Der Türke in Italien
Personen:
SELIM, türkischer Fürst, früher in Zaida, nun in Fiorilla verliebt (Bass)
DONNA FIORILLA, Gemahlin von Don Geronio, kapriziös, aber ehrenhaft (Sopran)
DON GERONIO, schwach und ängstlich (Bass)
DON NARCISO, Cavaliere servente von Donna Fiorilla, eifersüchtig und sentimental (Tenor)
PROSDOCIMO, Dichter und Bekannter des Don Geronio (Bariton)
ZAIDA, einst Sklavin und Verlobte des Selim, Zigeunerin, eine Frau mit weichem und liebendem Herzen (Mezzosopran)
ALBAZAR, erst Vertrauter des Selim, dann Zigeuner, Verehrer und Freund von Zaida (Tenor)
CHOR
Zigeunerinnen und Zigeuner, Türken, Maskierte
ERSTER AKT
Einsame Gegend in der Umgebung von Neapel. Meeresstrand. Auf der einen Seite ein Hügel mit Landhäusern und Zigeunerzelten
Nr. 1 - Einleitung
Zaida, Albazar, der Dichter
ZIGEUNER
Unsere Heimat ist die ganze Welt,
und die Leichtgläubigkeit der Menschen
lässt uns im Überfluss
leben und schweigen.
ZAIDA
Alle sind froh im Herzen,
nur ich allein bin unglücklich!
Ich habe meinen Liebsten verloren
und kann ihn nicht mehr finden.
ALBAZAR
So tröstet Euch doch endlich,
vergnügt Euch mit uns.
Kommt schon ... fasst Mut! Es ist an Euch,
das Lied zu beginnen.
DER DICHTER
Ich muss ein Lustspiel schreiben
und finde keinen Stoff!
Dieser hat zu viel Gefühl,
jener scheint mir fade.
ZIGEUNER
Unsere Heimat ist die ganze Welt, etc.
DER DICHTER
Wie, Zigeuner! Potztausend!
Freude, Gesänge, ein Festmahl!
Oh, weich schöner Anfang
liesse sich daraus machen!
ZAIDA, ALBAZAR, dann die ZIGEUNER
Unsere Heimat ist die ganze Welt, etc.
DER DICHTER
Bravo! Gut so!
Oh, welch schöner Anfang, etc.
Rezitativ
Der Dichter
DER DICHTER
Ach, brächte doch die Ankunft
dieser Zigeuner ein paar Ereignisse,
die mir genügend Ränke böten
für ein ganzes Theaterstück!
Ich würde ein schönes Bild nach dem Leben
daraus machen.
Ich darf nicht länger
an die Launen
der schönen Fiorilla denken:
Dichter von jeglicher Sorte haben bereits
den törichten Gatten und sein verrücktes Weib
auf die Bühne gebracht.
Da kommt Geronio, der darauf versessen ist,
sich die Zukunft sagen zu lassen:
Ich will eilends die Zigeuner benachrichtigen.
Nr. 2 - Kavatine
Don Geronio, Zaida und Chor
GERONIO
Ich suche eine Zigeunerin,
die mir die Sterne deuten kann,
die mir im Vertrauen sagt,
ob es mir mit der Zeit und mit Geduld
gelingen wird,
meine Frau zur Vernunft zu bringen.
Doch die Zigeunerin, die ich suche,
ist nicht zu finden!
Der Kopf meiner Frau
ist so beschaffen,
dass ein Sterndeuter
ihn nicht zu ergründen vermag.
ZAIDA, ZIGEUNERINNEN
Wer will sich die Zukunft sagen lassen?
GERONIO
Da ist gerade in meiner Nähe eine Schar Zigeunermädchen.
ZAIDA
Wir lesen das Schicksal, wir lesen in den Sternen.
ZAIDA, ZIGEUNERINNEN
Wer will sich die Zukunft sagen lassen?
GERONIO
Zigeunermädchen!
ZAIDA, ZIGEUNERINNEN
Zeigt Eure Hand.
GERONIO
Wartet...
ZAIDA, ZIGEUNERINNEN
Schnell, schnell.
GERONIO
Sachte, sachte... Sachte, sachte.
ZAIDA
Geboren seid Ihr...
GERONIO
Ja... meint Ihr den Tag?
