ERSTER AKT
Der erste Akt spielt in Budapest. Die Bühne zeigt den Innenraum eines festlich beleuchteten Varieté-Theaters während der Vorstellung. Die ganze linke Seite nimmt die erhöhte Varietébühne ein (vorgeschoben also auch vom links sitzenden Publikum sichtbar), welche vollständig theatergemäss mit praktikablem Vorhang, Kulissen, Rampenbeleuchtung usw. ausgestattet ist. Der Varietébühne zugekehrt das Varietéorchester mit den Musikern und dem Kapellmeister. Eine mit Blumen geschmückte kleine Brücke von der Varietébühne mitten über das Varietéorchester ins Parkett des Varieté-Zuschauerraumes. Das Varietéorchester kann auch durch eine zwischen Bühne und Wintergarten postierte kleine Kapelle ersetzt werden.
Man sieht nur einen Ausschnitt des Varieté-Zuschauerraumes, und zwar die der Varietébühne zunächst liegenden Parkett- und Balkonlogen, sowie fünf bis sechs Reihen Tische. Der übrige Teil des Zuschauerraumes verläuft nach rechts und kann nur perspektivisch zum Ausdruck gebracht werden. Ausgänge fürs Publikum. Links seitwärts im Hintergrund zwischen der Bühne und der ersten Parterreloge eine Tür mit der transparenten Aufschrift “Wintergarten” führt in ein Lokal, in welchem die im Verlaufe des Aktes auftretenden Zigeuner konzertieren. Diese Tür ist geschlossen. Links ganz vorne eine eiserne Türe mit der Aufschrift “Bühne”.
Nr. 1: Introduktion und Lied
Wenn der Vorhang hoch geht, ist die Vorstellung soeben aus. Das Publikum (in den Logen elegante Herren in Frack und Uniform, die Damen in grosser Toilette) hat sich schon zumeist erhoben. Man applaudiert stürmisch. Boni, Feri und einige Kavaliere in der Parterre-Eckloge links sind die lautesten Klatscher. Der Vorhang hebt und senkt sich. Sylva, in ungarisch-siebenbürgischem Nationalkostüm, erscheint immer wieder, nach allen Seiten grüssend, bejubelt, mit Blumen beworfen. Das Bühnenorchester spielt jedesmal einen Tusch, Boni und Feri benehmen sich besonders enthusiastisch. Man hört immer deutlicher Rufe: “Das Lied vom Siebenbürger Mädel!”.
FERI und BONI
Mit den Stöcken klopfend
Olala! Olala!
SYLVA
tritt vor die Rampe, der Lärm verstummt. Schlicht gesprochen:
Also auf allgemeines Verlangen!
BONI
aus seiner Loge rufend, ergänzend:
Zum achten Mal: Olala!
SYLVA
Heia, heia! In den Bergen ist mein Heimatland!
Heia, oheia! Hoch dort oben meine Wiege stand!
Dort, wo scheu blüht das Edelweiss,
Dort, wo ringsum glitzern Schnee und Eis
Heia, oheia! - schlagen Herzen wild und heiss.
Wenn ein Siebenbürger Mädel
Sich in dich verliebt,
Nicht zum Spielen, nicht zum Scherzen
Sie ihr Herz Dir gibt.
Willst du dir die Zeit vertreiben,
Such ein anderes Schätzelein,
Bist du mein - musst mein du bleiben,
Musst mir deine Seel’ verschreiben,
Muss ich Himmel dir und Hölle sein!
(Das Publikum klatscht im Takte in die Hände.)
Olala! So bin ich gebaut!
Olala! Auf zum Tanz!
Küss mich, ach, küss mich,
Denn wer am besten küssen kann -
Nur der wird mein Mann!
(Tanz)
Das Publikum singt den Refrain bei der Wiederholung mit. Boni dirigiert aus seiner Loge mit dem Stock. Sylva tanzt immer wilder, ruft dazwischen:”Olala!” Das Publikum begleitet den Tanz gleichfalls mit Zurufen: “Olala!” - Ein Teil der Herren eilt bis zur Bühne. Sylva sinkt in die Knie. Applaus. Neuerlicher Jubel. Der Vorhang auf und ab. Diener bringen Garderobe. Damen nehmen ihre Mäntel und Umhänge um.
BONI
aus der Loge
St. Sie will Rede sprechen!
Der Lärm verstummt.
SYLVA
einfach, gewinnend, ohne jede Theatralik
Liebes, gutes Publikum!?Sie machen mir den Abschied schwer. Behalten Sie die kleine Sylva lieb. Wenn ich von Amerika zurückkomme, soll mein erster Weg zu Ihnen sein. Nochmals Dank. Tausend Dank und auf Wiedersehen!
Neuerlicher Applaus. Sylva bedankt sich; ab. - Das Varietéorchester intoniert den Refrain des Liedes. Das Publikum entfernt sich, indem ein Teil den Refrain mitsummt, nach allen Richtungen, lebhaft sprechend und gestikulierend.
Die Varietémusiker packen ihre Instrumente zusammen und entfernen sich durch die Orchestertür. Uniformierte Diener rücken die Tische zurecht. - Schon während des Abganges des Publikums sind Boni, Feri, Merö, Szerenyi und einige elegante Kavaliere aufgetreten, sie kommen jetzt in den Vordergrund, leichte Stöcke mit Goldknopf in der Hand, Zylinder aufgesetzt. Sie zünden ihre Zigaretten an.
ZWEITE SZENE
FERI
alter, weissköpfiger, jovialer Ungar, Typus des Varietéhabitués:
No, was hab’ ich euch gesagt Mittag bei Rennen? Es gibt heut’ nur zwei Damen in Budapest, die was siegen können, wie sie wollen.
Das ist “Mizzi” in Königspreis und Sylva in Orpheum.
BONI
zirka 34, Haar schon ein bisschen schütter, kleiner schwarzer aufgedrehter Schnurrbart, ungemein sympatisch:
Was ist Mizzi? Nix ist sie. Pferd ist sie. Katz ist sie. Sylva, das ist was! Das ist Weib. Das ist Rass! Das ist Feuer! Ich kenn’ alle Chansonetten von ganzen Welt. Was sind sie? Nix sind sie! Katz sind sie! Es gibt nur eine Sylva Varescu. Und warum, Bruderherz ?
FERI
Weil sie jünger ist -
MERÖ
Und hübscher -
SZERENYI
und neuer -
BONI
Nein, Bruderherz! Weil sie anders ist. Anders muss man hat man Erfolg im Leben und auf Bühne. Hab’ ich recht, Feri bacsi?
FERI
Recht hast, Bonikam. Ich war auch immer anders. Haben andere geschlafen, hab’ ich gelumpt. Haben andere gearbeitet, hab’ich geschlafen. Haben andere gezahlt, bin ich schuldig geblieben.
BONI
ihm auf die Schulter klopfend:
Aber lustig warst immer, erhalten hast dich grossartig, siehst aus wie ein junger Achtziger.
Ihm die Hand entgegenstreckend:
Sag’, bin ich dein Freind?
FERI
Bist es.
Zu den Herren
Ihm verdanken wir unsere Sylva. Er war ihr Entdecker, ihr Förderer-
BONI
Ganz uneigennützig, bitte! Ich bin ihr Freund, bitte! Sonst gar nix!
Aufbrausend:
Bitte sehr!
FERI
No, no, wenn man da
deutet auf Bonis Herz
hineinschaut -
deutet auf Bonis Hirn
und da –
BONI
abwehrend:
Nix find’st drin, nix!
Oberkellner Miksa und einige uniformierte Diener sind bereits aufgetreten, rücken während des folgenden Dialogs die Tische weg, stellen eine hufeisenörmige Tafel auf.
BONI
He, du, Miksa, komm her! Sag’ - bin ich dein Freind?
MIKSA
geschmeichelt
Aber, Herr Graf -
BONI
Dann richt’ schön Tafel her, kalte Platte, wie damals bei Einladung von die acht English-Girls aus Debreczin.
Miksa zieht sich mit einer Verbeugung zurück, gibt den Dienern diskret die nötigen Anweisungen. Ein Diener desinfiziert den Raum mit einer Perolinspritze, Stühle werden aufgestellt, die Tafel mit Blumen geschmückt.
DRITTE SZENE
ENDREY
Servus Kinder!
VIHAR
Draussen stehen hundert Autos. Man kann nicht durch.
Die Diener bringen einen grossen, blumengeschmückten Fauteuil und stellen ihn auf den Ehrenplatz.
FERI
Originelle Idee von Boni. Abschiedssouper für Sylva im Orpheum.
VIHAR
Also bleibt’s wirklich dabei? Sie fahrt?
BONI
Drei Uhr vierzig Morgens Schnellzug Triest, von dort mit Schiff “Adria” nach New-York.
FERI
Tut mir nur leid der junge Fürst, der Edwin! Der ist ganz verrückt in ihr. Wie wird er das ertragen?
BONI
An Liebe ist noch keiner nicht gestorben. Sonst wär’ ich schon längst lebender Leichnam.
FERI
Wo steckt denn der Edwin heut’? War er nicht bei Vorstellung?
MERÖ
Ich hab’ ihn nicht geseh’n.
BONI
Da fallt mir ein - hab’ich ja ein Telegramm für ihn. Schon den ganzen Abend.
Zieht es heraus, liest den Aufgabeort.
Uje, aus Wien, wahrscheinlich wieder Wetterdonner von Herrn Vater, dass er nach Haus kommen soll.
FERI
Alter Fürst wird Wind gekriegt haben - von Edwins Beziehung zu Sylva.
BONI
Beziehung? Was sind das für Ausdrücke? Für Beziehung bitte, ist sie nicht zu haben. Da heissts heiraten. Und heiraten kann er sie nie, darf er sie nie, wird er sie nie.
FERI
Ist schon vorgekommen, dass Fürsten haben geheiratet Varietédamen.
BONI
Ja, aber nur in Operetten! Da kennst seine Familie bissel schlecht. Die haben blauen Blutdruck. Die ziehen sogar zum Schlafen Handschuh’ an.
FERI
Meinetwegen können sie auch anzieh’n Überzieher. Jaj, wenn ich einen Sohn hätt’ - mit Gottes Hilfe hab’ ich ja keinen gekriegt - aber wann ich ihn hätt’, ich möcht’ ihn von nichts zurückhalten. Herschicken möcht’ ich ihn zu die Mädeln im Varieté.
BONI
Dein Sohn möcht’ schon von selber kommen. Und recht hätt’ er! Da eignet man sich Bildung an, da ist Liebeshandelschul’.
Feri die Hand hinstreckend
Sag’, bin ich dein Freind? Feri bacsi, wir zwei leben und sterben für Varieté.
FERI
Az ebatta! Das will ich meinen.
Nr. 2: Marschlied
FERI
Alle sind wir Sünder!
Es wär’ uns zwar gesünder,
Bei Nacht zu liegen ausgestreckt im Bett’
Doch das Grosstadtpflaster
hat uns verführt zum Laster
Und wir sind Lumpen drum von A bis Z!
BONI
Alle sind wir Sünder
Und freu’n uns wie die Kinder
auf jedes neue Maderl im Programm.
FERI und BONI
In der trauten Atmosphäre,
Wo man tanzt und küsst und lacht,
Pfeif’ ich auf der Welt Misere,
Mach’ zum Tag die Nacht!
ALLE
Alle sind wir Falter,
Und man vergisst sein Alter,
Tritt so ein kleines,
Superfeines,
Zuckersüsses
Maderl auf den Plan -
FERI und BONI
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant,
Die nehmen die Liebe nicht zu tragisch,
Drum ziehen und locken die Mädis vom Chantant
Uns Männer, uns Männer stets an so magisch.
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant,
Sie machen nicht viel sich aus der Treue.
So oft sich ändert das Programm,
Verändert man sein Herz auch stramm,
Und nimmt sich, nimmt sich, nimmt sich eine Neue.
FERI und BONI
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant, usw.
BONI
Selten geh’n die Grafen.
Vor drei Uhr morgens schlafen,
Drum wälz’ ich mich im holden Sündenpfuhl.
In dem Reich der Schminke
Vergnüglich ich versinke!
Die Bühne ist die beste Liebesschul’.
FERI
In dem Reich der Künste,
Im Rauche ich mich dünste
Und mach’ seit Jahren mehr kein Auge zu.
BONI und FERI
Hier nur amüsiert man flott sich,
Bleibt gesund man wie ein Fisch!
Hier nur fühlt man wie ein Gott sich,
Bleibt man fesch und frisch!
ALLE
Was uns alle bindet,
Und unser Herz entzündet,
Das ist das Wesen.
Auserlesen
Ist die kleine
Fee vom Variete!
FERI und BONI
Die Mädis, die Mädis,die Mädis vom Chantant,
Sie nehmen die Liebe nicht so tragisch,
Drum ziehen und locken die Mädis vom Chantant
Uns Männer, und Männer stets an so magisch.
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant,
Sie machen nicht viel sich aus der Treue.
So oft sich ändert das Programm,
Verändert man sein Herz auch stramm
Und nimmt sich, nimmt sich, nimmt sich eine Neue.
ALLE
repetieren
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant, usw.
Alle ab in den Wintergarten
VIERTE SZENE
EDWIN
eilig, im Raglan, Zylinder auf dem Kopfe, zu dem ihm folgenden Miksa:
Sie müssen mir etwas besorgen.
Zieht sein Notizbuch.
MIKSA
Bitt’ schön, Durchlaucht!
EDWIN
schreibt rasch und nervös ein paar Zeilen, reisst den Zettel vom Block, faltet ihn, klebt ein kleines gummiertes Papiersiegel darauf und gibt ihn dann Miksa.
Zu Fräulein Sylva. In die Garderobe. Dringend.
MIKSA
Sofort, Durchlaucht.
Ab.
FÜNFTE SZENE
BONI
aus dem Wintergarten kommend:
Servus, Edwin! Wo steckst den ganzen Abend? Da. Telegramm für dich.
Gibt ihm das Telegramm.
EDWIN
Schon wieder!
Öffnet es.
BONI
Vorladung vom Hausgericht?
EDWIN
Neunundneunzig Telegramme jeden Tag. Es ist schon zum …
Liest die Depesche.
Affäre mit Chansonette muss sofort Ende nehmen. Kompromittierst ganze Familie. Wenn nicht augenblicklich nach Hause kommst, werde Mittel finden dich zu zwingen!
Zerknittert das Telegramm, steckt es ein, spricht lachend
So, so, möchte doch seh’n, wie der gestrenge Herr Papa mich zwingen kann!
BONI
Mach’ keine Dummheiten. Fahr’ endlich.
EDWIN
Ich kann nicht.
BONI
Schau was nutzt Dein Dickschädel gegen Deinen Vater seine Hinterfüss’?
Warm, ihm die Hand auf die Schulter legend:
In einigen Stunden fahrt Sylva weg.
EDWIN
Sie wird nicht fahren.
BONI
Sie fahrt so sicher wie zwei mal zwei. Sag’, bin ich dein Freind? Edwin, ich bin der Ältere und ohne dir zu schmeicheln, der Gescheitere. Schlag dir die Sache aus dem Kopf heraus. Sylva ist kein Mädel, mit was man spielt. Dummheiten macht sie nicht, dafür bin ich da.
EDWIN
Ich weiss schon selbst, was ich zu tun hab’.
BONI
Du hast zu tun, dass du nach Haus fahrst zu deine Vorfahren.
EDWIN
aufstampfend:
Sie darf nicht fort, und wenn ich sie zwingen müsste!
BONI
Zwingen? Sylva zwingen? Sie tut was sie will. Und wenn’s dem andern nicht passt, kennst ja ihr Sprüchl:
Wirft komisch den Kopf zurück, stemmt die Hände in die Hüften:
“Olala, ich bin schon so gebaut!”
Wieder warm:
Schau, Edwin, gibt ja tausend andere Mädel. Muss grad die sein?
EDWIN
Ja, die. Es kann keine andere sein. Es gibt keine andere.
Aus dem Wintergarten steckt Aranka den Kopf heraus, ruft: Böni!
BONI
mit Humor:
Da hast gleich eine. Allerdings schon von mir besetzt. Gleich komm’ ich, Muczikam!
Aranka verschwindet.
SYLVA
steckt den Kopf durch die Bühnentür. Sie hat eine Art Frisiernegligé umgeworfen, das sie lose mit der Hand beim Hals zusammenhält. Die Haare sind in reizender Unordnung. Sie erblickt zuerst Boni, der näher zur Bühnentür steht:
Wie, Boni, du? Ich dachte doch - der Fürst -
Edwin tritt lebhaft auf sie zu.
Ah, da sind Sie ja! Ihr Zettel hat mich schön erschreckt!
BONI
zu Edwin:
Was, du hast was angezettelt?
Zu Sylva, auf ihre Corsage deutend:
Mach’ da zu - es zieht dir kalt hinein.
EDWIN
dringlich:
Sylva, ich muss sie sprechen.
SYLVA
Aber jetzt doch nicht. Ich muss mich ja umzieh’n.
Inniger:
Später! Übrigens bin ich ganz böse auf Sie. Nicht zu kommen! Zu meiner Abschiedsvorstellung.
EDWIN
Es gibt eben keinen Abschied. Sie dürfen nicht fort.
SYLVA
Es - geht nicht anders.
EDWIN
entschlossen
Gut, dann weiss ich, was ich tu’, ich fahre mit.
SYLVA
erschrocken:
Nein, nein, das dürfen Sie nicht.
bittend:
Edwin, das dürfen Sie nicht.
BONI
treuherzig
Sag’ bin ich dein Freind?
EDWIN
ihn anschreiend:
Nein, du bist nicht mein Freund! Du bist ein Heuchler! Du bist selbst in sie verliebt!
BONI
Bin ich. Aber ich red’ nicht davon. Ich druck das in mir hinein. Könnt ich haben Viehsglück bei alle anderen Weiber. Aber keine schau’ ich an.
