Libretto: Zaide

von Wolfgang Amadeus Mozart


Personen:
SULTAN SOLIMAN
ALLAZIM, sein Vertrauter, Sklave
ZAIDE, eine junge Sklavin
GOMATZ, ein junger Sklave
OSMIN, ein Aufseher

CHOR
Sklaven, Wachen



ERSTER AUFZUG

ERSTER AUFTRITT
Gomatz, einige Sklaven, welche den nachfolgenden Chor singen.

Nr. 1 - Lied

VORSÄNGER
Brüder, lasst uns lustig sein,
trotzet tapfer den Beschwerden,
denkt, es ist der Fluch auf Erden:
Jeder Mensch hat seine Pein.
Lasst uns singen, lasst uns lachen,
kann man's doch nicht anders machen.
Welt und Not ist einerlei,
keiner bleibt von Plagen frei.

VORSÄNGER, DREI ANDERE SKLAVEN
Lasst uns singen, lasst uns lachen, etc.


ZWEITER AUFTRITT
Gomatz lässt langsam von der Arbeit ab.

Nr. 2 - Melologo

GOMATZ
Unerforschliche Fügung!
Du vermengest mich unter diese
heillosen Verbrecher. Unter sie,
die durch Missetaten sich selbst ihre
verdiente Fessel geschmiedet haben.
Mich Schuldlosen unter sie!
Ach!
Warum gibst du mit nicht auch ein Herz
wie das ihrige?
Hart wie der Stein, den sie mühsam zersplittern.
Entsetzlich!
Fühllos bei der strengsten Arbeit,
jauchzen sie noch laut ihren Unsinn.
Das erwartete Zeichen zur Erholungsstunde
machet sie munter, und mich,
mich Armseligen,
mich fliehet alle Heiterkeit
vom Morgen bis zum Abend,
vom Abend bis zum Morgen.
Jeder Balsam ist unwirksam
für die Wunden meiner Seele.
Ich erschrecke vielmehr vor diesem Zeichen:
Der Stillstand der geschäftigen Anstrengung
meiner Glieder verursacht mir
die erneuerte Erkenntnis meines vergangenen
und künftigen Jammers.
O wehe, wie entkräftet
fühle ich mich am ganzen Körper!
Wie entkräftet am ganzen Gemüte!
O, möchte mir nur ein kurzer Schlummer
gelingen, nur ein kurzer, milde Schickung!
Ich will es versuchen.
Umsonst! er kommt nicht,
der seltene Gast der Unglücklichen,
der sanfte Schlaf!
Jeden Atemzug begleitet ein schwerer Seufzer,
so wie im empörten Ozean
der brausende Sturm jede Welle.
Und dennoch weiss ich
kein anderes Labsal für meine Qualen!
Ich will es nochmal versuchen.
O komm', du Tröster der Müden,
Anverwandter des stillen Todes!
Komm', verdecke mir mit deinen wohltätigen
Flügeln mein immer wachsendes Elend.
Wie wird mir?
So jählings verlässt mich alle Lebhaftigkeit.
Ist das Schlummer oder Ohnmacht?
Einerlei!
Ohnmacht oder Schlummer -
beide willkommen.


DRITTER AUFTRITT

Monolog

ZAIDE
Noch nie war mir vergönnt, ihn bei der Nähe zu erblicken. Grausames Schicksal, das ihn in diese Fesseln warf! Nach der Farbe des Gesichts und nach der Zärte seiner Hände scheint er ein Europäer zu sein. Am Ende gar aus meiner Heimat? Wie gern würd' ich ihn wecken, doch vielleicht ist dieser Schlaf sein Bestes, was er hier geniesset. Nein, ich will ihn nicht aufwecken, ich will ihm seine Sklaverei mit diesen Juwelen und - mit meinem Bild versüssen!

Nr. 3 - Arie

ZAIDE
Ruhe sanft, mein holdes Leben,
schlafe, bis dein Glück erwacht;
da, mein Bild will ich dir geben,
schau, wie freundlich es dir lacht:
Ihr süssen Träume, wiegt ihn ein,
und lasset seinem Wunsch am Ende
die wollustreichen Gegenstände
zu reifer Wirklichkeit gedeihn.

Gomatz wird im Schlaf beunruhigt.