ZAIDA
Die Sonne stand im Zeichen des Steinbocks.
GERONIO
Bin ich Junggeselle oder verheiratet?
ZAIDA
Zeigt Eure Stirn. Verheiratet.
GERONIO
Wann? Woran erkennt Ihr das?
ZAIDA
Im Zeichen des Widders.
ZAIDA, ZIGEUNERINNEN
Der Unglückliche! Der Ärmste!
GERONIO
Was ist geschehen? Was ist los?
ZAIDA, ZIGEUNERINNEN
Welch unheilvolle Konstellation!
GERONIO
Welche denn?
ZAIDA, ZIGEUNERINNEN
Das Zeichen des Schafsbocks!
GERONIO
Ah, macht, dass ihr fortkommt!
Ah, verschwindet von hier!
Ach, meine Gattin! Selbst die Zigeuner
auf dem Platz wissen, wer ich bin.
Wenn du weiter die Verrückte spielst,
wird noch die ganze Welt es wissen.
ZAIDA
Welch unheilvolle Konstellation!
GERONIO
Lasst mich in Ruhe, ihr Närrinnen!
ZAIDA
Der Schafsbock! Ha, ha, ha!
ZAIDA, ZIGEUNERINNEN
Welch unheilvolle Konstellation! etc.
Geronio flieht, verfolgt von der Zigeunerschar.
Rezitativ
Der Dichter, Albazar, Zaida
DER DICHTER
Bravo!
Ich habe alles gehört:
Ihr seid geistreich, Zigeunermädchen.
Woher stammt Ihr?
ZAIDA
Ich kam am Fusse
des Kaukasus zur Welt.
DER DICHTER
Und weiches Schicksal
lässt Euch aus so fernen Länder
hier umherschweifen?
ALBAZAR
Unsere Geschichte ist ein Roman.
DER DICHTER
(Sehr schön!)
Ihr wart gewiss
in einem Serail.
ZAIDA
Ich lebte einst
als glückliche Sklavin von Selim Damelec
in Erzerum.
Albazar
Und damit beganne
ihre Leiden.
DER DICHTER
Was geschah dort?
ZAIDA
Hört:
Er liebte mich und wollte mich heiraten:
Meine Rivalinnen
lassen mich in seinen Augen
untreu erscheinen.
Die Eifersucht macht ihn
rasend und blind
und befiehlt diesem da, mich zu töten.
Albazar hat mich gerettet. Es gäbe viel zu erzählen,
wie sehr ich litt, auf welche Arten
das grausame Schicksal mich kränkte,
wie hier, mit diesen Leuten, in diesem Aufzug,
DER DICHTER
Mir kommt da ein schöner Gedanke,
der Euch glücklich machen kann.
ZAIDA
Wie denn?
DER DICHTER
Heute Abend
kommt ein gewisser türkischer Fürst,
der reist,
um Italien zu sehen und die europäischen
Gebräuche zu studieren.
ZAIDA
Es scheint mir seltsam,
dass einen Türken
diese Neugier befällt.
DER DICHTER
Der Fall ist äusserst selten, in der Tat,
und doch wird er mit Gewissheit erwartet.
Man hat für ihn sogar
einen prächtigen Palast und ein Fest vorbereitet.
Er bleibt nur wenige Tage hier,
dann kehrt er in die Türkei zurück.
Wenn er die Treue Eures Herzens kennt,
wird er bei Eurem Liebsten vermitteln.
Sagt, eine bessere Idee...
ALBAZAR
.. hätte man nicht finden können.
ZAIDA
Ist es für Euch leicht, zum Fürsten vorzudringen?
DER DICHTER
Wenn Ihr zu Selim zurückkehren wollt,
lasst mich nur machen.
ZAIDA
Ja, ich finde keinen Frieden
fern von ihm.
Auch wenn er grausam ist mit mir,
ich liebe ihn, ich liebte ihn,
ich war ihm immer treu.
Sie gehen ab.
Nr. 3 - Kavatine
Fiorilla
FIORILLA
Es gibt keine grössere Torheit,
als ein einziges Wesen zu lieben:
Ein alltägliches Vergnügen
bringt Langeweile, keine Freude.
Die Biene, der Wind, der Fluss,
sie alle lieben nicht immer die selbe Blume.