Plötzlich in anderem Ton:
Jaj, da fällt mir ein, Juliska wartet auf mir in Konditorei. Ich bitt’ euch, seid’s nicht bös’!
Zu Sylva
Aber du kennst ja Juliska, wie sie is, gleich macht sie mir Szenarium. Sofort bin ich wieder da. Servus.
Eilt ab.
SIEBTE SZENE
SYLVA
geht rasch auf Edwin zu, fasst ihn bei der Hand:
Edwin, gescheit sein!
EDWIN
trotzig, aber nicht ohne Wärme:
Ja, zuerst einem den Verstand rauben, dann predigen: gescheit sein! Ich kann aber nicht.
SYLVA
Drum will ich eben die Gescheitere sein.
EDWIN
Weil Sie herzlos sind! Weil Sie für mich nichts empfinden, nicht so ein bissel.
SYLVA
bitter:
Nicht so ein bissel.
EDWIN
leidenschaftlich:
Sylva, zwei Monate fast bin ich von zuhause fort. Mit meiner Familie bin ich zerfallen. Ihretwegen.
Da Sylva antworten will:
Ich weiss, Sie sind nicht schuld. Aber ich bin eben verrückt, vernarrt vom ersten Augenblick
SYLVA
Es ist ein Rausch - er wird vorübergehen!
EDWIN
sie unterbrechend:
Nein, nein, nein, das ist kein Rausch!
BONI
kommt atemlos:
Du, die Juliska war schon weg. War sie nicht da?
SYLVA
Nein.
EDWIN
schreit ihn an:
Nein!
BONI
Wo der Teifel kann sie nur stecken?
Zu Sylva:
Da hast. Kugler-Bonbons, mit Paradeis gefüllt.
gibt ihr die Tüte)
Vielleicht ist sie schon im Pavillon.
ab
SYLVA
zu Edwin:
Edwin. Lieber, sei’n Sie nicht traurig. In vier Wochen wird Ihnen alles wie ein Traum sein.
EDWIN
Sie behandeln mich wie einen verliebten Studenten.
BONI
kommt aus dem Pavillon, strahlend
Is schon da, die Juliska. Bitte, gib die Zuckerl her, sie ist bös, dass ich ihr keine mitgebracht hab’. Nimmt ihr die Tüte aus der Hand.
Dank’ schön. Servus!
Ab.
SYLVA
Nehmen Sie sich ein Beispiel an dem. Der geht lachend durchs Leben.
Nr. 3: Melodram und Duett
SYLVA
fasst Edwin, der sich abgewendet, bei der Hand, sieht ihm innig in die Augen:
Edwin, es ist mein letzter Abend heute.
EDWIN
Svlva!
SYLVA
Wenige Stunden. Wenige kurze Stunden noch - die möcht’ ich glücklich sein.
EDWIN
Sylva!
Er reisst sie stürmisch an sich, küsst sie.
SYLVA
erwidert, fast unbewusst, den Kuss, löst sich von Edwin los:
Edwin!
EDWIN
leidenschaftlich:
Bleib’! Ein Leben ohne dich - das kann ich mir nicht mehr denken!
SYLVA
Das sagst du jetzt, das wird vorübergeh’n! Du wirst eine andere finden.
EDWIN
Ich will nur dich!
SYLVA
Du wirst dich wieder verlieben - in eine Schönere!
EDWIN
Sylva! Ich will nur dich! Ich liebe dich!
Duett
EDWIN
Sich verlieben kann man öfter,
Lieben kann man einmal nur!
Jedem schlägt einmal sein Stündchen,
Jetzt bin ich halt an der Tour.
Mag ich tausend, tausendmal auch sagen:
Dummes Herz, so gib doch - Ruh’ !
Hör’ ich spottend es zur Antwort schlagen:
Ich bin stärker, Freund, als du!
SYLVA
Und frag’ ich dich:
Warum grad ich -
Von allen Frau’n just ich?
EDWIN
Ich weiss mir keine Antwort drauf.
Wer löst mir wohl dies Rätsel auf? Ja?
Mädchen gibt es wunderfeine,
Doch wer liebt, der sieht nur eine,
Und die eine ist die Schönste auf der Welt!
Eine nur - die ist die Echte,
Eine nur - die ist die Rechte,
Die - die uns gefällt,
Die ist die Schönste auf der Welt!
SYLVA
Wetterleuchten tut es öfters,
Einmal schlägt der Blitz nur ein,
Von der grossen Liebe kommen
Erst die kleinen Liebelei’n.
Ein so jähes, ein so rasches Feuer,
Das verlöscht bald ohne Spur
Und von wunderschönen Abenteuer
Bleibt ein Häuflein Asche nur.
EDWIN
Wenn Du mich liebtest, wie ich dich,
Sprächst du nicht so gescheit.
SYLVA
Eh’ du’s noch denkst, vergisst du mich,
Denn alle Wunden heilt die Zeit. Ja?
Mädchen gibt es wunderfeine,
Doch wer liebt, der sieht nur
Und die eine ist die Schönste auf der Welt!
BEIDE
Eine nur - die ist die Echte,
Eine nur - die ist die Rechte,
Die - die uns gefällt,
Die ist die Schönste auf der Welt’
Beim Nachspiel umarmt Edwin stürmisch Sylva, sie windet sich lachend aus seinem Arm und läuft nach links, bietet ihm lachend die Wange zum Kuss, er küsst sie auf die Wange, dann fasst sie ihn mit beiden Händen beim Kopf und küsst ihn stürmisch und innig einigemale auf den Mund und beide gehen bei den letzten Takten ab, Sylva durch die Bühnentür, Edwin rechts vorn.
ACHTE SZENE
Boni, Juliska, Aranka, Cleo, Rizzi, Selma, Mia, Vally, Daisy - aus dem Wintergarten.
Juliska und Aranka sind in Boni eingehängt
BONI
Kommt nur, Mauserln!
Auf den Tisch zeigend:
Da könnt’s euch satt seh’n. Aber zu essen gibt’s nix, bis Sylva kommt.
Die Mädchen eilen zum Tisch.
CLEO
Uj! Fein!
JULISKA
Ach was! Ich bin mordshungrig!
Nimmt ein Appetitbrötchen und isst.
DIE MÄDCHEN
Ich auch! Ich auch!
Sie nehmen sich Brötchen.
BONI
Was heisst das? Habt ihr keine Erziehung genossen?
DIE MÄDCHEN
unisono, übermütig:
Nein!
ARANKA
ihn ihr Brötchen zeigend:
Du, was ist das?
BONI
Sandwichs!
ARANKA
Schmeckt auch so wie Gurken mit Schokolad’-.
JULISKA
nimmt ein zweites Brötchen.
BONI
nimmt es ihr aus der Hand:
Könnt’s Ihr denn nicht warten? Das ist doch ein Skandal!
Isst das Brötchen selbst, die Mädchen lachen, Boni spricht kauend unartikulierte Ermahnungsworte.
JULISKA
die herumschnüffelt:
Schaut’s die netten Tischkarten.
Blickt herum.
Wo sitz’ denn ich?
BONI
Alles ist geordnet.
Zeigt auf die einzelnen Plätze:
Hier sitzen die Sisters Wowurka - Rizzi und Vally - hier der Stern von Barcelona - Fräulein Cleo Pomeisl - hier die Havannah-Prinzessin - Fräulein Daisy Uppmann aus Soroksar - hier die Rose des Orients, Fräulein Selma Goldfinger und bei mir, an meiner grünen Seite Fräulein Juliska Horvath, das Schwalberl von Liechtenthal.
ALLE
applaudieren:
Bravo! Bravo!
JULISKA
bei ihrem Platz:
Da liegt ja was. Unter der Serviette. Ah! Eine Schachtel !
ALLE MÄDCHEN
stürzen ebenfalls auf die Servietten los, finden die Geschenke:
Bei mir auch! Bei mir auch!
BONI
Bin ich euer Freind?
DIE MÄDCHEN
durcheinander:
Schau, ein Glückschweinderl! ein Fächer! ein Tascherl! ein Spiegel! Ah! Ah!
JULISKA
hat ihre Schachtel geöffnet:
Ein Ring!
BONI
Eine kleine sinnliche Überraschung zum Abschied.
JULISKA
Dieser Rubin! Herrlich!
Umarmt und küsst Boni.
Boni, du darfst nicht fort!
ALLE
sich an ihn hängend:
Du bleibst bei uns. Du darfst nicht fort!
BONI
gerührt:
Das nennt man e c h t e Liebe. Ich dank’ euch, Kinder. Aber Abschied muss sein. Abschied für immer.
DIE MÄDCHEN
lebhaft:
Warum? Unsinn! Das gibt’s nicht!
JULISKA
Er will mit der Sylva nach Amerika - das ist die Geschichte!
Versetzt ihm einen kleinen Rippenstoss.
BONI
Nicht wahr - höchstens begleiten kleines Stückerl! Grund für Abschied liegt tiefer.
düster:
Ich will mich vom Nachtleben ganz zurückzieh’n.
Die Mädchen lachen.
BONI
Seit einiger Zeit merk’ ich, dass ich täglich älter werde. Das ist mir auffallend. Ich muss anderes Dasein anfangen. Vielleicht Arbeit oder Ähnliches! Jedenfalls mit der Liebe ist es bei mir aus!
hebt die Finger in die Höhe:
Bitte, leg’ ich Schwur ab. Und wenn ich so schwöre -
JULISKA
Dann hältst du’s nicht!
DIE MÄDCHEN
Boni, einen Kuss!
Nr. 4: Lied mit Chor
BONI
Aus ist’s mit der Liebe bei mir ein- für allemal!
Schau’ kein Mädel mehr mir an,
Schau mir keine an!
Wenn auch tausend Herzen brechen,
Das ist mir egal.
Über alle Weiblichkeit
Mach’ ich einen Strich,
In der schönsten Blütezeit
Zieh’ zurück ich mich.
Mein Entschluss steht felsenfest:
Mit der Liebe ist es Rest.
Doch:
Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht!
Ganz ohne Sonne blüht die Rose nicht!
Drum hie und da, so einmal noch -
Da küss’ ich doch!
Da küss, ich doch !
Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht
Ganz ohne Sonne blüht die Rose nicht!
Drum will ich nichts verschwören,
Will, Mädels, euch gehören! -
Schuft, wer sein Wort jetzt noch bricht!
Gern hätt’ ich manchmal mich schon ehelich vermählt,
Leider das Talent mir fehlt,
Das Talent mir fehlt!
Manche hätt’ mich gerne schon zum Eh’gespons erwählt,
Aber ich bleib’ ein Galan,
Flott und fesch und frei!
Stell’ mich nicht als Ehemann
Unter Polizei.
Ich gesteh’ es ohne Scham:
Niemals werd’ ich monogam.
Denn:
Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht!
Ganz ohne Sonne blüht die Rose nicht!
Drum hie und da, so einmal noch -
Da küss ich doch! Da küss’ ich doch!
MÄDCHEN und BONI
Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht! usw.
ab.
NEUNTE SZENE
Feri, Merö, Endrey, Vihar, zwei Kavaliere, Boni, Juliska, Cleo. Aranka, Rizzi, Selma, Mia, Daisy, Vally; dann Sylva, Edwin.
Feri durch die Bühnentür, die er offen lässt, geschäftig mit Blumen beladen, gefolgt von Merö, Vihar, Szerenyi und zwei Kavalieren.
Boni mit allen Mädchen vom Wintergarten her.
FERI
die Blumen ablegend. Ruft:
Kinder schnell! Merö, setz’ dich auf Klavier, spiel’ ein Tusch, wenn Sylva kommt!
Merö steigt über die Brüstung ins Bühnenorchester, setzt sich zum Piano.
FERI
zu den anderen:
Stellt euch auf! Nicht so in Haufen! Verteilt euch in Geschlechter! So!
Sieht zur Bühnentür.
Da ist sie schon!
Läuft Sylva entgegen.
Sylva am Arm Feris in aparter Toilette, hält einen schönen Strauss aus Veilchen und Rosen in der Hand.
MERÖ
spielt den Tusch, alle jubeln Sylva zu:
Hoch!
Edwin ist inzwischen aufgetreten, bleibt rechts allein stehen, beteiligt sich nicht an den Ovationen.
SYLVA
noch während des Tusches, abwehrend:
Aber, Kinder, was fällt euch denn ein? Ihr macht ja zuviel Geschichten mit mir.
Allen die Hände drückend:
Ich danke euch allen - herzlich!
Edwin erblickend, geht lebhaft, erfreut auf ihn zu, zeigt auf die Blumen, die sie trägt:
Da seh’n Sie! Ich trage Ihre Blumen. -
EDWIN
küsst ihr die Hand
SYLVA
sich zu allen wendend, in strahlender Laune:
Wie glücklich bin ich, diese paar letzten Stunden mit euch zu verbringen! Keiner darf mir vom Abschied reden. Lachen, scherzen, tanzen, toll sein und, wenn’s denn sein muss, ein Händedruck, ein Kuss - und dann
pfeift durch die Finger:
huit!
FERI
sie kopierend:
Huit! - komm’ essen!
Reicht ihr den Arm.
SYLVA
Nein, danke. Später vielleicht. Aber lasst euch nicht stören.
Zu den Herren:
Wer mich liebt gibt mir ein Glas Champagner!
Alle Herren stürzen zum Tisch, balgen sich um die Flaschen und Gläser, schenken ein, einer den andern an Eile überbietend.
Edwin hat blitzschnell aus einem abseits auf einem Nebentischchen stehenden Kübel die Flasche ergriffen, eingeschenkt und bringt, während sich die andern, besonders Boni, noch beim Tisch raufen, Sylva ruhig das Glas.
SYLVA
Ich danke schön, lieber Fürst!
ALLE KAVALIERE
bringen Sylva vollgefüllte Gläser, Sylva umringend:
Auf Sylva Varescu! Hoch!
SYLVA
ihr Glas erhebend
Auf die Zukunft!
EDWIN
mit ihr anstossend, ihr ins Auge sehend:
Auf die Gegenwart!
FERI
eine Neige zu Boden schüttend:
Auf die Vergangenheit!
DIE MÄDCHEN
vom Tisch herüber:
Prost Sylva!
SYLVA
Auf euer Glück!
Trinkt.
ALLE
Hoch!
VIHAR
Kinder kommt in den Wintergarten!
SYLVA
Geht nur, ich komme nach. Kinder ich bin ja so selig!
Alles ab bis auf Sylva, Boni, Feri und Edwin.
Edwin fixierend, der allein zu ihrer Rechten steht
SYLVA
Man muss sich nur zusammennehmen können. Ich bin nur ein Mädel, aber ich kann’s. Keiner darf mir’s anmerken, wenn’s noch so weh tut. Ich hab’ mich in meiner Gewalt. Ich lach’, lache…. bis zum letzten Moment lach’ ich.
Fängt plötzlich heftig zu weinen an.
BONI
sie tröstend:
Na, na, lach’ dich nur aus!
SYLVA
Boni, mein Taschentuch!
BONI
reicht es ihr:
Da.
SYLVA
Ich weiss gar nicht, wie das so plötzlich ich hab’ so nach Haus’ gedacht, an Mamuska, an die Schwestern, wie sie jetzt zuhause sitzen in Kis-Küküllö.
BONI
Im schönen Kis-Küküllö, wo die Schweindel auf der Promenade spazieren geh’n.
EDWIN
flüsteit ihr zu:
Sylva, du belügst dich selbst.
SYLVA
sich zum Lächeln zwingend:
O gar nicht! Gar nicht!
EDWIN
wie oben:
Du wehrst dich vergeblich!
Ergreift leidenschaftlich ihre Hand:
Du liebst mich!
SYLVA
die Augen schliessend:
Umso besser, wenn ich gehe!
EDWIN
Champagner her’!
BONI
Bruderherz, du trinkst zu viel! Wirst Schwips kriegen.
EDWIN
Ja, das will ich! Gib’her, Boni!
BONI
reicht ihm ein volles Glas:
Da! - Sag bin ich dein Freind?
EDWIN
Trinkt, Kinder! Alle! Du auch, Sylva! Alles muss beschwipst sein!
Reicht Sylva ein volles Glas.
SYLVA
aufspringend:
Recht so! Auf was sollen wir anstossen?
Auf mich! Es lebe die Jugend!
FERI
Es lebe die Freundschaft!
BONI
mit Sylva anstossend, sieht ihr fest ins Auge:
Es lebe die Liebe!
EDWIN
Jawohl. Es lebe das Glück.
Nr. 5: Sylvas Lied mit Ensemble
SYLVA
O jag’ dem Glück nicht nach auf meilenfernen Wegen!
Hold lächelnd tritt es dir von selber schon entgegen.
Im eig’nen Herzen such’s - nicht in der Welt Getriebe -
Das Glück wohnt überall, denn überall wohnt Liebe!
Ergreift ein Glas.
Heissa, so verliebt zu sein,
Kann’s was Schön’res geben!
Her mit dem Champagnerwein!
Liebe, du sollst leben!
Liebe, aller Freuden Preis
Aller Leiden Quelle!
Bist ein bitt’res Himmelreich,
Eine süsse Hölle!
Packt es dich so heiss da drinnen,
Will’s die Sinne rauben,
Freund, da gibt es kein Entrinnen
Dann musst du dran glauben.
Hei! Wehrst du dich auch noch so sehr,
Packt’s dich um so mehr!
Boni und Feri schlagen ihre Sektgläser zu Boden.
Ja so ein Teufelsweib
Fängt dich mit Seel’ und Leib!
Fliehst du ans End’ der Welt
Sie dich in Banden hält!
Ja, so ein kleines Weib,
Ja, so ein Weib, Weib, Weib, Weib,
Das hat den Teufel, den Teufel hat’s im Leib!
