftut, und beweine Deinen Übermut. Hört, hört Ihr alle! Seinen Namen will ich Euch künden: Kalaf, Sohn des Timur, du bist entlassen.
10. - Finale
ALTOUM
düster
Vatermörderin!
CHOR
Kalaf! Sohn des Timur!
PANTALONE
Lasst Euch den Bart auszwicken, Tartaglia.
TARTAGLIA
Bei Gott!
KALAF
Verloren! ach, verloren! – So lasst mich ziehn. Im Wirrsal des Gefechtes suche ich den Tod,
vielleicht Vergessenheit. Noch bin ich jung.
Lebt wohl! lebt alle wohl!
Er wendet sich zum Gehen
TURANDOT
Nein, Kalaf.
Ihn sanft am Arme zurückhaltend
KALAF
Du?
TURANDOT
Ja, ich selbst, deren Seelen-Starrheit Du brachest. Nur scheintot lag mein Herz, nun schlägt es jauchzend. Du hast's erweckt, und mir gehörst Du zu, Kalaf, Timurs Sohn, nicht mehr ein fremder Prinz!
CHOR
Spricht so Turandot? Ist sie's?
KALAF
Das Ausserordentliche, das Verheissungsvolle! Alles erfüllt sich. Meine Turandot!
CHOR
Ein Wunder! Ein Wunder!
ALTOUM
Kinder, das ist mein schönster Tag.
PANTALONE UND TARTAGLIA
Hochzeit, Hochzeit, Majestät!
TRUFFALDINO
Nun ist es aus, ich melde meinen Abschied.
Ab
ADELMA
Geduld. Ich werd' mir einen anderen suchen.
Ab
TURANDOT, KALAF UND CHOR
abwechselnd
Was ist's, das alle Menschen bindet,
Vor dem jedwede Kleinheit schwindet,
Wogegen Macht und List zerschlägt,
Das Geringes zum Erhab'nen prägt,
Das treibt den Kreislauf der ew'gen Weiten,
Umschliesst die Gegensätzlichkeiten,
Das überdauert alle Triebe,
Das uns besiegte: ist die Liebe.
EUNUCHEN
tanzend
Hi, hi, hi, hi.
Turandot vertauscht den Trauerflor gegen einen
Brautschleier. Kalaf andererseits wird ein Ehrenmantel angelegt.
CHOR
Freut euch! Freut euch!
La, la, la, la, la!
Enthüllet die Gottheit.
Mädchen, freuet euch:
Nun ist die Hochzeit nah;
Glück und Licht
Spendet der neue Tag!
Ein Vorhang wird auseinandergezogen. Man erblickt die goldene Riesenstatue eines Buddha, davor einen Priester, Die Trauung wird vollzogen.