Unbeständig In Herz und Wesen
will auch ich so lieben,
will stets wechseln.
Nr. 4 - Chor und Duett
Ein Schiff wird sichtbar
CHOR
Rudert, rudert,
an Land, an Land.
FIORILLA
Ein Schiff? Ein türkisches, wie mir scheint.
CHOR
Hier können wir uns
von der Mühsal auf dem Meer erholen.
FIORILLA
Lasst uns beiseite gehen
und beobachten, wer anlegt.
Fiorilla zieht sich zurück, während Selim aus dem Schiff steigt.
CHOR
Und der Himmel Italiens
wird uns alle Mühe vergessen lassen.
Kavatine - Duett
Selim, Fiorilla
SELIM
Schönes Italien, seh ich dich endlich,
ich grüsse euch, ihr freundlichen Gestade.
Luft und Erde, Blumen und Wogen,
alles lacht und spricht zum Herzen.
Ach, teures Italien, du wirst geliebt
von Himmel und Erde.
FIORILLA
Erscheint mit ihren Begleiterinnen
(Welch schöner Türke! Lasst uns näher gehen.)
SELIM
(Welch entzückende Mädchen!)
FIORILLA
(Auch die Türken sind gar nicht übel.)
SELIM
Die Italienerinnen sind wirklich hübsch.)
FIORILLA
(Ich will näher gehen.)
SELIM
(ich will näher gehen.)
FIORILLA, SELIM
(Und ich will mich vergnügen.)
FIORILLA
Zu Euren Diensten...
SELIM
Zu Euren Diensten...
FIORILLA
(Er ist sehr liebenswürdig.)
SELIM
(Oh, weich entzückendes Gesichtchen!)
Ich habe wirklich Glück,
so grosses Wohlwollen zu finden.
FIORILLA
Das Glück ist ganz auf meiner Seite,
einem grossen Herrn
von solchem Anstand zu begegnen.
SELIM
Ich bin erstaunt.)
FIORILLA
(Es hat ihn schon erwischt.)
SELIM
(Welche Anmut!)
FIORILLA
(Er ist im Netz.)
SELIM
Ihr gefallt mir, Fräulein.
FIORILLA
Verspottet mich nicht...
SELIM
Es ist die Wahrheit.
FIORILLA
(Ich weiss wohl, was man
mit ein wenig Bescheidenheit erreicht.)
SELIM
(Diese reizende Bescheidenheit
macht sie noch liebenswerter.)
FIORILLA
Lebt wohl, mein Herr.
SELIM
Ihr geht?
FIORILLA
Ich will ein wenig spazieren.
SELIM
Erlaubt Ihr, dass ich Euch begleite?
FIORILLA
Zu viel der Ehre.
SELIM
(Weich ein Feuer!)
FIORILLA
Ah!
SELIM
Meine Liebe!
Ihr seufzt?
Ah!
FIORILLA
Ihr auch.
SELIM
Ich auch.
FIORILLA, SELIM
Warum?
SELIM
Weil ich ein ungewohntes Feue
in mir lodern fühle.
FIORILLA, SELIM
Liebste Hand, ich drücke dich ans Herz.
Ich will dich nie mehr verlassen.
FIORILLA
(Es ist gar nicht so schwer,
diese Türken zu erobern!)
SELIM
(Es ist gar nicht so schwer,
die Italienerinnen zu erobern.)
FIORILLA, SELIM
Liebste Hand, etc.
Sie gehen Arm in Arm ab.
Rezitativ
Der Dichter, Narciso
DER DICHTER
Die Rolle der verliebten Zigeunerin
ist nicht komisch,
sondern schön und interessant.
Der Anfang des Werkes ist gutes Theater,
doch ich sehe keine natürliche Verwicklung.
NARCISO
Der Dichter!
DER DICHTER
Don Narciso!
Wie! Ihr seid allein hier?
Ich dachte, Ihr wäret in Gesellschaft Fiorillas.
NARCISO
Sie kam mit mir, doch dann nahm sie
einen anderen Weg.
Sagt, habt Ihr sie gesehen?
DER DICHTER
Ich nicht.
NARCISO
(Sie führt etwas im Schilde,
das sie mir verbirgt.)
DER DICHTER
{Der eifersüchtige Verehrer überlegt.