Das Schönste, was es gibt für eine Frau auf Erden,
Das ist zu lieben nicht - das ist geliebt zu werden!
Wie arm wär’ unser Herz, wenn uns der Trost nicht bliebe!
Das Glück wohnt überall, denn überall wohnt Liebe!
BONI
Heissa! Hör’ es, schnöde Welt,
Hör’ es, stiller Wand’rer!
Wenn ein Mädchen mir gefällt -
Hat sie schon ein and’rer!
EDWIN
Heiss! Hoch die letzte Nacht!
Lasst die Pfropfen fliegen!
Einer nur gewinnt die Schlacht!
Liebchen, wer wird siegen?
SYLVA
Will es zu dem Kampf dich drängen,
Kann ich dich nicht retten!
Hüte dich, dein Herz zu hängen
An die Chansonetten!
Hei! Hast du dich so recht verliebt –
Rettung es nicht gibt.
ALLE
Ja, so ein Teufelsweib - usw.
Wilder, sich immer steigender Tanz. Alle ab nach Arrangement in den Wintergarten.
ZEHNTE SZENE
ROHNSDORFF
eleganter Offizier in Zivil (Automobiltracht). Monokel. Etwas gespreizt, aber nicht karikiert:
Melden Sie mich sofort Seiner Durchlaucht, dem Fürsten Lippert-Weylersheim.
Gibt seine Karte, Miksa wirft einen Blick darauf und eilt sofort in den Wintergarten. - Aus dem Wintergarten ausgelassenes Geschrei und Gelächter.
Schöne Gesellschaft!
EDWIN
kommt, sichtlich erstaunt:
Eugen, du? Was führt dich hierher? Um diese Zeit? Ist zu Hause was gescheh’n?
ROHNSDORFF
Nichts, - Beruhige dich.
EDWIN
Wann bist du denn gekommen?
ROHNSDORFF
Soeben. Mit dem Auto. Man hat mir in deinem Hotel gesagt, dass du hier bist. Übrigens - war’s nicht schwer zu erraten.
EDWIN
So erkläre mir doch -
ROHNSDORFF
Du musst nach Wien. Augenblicklich.
EDWIN
Nach Wien? Jetzt? Fällt mir nicht ein!
ROHNSDORFF
zieht einen Bogen heraus:
Da lies!
EDWIN
liest:
Eine Einberufung?
ROHNSDORFF
scharf betonend:
Persönliche Meldung beim Korpskommando. Morgen.
sieht auf die Uhr
- also heute, 11. Mai, halb zwölf vormittags,
EDWIN
stampft mit dem Fuss:
Teufel!
Geht erregt auf und ab.
Aber jetzt geht ja doch gar kein Zug.
ROHNSDORFF
Unten wartet mein Auto.
EDWIN
ausbrechend
Das ist ein abgekartetes Spiel! Das hat Papa durchgesetzt. Um mich von hier wegzubringen. Ich geh’ nicht!
ROHNSDORFF
Du bist Offizier - Du hat der Order zu gehorchen. Und wenn dein Vater diese Einberufung veranlasst hat - er hat recht.
EDWIN
Rohnsdorff, ich muss dich bitten …
ROHNSDORFF
legt ihm die Hand auf die Schulter
Edwin ich red’ zu dir als dein älterer Kamerad - als dein Vetter. Du kompromittierst uns!
EDWIN
Kompromittieren! Weil ich ein braves, anständiges Mädel lieb hab’?
ROHNSDORFF
Eine Chansonette!
EDWIN
Ja, Aber was für eine!
ROHNSDORFF
Eine Tingl-Tangl-Dame!
EDWIN
Du, Rohnsdorff !
ROHNSDORFF
scharf
Solche Frauenzimmer, die schau’ ich nicht einmal an.
Pause
Und dabei bin ich ein freier Mann - während du zu Hause eine Braut sitzen hast.
EDWIN
Das ist nicht wahr! Stasi ist nicht meine Braut! Cousine ... die gewisse unvermeidliche Jugendliebe.
ROHNSDORFF
Du hast dich mit ihr verlobt.
EDWIN
Vor fünf Jahren. Da war ich Student und sie noch ein Kind. So was nimmt man doch nicht ernst!
ROHNSDORFF
Stasi hat es ernst genommen. Deine Eltern auch. Sie drängen auf baldige Hochzeit.
EDWIN
entsetzt
Waas?
Greift sich an die Schläfen.
Ah! Ah! Da muss was gescheh’n!
Stürzt ein Glas Sekt hinunter.
ELFTE SZENE
SYLVA
kommt
Durchlaucht, wo stecken Sie?
Erblickt Rohnsdorff, will sich zurückziehen:
O Pardon!
EDWIN
Bleib - bleiben Sie!
ROHNSDORFF
beim Anblick Sylvas, für sich:
Donnerwetter!
Richtet an seinem Schnurrbart.
EDWIN
vorstellend:
Mein Vetter, Oberleutnant von Rohnsdorff - Fräulein Sylva Varescu.
ROHNSDORFF
verbeugt sich
SYLVA
macht einen übertriebenen zeremoniellen Knix:
Sie werden an unserer kleinen Feier teilnehmen - ja, nicht wahr?
EDWIN
Nein, nein - er kann nicht bleiben. Er muss fort. Wir müssen - er kommt nämlich -
stockt
SYLVA
sieht beide fragend an
ROHNSDORFF
Edwin zu entführen.
SYLVA
Ah!
EDWIN
Eine dienstliche Angelegenheit.
Ich muss mich heute Vormittag beim Korpskommando melden.
SYLVA
nachdenklich:
So - so?
ROHNSDORFF
Unaufschiebbar.
SYLVA
Jedes Wort betonend:
Also - sehr - dringend ...
zwingt sich zu einem leichten Ton:
Na - da haben wir gleich doppelten Abschied.
ROHNSDORFF
Wie meinen Gnädigste?
SYLVA
In einigen Stunden besteig’ ich den Triester Zug, der mich nach Amerika führt.
ROHNSDORFF
unwillkürlich freudig:
Ah, um so besser!
SYLVA
Wie?
ROHNSDORFF
… für die Amerikaner! Natürlich!
SYLVA
schalkhaft drohend:
Na, na!
zu Edwin:
Seh’ ich Sie noch?
EDWIN
der lebhaft auf- und abgegangen, mehrmals getrunken hat und dem man ansieht, dass in ihm ein Enschluss reift.
Sehr laut:
O ja! Bedeutend sogar!
SYLVA
Ich muss zu meinen Freunden.
Reicht Rohnsdorff die Hand
Herr Oberleutnant! Schad’, dass Sie nicht dableiben können!
ROHNSDORFF
küsst ihr die Hand:
Schade! Auf Wiedersehen!
küsst ihr die Hand: Öffnet ihr sehr galant die Tür.
Auf Wiedersehen!
SYLVA
Vielleicht!
ROHNSDORFF
sieht ihr nach.
ZWÖLFTE SZENE
EDWIN
Na, na, zereiss’ dich nur nicht! Ich finde, dass du ein bisschen sehr galant bist gegen so eine Tingl-Tangl-Dame... !
ROHNSDORFF
Erlaube mir - anschauen kann ich sie doch!
Zu Edwin, der wieder ein Glas leert:
Trink nicht mehr Edwin, - komm’! ‘s ist höchste Zeit, dass du nach Wien fährst!
EDWIN
fasst ihn an den Armen:
Verstehst du mich jetzt? Begreifst du?
ROHNSDORFF
Ja, ja - komm’!
EDWIN
In einer halben Stunde. Geh’ inzwischen ins Kaffeehaus. Dann hol’ mich ab.
ROHNSDORFF
Aber -
EDWIN
Wir kommen zurecht, verlass’ dich drauf.
DREIZEHNTE SZENE
BONI
kommt aus dem Wintergarten:
Was hör ich da? Der Rohnsdorff ist da? Und du musst dienstlich nach Wien?
Drückt Rohnsdorff die Hand.
Servus. Da wird Vater Freude haben!
EDWIN
übermütig:
Wird er haben!
Klopft Boni auf die Schulter.
Und du auch. Alle sollt Ihr eure Freude haben!
Zu Rohnsdorff:
Es bleibt dabei. In einer halben Stunde holst du mich. Keine Minute früher.
ROHNSDORFF
Ich werde pünktlich sein.
EDWIN
ironisch:
Ich auch! Servus, geliebter Vetter!
Ab in den Wintergarten.
VIERZEHNTE SZENE
BONI
Sag’, bin ich deine Freind? Also - um was handelt sich?
ROHNSDORFF
Er muss sich von Sylva trennen - ein- für allemal.
BONI
Aha!
ROHNSDORFF
Er ist verlobt.
BONI
Was? Mit wem?
ROHNSDORFF
Mit Komtesse Stasi - seiner Cousine.
BONI
Und ich weiss nix davon? Warum hat er denn nie gesagt?
ROHNSDORFF
Kannst dir doch denken - wegen dieser Varescu! Der Alte forciert jetzt die Geschichte, weil er Gefahr schnuppert. Sogar die Anzeigen hat er schon drucken lassen, aber das soll Edwin erst in Wien erfahren.
Zeigt ihm die Anzeige:
Da, sieh’!
BONI
liest:
Meiner Seel’ und Teufel!
Will zum Wintergarten:
Das muss ich gleich der Sylva zeigen!
ROHNSDORFF
hält ihn zurück:
Nicht bevor Edwin fort ist.
BONI
Herrgott, sie wird Augen machen wie Lokomotiv!
Steckt die Anzeige ein.
ROHNSDORFF
Sie wird sich schon trösten. Der Alte zahlt ihr eine Abfindungssumme –
BONI
Die soll er sich nur selbst behalten - der alte Kater, der! Geld haben wir selbst genug - mehr wie Verstand. - Gottseidank!
Komm’ höchste Zeit, dass ich packen tu’ ! - sonst packt es mich!
Im Abgehen, ihm Bonbons anbietend
Willst du Kugler-Bonbon, mit Benzin gefüllt?
Beide ab rechts.
FÜNFZEHNTE SZENE
Edwin, Sylva, Feri, alle Kavaliere, alle Varietedamen
EDWIN
tritt als erster auf, lebhaft, glückstrahlend. Hinter ihm Sylva und die anderen
Kommt! alle! Kommt! Ich hab’ euch eine grosse Neuigkeit mitzuteilen.
FERI
Dass du nach Wien musst - wissen wir schon.
EDWIN
Stimmt, alter Schwede - aber erst in einer halben Stunde. Und in dieser halben Stunde sollt ihre Eure Wunder erleben. Also fürs erste:
Hört und staunt! Sylva bleibt. Sie geht nicht nach Amerika!
ALLE
Bravo! Hebt sie auf die Schultern!
Einige wollen sie auf die Schultern heben.
SYLVA
wehrt sich lachend:
Aber nein! Es ist ja nicht wahr!
FERI
Er macht nur Witze!
EDWIN
Sie bleibt! Ich biete jede Wette!
FERI
10 Flaschen Champagner!
EDWIN
50, 100, 1000! So viel du willst!
SYLVA
zwischen den beiden:
Aber seien Sie doch gescheit! Es geht ja nicht.
FERI
zu Edwin:
Wie willst Du das machen?
EDWIN
Wie? Ganz einfach! Ich verbiete ihr die Reise!
SYLVA
Ah! Verbieten? Ja - mit welchem Recht?
EDWIN
stark:
Mit dem Recht - des Gatten!
Kleine Pause, in der alle ganz still sind. Dann auf einmal grosses Gelächter.
FERI
legt Edwin die Hand auf die Stirn:
Er hat einen Schwips!
EDWIN
O nein! So nüchtern war ich noch nie! Ich mache Sylva zu meiner Frau! Hier - gleich auf der Stelle!
SYLVA
erschrocken:
Edwin?!
EDWIN
packt sie leidenschaftlich bei der Hand:
Bei Gott, es ist ernst! Sag’ willst du mich?
SYLVA
fassungslos, stammelnd
Aber das ist ja das ist ja nicht möglich …
FERI
Kuttya lanczos …
EDWIN
wie oben:
Mein musst du sein, und wenn sich ganze Welt auf den Kopf stellt! Papier! Feder! Tinte!
FERI
Edwin … Frajnd … Mensch … du willst wirklich …?
EDWIN
Einen Advokaten! Einen Notar! Tot oder lebendig!
FERI
Draussen im Kaffeehaus - da kibitzt der alte Kisch!
EDWIN
übermütig
Her mit dem alten Kisch!
FERI
Miksa zurufend:
Her mit dem alten Kisch!
Miksa ab.
EDWIN
Ich unterschreibe einen Pakt, der mich an dieses süsse Wesen für das ganze Leben bindet.
SYLVA
Edwin!
FERI
Eine Hochzeit im Orpheum! Jaj mamam! Das war noch nicht da! Ein grossartiger Kerl, mein Frajnd! Edwin bacsi - dafür will ich dir was geben, was noch kein Schwob von mir hat bekommen. Da - gib ich dir Bussel!
Küsst ihn.
SYLVA
Aber Edwin! Liebster! Das ist ja alles Wahnsinn! Denk’ an zuhaus! Das darfst du nicht!
EDWIN
reisst sie an sich:
Sylva, hast du mich lieb?
SYLVA
hauchend:
Ja!
Dann leidenschaftlich:
Ja!
SECHZEHNTE SZENE
Kisch, älteres Männchen, ganz verschlafen
EDWIN
Da ist der alte Rechtsverdraher, der Kisch! Setz’ dich, alter Betyar, und schreib’!
Tisch, Sessel werden nach vorn gebracht. Schreibzeug darauf gestellt.
KISCH
nimmt die Feder zu Feri
Denk’ dir, Laczi hat vier Ass!
SYLVA
Edwin - überleg’ dir’ s.
Nr. 6: Finale 1
EDWIN
zu Kisch:
Schreiben Sie! Ich, Edwin Ronald Karl Maria Fürst Lippert-Weylersheim erkläre hiermit feierlich, Fräulein Sylva Varescu zu meiner rechtmässigen Gattin
zu machen und binnen acht Wochen den Bund vor Gott, Gesetz und Welt zu schliessen.
SYLVA
Edwin, zum letzen Mal: Was tun Sie? Bedenken Sie doch…
KISCH
schläfrig, monoton, den Text rekapitulierend:
Ich Edwin Ronald Karl Maria Fürst Lippert-Weylersheim erkläre hiemit feierlich, Fräulein Sylva Vareseu zu meiner rechtmässigen Gattin zu machen und binnen acht Wochen den Bund vor Gott, Gesetz und Welt zu schliessen.
SYLVA
Nein, das ist ja nicht möglich!
Zwei Damen nehmen von Sylva’s Blumenbukett, das Feri aufs Podium gelegt hat, einen Schleier und stecken ihr denselben ins Haar.
DIE MÄDCHEN
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant,
Sie nehmen die Liebe nicht so tragisch!
Drum ziehen und locken die Mädis vom Chantant
Die Männer, die Männer stets an so magisch.
GANZER CHOR
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant.
Die sind halt so reizend und sauber!
Noch eh’ sich einer umgeseh’n,
Ist schon es um sein geschehn!
Wer kann den Mädis widerstehn?
Wir (Sie) haben einen eignen Zauber!
Die Mädchen improvisieren während obigen Gesanges einen Brautschleier von Sylvas Bukett und schmücken damit Sylva, die vor Glückseligkeit kaum
weiss, was mit ihr geschieht.
EDWIN
Her mit der Feder!
ALLE
O nütze, o nütze, du Mädi vom Chantant,
Den Augenblick!
EDWIN
Her mit der Feder!
ALLE
Nicht jede, nicht jede, nicht jede vom Chantant
macht so ein Glück!
FERI
nimmt Edwin die Feder aus der Hand
Wartet noch, Kinder, hört mich erst an:
Ihr wisst, ich bin ein fideler Kumpan -
Doch mit heiligen Dingen soll man nicht spassen!
Drum frage ich jetzt feierlich.
O habt ihr euch gern, so recht aus tiefster Seel’
Und werdet ihr, werdet ihr nicht voneinander lassen.
MÄDCHEN
Habt ihr euch gern, so recht aus tiefster Seel’
Und werdet ihr, werdet ihr nicht voneinander geh’n ?
EDWIN
Wir haben uns gern
SYLVA
Aus tiefster Seel’ .
BEIDE
Wir wollen nicht - werden nicht voneinander lassen!
FERI
Da ihr es wahr und ehrlich meint,
So nehmt euch hin und seid vereint!
ALLE
O jag’ dem Glück nicht nach auf meilenfernen Wegen!
Hold lächelnd, tritt es dir von selber schon entgegen,
Im eignen Herzen such’s, nicht in der Welt Getriebe.
EDWIN und SYLVA
Das Glück wohnt überall, denn überall wohnt Liebe!
Kisch reicht die Feder. Edwin, dann Sylva unterschreiben.
SYLVA
küsst ihre Kolleginnen. Die Kavaliere küssen ihr die Hände
Ich kann’s noch immer nicht glauben!
Ich halt’s für einen Traum! Ich bin so glücklich!
FERI
reisst die Türe zum Wintergarten auf
Zigeuner her!
Vorwärts! Den Hochzeitsmarsch! Den von Mendel und Sohn.
Die Zigeuner spielen den Marsch. Mädchen und Kavaliere bilden Spalier. Edwin führt Sylva an der Hand. Feri tanzt den Zigeunern voran Csardas, reisst die anderen mit. Allgemeiner Csardas, immer wirbelnder, toller. Da erscheint Rohnsdorff.
ROHNSDORFF
Verzeihung, wenn ich störe!
Edwin - höchste Zeit - wir müssen fort! Ich hab dein Offizierswort!
EDWIN
stampft mit dem Fuss auf, kämpft.
Jetzt! Gerade jetzt! Nein, nein - ich geh’ nicht!
SYLVA
legt den Arm um seine Schulter:
Edwin, du musst!
sieht ihm treuherzig in die Augen.