Monolog

GOMATZ
erwachend
Ah! So gut habe ich noch nie geschlafen und noch nie hat mir so angenehm geträumet - aber, noch sehe ich mich von meinen Fesseln umgeben, grausam hat mich mein Traum betrogen! - Doch was ist das? Was für kostbare Juwelen? Und was für ein liebenswürdiges Bild ist dies?

Nr. 4 - Arie

GOMATZ
Rase, Schicksal, wüte immer,
dieser Schild trotzt deiner Wut;
deine Schläge fürcht' ich nimmer, nein,
dieses Bild macht alles gut.
Diese holden Augenlider,
dieses Mundes Purpurrot
bringt mir alles zehnfach wieder,
würgt mich auch dein Unsinn tot.

Dialog

ZAIDE
Nichtswürdiger Sklave, du unterstehst dich, der Favoritin des Sultans diese Kleinodien und Kostbarkeiten zu entwenden?

GOMATZ
Grossmächtigste Fürstin, ich bitte fussfälllig um Verzeihung, aber - hier schlief ich, und als ich erwachte, fand ich sie in meinem Schoss.

ZAIDE
Wie, du wagst es noch, dich zu entschuldigen?

GOMATZ
Ich bin unschuldig, also bedarf es keiner Entschuldigung! Mit aller Ehrerbietigkeit will ich's an seine rechtmässige Besitzerin zurückgeben, alles, bis auf dies Bildnis.

ZAIDE
Bis auf das Bildnis? Was ist dir daran gelegen?

GOMATZ
Die Glückseligkeit meines ganzen Lebens!

ZAIDE
Kennst du das Original?

GOMATZ
Nein, grosse Fürstin, aber das Bild sagt mir, dass es die tugendhafteste und edelmütigste Dame in der Welt sein muss, für die ich bereit wäre, aus Liebe zu sterben!

ZAIDE
beiseite
Welch schöne Seele lebt in diesem Sklaven. Ich kann mich unmöglich länger verstellen.
laut
Du willst für diese Dame sterben? - So sieh mich hier zu deinen Füssen, liebster Sklav'! Sieh das Original des Bildes, für das du sterben willst. Ich bin Zaide, die dir schon vieltausend Seufzer zugeschickt und die dich zärtlich und unaufhörlich liebt. Die Fessel, die du trägst, die hat auch mir das Schicksal angeworfen. O Gomatz, sei darauf bedacht, dass wir entweder miteinander frei leben oder als Sklaven sterben müssen.

GOMATZ
Angebetete Zaide, ich werde bedacht sein, dich und mich zu retten und aus den Händen des Tyrannen zu befreien.

Nr. 5 - Duett

ZAIDE
Meine Seele hüpft vor Freuden,
kaum mehr weiss ich, wo ich bin.

GOMATZ
Aller Unstern, alles Leiden
ist bei mir auf einmal hin.

ZAIDE
Trost und Wonne, Ruh' und Friede
tränkt wie Balsam meine Brust.

GOMATZ
O Zaide! O Zaide!
Welch ein Labsal, welche Lust.

BEIDE
Möchte nur das Glücksrad stehen
und sich nimmer weiter drehen.

GOMATZ
O Zaide, welche Freud!

AIDE
Gomatz, welche Seligkeit!


VIERTER AUFTRITT

Dialog

ALLAZIM
Unglückseliger! Du wagst es, des Sultans Favoritin zu entführen? Weisst du nicht, dass ein grausamer Tod auf dich wartet? Ich habe Befehl, weit geringere Verbrecher niederzusäbeln!

GOMATZ
Herr, du bist ein Sklav', sowohl wie ich! Nur das Glück hat dich zu meinem Herrn gemacht. Aber wie oft in der Vergangenheit hast du dich mir edel und grossmütig gezeigt! Fühltest du mein Herz und kenntest meine Schmerzen, ich weiss, deine edle Seele würde teil daran nehmen!

ALLAZIM
Steh auf, Gomatz! Fürchte dich nicht vor mir! Ich bedaure eurer beider Schicksal und will Euch jede Hilfe versprechen.

GOMATZ
Grossmütigster Freund, diese Juwelen sollen Zaide und mir den Weg in die Freiheit bahnen. Ich lege sie in deine Hände!

ALLAZIM
Nun denn, ich will es wagen und euer Leben zu erretten trachten - wenn es auch das meine kosten kann.