Forschen wir nach, es könnte mir
eine schöne Nebenhandlung ergeben.)
NARCISO
(Ich bin der Treulosen
verhasst geworden.)
Rezitativ
Don Narciso, der Dichter, Don Geronio
GERONIO
Freunde, helft mir,
ratet mir...
Ich bin ausser mir!
NARCISO
Warum? Was ist denn los?
DER DICHTER
Was ist geschehen?
GERONIO
Ich sah gerade
meine Frau mit einem Türken.
DER DICHTER
Mit einem Türken?
NARCISO
(Die Treulose!)
GERONIO
Sie bringt ihn in mein Haus,
um Kaffee zu trinken.
Verflucht seien
alle Türken dieser Weit!
DER DICHTER
Dies ist eine Gelegenheit,
um zu grossen Ehren zu gelangen!
GERONIO
Ich scher mich nicht darum,
in meinem Haus
den edelsteinbesetzten Turban
Selim Damelecs zu haben.
DER DICHTER
springt vor Freude auf
Wie? Selim? Wahrhaftig?
Der Geliebte der Zigeunerin! Donnerwetter!
Diese überraschende Ankunft
ist ein schöner Theatercoup.
Das Schauspiel ist gemacht.
Apollo, ich danke dir.
NARCISO, GERONIO
Er ist verrückt!
Nr. 5 - Terzett
Don Narciso, der Dichter, Don Geronio
DER DICHTER
Ein einfältiger Gatte,
eine launenhafte Gattin!
Nein, etwas Besseres gibt es nicht.
GERONIO
Mein Herr, was soll der Spott?
Entweder Ihr respektiert mich, oder es wird Euch
jemand den Kopf einschlagen.
DER DICHTER
Der Verehrer wird ersetzt
von einem schönen, verliebten Türken!
Der Verehrer wird ersetzt!
Oh, welch eine Verwicklung das ergibt!
Ha, ha, ha!
NARCISO
zornig
Von wem sprecht Ihr?
Beleidigt uns nicht,
oder Ihr bekommt es mit mir zu tun.
DER DICHTER
bald zu Narciso, bald zu Geronio
Aber mein Herr, was ereifert Ihr Euch?
Ihr, mein Herr, was regt Ihr Euch auf?
mit Würde
Ich will für ein Theaterstück
den passenden Stoff wählen.
GERONIO
So wählt denn einen Stoff,
der meinesgleichen nicht betrifft,
keine Ehemänner, die geplagt werden,
sondern jene, die sich Achtung zu verschaffen wissen.
NARCISO
Lasst die Verehrer aus dem Spiel
und kümmert Euch nicht um ihre Lage,
oder ich füge in dem Stück
einen verprügelten Dichter ein.
DER DICHTER
Erster Akt...
der Gatte mit dem Freund...
Erste Szene...
Gattin... Türke... Schreie... Ränke...
Nein, etwas Besseres gibt es nicht.
GERONIO, NARCISO
Erster Akt,
erste Szene:
Der Dichter erhält für die Ränke
vom Gatten und dessen Freund
eine Tracht Prügel.
Narciso und Geronio gehen ab.
Rezitativ
Fiorilla, Selim
Gemächer in Don Geronios Haus.
FIORILLA
Heda, schnell den Kaffee...
Nehmt Platz...
SELIM
Ich bewundere die prächtige Ausstattung dieses Raumes.
Doch für eine Schönheit wie die Eure
bräuchte es einen Tempel,
und Ihr hättet einen herrlichen
in der Türkei.
FIORILLA
Etwa einen Serail?
Stimmt es, dass die Türken so eifersüchtig sind?
SELIM
Ah! Wenn sie
einen solchen Schatz besässen,
ihre Eifersucht würde ihnen verziehen.
Sie liebten Euch mehr, als Ihr glaubt.
Der Kaffee wird gebracht.
FIORILLA
Da kommt der Kaffee.
SELIM
(Ich kann nicht mehr!)
FIORILLA
giesst ein
Nehmt.
SELIM
(Welch zarte Hand!)
FIORILLA
Reicht Euch der Zucker?
SELIM
(Welch vornehmes Benehmen!
Welch schöne Augen
und welch ein Feuer darin funkelt!)
FIORILLA
Woran denkt Ihr?
SELIM
Ich denke an Fiorilla!