Meine erste Bitte! Liebling, geh’!
EDWIN
sieht sie an, dann zu Rohnsdorff:
Gut! Ich komme! Sofort!
ROHNSDORFF
Ich erwarte dich unten!
Ab.
EDWIN
Ich komme sogleich.
zu Sylva
Du bleibst jetzt hier, mein süsses Lieb,
du bleibst, bis ich dich hol’.
SYLVA
Ich bleibe hier und wart’ auf dich,
Ich bleib, bis du mich holst.
EDWIN
Schatz, - leb wohl!
Mädchen gibt es wunderfeine.
Doch für mich gibt es nur eine,
Dich, mein Liebling, du mein
Alles auf der Welt!
ALLE
Eine nur, die ist die Echte,
Eine nur, die ist die Rechte!
EDWIN
Wie mein Schicksal fällt,
Du bleibst mein Alles auf der Welt!
Eilt ab.
SYLVA
Ist’s ein Traum ?
Sieht ihm verklärt nach. Man hört das Tuten des Autos.
BONI
kommt eilig:
So. Alles ist gepackt. Nur den Schuhknöpfler kann ich nicht unterbringen.
Zeigt ihn vor.
Mach’ dich auf Strümpfe!
SYLVA
Boni, du wirst mir böse sein … ich … ich
sucht nach Worten.
MERÖ
Sie bleibt bei uns!
BONI
Wer bleibt? Was bleibt?
Sylva bleibt! Also Fürstin Weylersheim!
FERI
Als Edwin sein Wajb!
BONI
perplex:
Als waswer?
FERI
auf das Dokument zeigend, das auf dem Tisch liegt:
Da - lies!
BONI
beugt sich über den Tisch, liest, ohne das Papier in die Hand zu nehmen, sieht dann im Kreis herum:
Aber das is doch nicht möglich! Das hat er doch nur gemacht, dass er zeigt, was er durchsetzen kann - dass du bleibst, wann er will …
SYLVA
packt ihn bei beiden Händen, glücklich:
Wahr ist es, Boni - wahr ist es!
BONI
Nein, nein - kann nicht wahr sein!-Er darf sich ja gar nicht verloben!
SYLVA
erstaunt:
Er - darf - nicht? Warum darf er nicht?
BONI
Weil er schon eine andere Braut hat - weil schon Tag von Hochzeit angesetzt ist!
SYLVA
gesteigert:
Du lügst!
BONI
Bin ich dein Frajnd? Also wie kannst so was sagen. Da! Verlobungsanzeige!
Gibt ihr die Anzeige).
Rohnsdorff hat sie mir gegeben!
SYLVA
nimmt die Anzeige, liest in grosser Hast, die unwichtigeren Stellen überfliegend, so dass man nur die wichtigeren Worte hört:
Fürst - Fürstin Lippert Weylersheim - beehren sich. Verlobung ihres Sohnes Edwin - mit Komtesse Anastasia Eggenberg - anzuzeigen.
Sie schwankt, lässt das Papier fallen.
FERI
Sie stützend:
Sylva!
Bestürzt:
Joj - wann ich gewusst hätt’ … Aber es ist besser so!
Nimmt Sylva bei der Hand.
Sylva, glaub mir, is besser so! Du passt ja gar nicht zu dieser Familie!
Du gehörst zu Kunst! Dir gehört ganze Welt!
Dir müssen a11e zu Füssen liegen - nicht e i n e r !
Glättet ihre Wange.
Sylva, bist ja gescheites Mädel!
SYLVA
kommt bei diesen Worten langsam zu sich, gibt sich einen Ruck:
Hast recht, Boni!
Gesang:
Wir Mädis vom Chantant,
Wir nehmen die Liebe nicht zu tragisch!
Hast recht Boni! Und dann - hinaus - in die Welt!
Applaus hören! Jubel, Entzücken! Olala! ich bin schon so gebaut!
Jedes falsche Pathos ist zu vermeiden.
Ja, Herr von Kisch,
Ja, Herr von Kisch,
Ihr Eh’kontrakt war nur ein Wisch!
Wirft den Kontrakt vom Tisch auf den Boden.
Die Juxhochzeit im Varieté
Gibt ein entzückendes Couplet!
BONI
hat den Ehekontrakt aufgehoben und eingesteckt.
CHOR
Mach’ dir nichts draus!
Nichts dich mehr hält!
Fröhlich hinaus!
Flott in die Welt
SYLVA
Dort will ich die kalten Herzen entzünden!
Dort will ich jubelnd im Lied verkünden:
Es lebe die Liebe!
Sylva springt aufs Podium
Heissa, so verliebt zu sein,
Kann’s was Schönres geben?
Kaum vermählt und schon allein!
Liebe, du sollst leben!
Liebe, aller Freuden Preis! usw.
alle bis auf Feri ab.
FERI
allein:
Was soll ich jetzt anfangen? Ich kann doch nicht schon um 3 Uhr abends nach Haus gehn!
Setzt sich, gibt die Füsse auf den gegenüberliegenden Stuhl.
Kellner, Wein! Schenk ein!
Er liest kopfschüttelnd die Verlobungsanzeige, die er vom Boden aufgehoben:
Fürst und Fürstin Weylersheim beehren sich die Verlobung ihres Sohnes Edwin mit Komtesse Anastasia Eggenberg anzuzeigen, - Arme Sylva!
Wirft das Papier fort, mit anderem Ton:
Zigeuner!
Zum Primas, ihn herbeiwinkend:
Spiel’ was Feines, aber bitte - piano!
Die Mädis vom Chantant usw.
Kellner dreht das Licht ab, so dass nur die Notbeleuchtung und die Tischlampen mit den roten Schirmen in den Logen brennen.
Primas geigt ihm das Lied: “Die Mädis vom Chantant” in die Ohren. Feri summt es vor sich hin.
Der Vorhang fällt langsam.
Entr’akt
ZWEITER AKT
Wien. Cottage. Grosse Halle in der Villa des Fürsten Lippert-Weylersheim. Anschliessend Tanzsaal, aus welchem zu Beginn des Aktes Musik ertönt. Man sieht die jungen Paare tanzen.
Im Vordergrund, und teils sitzend, teils stehend, in ungezwungenen Gruppen eine vornehme Gesellschaft. Man nimmt Erfrischungen ein, Eis, Liköre usw.
ERSTE SZENE
ALLE
Erstrahlen die Lichter im hellen Glanz,
dann fliegen wir Mädchen zum Tanz!
Im Wogen des Balles vergisst man auf alles,
da lebt man das Leben erst ganz!
Für jeden hab’ übrig ich eine Tour
und denke an einen doch nur!
An den, mit dem einst ich durch’s Leben tanze,
denke ich, denke ich nur!
Nach dem Tanz alle ab, bis auf Fürst und Fürstin
ZWEITE SZENE
FÜRST
aufgeräumt:
Nun, Anhilte, was sagst du? Es geht wie am Schnürchen.
In den Tanzsaal zeigend:
Schau dir das an wie die Kinder tanzen.
FÜRSTIN
Und wie zärtlich er sie umschlungen hält! Er hat sich schnell getröstet, Leopold Maria.
FÜRST
Ich hab’s ja gewusst, Anhilte. Ein echter Lippert-Weylersheim tröstet sich immer.
FÜRSTIN
Sie kommen hierher.
FÜRST
Lassen wir sie allein. Du kannst ja ein bisschen lauschen, Anhilte.
FÜRSTIN
Ich lausche immer, Leopold Maria.
Fürst in den Tanzsaal, Fürstin links ab.
DRITTE SZENE
Edwin und Stasi im Tanz. Sie wirbelt ihn herum und lässt sich dann erschöpft in einen Stuhl fallen.
EDWIN
Sei nicht so wild, Stasi!
STASI
Zeigt auf den Stuhl gegenüber:
Da setz Dich her!
EDWIN
Sei nicht so streng!
Setzt sich.
EDWIN
stützt den Kopf auf beide Hände und sieht ihr fest in die Augen, amüsiert:
Na? Fester kann ich nicht.
STASI
mit Überzeugung:
Du bist ein ganz falscher Kerl!
EDWIN
Wie bitte?
STASI
Du hast Geheimnisse vor mir!
EDWIN
Aber schau
STASI
Du behandelst mich wie ein Kind, wie einen Fratzen. Du weisst, was die Eltern vorhaben. Wir sollen uns heiraten.
EDWIN
Ja.
STASI:
ihn kopierend:
Ja, Du sagst ja das, wie wenn man dich abstechen möcht’!
Da Edwin erwidern will:
Sei aufrichtig!
Schau, wir waren doch immer gut miteinander. Wie zwei Kameraden. Du hast mir doch immer alles gesagt, im Gymnasium und später - so oft du verliebt warst - und das war hübsch oft. Also, warum willst du mir jetzt nicht alles sagen?
Kleines Pause.
Hast du Sylva noch gern?
EDWIN
Wen?
STASI
Verstell’ dich nicht, die … Sylva!
EDWIN
aufspringend:
Wer hat dir …?
STASI
Der Rohnsdorff. Er hat’s nur gut gemeint. Mit uns kann nichts werden, bis das nicht aus ist.
EDWIN
Es ist aus.
STASI
Ganz?
EDWIN
schweigt
STASI
Also nur drei Viertel !
Kleine Pause.
Sie hat dich sitzen lassen?
EDWIN
unsicher:
Nein, nein!
STASI
trocken:
Aber ja. Am selben Abend, wie du nach Wien bist, ist sie nach Amerika.
EDWIN
Du bist gut informiert.
STASI
O ja. Ich weiss auch, dass du ihr hundertmal telegraphiert hast - aber Antwort hast du keine bekommen.
EDWIN
Ich bitte dich, Stasi, lass’ das! Genug von ihr!
STASI
Gut, keine Silbe mehr.
Legt ihm den Arm um die Schultern.
War sie schön?
EDWIN
bittend:
Stasi … !
STASI
Nur noch das eine! War sie schön?
EDWIN
dumpf vor sich hin
- Ja.
STASI
Schöner wie ich?
EDWIN
Anders.
STASI
Also schöner!
Schmeichelnd, beide Hände auf seine Schultern legend:
Hast du sie sehr lieb gehabt?
EDWIN
Ich bitt’ dich, Stasi, nichts mehr davon! Es ist aus. Aus für immer!
STASI
Na, na!
EDWIN
wie um sich selbst zu betäuben:
Mit Sylva ist es aus’ aus! aus! Es war nur ein Rausch!
Mehr zu sich:
Wie hab’ ich auch nur einen Augenblick glauben können, dass eine Chansonette - lächerlich!
Alles an ihr war Mache, Schminke!
STASI
Wirklich? Um so besser. Der Onkel will nämlich heute unsere Verlobung bekannt geben.
EDWIN
bestürzt:
Schon heute? Nein! Das ist unmöglich!
STASI
Warum? Seit Wochen liegen die Verlobungskarten da und du schiebst es immer wieder hinaus.
EDWIN
Ich kann nicht. Ich darf nicht. Es wäre unehrenhaft von mir … auch dir gegenüber. Ich muss erst eine Nachricht abwarten.
STASI
Was denn?
EDWIN
Ein Geheimnis!!
STASI
lachend:
Aber, aber, entschuldig’ dich doch nicht! ob ich dich 14 Tage früher oder später bekomm’-
treuherzig:
ich schwör’ dir’s - ich kann’s aushalten.
EDWIN
sichtlich befreit
Ich danke dir.
Fasst sie bei der Hand
Stasi, Staserl, - du hast mich überhaupt kehren.
STASI
drollig:
Na - zum Heiraten wird’s reichen!
Nr. 8: Duett
STASI
Ich warte auf das grosse Wunder, trallala
Von dem man so viel spricht!
EDWIN
in Wirklichkeit ist alles anders, trallala
Die Wunder kommen nicht
STASI
Ich denke mir die Ehe himmlisch, trallala
So immerfort zu zwein!
EDWIN
Das ist gewöhnlich nur im Anfang, trallala
Das ist man gern allein!
STASI
Ich lasse mir nicht bange machen, trallala-
Ich richte mir das ein schon, wie ich’s brauch’!
EDWIN
Ei! – Ich finde die Idee famos, trallala –
Genau so mach’ ich’s auch!
STASI
Machen wir’s den Schwalben nach,
Bau’n wir uns ein Nest!
Bist du lieb und bist du brav,
Halt’ ich zu dir fest.
Bist du falsch, o Schwalberich.
Fliegt die Schwälbin fort,
Sie zieht nach dem Süden hin
Und du bleibst im Nord!
EDWIN
Es kann der Mann nicht immer girren, trallala –
Bei seinem Weibchen bloss
STASI
Ja, wenn es nach uns Mädchen ginge, trallala
Gäb’s lauter Romeos!
EDWIN
Die Gattin soll dem Gatten folgen, trallala -
Als guter Kamerad.
STASI
Das wär’ ein bisschen gar zu wenig, trallala
Und auf die Dauer- fad’.
EDWIN
Du hast im Köpfchen noch Rosinen, trallala
Du siehst die Welt mit Rosenbrillen an.
STASI
Ei! - Zum Trübsalblasen, lieber Freund, trallala
Nimmt man sich keinen Mann!
BEIDE
Machen wir’s den Schwalben nach - usw.
Tanz. - Beide ab.
VIERTE SZENE
Fürst und Fürstin kommen von verschiedenen Seiten
FÜRST
neugierig:
???????????????????
FÜRSTIN
traurig, Tränen schluckend
Es ist nichts mit der Verlobung, Leopold Maria
FÜRST
Was? Das wollen wir seh’n!
FÜRSTIN
Ich kann nicht, sagte er, ich darf nicht – ich muss eine Nachricht abwarten … ein Geheimnis!
Stockt - Pause
FÜRST
Er kann nicht?
FÜRSTIN
traurig den Kopf schüttelnd
Er darf nicht!
FÜRST
Ein Geheimnis?
FÜRSTIN
Leopold Maria, ich ahne Fürchterliches
FÜRST
Am Ende gar …?
FÜRSTIN
Jawohl!
FÜRST
Er kriegt … ein Kind! Einen Seitenspross.
FÜRSTIN
Es braucht’s ja niemand zu erfahren.
Wir wollen es aufs Land schicken, zu einer Amme.
FÜRST
Was Amme. Bei der Flasche lass’ ich es aufzieh’n.
Das soll seine Strafe sein.
FÜRSTIN
vorwurfsvoll
Bedenk’, es ist ein Lippert-Weylersheim!
FÜRST
gebrochen
Gemischt mit Sylva Varescu.
FÜRSTIN
Wir müssen zur Gesellschaft.
FÜRST
Man darf uns nichts anmerken.
Reicht ihr den Arm.
Komm Anhilte!
FÜRSTIN
Komm, Grosspapa!
Beide rechts ab.
FÜNFTE SZENE
Sylva im Hermelinmantel, prachtvoller Gesellschaftstoilette mit Schmuck, Boni Mantel über dem Arm, im Frack.
LAKAI
Wen darf ich melden?
Nimmt Sylva den Pelz, Boni den Mantel und Claque ab.
BONI
Graf Boni Kancsianu, bitte -
will seine Visitkarte suchen.
SYLVA
rasch:
und Frau!
bestimmt:
Graf und Gräfin Kancsianu!
BONI
zum Diener
Darf ich aufwarten Kugler-Bonbon?
SYLVA
gibt dem Lakai einen Wink, dieser verbeugt sich und geht rechts ab.
Zu Boni, sehr rasch mit unterdrückter Stimme:
Nimm dich doch zusammen, du wirst noch alles verpatzen! Wirst sehen, wir kommen in Schlamastik herein.
Du hast mir dein Wort gegeben. Für heute Abend bin ich deine Frau.
BONI
Das is falscher Meldzettel. Dafür wird man in Wien eingesperrt - zwei Jahr Fasttag.
SYLVA
bestimmt
Ich bin für heute Abend deine Frau. Spiel’ deine Rolle gut. Der Lohn wird nicht ausbleiben.
aufhorchend
Man kommt!
Sie wankt vor Erregung.
BONI
sie stützend:
Aha, jetzt hat’s dich!
Offeriert ihr eine Tüte
Nimm was zur Stärkung, Kugler-Bonbons mit Gansleber gefüllt.
SECHSTE SZENE
FÜRST
lebhaft auftretend
Was hör’ ich? Der Boni? Ah, da schau her! Servus!
Schüttelt ihm die Hand.
Und eine Frau hast du auch mitgebracht?
Sylva, die sich tief verneigt, bewundernd
Ah! Allerhand Hochachtung!
Zur Türe eilend:
Fürstin, Komtesse! Meine Herrschaften, kommen sie doch!
Alle treten auf
FÜRST
fortfahrend
Eine doppelte Überraschung
Vorstellend:
Der junge Graf Kancsianu, der Sohn meines besten Freundes und seine Frau.
BONI
Ich muss tausendmal um Verzeihung bitten … Wir platzen da hinein wie Kuh in Haustor.
FÜRST
So ein Tunichtgut! Heirat, ohne uns zu verständigen! –
BONI
Wir sind nämlich auf Hochzeitsreise! Wir sind also auf Hochzeitreise - sozusagen in Flitterstunden. Es ist so schnell gekommen - ich hab’ selber nicht gewusst….
SYLVA
Bonifazius!
BONI
Der Bonifazius war auch dabei!
SYLVA
mit tiefer Verbeugung
Durchlaucht!
STASI
verbeugt sich
SYLVA
verbeugt sich, sieht Stasi dabei durchdringend an, dann beiseite:
Sie!
BONI
beiseite, Stasi bewundernd:
Blitzpotz! Die gefällt mir!
FÜRST
Na, der Edwin, der wird Augen machen! Wo steckt er denn?
STASI
Er ist auf sein Zimmer gegangen - einen dringenden Brief schreiben.