Nr. 6 - Arie

GOMATZ
Herr und Freund!
Wie dank' ich dir,
lass mich deine Knie umfassen,
doch ich muss dich schnell verlassen,
denn ich brenne vor Begier.
Lass dich küssen, lass dich drücken!
Ach! im Taumel von Entzücken
weiss ich selbst nicht, was ich tu',
denn die Triebe meiner Liebe
rauben mir der Sinnen Ruh'.

Monolog

ALLAZIM
Weit weiche ich von meiner Pflicht. In welch Verderben lasse ich mich durch diese Sklaven stürzen? Doch, was habe ich selbst auf dieser Welt in ewiger Sklaverei zu erwarten? Vielleicht - kann ich durch diese Juwelen auch mir zur Freiheit verhülflich sein? - Ja, ich will beide mit meinen Kräften unterstützen und ihnen heute noch selber folgen.


FÜNFTER AUFTRITT

Nr. 7 - Arie

ALLAZIM
Nur mutig, mein Herze, versuche dein Glück.
Verschaffe dir selber ein bess'res Geschick!
Man muss nicht verzagen,
durch tapferes Wagen
schlägt oftmals der Schwache den Stärkern zurück.


SECHSTER AUFTRITT

Dialog

ALLAZIM
Eilt, Gomatz, ihr wisst den Weg! Unten am Strand liegt das Boot und bald schon seid ihr auf offener See!

GOMATZ
Allazim, möchte mir vergönnt sein, dich in jener Ferne zu sehen, in welche ich mit meiner Zaide glücklich zu leben gedenke!

ZAIDE
O, wie würden wir dich verehren, teurer Allazim.

Nr. 8 - Terzetto

ZAIDE
O selige Wonne!
Die glänzende Sonne
steigt lieblich empor.

GOMATZ
O Himmel, o Glücke!
Das Trauergeschicke
verliert seinen Flor.

ALLAZIM
Sehet dort in sanften Wogen,
wie der bunte Regenbogen
euch als Friedensbote lacht.

ZAIDE
Aber seht dort in der Ferne
blutige Kometensterne!
Hört ihr wie der Donner kracht?

GOMATZ
Nur der Kummer macht dir Schrecken.

GOMATZ, ALLAZIM
Gottes Schirm wird uns bedecken,
trau' nur fest auf seine Macht.

ZAIDE, ALLAZIM
O mein Gormatz!

GOMATZ, ALLAZIM
O Zaide!

ZAIDE, GOMATZ
Möchten doch einst Ruh' und Friede
nach so vieler Qual und Pein
unsrer Treue Preise sein.

ALLAZIM
Wonne, Ruh' und steter Friede
werden euch nach Qual und Pein
einst der Treue Preise sein .

ZWEITER AUFZUG

ERSTER AUFTRITT
Sultan Soliman und Osmin, Oberster der Leibwache

Nr. 9 - Melologo

SOLIMAN
Zaide entflohen!
Kann ich den entsetzlichen Schimpf überleben?
Von einem Christenhunde,
von einem Sklaven lässt sie sich verführen!
Die Schlange,
die sich so gegen die Liebe eines Sultans
gewehrt hat.
Warum -
warum habe ich sie nicht verachtet,
diese Undankbare?
Warum musste mir ihre gleissnerische Sittsamkeit
mein Herz entflammen?
Warum gestattete ich der Heuchlerin
so ungewöhnliche Freiheiten?
O Verräterei!

OSMIN
Grossmächtigster Sultan!
Das Haupt dieser Verräterei ist leicht zu erraten.
Allazim ist ebenfalls entflohen.
Aber seid gewiss, Herr, man wird sie einholen, ehe sie
die Grenzen eures Gebiets erreichen können.
Ich erwarte mit jedem Augenblick
die Einbringung der Flüchtigen.

SOLIMAN
O Mahomed, lass es wahr sein.
Beim ersten Anblick will ich die verräterische Brut
in Stücke hauen lassen.
Ich werde mein Herz in Stein verwandeln,
die grenzenlose Beleidigung
der treulosen Sklavenbuhlerin rächen.
Verfluchte Liebe!
Folter des Herzens!
Verwünschen will ich auf immer die Süssigkeit,
die du unserer betrogenen Einbildung
in der Ferne vorspiegeln
und beim Ziele der Wirklichkeit
so schlecht gewähren kannst.
Fort aus meinem Busen!
Fort!
Jede Art dir zu fronen ist mir verhasst!
Unedler Zwang bringt mir Ekel,
durch Geschenke erobern ist Schande für mich.
Fort also,
weg mit der schandvollen Dienstbarkeit!
Und es soll mir nicht genug sein,
die Fessel zu zerreissen!
Grausam!
Grausam will ich auch ihre gefühlte Bürde rächen!