FIORILLA
(Den Türken hat's erwischt.)
Wie viele Frauen habt Ihr geliebt?
Wie viele wollt Ihr noch haben?
SELIM
Ich liebte eine und wollte nicht mehr lieben,
aber bei Euch fühle ich, dass ich noch einmal
in Liebe entbrennen muss.
Ach, wenn Ihr meine Liebe annehmen wollt,
sollt Ihr die einzige Flamme meines Herzens sein.
Nr. 6 - Quartett
Fiorilla, Don Narciso, Don Geronio, Selim
FIORILLA
Ihr seid Türken, ich glaube euch nicht:
Ihr habt hundert Frauen um euch,
ihr kauft sie und verkauft sie,
wenn eure Glut erlischt.
SELIM
Ah, meine Liebste, auch in der Türkei,
wer einen Schatz besitzt,
der tauscht ihn nicht, gibt ihn nicht her.
Auch ein Türke fühlt Liebe.
GERONIO
erscheint in der Tür
Da sind sie, allein zu zweit!
Was muss ich ertragen!
Ist es gestattet?
Darf man eintreten?
Darf ich eine solche Gunst erhoffen?
SELIM
Was will dieser Frechling?
FIORILLA
Beruhigt Euch, er ist mein Gatte.
SELIM
springt auf und zieht einen Dolch
Der Gatte! Zurück! Schnell ...
GERONIO
Wie? Weh mir! Was sind das für Manieren?
SELIM
Der Gatte! Zurück... zurück...
GERONIO
Hilfe! Hilfe!
FIORILLA
Habt Erbarmen: Der Ärmste ist gekommen,
um Euch Ehre zu erweisen.
SELIM
Das glaube ich nicht.
GERONIO
Doch, mein Herr.
NARCISO
tritt ein
(Himmel, was sehe ich! Die Treulos
ist bereits die Geliebte des Türken!)
FIORILLA
Und er bittet Euch um die Gunst,
Euren... Rocksaum zu küssen.
GERONIO
Euren Rocksaum, ja, mein Herr,
zu küssen, ja, mein Herr,
schnell, schnell, schnell, hier!
Fiorilla zwingt ihren Gatten, das Gewand des Türken zu küssen.
SELIM
Ich wundere mich, ich staune,
die italienischen Ehemänner
sind viel höflicher als die Türken,
sie sind voller Freundlichkeit.
FIORILLA
Oh, welch eine Szene!) Ihr habt Recht:
(Alter Trottel!) Die Ehemänner
(Ich amüsiere mich!) sind höflich,
sie sind voller Freundlichkeit.
GERONIO
(Verfluchter!) Er hat Recht:
(Ah, Klatschmaul!) Die Gatten
Ich platze, ich berste) sind höflich,
sie sind voller Freundlichkeit.
NARCISO
(Ah, ich sehe. Meine Fehler,
ich Unglücklicher, sind vollkommen.
Gerechte Liebe! Ach, mögen die Beleidigungen
bestraft werden, die sie mir antut.)
SELIM
Ich wundere mich, ich staune, etc.
NARCISO
Wie! ... Ein solch schweres Unrecht
könnt Ihr in Ruhe dulden?
SELIM
Was will der dreiste Kerl von Euch?
GERONIO
Nichts, nichts.
FIORILLA
Was hat er vor?
GERONIO
Nichts, nichts.
FIORILLA
Was will er sagen?
SELIM
Ich will ihn nicht in meiner Gegenwart.
GERONIO
Schlauheit, Vorsicht!
NARCISO
Hört...
SELIM
Hier.
NARCISO
Hört.
FIORILLA
So macht schon, los.
GERONIO
Jetzt habe ich es satt,
ich kann nicht mehr...
SELIM
Ich möchte mit dir reden,
ich erwarte dich am Meeresstrand.
(Die beiden machen mich wütend,
es ist besser, von hier zu verschwinden.)
FIORILLA
züi Selim
Doch bevor Ihr mich verlasst,
blickt mich wenigstens
froh an,
werft mir einen liebevollen Blick zu.
(Die beiden Störenfriede
sollen sich das Herz verzehren.)
SELIM
will weggehen, kommt jedoch noch einmal zurück; zu Fiorilla
Doch bevor ich Euch verlasse,
blickt mich wenigstens
froh an,
werft mir einen liebevollen Blick zu.