FÜRST
zu Stasi:
Hol’ ihn!
BONI
ihr den Weg verstellend, ängstlich:
Nein, bitt’ schön nicht holen ! Wenn er von selber kommt, da kann man nix machen’, aber …
spricht angelegentlich mit Stasi weiter, ihr den Hof machend.
MAC GRAVE
sein Monokel einklemmend, steht vor Sylva, sie mit grösstem Erstaunen anstarrend
Nein, das ist kolossal, das ist einfach fabelhaft!
MEHRERE
sich um beide gruppierend:
Was denn?
MAC GRAVE
Frau Gräfin haben eine Ähnlichkeit!
SYLVA
lächelnd, sich ganz unbefangen stellend:
Ich? Mit wem?
MAC GRAVE
Mit einer Künstlerin, die ich vor kurzem in New York spielen sah …
Nachdenkend:
Wie heisst sie nur …
Sucht
Sylva … Sylva …
SYLVA
ohne mit einer Wimper zu zucken:
Ah, Sylva Varescu?
MAC GRAVE
lebhaft:
Ja, ja, die! Kennen Sie sie?
SYLVA
Nein, aber mein Mann, Du Bonifaz’ …
BONI
Der sich mit Stasi unterhält, dreht sich um.
SYLVA
Denke dir, man bewundert wieder einmal meine Ähnlichkeit mit dieser Sylva Varescu.
BONI
beiseite:
Oh je!
SYLVA
Ist das nicht komisch?
BONI
hölzern lachend:
Hahaha! sehr komisch!
SYLVA
Ich hätt’ sie gern einmal geseh’n.
MAC GRAVE
Man erzählt förmliche Romane von ihr. Sie sei in Ungarn die Braut eines Fürsten gewesen, der sie aber sitzen liess. Seither nennt man sie nur noch die - Csardasfürstin.
ALLE
lachend:
Die Csardasfürstin!
SYLVA
Csardasfürstin! Wie komisch!
FÜRST
dem das Gespräch peinlich geworden, unterbrechend:
Lassen wir diese Person. Kränken. wir unsere liebe Gräfin nicht. Eine Brettldiva kann nicht ausseh’n wie eine Aristokratin! Ich wenigstens würde sie sofort auseinanderkennen.
SIEBTE SZENE
EDWIN
von links:
Ja, ist’s möglich? Boni ist da?
BONI
rasch mit seinem Rücken Sylva deckend. Sehr verlegen, lachend:
Ja, nicht wahr, da schaust mit Augen?
FÜRST
Sieh’ welch lieben Gast er uns gebracht hat!
vorstellend:
Mein Sohn Edwin - Gräfin Kancsianu.
wendet sich ihm zu, verneigt sich förmlich.
BONI
für sich
Jetzt platzt die Bombe!
EDWIN
starrt sie an, mit unterdrücktem Aufschrei:
Sylva!
ALLE
lachend:
Hahaha! Er auch!
SYLVA
tritt rasch zu Edwin heran, lächelnd, die Situation beherrschend:
Durchlaucht verwechseln mich. Aber trösten Sie sich, Sie sind nicht der Erste. Eben erst ist mir dasselbe passiert. Diese Varescu muss faktisch eine Doppelgängerin von mir sein!
BONI
Das macht der Typus. Alle Mädel in Kis-Küküllö sehen sich ähnlich.
EDWIN
nicht ohne Ironie, sie fixierend:
Ah, Frau Gräfin sind aus Kis-Küküllö ?
BONI
Jawohl - aus Kis-Küküllö, wo die Schweinderln auf Promenade spazieren geh’n!
EDWIN
geht auf Boni zu und drückt ihm fest die Hand:
Boni, ich gratuliere dir!
BONI
schmerzliche Grimasse:
Danke.
SYLVA
Wir sind furchtbar glücklich miteinander. Nicht wahr, Bonifaz?
Fährt ihm zärtlich durch’s Haar.
BONI
trocken:
Furchtbar.
SYLVA
zur Gesellschaft:
Sie dürfen uns nicht zürnen, dass wir so … so
Absichtlich zärtlich:
Wir sind so jung verheiratet!
BONI
Furchtbar jung.
SYLVA
Wenn ich jemand lieb hab’, dann kann ich mich nicht verstellen.
FÜRST
Darf ich die Herrschaften in den Tanzsaal bitten?
zu Sylva, ihr den Arm reichend:
Schöne Gräfin …
SYLVA
sich in ihn einhängend
Durchlaucht.
Beide ab.
Die anderen folgen in den Tanzsaal.
STASI
zu Boni:
Sie tanzen nicht, Graf ?
BONI
will ihr den Arm reichen:
Oh, mit Wonne!
EDWIN
erwischt ihn beim Frack:
Du bleibst!
BONI
zu Stasi, in grösster Verlegenheit:
Pardon … er lässt mich nicht.
STASI
Dann muss ich mir einen anderen Tänzer suchen.
Eilt lachend ab.
ACHTE SZENE
EDWIN
Jetzt red’! Was soll das heissen?
BONI
übertrieben freundlich, sanft:
Sag’, bin ich Dein Freind?
EDWIN
fasst ihn vorne an der Rockklappe und schüttelt ihn:
Ich will wissen, was diese Komödie heissen soll?
BONI
Wann du schüttelst, kann ich nicht reden.
EDWIN
lässt ihn los, zwingt sich zur Ruhe
Was ist gescheh’n? Ich schreibe und telegraphier’ mir die Finger wund ... Keine Spur … kein Lebenszeichen ... Und du bist mit ihr nach Amerika. Warum?
Nähert sich ihm:
Ich frag’: warum?
BONI
retiriert
Reg’ dich nicht auf!
EDWIN
Ihr habt mich betrogen. Und ich Narr sitze da und warte. Wo habt Ihr geheiratet? Drüben?
BONI
Hüben.
EDWIN
Was heisst das ?
BONI
Hüben. In Kis-Küküllo. Bei Sylvas Mamuska und Papuska.
EDWIN
Und du wagst es, mir noch unter die Augen zu kommen? Ein Mensch, dem ich so blind vertraut hab’! Soll man da nicht verrückt werden?
BONI
Lass’ dich nicht stören. Ich komme später.
Will ab.
EDWIN
Erwischt ihn, hält ihn zurück):
Boni, ich begehe einen Mord! Wirst du mir erklären oder nicht?
BONI
Nicht schütteln!
EDWIN
Lässt ihn los:
Also sprich …
BONI
Wir haben sich geheiratet …
EDWIN
Warum! Weshalb?
BONI
Aus Liebe.
EDWIN
auf ihn zu:
Waas ?
BONI
retiriert und verschanzt sich hinter einen Tisch:
Nein, nein - aus Vernunft!
Kleine Pause. Edwin geht heftig auf und ab. Boni verfolgt ihn ängstlich und fährt zusammen, so oft ihm Edwin in die Nähe kommt.
EDWIN
Du bist also ihr Mann? Also wirklich ihr Mann?
BONI
Bis auf eine Kleinigkeit. Unsere Ehe ist noch - rein.
Die Augen verschämt niederschlagend:
Sie hat mich noch nicht konsumiert.
EDWIN
schüttelt ihn über den Tisch hinüber:
Schau mir in die Augen! Ist das wahr ?
BONI
sucht sich frei zu machen:
Ja, ja, lass’ aus! Bist ja reines Beuteltier!
NEUNTE SZENE
SYLVA
die schon einen Augenblick früher eingetreten ist, rasch Boni zu Hilfe kommend:
Bonifazius, der Fürst verlangt nach Dir!
BONI
den Edwin sogleich losliess:
Er hat mir das Leben gerettet.
SYLVA
Du bist ja ganz derangiert. Was hast du denn?
BONI
Schüttelfrost!
SYLVA
richtet ihm die Krawatte, flüstert ihm dabei zu:
Hat er was gemerkt ?
BONI
flüsternd:
Nein - aber gib acht. Er schüttelt wahnsinnig.
SYLVA
laut:
Pah, Mandi!
BONI
ebenso:
Pah, Weibi!
Steckt die Hände in die Hosentaschen, geht pfeifend herausfordernd an Edwin vorbei, dieser macht eine Bewegung, als ob er auf ihn los wollte. Boni rasch ab.
ZEHNTE SZENE
Kleine Pause. Sylva kämpft mit ihrer Aufregung. Sie sucht sich ein gefasstes lächelndes Aussehen zu geben, was ihr auch bis auf einige Momente, wo ihr Temperament losgeht, gelingt.
EDWIN
Sylva!
SYLVA
wendet sich im lächelnd zu.
EDWIN
in plötzlicher heisser Aufwallung auf sie zu, will sie an sich reissen:
Sylva!
SYLVA
ihn abwehrend:
Nein - Nein!
EDWIN
Du bist gekommen -
SYLVA
ihn unterbrechend, lächelnd:
Ich bin gekommen, Durchlaucht, Ihnen Glück zu wünschen und ihre Braut zu seh’n - das Mädel, das Sie von Jugend auf lieben, mit der Sie sich verlobt haben bevor Sie diese Juxheirat mit mir eingegangen sind.
EDWIN
tritt einen Schritt zurück:
Jux-Heirat?
SYLVA
Aber! Aber! Durchlauchtigster Freund werden doch nicht glauben, dass ich diese fidele Hochzeit ernst genommen hab’? Eine Hetz war’s, fertig! Hochzeit im Varieté! Ein neuer Trick! Wir haben uns, als Sie fort waren - noch grossartig darüber amüsiert. Wir haben noch herzlich darüber gelacht.
EDWIN
Sylva, seh’n Sie mir in die Augen!
SYLVA
tut es lächelnd, unbefangen.
EDWIN
Jenen Pakt, den wir geschlossen, Sie haben ihn wirklich nur für einen Jux gehalten? Wirklich und wahrhaftig?
SYLVA
Aber ja! Für was denn sonst?
EDWIN
Und Sie haben Boni aus freien Stücken geheiratet?
SYLVA
Natürlich! Boni vergöttert mich ja. Er ist der zärtlichste Ehemann!
EDWIN
Und Sie - lieben ihn?
SYLVA
Sylva Varescu hätte nie einen Mann geheiratet, den sie nicht liebt!
EDWIN
Sylva! Warum hast du Boni geheiratet?
SYLVA
Boni hat mich immer geliebt.
EDWIN
Du liebst ihm?
SYLVA
Glaubst du wirklich dass ich heirat’ ein Mann den ich nicht liebe!
EDWIN
Dann - dann hab’ ich nichts mehr zu sagen.
SYLVA
lauernd:
Na, und wann gedenken Durchlaucht meinem Beispiel zu folgen? Wann machen Sie Hochzeit?
EDWIN
gibt sich einen Ruck, man sieht, er wird Herr seiner selbst:
Sobald als möglich. Wenn man ein Mädel liebt und wiedergeliebt wird, kann man’s nicht erwarten, mit ihr für ewig verbunden zu werden.
SYLVA
kann kaum ihre Fassung bewahren:
Ge - wiss!
Atem schöpfend
Gewiss!
EDWIN
Heute noch findet meine offizielle Verlobung statt, und ich danke Ihnen für die Ehre, die Sie mir erwiesen haben, persönlich zu erscheinen.
Küsst ihr förmlich die Hand.
Wir zwei wollen doch gute Freunde bleiben - nicht wahr?
SYLVA
kämpfend:
Wir wollen …
Schliesst die Augen.
EDWIN
Und jener Abend - im Variete - jener letzte - das war nur - ein - Traum? Nicht wahr?
SYLVA
wie oben:
Nur - ein - Traum!
EDWIN
wärmer, ihr ins Ohr flüsternd:
Aber ein schöner ... der schönste meines Lebens! Denkst du noch manchmal dran?
SYLVA
nickt:
Ich denke dran.
Nr. 9: Duett
SYLVA
Heller Jubel, Händedrücke,
Frohes Lachen, heisse Blicke
Und Zigeuner - Sang und Klang!
EDWIN
Lorbeerkränze, Rote Rosen,
Wilde Tänze, leises Kosen,
Csardasweisen - süss und bang!
SYLVA
Unvergesslich schöne Feier!
Wie stand ich da voll Seligkeit!
Im Haare einen weissen Schleier!
Ach, die Freude! Ach, die Freud!
BEIDE
Ja, das waren traute Zeiten!
Sie sind für immer nun vorbei!
Wie liegen diese Seligkeiten,
Ach, so weit! Ach, gar so weit!
EDWIN
Weisst Du es noch?
Denkst Du auch manchmal der Stunden?
Süss war der Rausch,
Der uns im Taumel umfing!
Weisst Du es noch,
Was wir beseligt empfunden?
Weisst Du es noch?
Weisst Du es noch?
War auch nur flüchtig der Traum,
Schön war er doch!
EDWIN
Kaum gefunden, kaum erkoren,
Schon vergessen, schon verloren,
Und ein Gatte nennt dich sein!
SYLVA
Andre Menschen, andre Städtchen,
Andre Liebe, andre Mädchen,
Und ein Bräutchen wunderfein.
EDWIN
Alles Glück, das wir besessen,
Du setztest leichthin es aufs Spiel,
Ich liebte dich so unermessen!
Ach, zu viel! Ach, so viel zu viel!
BEIDE
Von dem Glück, das wir erstrebten,
Verbleibt uns die Erinnerung kaum,
Und alles, was wir einst erlebten,
War ein Traum, war nur ein Traum!
SYLVA
Weisst Du es noch?
Denkst du auch manchmal der Stunden?
Süss war der Rausch,
Der uns im Taumel umfing!
Weisst du es noch,
Was wir beseligt empfunden?
Weisst du es noch?
Weisst du es noch?
War auch nur flüchtig der Traum,
Schön war er doch.
So ein lustiger Roman
geht vorüber!
Und man stirbt nicht gleich daran,
Nein, mein Lieber!
So ein lustiger Roman
Ist zum Lachen!
Ja, da kann man
Nichts mehr machen!
Lalalalalala
‘s ist zum Lachen!
Lalalalalala
Nichts zu machen!
BEIDE
So ein lustiger Roman
Geht vorüber!
Ja, mein Lieber,
Denk’ daran!
kurzer, leidenschaftlicher Tanz.
Weisst du es noch?
Weisst du es noch?
War auch nur flüchtig der Traum -
Schön war er doch!
zu verschiedenen Seiten ab.
ELFTE SZENE
STASI
gefolgt von Boni:
Ach, gehen Sie! Sie sind ein Schmeichler!
BONI
Nein, wirklich bitte! Auf ersten Blick haben Sie auf mir eingedruckt.
STASI
Sagen Sie, sind alle verheirateten Männer so schlecht?
BONI
Nein, bitte, nur ich! Aber kann ich dafür? Wann Sie einem so anschau’n mit Augen wasserblaue, dreht sich einem da drinnen alles herum.
STASI
komisch entsetzt die Hände zusammenschlagend:
Gott, wenn Ihre Frau Sie hörte!
BONI
Was für Frau? Ah so - meine Frau! Kann sie, bitte! Geniert mich gar nicht.
STASI
So, schön! In den Honigwochen!
BONI
Also was Honig anbelangt, da reden wir lieber nix davon.
STASI
Wie meinen Sie?
BONI
Mein’ ich - mit Honig, sieht’s bei mir sehr bitter aus.
STASI
Geschieht Ihnen schon recht. Wenn Sie mein Mann wären -
BONI
lebhaft:
Wann ich wär, bitte?
STASI
Mit diesen meinen Fingern würd’ ich Ihnen die Augen auskratzen!
BONI
ihre Hände ergreifend:
Bitte, kratzen Sie! Mit solchen Handerl is mir nur angenehm.
ZWÖLFTE SZENE
SYLVA
gefolgt von Edwin, sieht, wie Boni Stasi die Hände küsst
STASI
erschrocken
Ihre Frau!
Will die Hände zurückziehen.
BONI
ruhig:
Das macht nix.
Küsst weiter.
SYLVA
ungemein lieb:
Bonifazius, mein Schuhbandl ist mir aufgegangen.
Stellt den Fuss auf ein kleines Taburett, löst das Schuhband rasch verstohlen auf, hebt ein wenig den Rock.
EDWIN
beflissen:
O, darf ich -?
SYLVA
lächelnd, kokett:
Danke, dazu ist ja mein Mann da.
BONI
im Hinübergehen, mürrisch:
Ja, dazu bin ich da! Zieh’ Bergsteiger an!
EDWIN
beiseite:
Na warte!
Geht übertrieben freundlich auf Stasi zu:
Na, mein Staserl, wie amüsierst du dich denn?
STASI
mit einem Blick auf Boni:
Oh, ganz gut.
EDWIN
Du siehst aus - zum Küssen!
SYLVA
zu Boni, leise, drängend:
Sag’ mir auch was Zärtliches.
BONI
der immer zu Stasi hinüber möchte:
Was denn?
SYLVA
wie oben:
Irgend etwas.
BONI
Spiel wie oben:
Ich weiss nicht.
SYLVA
unwillig:
Du Aff’!
EDWIN
zu Stasi, deren Hand er nicht losgelassen:
Jetzt lass ich dich nicht mehr los. Alle Tänze müssen mein sein!
BONI
der noch immer am Schuhband herumbastelt, will jetzt aufspringen:
Pardon, den nächsten Walzer -
SYLVA
gibt ihm einen kleinen Rippenstoss:
Tanzst du mit mir.
BONI
kläglich:
Tanz’ ich mit dir!
SYLVA
ihm das Haar ganz aufwühlend:
Ich kann dich mit keiner andern seh’n.
EDWIN
zu Stasi:
Wenn ich so bei dir steh’ - prickelt’s mir in den Füssen. Es tanzt ja doch keine wie du!
Stasilein, darf ich bitten?
SYLVA
Bonikam, darf ich bitten?
Nr. 10: Quartett
EDWIN
zu Stasi:
Liebchen, mich reisst es, Liebchen, du weisst es,
Glühend, sprühend zu dir!