ZWEITER AUFTRITT

Arie

SOLIMAN
Der stolze Löw' lässt sich zwar zähmen,
er nimmt vom Schmeichler Fessel an,
doch will man sklavisch ihn beschämen,
steigt seine Wut bis zum Tyrann.
Er brüllet mit furchtbarer Stimme
und schleudert im wütenden Grimme
die Ketten in Trümmern zur Erd',
und was ihm entgegen,
wird von seinen Schlägen
zum Tode, zum Tode verheert.


DRITTER AUFTRITT

Monolog

OSMIN
Nun, so wären wir den Allazim los! Und wer wird zur rechten Hand des Sultans? Wer wird mächtig und reich? Ha, ha, ha, ich selber, Osmin! Die Gelegenheit lass ich mir nicht entgeh'n!

Nr. 10 - Arie

OSMIN
Wer hungrig bei der Tafel sitzt
und schmachtend Speis' und Trank nicht nützt,
mag selbst sein Glück nicht machen.
Er ist fürwahr ein ganzer Narr.
Wer soll nicht drüber lachen? Ha…ha!
Wer schnatternd über Kälte lärmt
und sich bei naher Glut nicht wärmt,
mag selbst sein Glück nicht machen.
Er ist fürwahr, etc.

Wer winselt, jammert, schreit und flucht,
und was er hat, erst ängstlich sucht,
mag selbst sein Glück nicht machen.
Er ist fürwahr, etc.


VIERTER AUFTRITT

Dialog

SOLIMAN
Da steht ihr also vor mir, Verräter! Ha, ha, ha, ha! Glaubtet ihr meinen Häschern zu entfliehen?
Bringt sie ins Gefängnis! Schon morgen werden sie mit den grössten Qualen hingerichtet!

ZAIDE
Oh grosser Soliman, ist das die Liebe und die Zärtlichkeit, die ihr gegen mich zu fühlen vorgabt?

SOLIMAN
Schweigt, Zaide! Du, Allazim, der sie zur Flucht verleitet, wirst zusehen, wie sie vor deinen Augen gezüchtigt werden.

Nr. 11 - Arie

SOLIMAN
Ich bin so bös' auch als gut.
Ich lohne die Verdienste
mit reichlichem Gewinnste;
doch reizt man meine Wut,
so hab' ich auch wohl Waffen,
das Laster zu bestrafen,
und diese fordern Blut.


FÜNFTER AUFTRITT

Monolog

ZAIDE
Weshalb muss ich im dunklen Kerker schmachten? Weshalb? Nur weil ich die Freiheit liebte? - Ich soll Folter und Tod erleiden, weil ich nicht Sklavin sein will.

Nr. 12 - Arie

ZAIDE
Trostlos schluchzet Philomele,
in dem Käfig eingeschränkt,
und beweint mit reger Kehle,
dass man ihre Freiheit kränkt.
Tag und Nacht mag sie nicht schlafen,
hüpfend sucht sie Raum zur Flucht.
Ach, wer könnte sie wohl strafen,
wenn sie findet, was sie sucht.


SECHSTER AUFTRITT

Dialog

SOLIMAN
Hört, Zaide, ich werde euch die Freiheit schenken, aber um eine Bedingung: dass du mir die Wahrheit gestehst! - Warum bist du entflohen, da ich dir alle Vergünstigung gewährte?

ZAIDE
Grosser Soliman, die Sehnsucht nach der Heimat hat mich getrieben! Und - eure Grossmut möge mir verzeihen - ich kann euch nicht lieben! Ihn, Gornatz, lieb' ich über alles!

SOLIMAN
Du sprichst aus, was ich befürchtet habe. Meine Rache wird grausam sein. Du hieltest mich für ein Lamm, aber du wirst erfahren, dass ich ein Tiger bin.

Nr. 13 - Arie

ZAIDE
Tiger! wetze nur die Klauen,
freu' dich der erschlichnen Beut'.
Straf' ein törichtes Vertrauen
auf verstellte Zärtlichkeit .
Komm' nur schnell und töt' uns beide,
saug' der Unschuld warmes Blut.
Tiger! reiss' das Herz vom Eingeweide
und ersätt'ge deine Wut.
Ach mein Gomatz! mit uns Armen
hat das Schicksal kein Erbarmen.
Nur der Tod
endigt unsre herbe Not.
Tiger! wetze nur die Klauen, etc.