(Die beiden Störenfriede
belagern sie immerfort.)
NARCISO
zu Geronio
Zeigt Euch
doch nicht so schwach:
Seht: Euretwegen
bin ich tief beschämt.
(Die Empörung und die Liebe
zerreissen mir das Herz.)
GERONIO
zu Narciso
ich kann Euch nicht beschreiben,
weiche Wut ich im Herzen habe-
Ich bin ganz Gift,
ich bin ganz Zorn.
(Nur die Furcht vor dem Türken
besänftigt mich.)
Selim, Fiorilla und Narciso gehen nach verschiedenen Seiten ab,
Geronio geht mit grossen Schritten auf der Bühne auf und ab.
Rezitativ
Der Dichter, Don Geronio
DER DICHTER
(Ich komme zu spät,
der Türke ist bereits gegangen.
Oh, ein gutes Zeichen:
Ich sehe den Gatten schnauben!)
GERONIO
Ein Greis kann keine grössere Torheit begehen,
als eine junge Frau zu nehmen.
Dichter, meinst du nicht,
dass ich Mitleid verdiene?
Hier überraschte ich sie,
vom Türken umschmeichelt,
und das Ungeheuer wollte mich erdolchen.
DER DICHTER
Gut!
GERONIO
Was sagst du?
Sie zwang mich, um ihn zu besänftigen,
seinen Rock zu küssen!
DER DICHTER
(Oh, welch schönes Terzett!)
GERONIO
Und dabei wäre ich noch, wenn Don Narciso
nicht zur rechten Zeit gekommen wäre und die
gerechte Verteidigung des beleidigten Gatten
übernommen hätte!
DER DICHTER
(Welch eine Szene! Welch reizendes Quartett!)
GERONIO
Aber wovon sprichst du?
Ich verstehe nicht.
DER DICHTER
Verzeiht! Ich entwarf
gerade einen Schwank.
Was gedenkt Ihr nun
Eurer Frau zu sagen?
GERONIO
Oh, wenn sie gefügig wäre
wie meine erste Frau,
ich würde meinen Rechten Geltung verschaffen.
Doch sie ist das pure Gegenteil.
DER DICHTER
Sie ist so, weil sie in Euch einen Dummkopf hat.
Rezitativ
Fiorilla, Don Geronio
GERONIO
Der Dichter hat Recht. Geduld
ist die Tugend der Esel. Schliesslich bin ich es,
der in meinem Haus das Sagen haben muss!
Entweder dieser Türke oder meine Frau soll gehen!
FIORILLA
Geronio ist noch hier! Welch hässliche Begegnung!
Ich werde mir eine Viertelstunde lang
eine Moralpredigt anhören müssen!
GERONIO
(Da kommt sie... Würde!)
FIORILLA
(Er soll predigen, solange er will,
er wird schweigen müssen!)
GERONIO
Wie viele bittere Pillen
gibt man mir noch zu schlucken!
FIORILLA
Von wem sprecht Ihr?
Sie spielt die Beleidigte.
GERONIO
Von einer verrückten, sonderlichen, launenhaften Frau,
die unglücklicherweise Don Geronios Gattin ist!
FIORILLA
Auch ich beschwere mich über Euch, aus dem Grund,
dass Ihr Euch verändert habt!
GERONIO
Ich?
FIORILLA
Ich beweise es Euch.
Ihr seid nicht mehr liebenswürdig wie einst!
Nr. 7 - Duett
Fiorilla, Don Geronio
GERONIO
Ich möchte wissen, was ich tun soll,
um der Dame zu gefallen.
FIORILLA
Ihr sollt stets schweigen,
niemals argwöhnen!
GERONIO
Doch wenn ich höre...
FIORILLA
...so stellt Euch taub.
GERONIO
Doch wenn ich sehe...
FIORILLA
... so stellt Euch blind.
GERONIO
Nein, Gnädigste, ich bin nicht einverstanden,
ich will sehen, und ich will sprechen!
FIORILLA
Man wird Euch für einen Dummkopf halten,
Ihr werdet Euch zum Gespött machen!
GERONIO
zornig
Kurz, in meinem Haus
will ich weder Türken noch Italiener,
oder es rutscht mir...