Herrlich ist’s, mein süsses Leben,
Toll mit dir dahinzuschweben!
Schätzelein, gib einen Walzer zu,
Keine kann tanzen wie du!
BONI
zu Sylva, mit übertriebener Zärtlichkeit:
Mutzi, mich reisst es,
Putzi, mich schmeisst es
Juckend, zuckend zu dir!
Hupf’ mit mir, du süsses Mopsi,
Mach’ mit mir ein klaines Hopsi!
Zuckerweib, gib einen Walzer zu,
Keine tanzt Polka wie du!
STASI
zu Edwin
Ach, wie bist du heut’ so galant,
Nie sah ich dich so heiss entbrannt!
Ach, wie reizend und nett so ein Mann
Doch mit uns Mädchen sein kann!
SYLVA
zu Boni
Ach, fühlst du, wie wonnig das ist,
Wenn’s Manderl so beim Weiberl ist?
Ja, den Walzer durchs Leben zu zwei’n
Den tanz’ ich mit dir nur allein!
ALLE VIER
Hurra! Hurra!
Man lebt ja nur einmal!
Und einmal ist keinmal!
Nur einmal lebt man ja!
Hurra! Hurra!
Zum lachen und scherzen,
Zum küssen und herzen,
Hurra! - sind wir ja da!
Nur du! Nur du!
Schwört jeder immerzu!
Man girrt und schnäbelt,
Süss benebelt,
Nutzt die flüchtige Zeit, die goldene!
Drum tanz’, mein Lieber,
Eh’s vorüber!
Heut’ ist heut’
STASI
Liebster, du girrst ja!
Liebster, du schwirrst ja!
Rassig, spassig, wie nie!
SYLVA
Hui! Wie dir die Augen blitzen!
Stolz bin ich, dich zu besitzen!
Mandulein, gib mir noch einen Kuss!
Leise:
Tritt mir doch nicht auf den Fuss!
EDWIN
Ach, wie hast du heut’ mich berückt!
Nie, hast du mich so süss entzückt!
Ach, wie selig und reich ist der Mann,
Der dich besitzen einst kann!
BONI
Ach, bist du heut’ zärtlich zu mir!
Ach, wonnig zerfliess’ ich ja schier!
Wenn der Himmel kein Wunder bald tut,
Geh’ ganz und gar ich kaput!
ALLE VIER
Hurra! Hurra!
Man lebt ja nur einmal!
Und einmal ist keinmal!
Nur einmal lebt man je!
Hurra! Hurra!
Zum lachen und scherzen,
Zum küssen und herzen,
Hurra! - sind wir ja da!
Nur du! Nur du!
Schwört jeder immerzu!
Man girrt und schnäbelt,
Man girrt und schnäbelt,
Süss benebelt,
Nützt die flüchtige Zeit, die goldene!
Drum tanz’ , mein Lieber,
Eh’s, vorüber!
Heut’ ist heut’!
Tanz. - Beide Paare tanzen ab.
DREIZEHNTE SZENE
FÜRST
von rechts, begeistert:
Diese Gräfin - ein himmlisches Weib!
Wie sie tanzt - wie sie schwebt!
Kopiert sie, gerät ins Tanzen.
SYLVA
auftretend, lachend:
Durchlaucht!
FÜRST
Lachen Sie mich nur aus. Sie sind an allem schuld. Wie kann man nur immer mit dem eigenen Gatten tanzen? Als ob’s hier keine Auswahl an feschen Tänzern gäbe!
SYLVA
mit tiefer Verbeugung:
Durchlaucht, darf ich bitten?
FÜRST
lachend:
Haha - so war’s ja gar nicht gemeint. Sie sind wirklich bezaubernd, Gräfin. Fast fange ich an, meinen Sohn zu begreifen.
SYLVA
Ihren Sohn? Wieso?
FÜRST
Wenn diese Sylva Varescu Ihnen faktisch ähnlich sieht’, musste er sich in sie verlieben.
SYLVA
forschend:
Nun, das ist doch vorüber - nicht wahr?
FÜRST
Gottseidank, ja! Er liebt die kleine Stasi und sie liebt ihn.
SYLVA
Und wenn es doch ernster gewesen wäre? Wenn er zu Ihnen gekommen wäre und gesagt hätt’ - Vater, ich hab’ dieses Chantant-
mädel wirklich gern - ich will sie zur Frau -
FÜRST
Hahaha! Ausgeschlossen! Da kennen Sie die Lippert-Weylersheim schlecht! Mein Sohn ist nicht gekommen, hat nicht gesagt:
Ich will sie zur Frau, und heiratet ebenbürtig.
SYLVA
mehr für sich, aber laut indem sie sich an den Tisch anhält, um nicht umzusinken:
Und die Tingl-Tangl-Prinzessin ist vergessen!
FÜRST
Gottseidank! Und ich wünsche ihm nur, dass er mit Stasi so glücklich wird, wie Sie es mit Boni sind!
SYLVA
Die Augen schliessend, vor sich hin:
Ja, das wünsch’ ich ihm auch!
Mit anderem Ton, sehr lebhaft:
Kommen Sie, Durchlaucht - tanzen wir!
Tanzt mit dem Fürsten ab.
VIERZEHNTE SZENE
STASI
erhitzt aus dem Tanzsaal, sie fächelt sich mit ihrem Taschentuch, wirft sich in einen Fauteuil:
Sie sind ja ein Wildling, Ah - ah - ah - ich bin schon matsch!
BONI
galant, nimmt eine kleine Dose aus der Tasche:
Darf ich vielleicht Zuckerl anbieten? Kugler-Bonbons aus Budapest. Mit Paprikaspeck gefüllt.
STASI
Oh, danke!
BONI
Möcht’ ich Ihnen gern noch was anderes anbieten.
STASI
Was denn?
BONI
zeigt aufs Herz:
Das da.
STASI
Pfui, wie können Sie so reden! Das werd’ ich Ihrer Frau erzählen.
BONI
Bitte, is mir nur angenehm,
STASI
die Hände zusammenschlagend:
Na hören Sie - Sie sind ja ein ganz verworfener Mensch!
BONI
Ich bin ein glücklicher Mensch! Bin ich verliebt - verliebt zum ersten Mal.
STASI
Und Ihre Frau?
BONI
Meine Frau – Liebe ist starker wie alles – will ich Ihnen Geständnis machen.
STASI
O, mein Gott!
BONI
sehr geheimnisvoll
Also meine Frau -
sucht nach Worten:
is keine Frau.
STASI
erschrocken:
Was denn?
BONI
Das kann ich erst morgen sagen!
verzweifelt:
Meine Zunge - das is was Schreckliches … is durch Schwur gebunden … Aber sagen Sie
ergreift ihre Hand:
aufrichtig: Wann ich wär’ frei, ganz frei, wie Fisch in der Luft - könnten Sie mir bissel gut sein?
STASI
Darauf geb’ ich keine Antwort.
BONI
Warum? Wegen Frau?
Sehr zärtlich:
Schau’n Sie, Frau kann ich ja beseitigen.
STASI
entsetzt:
Was?
BONI
Ganz schmerzlos, bitte. Bleibt leben, bitte.
STASI
die Hände zusammenschlagend:
Ja, lieben Sie denn Ihre Frau nicht?
BONI
Nein, bitte!
STASI
Warum haben Sie sie denn dann geheiratet?
BONI
Das kann ich erst morgen sagen.
Comtesse Stasi, könnten Sie mir bissel gut sein?
STASI
Das versteh’ich nicht! Eine so schöne Frau zu haben und trotzdem nach anderen zu schauen - Das ist …
BONI
Das ist die Liebe!
Nr. 11: Duett
BONI
Mädel, guck:
Männer gibt’s ja genug!
Manche jung, manche alt,
Manche heiss, manche kalt,
Mädel, schau:
Männer gibt’s, dumm und schlau,
Und es sucht jeder eine Frau.
Dieser findet ein holdes Kätzchen,
Jener kriegt eine süsse Maus,
Mancher Gimpel nimmt einen Drachen sich zum Schätzchen
Und hat die Höll’ im Haus!
Das ist die Liebe,
Die dumme Liebe,
Die macht das Männchen wie den Auerhahn so blind!
Erst in der Ehe,
So in der Nähe,
Da merkt man, dass die andern Weibchen hübscher sind!
STASI
Männchen, guck
Weibchen gibt’s ja genug!
Manche dick, manche schlank,
So wie ich - Gottseidank!
Manche herb, manche süss
Und es sucht - überdies
Jede einen Mann’
Diese findet ein braves Lämmchen,
Jene kriegt einen feinen Hecht,
Hat das Mäderl nur recht viel Krönchen oder Emmchen,
Dann ist dem Mann sie recht.
BEIDE
Das ist die Liebe,
Die dumme Liebe,
Die macht das Männchen wie den Auerhahn so blind!
Erst in der Ehe,
So in der Nähe,
Da merkt man, dass die Männchen alle Schwindler sind!
Beide ab.
FÜNFZEHNTE SZENE
EDWIN
Sylva, Sie belügen sich selbst! - Sie sind nicht glücklich!
SYLVA
[will erwidern.]
EDWIN
[sie bei der Hand fassend:]
Sie können es nicht sein!
SYLVA
Nicht glücklich? Warum? Ich hab’ einen Mann, der mich vergöttert! Ich bin Gräfin!
EDWIN
Sie täuschen mich nicht. Boni ist Ihnen gleichgültig. Sie haben ihn nur geheiratet, um sich an mir zu rächen.
SYLVA
[will erwidern.]
EDWIN
Ich will Ihnen keinen Vorwurf machen - der Schein war gegen mich. Aber - Sie können sich wehren, so viel Sie wollen - Sie lieben mich noch!
SYLVA
[springt auf]
EDWIN
[presst sie leidenschaftlich an sich:]
Sylva, du liebst mich?
SYLVA
[sich erhebend:]
Lassen Sie mich!
[Will sich befreien.]
EDWIN
[Hält sie fest und küsst sie.]
SECHZEHNTE SZENE
BONI
[ist schon früher aufgetreten, hat die Situation überblickt, schreit tragisch auf:]
Ha!
SYLVA
[hat sich los gemacht, läuft ab.
Kleine Pause.]
EDWIN
[steht unbeweglich)
BONI
[geht mit grossen Schritten auf und ab, misst Edwin mit herausfordernden Blicken.]
EDWIN
Herr Graf Kancsianu -
BONI
Herr Fürst Lippert-Weylersheim?
EDWIN
[mit einer leichten Kopfbewegung:]
Ich steh’ Ihnen zur Verfügung.
BONI
[etwas ängstlich:]
Das ist nicht notwendig. Sprechen wir uns lieber aus.
EDWIN
Gut. Mein Herr - Boni -
[sucht nach Worten.]
BONI
Druck Dich nur aus.
EDWIN
[mit einem Anlauf, warm:]
Sag, bin ich dein Freund?
BONI
[komisch, verzweifelt:]
Jetzt nimmt er mir auch noch meine Sprichwörter weg!
EDWIN
[ausbrechend:]
Boni, ich kann ohne deine Frau nicht leben! Gib sie frei!
[ihn schüttelnd:]
Gib sie frei!
BONI
Halt! Auslassen! Alles kannst von mir haben, aber schütteln darfst du mich nicht!
EDWIN
[innig]
Lass’ dich von ihr scheiden!
[kleine Pause.]
BONI
[sieht ihn erstaunt an, lächelt dann, geht auf Edwin zu, nimmt seinen Kopf zwischen beide Hände, küsst ihn auf beide Wangen, mit gespielter Rührung.]
Meine Ehe ist so keine Ehe - nimm sie!
EDWIN
[freudig]
Boni!
[umarmt ihn]
Edwin:
Sag’, bin ich dein Frajnd?
SIEBZEHNTE SZENE
EDWIN
[auf die Eintretende losstürzend:]
Sylva, alles wird wieder gut!
der Welt! Dein Mann willigt in die Scheidung!
SYLVA
[nicht verstehend:]
Wie? Was?
EDWIN
[auf Boni zeigend:]
Er gibt dich frei!
SYLVA
[zu Boni:]
Boni, du hast doch nicht … ?
BONI
[frech:]
Madam! Unsere Ehe ist beendet. Verheiratet sein und nix davon haben - das is keine Ehe nach meinem Geschmack. Eine Frau, die mir noch nicht treu war und mir schon untreu is - passt mir nicht. Und nach dem, was ich mit eigene zwei Augen geseh’n hab’, dreht sich einem das Herz im Leibe um, is um, is weitere Zusammenlebung ausgeschlossen … Wir sind geschieden von Tisch und - das andere war ja nicht!
[Markiert Rührung:]
Werdet glücklich, wie ich es verdien’…
[Mit übertriebener Tragik].
Az Est, Pesti hirlap, Budapesti
Hirlap, Vendeglö!
[stürzt ab.]
ACHTZEHNTE SZENE
EDWIN
Sylva stürmisch an sich ziehend:
Sylva! Boni gibt dich frei. - Jetzt bist du mein!
SYLVA
Dein.
EDWIN
Ich wusst’ es ja! Aus Liebe zu mir bist du gekommen!
SYLVA
Aus Liebe zu dir.
EDWIN
Zwei Monate lang hab’ ich dich nicht gesehen. Du musst mir alles erzählen.
SYLVA
Du willst alles wissen, aber jetzt nicht, heute nicht, heute wollen wir uns nur freuen und glücklich sein!
EDWIN
Sylva, ich könnte - ich bin ja ganz närrisch vor Glück!
Nr. 12: Duett
EDWIN
Tanzen möcht ich,
Jauchzen möcht’ ich,
In die Welt es schrei’n:
Mein ist die schönste der Frauen,
Mein allein!
SYLVA
Lass’ dich fassen,
Lass’ dich halten,
Küssen dich aufs neu’
Wer ist wohl seliger heute,
Als wir zwei!
BEIDE
Tausend kleine Engel singen:
Habt euch lieb!
Süss im Herzen hörst du’s klingen:
Habt euch lieb!
Komm, mein Wildfang, schling’ die Arm
Fest um mich! - Ach!
Mag die ganze Welt versinken,
Hab’ ich dich!
SYLVA
Süss erbeb’ ich!
Sag’ mir, leb ich
Oder ist’s ein Traum ?
Dass so viel Glück es kann geben,
Wusst ich kaum!
EDWIN
Lass uns loben
Den dort oben,
Der’s so gut gemacht!
Sicher das Herz ihm vor Freude
Selber lacht!
BEIDE
Tausend kleine Engel singen:
Habt euch lieb!
Süss im Herzen hörst du’s klingen:
Habt euch lieb!
Komm, mein Wildfang, schling die Arme
Fest um mich! - Ach!
Mag die ganze Welt versinken,
Hab ich dich!
Tanz, beide ab.
NEUNZEHNTE SZENE
Sylva und Edwin zurückkommend.
EDWIN
Sylva zärtlich führend:
Jetzt komm, Liebste, geh’n wir zum Vater.
SYLVA
erschrickt:
Zu deinem Vater? Mein Gott, wie willst du’s ihm sagen?
Mein Gott, was wollen deine Eltern dazu sagen?
EDWIN
Wozu?
Ganz ehrlich und offen. Ich habe mich in die Gräfin Kancsianu verliebt. - ich kann ohne sie nicht leben.
SYLVA
Aber wenn er erfährt, dass ich Sylva Varescu bin …
EDWIN
Das brauchen sie noch nicht zu erfahren.
rasch
Das soll er nicht! Das darf er nicht. Du trägst ja jetzt Bonis Namen - und Gottseidank, dass du ihn trägst! Dadurch steht zwischen uns kein Hindernis mehr!
SYLVA
sieht ihn fragend an:
Wie?
EDWIN
Für sie bleibst du die Gräfin Kanscianu. Du bist Gräfin Kancsianu und eine geschiedene Gräfin Kancsianu darf ein Fürst Lippert-Weylersheim zu seiner Frau machen!
SYLVA
gepresst, halblaut, für sich:
Das ist keine Schande mehr!
EDWIN
Deine Heirat mit Boni war ein Glück für uns!
SYLVA
Wenn ich also noch Sylva Varescu wäre - die Chansonette--?
EDWIN
Aber so ist es viel einfacher.
jubelnd
Du bist es aber nicht! Du bist es nicht!
SYLVA
Deine Eltern werden mich nie akzeptieren.
bebend:
Ja, ja - aber wenn ich’s noch wäre?!
EDWIN
ein wenig verlegen:
Ja, Kind - jetzt kann ich dir’s ja sagen, du siehst wie mein Vater ist - meine Familie – nie hätten sie eine Heirat zwischen uns zugegeben.
SYLVA
mühsam Fassung bewahrend:
Und du? Du hättest dich gefügt?
EDWIN
schweigt.
SYLVA
… du hättest dich gefügt?
EDWIN
Nein - versteh’ mich recht - ich - ich hätte ja gewiss mein Wort gehalten - aber, glaub’ mir Sylva, wir wären beide nicht - glücklich geworden!
SYLVA
regungslos, mechanisch die Worte wiederholend:
Nicht glücklich geworden …
EDWIN
Aber gegen die Gräfin Kancsianu wird niemand etwas einzuwenden haben.
Sylva droht umzusinken.
Aber was ist dir?
SYLVA
mühsam nach Fassung ringend:
Nichts … Erinnerung
EDWIN
Ach was Erinnerung! Es gibt keine Vergangenheit - es gibt nur eine lachende Gegenwart!
Finale II
Ein Walzer erklingt aus dem Ballsaal.
STASI
kommt fröhlich aus dem Ballsaal:
Ja, Edwin - du lässt mich ja sitzen! Da muss ich mir schon selbst einen Tänzer holen.
Fasst ihn unter, zu Sylva:
Sie erlauben, Gräfin?
SYLVA
nickt mechanisch.