SIEBENTER AUFTRITT

Dialog

SOLIMAN
Nun zu dir, Allazim, warum hast du mein Vertrauen getäuscht? Du warst mein Sklave, aber gab ich dir nicht alles?

ALLAZIM
Nur meine Freiheit nicht! Kann ein Mensch ohne Freiheit glücklich sein?

SOLIMAN
Ich habe viele Sklaven. Wie könnt' ich mich um das Glück jedes einzelnen kümmern?

Nr. 14 - Arie

ALLAZIM
Ihr Mächtigen seht ungerühr
auf eure Sklaven nieder,
und weil euch Glück und Anseh'n ziert,
verkennt ihr eure Brüder.
Nur der kennt Mitleid, Huld und Gnad',
der, eh' man ihn zum Rang erhoben,
des wandelbaren Schicksals Proben
im niedern Staub gesammelt hat.

Dialog

SOLIMAN
Es ist umsonst. Führt sie hinweg!

ALLAZIM
leise
O grausames Geschick! Heut' bringt mich eine gute Tat ums Leben und eine andere gute Tat bracht' einst mich um die Freiheit.

SOLIMAN
Was sprichst du da? Was ist deiner dunklen Worte Sinn?

ALLAZIM
Vor fünfzehn Jahren war's. Das spanische Kriegsschiff, das ich als Kapitän befehligte, lag bei Oran. Vor unsern Augen kaperten Piraten eine friedliche türkische Galeere. Wir eilten ihr zu Hilfe, und es gelang uns, sie zu befreien und den Angreifer zu verjagen. Dabei jedoch gerieten wir in eine ganze Flotte von Piraten. Gefangenschaft war unser Los.

SOLIMAN
O Wunder! Wie, Allazim, du warst der edle Kapitän, der damals mich vor den Piraten gerettet hat? Und das blieb mir fünfzehn Jahre lang verschwiegen! Man nehme ihm sofort die Eisen ab!

ALLAZIM
Grosser Sultan, ich könnt' nicht glücklich leben, wenn ihr nicht auch den beiden Gnade schenken würdet.

SOLIMAN
Vergeblich bittest du, mein edler Freund, sie sollen meine ganze Rache spüren!


ACHTER AUFTRITT

Nr. 15 - Quartett

GOMATZ
Freundin! stille deine Tränen,
lass den Tod die Liebe krönen.

ALLAZIM
Welch ein Schmerz! mein Herze bricht.

SOLIMAN
Alle Tränen nützen nicht.

ZAIDE
Lass mich, Herr, allein verderben,
ich bin schuldig, Gomatz nicht.

SOLIMAN
Alle beide müsst ihr sterben!

ALLAZIM
Welch ein Schmerz! mein Herze bricht!

ZAIDE, GOMATZ
Himmel, höre doch mein Flehen,
lass allein (mit ihr) mich untergehen.

ALLAZIM
Soliman, ach hör' mein Flehen,
lass sie nicht zugrunde gehen.

SOLIMAN
Fort, vergebens ist dein Flehen,
lass sie nur zugrunde gehen.

ZAIDE, GOMATZ
Ach das Leben hat für mich
keine Reize mehr in sich (ohne dich).

ALLAZIM
Mitleid, Herr, erhöre mich,
Mitleid, Herr, besänft'ge dich.

SOLIMAN
Fort, umsonst bemühst du dich,
geh'. dein Fleh'n beleidigt mich.

Dialog

ALLAZIM
O grosser Soliman, ich bedarf nicht deiner Dankbarkeit. Gewähre sie lieber diesen jungen Menschen, die noch das Leben vor sich haben. Fünfzehn Jahre habe ich dir gedient, drum nimm mein altes Leben jetzt an ihrer Stelle und lass mich für Zaide und Gomatz sterben.

SOLIMAN
Dein Edelmut, Allazim, hat den Weg zu meinem Herzen gefunden. Ein Muselmann kann ebenso grossmütig sein wie ein Spanier. Befreit sie denn und bringt sie auf ein Schiff, das in ihre Heimat segelt. Leb wohl, Zaide. Leb wohl, Gomatz, trachte sie zu verdienen. - Aber du, Allazim, verlass mich nicht. Hilf mir, so edel zu sein wie du. Es befiehlt nicht dein Herr, es bittet dich dein Bruder.