STASI
im Abgehen, auf Sylva deutend, zu Edwin:
Du! Du! mir scheint, mir scheint!
Tanzt mit ihm ab.
SYLVA
allein, klingelt.
Meinen Mantel!
LAKAI
verbeugt sich, ab.
SYLVA
bleibt unbeweglich stehen
Er schämt sich meiner!
LAKAI
bringt ihren Hermelinpelz, will ihr hineinhelfen. Sylva wehrt ab. Lakai mit stummer Verbeugung ab.
SYLVA
wendet sich zum Gehen, langsam mit gebeugtem Kopf, den Mantel, den sie umgeworfen, nachschleppend:
Er schämt sich meiner!
FÜRST
erstaunt:
Was ist denn, Gräfin? Sie wollen gehen?
SYLVA
Ich - fühle mich müde.
FÜRST
launig:
Ah, das gibt ’es nicht. Sie müssen bleiben!
Einige Herren versuchen Sylva den Mantel abzunehmen, den sie jedoch krampfhaft festhält.
FÜRST
Zu Anhilte:
Die Gelegenheit ist günstig, ich proklamiere die Verlobung
Glückstrahlend:
Ich bitte Sie alle, Zeugen zu sein eine bedeutsamen Ereignisses im Hause Lippert-Weylersheim.
Zu Sylva:
Nun, Gräfin?
SYLVA
zögert einen Augenblick, dann entschlossen den Manten abwerfend:
Ich bleibe!
FÜRST
Bravo! Bravo!
Edwin, Stasi und Boni treten auf.
FÜRST
Verehrte, liebe Gäste! Ich habe Ihnen eine freudige Mitteilung zu machen.
Räuspert sich.
Zwei Herzen, die von Jugend auf in Liebe sich gefunden -
auf Edwin deutend:
Mein teurer Sohn Edwin und meine liebe Nichte Anastasia …
EDWIN
unterbrechend
Verzeih’, ein Wort -
energisch:
Verzeih’, Papa ...
Aber ich bin nicht mehr frei !
Mein Glück” das wohnt ganz anderwärts,
Für eine andere schlägt mein Herz.
All, was ich schon entschwunden wähnte
In der flüchtigen Zeiten Lauf,
Entflammt mich heut’ mit neuen Gluten,
Lebt im Herzen neu mir auf!
Ja, tausend kleine Engel singen:
Habt euch lieb!
Süss im Herzen hör’ ich’s klingen:
Habt euch lieb!
CHOR
Lieben sich zwei Menschenkinder
Treu und wahr,
Führt der Himmel sie zusammen
Immerdar!
STASI
tritt zu Edwin, zart, innig:
Befolge deines Herzens Stimme ungesäumt,
Bleib’ dir nur selber treu ! -
Und findest du das Glück, das du dir einst erträumt,
Geb’ gerne ich dich frei! !
Stasi wendet sich zu Boni, der seiner Freude überschwenglich Audruck gibt.
FÜRST
Und diese andere? Wer ist sie, sprich?!
SYLVA
Diese andere ist - bin ich!
Allgemeine Sensation.
FÜRST
Sie Gräfin?
EDWIN
Jawohl die Gräfin Kancsianu !
FÜRST
Gräfin, Sie!
SYLVA
Ich bin keine Gräfin und war es nie!
Ich bin
sich zu seinem Ohr neigend.
Plötzlich ganz laut, zur ganzen Gesellschaft:
Ich bin eine Fürstin Weylersheim!
FÜRST und FÜRSTIN
Eine Fürstin!
ALLE
Weylersheim?
Die Gesellschaft ist völlig verblüfft und starrt Sylva verständnislos an.
SYLVA
Hier steht es schwarz -auf weiss,
Von ihrem Sohne unterschrieben.
überreicht dem Fürst den Ehekontrakt.
EDWIN
Sylva, was soll das?
FÜRST
liest
Ich, Edwin Ronald Karl Maria Fürst Lippert Weylersheim erkläre hiemit feierlich, Fräulein Sylva Varescu zu meiner rechtmässigen Gattin zu machen und binnen acht Wochen den Bund vor Gott, Gesetz und Welt zu schliessen.
Das ist ja nicht möglich!
Sylva nimmt ihm das Blatt aus der Hand.
FÜRST
Sie sind also doch Sylva Varescu, die Csardasfürstin?
EDWIN
Sylva, du bist nicht Bonis Frau, du bist nicht -
SYLVA
Gräfin? Nein? Ich bin nur Sylva Varescu. Aber wenn ich wollte - die acht Wochen sind erst heute Abend um!
Hält ihm das Dokument vor.
EDWIN
Noch ist die letzte Frist nicht verflossen,
den Pakt drum zu halten, bin ich entschlossen,
Ich bin bereit, mein Wort bleibt besteh’n,
Mag was immer will gescheh’n!
Ich bin bereit !
SYLVA
Ich will Sie, Fürst, beim Wort nicht nehmen,
Sie fesseln nimmermehr!
Sie wollen meiner sich nicht schämen -
Drum, Edwin, da schau’ her!
So zerreiss’ ich deine Kette -
Bin und bleib’ die Chansonette!
Du bist frei!
Sie hat den Pakt zerrissen und lässt die Fetzen langsam, schmerzlich bewegt, zu Boden fallen.
CHOR
Sie gibt ihn frei, gibt ihm sein Wort zurück!
Sie opfert ihm gerne ihres Lebens Glück!
EDWIN
Sylva, bleib’!
SYLVA
Nein, ich gehe!
Mit Beziehung, schmerzlich bitter
Wir wären ja doch nicht glücklich geworden!
Sylva winkt Boni um ihren Mantel; er hängt ihn ihr um, blickt dabei von Sylva zu Edwin, von Edwin zu Sylva, schüttelt den Kopf und singt dann mit diskretem Humor:
BONI
Das ist die Liebe,
Die dumme Liebe,
Die macht uns alle wie den Auerhahn so blind!
CHOR
Das ist die Liebe,
Das ist die Liebe,
Die selig oder elend macht das Menschenkind!
Der Fürst hat, während Boni der Sylva den Mantel umhängt, diskret einem Lakai gewinkt; dieser bringt Boni Mantel und Hut. Während der Chor die letzte Phrase: “Das ist die Liebe” singt, nimmt Boni seine Sachen und folgt Sylva, die sich schon früher langsam zum Abgehen gewendet hat. Er wirft Stasi noch einen letzten Blick zu, grüsst nach allen Seiten und wankt dann - sehr diskret komisch - Sylva nach. Edwin will auf Sylva zu, der Fürst stellt sich ihm in den Weg. Beim Fallen des Vorhanges sind Sylva und Boni noch - eben abgehend - rückwärts zu sehen.
V o r h a n g
Intermezzo
DRITTER AKT
Spielt im 1. Stock-Vestibul eines hocheleganten Hotels in Wien. Sowohl rechts wie links vorne führen Stiegenausschnitte zu dem höheren Stock-Werk, rechts und links rückwärts solche zu dem tieferen. Die ganze Rückwand ist eine Marmorbalustrade, in der Mitte breite Freitreppe, rechts und links von mächtigen Kandelabern flankiert. Die Freitreppe führt von der Bühne (also vom 1. Stock) ins Parterre zu einem Konzertsaal, der erleuchtet ist und aus dem leise Zigeunermusik hörbar ist. - Alle Beleuchtungskörper (Kandelaber, Luster, Stiegen und Tischlampen) von vornehmster Ausstattung, Klubmöbel, zierliche Tischchen, Teppiche aller Arten, kurz, jeder moderne Komfort. Die Personen die quer über die Freitreppe in der Mitte und über die Stiegenaussehnitte rechts und links rückwärts die Bühne betreten, sind zuerst nur mit dem Kopf, dann erst mit dem Oberkörper usw. sichtbar.
Es ist nach Mitternacht - unmittelbar an die Vorgänge des zweiten Aktes anschliessend. Alles ist hell erleuchtet. Aus dem Konzertsaal im Parterre gedämpfte Klänge einer Zigeunerkapelle, hie und da Gläserklirren und lebhafte Ausrufe. Nach einer kleinen Pause kommen über die breite Freitreppe von unten nach oben - nach und nach sichtbar werdend - Sylva und Boni. Sie sind in derselben Toilette und derselben Verfassung wie im Finale des zweiten Aktes, nur hat Boni Überzieher an und Claque auf.
Boni führt Sylva zu einem Etablissement rechts, wo sie sich in einen Klubfauteuil fallen lässt. Boni sinkt ihr gegenüber in einen anderen Fauteuil.
Kleine Pause.
ERSTE SZENE
SYLVA
seufzt
BONI
ebenso, nur lauter, dann zündet er sich eine Zigarette an, macht in paar Züge; mit einem missbilligenden Blick auf Sylva.
Is dir jetzt leichter?
SYLVA
Ja! Tausend-, tausendmal leichter.
BONI
Also ich will dir keinen Vorwurf nicht machen, aber du hast dich benommen wie Titelrolle in “Wildente“.
SYLVA
Die Achsel zuckend
Olala! Ich bin, schon so gebaut!
BONI
Ja, olala!
Wütend
Aber ich bin nicht so gebaut!
Springt auf, läuft aufgeregt auf und ab:
Komm ich da unschuldig in Sauce hinein wie Lämmerchen. Was wird sich Gesellschaft von mir denken?
SYLVA
ruhig:
Was sie will - das ist mir Wurst!
BONI
So? - Du hast manchmal Ausdrücke! Wurst! So was nimm ich nicht einmal in Mund hinein.
SYLVA
stützt sich auf beide Ellbogen, sieht ihm ruhig ins Gesicht.
Sag’ willst du mit mir streiten?
BONI
gleich besänftigt, tritt zu ihr, sagt:
Nein, Sylvikam, aber schau’ bin ich dein Frajnd? Wozu war notwendig ganzer Skandal. Was hätt’ er denn noch machen sollen, der Edwin? Mehr wie dich heiraten wollen, kann er doch nicht!
SYLVA
Mich hat er nicht heiraten wollen! Die Gräfin Kancsianu, die ja - aber die Sylva Varescu - die nicht!
BONI
Aber geh’ - das ist doch ein- und dasselbige
sich vergessend:
Das ist doch ganz Wurst!
Da Sylva sich bei diesem Wort zu ihm wendet, sich verlegen verbessernd:
Will ich sagen Salami!
SYLVA
bebend:
Er hat sich meiner geschämt!
BONI
Was fällt dir ein? Wann einer sich schämt, wird er doch rot - und er war immer ganz blass.
SYLVA
Du guter Kerl, du willst ihn verteidigen.
Beginnt leise zu weinen.
BONI
Geh’, Mutzikam, wein nicht!
Schneuzt sich.
Weisst, kann ich Frau’nzimmer nicht weinen seh’n.
Wirft sich in einen Fauteuil links, auf der anderen Seite der Bühne:
Na also, da hast es!
Weint und schneuzt sich komisch.
ZWEITE SZENE
FERI
Zigarette im Mundwinkel, Zylinder schief auf dem Kopf, Überzieher mit aufgestelltem Kragen, die Hände in den Überziehertaschen, in der Rechten den Stock, dessen Griff in der Tasche steckt, kommt pfeifend von unten über die Freitreppe, will nach links über die Stiege, erblickt Boni, dann Sylva, bleibt stehen, schaut von einem zum andern, fängt vor Freude zu lachen an:
Ja, schlaf’ ich oder träum’ ich! Boni! Sylva! Jaj mamam!
BONI und SYLVA
blicken auf, ihr Weinen geht in Lachen über, sie springen auf:
Feri bacsi! Feri bacsi!
FERI
macht Luftsprünge, Boni und Sylva drehen ihn übermütig vor Freude im Kreis herum, fällt Sylva um den Hals:
Sylva, Einziges, gut schaust aus!
Umarmt Boni:
Bonikam, Liebliches, elend schaust aus! Was für Teifel hat den Eich dahergeschneit?
BONI
Was machst denn du da ?
FERI
mit Würde:
Ich bin hier - in Dienst!
SYLVA
In was ?
FERI
In Dienst! Als Beschützer von weiblicher Tugend. Sollt Ihr gleich seh’n!
Eilt über die Treppe hinunter. Boni und Sylva treten neugierig zur Balustrade.
Feris Stimme von unten:
Juliska, Aranka, Madels, kommt’s herauf - schaut’s, wer da ist!
DRITTE SZENE
DIE MÄDCHEN
stürmen die Treppe herauf
Wer denn? Wer denn?
Erblicken Sylva, sind ganz ausser sich vor Freude
Sylva! Sylva!
Umarmen und küssen sie.
SYLVA
Nein! So was! So eine Überraschung!
DIE MÄDCHEN
erblicken Boni, stürzen auf ihn zu, umarmen ihn, rufen:
Boni! Boni!
JULISKA
zu Boni:
Hast mir was mitgebracht?
eine Tüte hervorziehend:
Ja, Kugler Bonbons mit Seegras gefüllt.
FERI
erklärend:
Sind alle in Apollo engagiert - treten morgen auf.
SYLVA
lachend:
Was machst denn du dabei?
FERI
Ich bin mitgefahren - väterlich! Weil alle sind in mich verliebt! -
Jaj, Sylva, wird das Aufsehen machen in Budapest, dass du wieder da bist! Haus wird brechen, wenn du wieder auftrittst.
SYLVA
Ich trete nicht mehr auf.
FERI
Was?
DIE MÄDCHEN
Warum denn nicht?
SYLVA
Ich heirate!
ALLE
Ah!
FERI
Ja, wen denn?
BONI
rasch:
Den Edwin!
DIE MÄDCHEN
in die Hände klatschend
Also doch! Wir gratulieren!
SYLVA
unterbrechend:
Ist ja nicht wahr. Es ist ein anderer.
ALLE
Wer? Wer?
SYLVA
auf Boni deutend:
Er!
ALLE
brechen in grosses Gelächter aus
FERI
Also wenn du den nimmt - das wär’ grösste Dummheit von deinem Leben.
BONI
So ist es.
FERI
Der passt zu dir wie ein Elephant zu ein Klavier.
BONI
Sehr richtig! Eljen!
FERI
Was brauchst du überhaupt heiraten? Komm zurück zum Theater!
SYLVA
Nein - nie mehr!
FERI
Geht’s hinunter, Mädels, alle, lasst’s mich allein mit ihr - werd’ ich einmal zeigen, was alter Feri kann!
Mädchen lachend mit Boni über die Mittelstiege ab
FERI
nimmt Sylva bei der Hand:
Komm, Sylva. Schau mir in Aug’ hinein. Tut dir weh um Edwin, was?
SYLVA
schweigt.
FERI
Kann dich ja versteh’n. Hab’ so was selber durchgemacht. Aber deswegen ganze Zukunft wegschmeissen - das darfst du nicht!
Warm, zart:
Wenn L i e b e hat dein Herz gekränkt, Kunst wird wieder alles schenken - Vergessenheit. Komm zurück zum Theater. dort ist Heimat deiniges! Wann du dort oben stehst auf Brettel zufliegen alle Herzen – besonders die männlichen - dann wird vor dir versinken Welt andre und du wirst wieder sein was du warst:
Singvogel kleiner, goldiger, mit Glück in Schnabel, mit Glück in Herzen! Dann wirst du wieder Sylva sein - unsere Sylva!
SYLVA
gerührt:
Feri bacsi!
FERI
Komm zurück!
Öffnet die Arme:
Willst du? - Ja - willst! Seh’ ich dir am Nasenspitzel an!
SYLVA
sich an ihn lehnend, bewegt:
Ich - kann nicht!
FERI
Kannst!
Läuft zur Treppe, ruft hinunter:
Boni, komm mit die Zigeuner!
Boni und Zigeuner kommen. Die Zigeuner im Gegensatz zum 1. Akt, wo sie im Frack waren, jetzt in roten, goldverschnürten Uniformen.
FERI
Her, Zigeuner! Spielt’s ein Stückel feuriges - was ihr geht in Blut hinein!
Pickt dem Primas eine Banknote auf die Stirn; auf Sylva deutend:
Sie braucht noch ein Ruckerl, ein letztes!
Nr. 14: Terzett
FERI
Nimm, Zigeuner, Deine Geige,
Lass seh’n, was du kannst!
Schwarzer Teufel, spiel’ und zeige,
Wie dein Bogen tanzt!
Spiel’ ein Lied, das weint und lacht,
Spiele, bis der Bogen kracht,
Spiele, bis heranbricht das Morgenrot,
Spiele, Betyar, schlage mir die Sorgen tot !
Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt!
Jaj mamam, was liegt mir am lumpigen Geld!
Weisst du, wie lange noch der Globus sich dreht,
Ob es morgen nicht schon zu spät!
ALLE
Jaj mamam usw.
SYLVA
Spiel’, Zigeuner, mir was Feines,
Etwas fürs Gmüt!
Alles spiel’ mir, nur nicht eines -
Nur kein Liebeslied!
Spiele auf dem Kontrabass
So zum Spass mir irgendwas!
Spiel’ mir ‘einen Feuercsardas - spiel mir ihn!
Bring’ das dumme Herz zum Schweigen mir da drin!
Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf mir die Welt!
usw.
ALLE
Jaj mamam usw.
BONI
Ganzes Dasein ist ein Schmarren!
Freunderl, sei gescheit!
Heute über fünfzig Jahren
Leben andre Leut’ !
Dieses ganze Jammertal
Ist für mich ein Nachtlokal.
Überhaupt fahr’ ich in Himmel vorderhand
Und verkaufe, wenn gefällig, mein Gewand.
ALLE
Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt! usw.
Alles ab.
VIERTE SZENE
Edwin über die Wendeltreppe rechts, gefolgt von einem Hotelgroom.
GROOM
Bitte hier zu warten. Werde den Herrn Grafen verständigen.
Ab.
EDWIN
Geht ungeduldig auf und ab, zündet sich nervös einige Zigaretten hintereinander an, wirft sie wieder weg.
BONI
über die Freitreppe:
Servus, Edwin! Hab’ gewusst, du wirst nicht schlafen können.
EDWIN
Wo ist Sylva ?
BONI
Sylva?
Sieht ihn einen Augenblick zögernd an, dann:
Sylva is in Konzert.
EDWIN
sprachlos:
In was?
BONI
In Konzert - mit Feri bacsi!
EDWIN
Mit Feri?
BONI
Ja, da- schaust - nicht wahr? Wohnt zufällig auch da im Hotel der Feri bacsi!
EDWIN
Sie kann in ein Konzert geh’n, während ich … Wo ist dieses Konzert?
BONI
ausweichend:
Im Konzertsaal! Muss gleich aus sein.
EDWIN
Ich werde warten.
Geht erregt auf und ab.
BONI
Ist zum Tisch links gegangen, lehnt sich an einen Stuhl:
Einen Schlaf hab’ ich , dass ich umfallen könnt’ !
EDWIN
auf- und ablaufend:
Sie kann in ein Konzert geh’n! O diese
Weiber! Diese Weiber!
Während der folgenden Szene schläft Boni stehend langsam ein.
EDWIN
nach einer kleinen Pause, sich erregt zu Boni wendend:
Über dein heutiges Vorgehen sprechen wir noch! Das geht ich dir nicht so durch! Ein Jugendfreund, dem ich so blind vertraut habe! Ein Mensch, auf dessen Treue ich Häuser gebaut hätt’! Wie oft hast du mir sagt, du wirst mir jedes Opfer bringen!? Du wirst für mich durchs Feuer geh’n, du wirst für mich wachen- und jetzt! Hahaha! - Du hast Sylva die Verlobung verraten, du hast mich in diese Situation gebracht! - Du kommst in unser Haus und spielst mir eine lächerliche Posse vor - du musst mich rein für einen Idioten halten!
BONI
lässt im Schlaf den Kopf auf die Brust sinken.
EDWIN
wütend:
Du nickst? Das verbitt’ ich mir! Ich kann auch anders mit Dir reden!
BONI
schnarcht.
EDWIN
wie oben:
Du lachst? Jetzt hab’ ich’s satt!
Geht auf Boni zu, rüttelt ihn bei der Schulter:
Was glaubst du denn eigentlich ?
BONI
erwachend:
Wo bin ich?
Ganz erstaunt:
Du hier?
Da ihn Edwin anfasst:
Mörder! Hilfe!
EDWIN
Keine Ausflüchte! Klipp und klar:
Warum hast du Sylva für deine Frau ausgegeben?
BONI
verschlafen:
Hab’ ich gar nicht!
EDWIN
Was ?
BONI
wie oben:
Sie hat mich für ihren Mann ausgegeben. Das is Unterschied, bitte.
EDWIN
Ich habe nur Geduld mit deiner grenzlosen Dummheit, sonst …
BONI
plötzlich, ganz munter:
Was Dummheit? Bitte, modernisier’ dich! Ja? Erst verlobst dich und heiratest nach allen Seiten und Richtungen und dann tunkst du mich in deine Suppen hinein!
Schüttelt ihn
Wie komm ich dazu?
EDWIN
Boni!
BONI
Jetzt will Sylva mich zum Mann haben!
Schüttelt ihn.
Wie komm ich dazu, deine Frau zu heiraten - während ich
in deine Braut verliebt bin?
schüttelt ihn
Wie komme ich dazu, eine Frau zu heiraten, die einen Mann hat, der verlobt ist mit einer Braut, die ich zu meiner Frau machen’ will?
schüttelt ihn.
Wie komme ich dazu eine Braut zu meiner Frau machen zu wollen, die einen Bräutigam hat, der eine Frau hat, dich mich zu Ihrem Mann haben will?
schüttelt ihn.
EDWIN
Lass mich los! Was erlaubst du dir?
BONI
Gleich für gleich bitte! Ich muss auch einmal mein Herz ausschütten!
GROOM
mit einer Visitkarte auf Boni zutretend:
Dieser Herr wünscht den Herrn Grafen zu sprechen.
BONI
sieht auf die Karte:
Der Teufel!
EDWIN
Wer ?
BONI
Der Teufel - soll’s holen! Schau, wer da is!
Zeigt ihm die Karte.
EDWIN
rasch:
Mein Papa! Ich will ihn nicht seh’n!
BONI
Geh’ nur da hinein,
zeigt Tür links
ich hol’ dich schon später.
Edwin links ab.
FÜNFTE SZENE
FÜRST
sehr aufgeregt:
War Edwin da?
BONI
Ja!
FÜRST
Wo ist er? Wo?
BONI
verlegen:
In - im Kaffeehaus.
FÜRST
Ist er heil? Ist nichts passiert?
BONI
Nix.
FÜRST
Gottseidank!
Stürzt zum Tischtelefon:
14212! Ja, bitte!
Horcht, wendet sich mit der Muschel am Ohr zu Boni:
Was hat er denn gesagt ?
BONI
Nix. Geschimpft hat er wie Nachtigall.
FÜRST
der Anschluss gefunden hat, spricht in den Apparat:
Anhilte, du? Hier Leopold Marie. Gottseidank, er ist da! Nein nein, nichts passiert! Ich bring’ ihn schon nach Haus!
Läutet ab.
BONI
hat sich die Telefonnummer auf die Manchette notiert.
14121. Gut zu wissen.
FÜRST
Ohne deine alberne Komödie hätte die Verlobung stattgefunden. Jetzt ist das arme Mädel, die Stasi, kompromittiert.
BONI
O nein, bitte. Verlobung wird heute noch stattfinden.
FÜRST
barsch:
Was heisst das?
BONI
feierlich:
Das heisst -
In anderem Ton:
Bitte nur ein Augenblick.
Zieht sich seine weissen Handschuhe an, dann feierlich:
Ich habe die Ehre, Durchlaucht um die Hand von Fräulein Stasi zu bitten.
FÜRST
Du bist ja verrückt! Das Mädel liebt ja den Edwin. Nie würde sie einwilligen!
BONI
Werden wir ja gleich sehen.
Geht zum Telefon, sieht auf die Manschette, läutet:
14212, bitte!
FÜRST
Was treibst du?
BONI
Hallo! Hier Graf Kancsianu ! Bitte Komtesse Stasi zum Telefon!
Zum Fürsten:
Scheint Gesellschaftstelefon.
FÜRST
Wieso?
BONI
Weil ich soviel Stimmen höre.
Hineinsprechend
- Hallo!
Sehr freundlich:
Komtesse -
verbeugt sich mehrmals
Küss, die Handerln, küss’ die Handerln, bitte.
Horcht.
Sind bös’, bitte? Bin unschuldig wie Amen im Gebet.
Horcht.
Ja, ja. Bin mit Durchlaucht da mit alter, bitte.
Horcht.
Ja, Ja... Nur noch eine Kleinigkeit, bitte. Aber bitte sehr, nicht umfallen! Hab’ ich nämlich erlaubt bei Durchlaucht um Hand von Gnädige anzuhalten.
Horcht.
Sie lachen, bitte! - Bitte, sagen Sie gutes Wort - handelt es sich um mein ganzes Lebensglück.
Horcht
Wie bitte?
Horcht mit steigender Freude.
Ja! Ja? Ja! Dafür muss ich Ihnen Bussel geben!
Küsst ins Telefon hinein.
Ich bin glücklichster Mensch von ganzer Welt!
Drückt die Muschel an sein Herz.
Ja! Pah! Schluss!
Läutet ab.
Sehen Sie, das is einmal richtige Verbindung Schwiegerdurchlaucht, alter, kannst mir gratulieren !
Klopft ihm auf die Schulter.
Du darfst mir “du” sagen, Onkel!
SECHSTE SZENE
FERI
zu Boni
Du Boni, Sylva lässt dir sagen, du sollst packen kommen.
BONI
Ich packe nicht, ich reise nicht.
zum Fürsten:
Das ist Missverständnis. Keine Sylva, kein Weib auf ganzer Welt hat ein Recht auf mir.
JULISKA
auf der Treppe:
Boni! Geliebter! Komm doch!
BONI
winkt ihr lebhaft ab, verlegen, zum Fürsten:
Das zählt nicht, bitte.
GROOM
a tempo:
Herr Graf, zwei Damen lassen bitten. Sie warten im Vestibül.
BONI
Gleich zwei!
zum Fürsten:
Die kenn’ ich gar nicht!
Beiseite:
Wie wenn sie’s zu Fleiss täten!
zum Fürsten:
Entschuldigen, Durchlaucht, auf einen Augenblick!
zum Groom:
Ich komm’ schon, ich komm’ schon.
Ab mit Groom.
SIEBTE SZENE
FERI
Verzeihung - hab’ ich die Ehre mit altem Edwin?
Sich vorstellend:
Ferencz Ritter Kerekes von Ferlsö-Mezötur und Also-Kirishaza, in Pest genannt der Feri bacsi.
FÜRST
Sehr angenehm. Leopold Maria Fürst von Lippert-Weylersheim.
Verbeugung.
FERI
Verzeihung, wenn ich mich da bissel misch’ in die Familie hinein - aber Edwin is lieber junger Freund von mir, und weiss ich von alles.
FÜRST
Um so besser. - So werden Sie auch einseh’n -
FERI
Entschuldigen schon, kerem, aber seh’ ich gar nicht ein. Wann einmal Bursch Madel gern hat, dann muss Vater
nachgeben.
FÜRST
Aber man kann doch schliesslich nicht von mir verlangen, dass ich eine Chansonette zur Schwiegertochter nehme!
FERI
Warum nicht, bitte? Ich selbst, bitte, bin doch auch Edelmann und hätt’ mir alle Finger abgeschleckt, wenn ich bekommen hätt’ die Kupfer Hilda von Orpheum in Miskolcz, wie sie Witwe
war, is mir wieder der Graf Zentler Geza zuvorgekommen.
FÜRST
entgeistert:
Was sagen Sie da? Die Witwe des Grafen Zentler? Irren Sie sich auch nicht?
FERI
Aber nein!
Zieht sein Portefeuille:
Das is sie! Trag’ ich noch Bild von ihr - in alle Ehren.
Zeigt das Bild dem Fürsten, der es in die Hand nimmt.
FÜRST
wankt, beiseite:
Meine Frau! Eine Chansonette!!
FERI
Was ist Ihnen? Kennen Sie sie ?
FÜRST
Nein, nein - mir ist nur auf einmal so -
würgend:
Ein bisschen Luft -
ACHTE SZENE
FÜRSTIN
aufgeregt:
Wo ist mein Sohn, wo ist Edwin?
FÜRST
aufspringend:
Gut, dass du da bist, Ich habe mit dir zu sprechen.
FÜRSTIN
erblickt Feri, beiseite
O mein Gott, Feri!
FERI
beiseite:
Hilda?
zum Fürsten:
Frau Gemahlin, nicht wahr? Erlaube mich vorzustellen:
Ferencz Ritter Kerekes von Ferlsö-Mezötur und Also-Kirishaza. Ich schätze mich glücklich die Bekanntschaft von Euer Hochgeburt zu machen!
Im Abgehen mit enttäuschtem Blick auf die Fürstin:
Jaj mamam!
Ab.
FÜRST
Gottseidank, er hat sie nicht erkannt!
NEUNTE SZENE
FÜRSTIN
Stasi wartet unten mit dem Grafen. - Was machst du für ein Gesicht? Was gibt es denn?
FÜRST
Was es gibt?
Sich zu ihr neigend, mit finsterem Gesicht:
Ich sage nichts als: Orpheum in Miskolcz!
FÜRSTIN
erschrocken:
O mein Gott!
FÜRST
Also wahr? Ich habe die Primadonna von Miskolcz geheiratet! Jetzt verstehe ich Edwin, der Bursch kann ja gar nicht anders! Er ist erblich belastet!
FÜRSTIN
Leopold Maria!
FÜRST
Ich gebe jeden Widerstand auf. Zwei Chansonetten in der Familie, mein Stammbaum zerfällt in lauter Brettl!
FÜRSTIN
Leopold Maria!
FÜRST
gebieterisch:
Miskolcz! !
Beide ab. Die Fürstin voraus mit gesenktem Kopf, Fürst mit ausgestrecktem Arm auf die Tür zeigend hinter ihr.
ZEHNTE SZENE
STASI
Das ist eine Nacht! An die werd’ ich denken!
BONI
selig:
Ich auch. Es ist die glücklichste meines Lebens!
Sie verliebt anblickend
Vorläufig!
STASI
lachend:
Sind Sie aber komisch!
BONI
Damit is aus, bitte. Jetzt kommt Ernst des Lebens.
STASI
Nein, bleiben Sie nur wie Sie sind!
BONI
In Allem?
STASI
In Allem!
BONI
Dann erlauben schon!
Küsst die ganz Überraschte plötzlich.
STASI
Was ist denn das?
BONI
Haben Sie gesagt, ich soll bleiben wie ich bin. Und ich bin so. Wenn ich verliebt bin, muss ich busseln.
Küsst Sie wieder.
STASI
sich schwach wehrend:
Aufhören!
BONI
Aber fang’ ich ja erst an! Stasi, Stasikam, Braut süsse, liebe einzige, sag’ mir: Wann machen wir Hochzeit?
STASI
Nicht eher, bis Sylva und Edwin vereint sind, das ist meine Bedingung.
BONI
Bitte, das überlassen Sie mir! Im Vereinen von Liebenden bin ich Fachmann. Noch heute Nacht bringe ich die Sache in Ordnung.
STASI
Wie werden Sie das anfangen?
BONI
Das ist mein Geheimnis. Bitte, betrachten Sie sich schon als mit mir verheiratet.
Küsst sie.
STASI
Aber Boni!
Wehrt sich.
BONI
Comtesse, ich liebe sie.
STASI
Und wenn ich sie nicht so lieben sollte …
BONI
Es macht nichts. Meine Liebe ist genug für beide.
Nr. 15: Reminiszenz
BONI
Mädel guck:
Ich hab’ noch nicht genug!
Es ist noch - lang nicht Schluss
Gib mir schnell - noch ‘nen Kuss
Mädel schau:
Bald sind wir - Mann und Frau -
Und da nimmt man’ s nicht so genau.
STASI
Nicht so stürmisch, nur hübsch parlando!
Glaub’, dass Dir das schon passen möcht’ -
Kommst Du einmal erst, Freundchen, unter mein Kommando,
Burscherl, dann geht’s Dir schlecht!
BEIDE
Das ist die Liebe.
Die dumme Liebe!
Die macht das Männchen (Weibchen) wie den Auerhahn so blind!
Erst in der Ehe,
So in der Nähe,
Da merkt man, dass die Männchen Schwindler- (Weibchen Drachen)
sind!
Beide ab.
ELFTE SZENE.
Nach der Reminiszenz
BONI
eilig:
Sylva kommt! Jetzt mach’ ich meinen Schwindel vor.
Setzt sich zum Telefon, ohne zu klingeln
Hallo? Bist du’s Edwin? Hier Boni! Warum zitterst du so mit Stimme? Du siehst ja ganz blass aus!
SYLVA
ist schon einen Moment früher erschienen, hinter ihr der Groom
Ja, ja, zum nächsten Zug!
Groom verbeugt sich, ab. Sylva bleibt stehen und hört Boni zu, der sich stellt, als ob er sie nicht bemerkt hätte.
BONI
Edwin, was sagst du? Ich bitte dich, mach’ keine Dummheiten! Es kann ja noch alles gut werden.
Was sagst du? Kannst ohne Sylva nicht leben?
Aufschreiend
Bitte, gib Revolver weg!
SYLVA
wankend, sich am Stuhl haltend:
O mein Gott!
BONI
fortfahrend
Ich bitte dich, ich beschwöre dich, gib Revolver weg! In so jungen Jahren - bist ja noch Knospe! Kannst ja noch spriessen!
Aufschreiend, sich die Haare verwirrend
Ha! Wart’ doch noch! Noch nicht! Schiess nicht!
SYLVA
die in steigender Erregung zugehört hat, stürzt auf Boni zu:
Lass mich mit ihm sprechen!
Will ihm das Hörrohr aus der Hand reissen.
BONI
es krampfhaft festhaltend:
Weg da!
Stösst sie zurück
Ein Menschenleben steht auf dem Spiel!
EDWIN
Erscheint im Hintergrund, von beiden unbemerkt, hört erstaunt zu.
BONI
telefoniert weiter
Edwin, bin ich dein Freind?
Aufschreiend
Er zielt auf mich! Edwin, Sylva ist da, sie lasst dir sagen -
Zu Sylva in natürlichstem Ton:
Was lasst du ihm sagen?
SYLVA
mit ehrlichster Empfindung:
Dass ich ihn liebe, dass ich seinetwegen gekommen bin. Dass ich ohne ihn nicht leben kann.
Sie wankt.
EDWIN
stürzt auf sie zu, hält sie, Sylva stösst einen Schrei aus.
Edwin fällt ihr zu Füssen, bedeckt ihre Hände mit Küssen.
BONI
hat davon gar nichtsbemerkt, telefoniert weiter:
Sie lässt dir sagen, dass ich dich liebe, dass sie meinetwegen gekommen ist, dass du ohne mich nicht leben kannst!
Schiess nicht! Was soll ich ihr sagen? Was ist dein letztes Wort?
Horcht
EDWIN
Dass ich sie liebe, dass ich ohne sie nicht leben kann.
BONI
Danke, Schluss.
Dreht sich um, beim Anblick Edwins schreit er auf
Der selige Edwin!
ZWÖLFTE SZENE
STASI
Nun?
BONI
stolz:
Mein Werk!
Zeigt auf Sylva und Edwin
Wann machen wir Hochzeit?
STASI
Wann du willst!
Umarmung.
Schlussgesang
ALLE VIER
Tausend kleine Englein singen…. usw.
V o r h a n g