FIORILLA
Welch eine Torheit!
GERONIO
... die Hand aus.
FIORILLA
mit gespielter Zärtlichkeit
Kommt schon, Liebster, beruhigt Euch.
GERONIO
\/\/le! Ihr verspottet mich auch noch?
FIORILLA
Nein, mein Leben, mein Schatz,
jeder weiss, dass ich Euch anbete
Ihr, Grausamer, beleidigt mich!
Wollt Ihr mich kränken?
GERONIO
(Adieu, mein Mut.)
FIORILLA
Schmerz vortäuschend
Ihr seht meine Tränen
und habt kein Mitleid mit mir!
GERONIO
Nein, Florilla, auch Ich liebe dich,
auch das weiss jeder.
FIORILLA
Und Ihr wagt es, mir zu drohen,
mich zu quälen, zu erschrecken!
GERONIO
Verzeiht...
FIORILLA
empört
Lasst mich.
GERONIO
hinter ihr her laufend
Fiorillettchen!
FIORILLA
Ich will Rache.
GERONIO
Fiorillinchen!
FIORILLA
Schert Euch weg!
Zur Strafe will ich
stets tausend Liebhaber um mich haben,
Tag und Nacht die Verrückte spielen
und mich ungestört vergnügen!
(Mit einem Ehemann wie diesem
muss man so umgehen.)
GERONIO
Ich Ärmster!) Ach, nein, meine Liebste!
(Was habe ich getan!) Ich bin wieder versöhnt.
(Ich sitze in der Klemme!) Tag und Nacht!
Das ist zu viel der Grausamkeit.
FIORILLA
Ich höre Euch nicht zu... Schert Euch fort.
(Mit einem Ehemann wie diesem
muss man so umgehen.)
GERONIO
Fiorilletta! ... Fiorillina!
(Ach, hab ich's doch gesagt- Närrisch kam sie zur Welt,
närrischer noch wird sie sterben.)
Sie gehen ab.
Rezitativ
Der Dichter
DER DICHTER
Beinahe habe ich den Aufbau
meines Stücks vollendet.
Doch ein Akt ist wenig für ein Schauspiel,
und Horaz sagt, weniger
als fünf dürfen es nicht sein.
Doch ich werde es in zwei Teile teilen müssen,
denn meine Zuhörer
waren es schnell müde, lieber Horaz,
wenn die Lustspiele fünf Akte hätten.
So machen wir uns denn
auf die Suche nach der Zigeunerin:
Möge Selim sich ihr zeigen,
und alles sei daran gesetzt,
dass sie die seine werde.
Nr 8 - Finale
Nacht. Meeresstrand wie zu Beginn
CHOR
Chor und Zaida
ZIGEUNER
Grosse Wunder,
die selbst die Sonne nicht kennt,
wer will sie hören,
wer will sie schauen?
ZAIDA
Wer will Vergangenheit
und Zukunft ergründen?
Kein Geheimnis ist so dunkel,
dass ich es nicht enthüllen kann.
SELIM
Alles ist bereit für die Flucht,
der Wind ist günstig, das Meer ist ruhig.
Ungeduldig weile ich hier,
um meine Schöne zu erwarten.
DER DICHTER
Da ist Selim!
Zaida geht auf ihn zu,
ohne ihn zu erkennen.
ZAIDA
W/er will sich von der seherischen Zigeuner
in die Zukunft sagen lassen?
SELIM
Komm her, Zigeunermädchen:
Was sagen dir die Sterne?
ZAIDA
Ach, diese Stimme! ... Dieses Gesicht!
Ich kann nicht sprechen.
DER DICHTER
(Nun kommt die Entdeckung:
Es wird eine Ohnmacht geben,
ich will einen Stuhl besorgen.)
SELIM
Was verkündet dir mein Schicksal
so Unheilvolles und Schlimmes,
dass ich Träne
in deinen Augen beben sehe?
ZAIDA
Durch ungerechte Eifersucht
sehe ich Zaida dem Tode geweiht.
Doch sie liebt dich und wünscht nur
mit dir zurückzukehren!
SELIM
Wo lebt die Unglückliche? ...
Doch irre ich nicht? Schöne Zaida!
ZAIDA
Ja, mein Herr, ich bin es.
SELIM
Komm zu mir, meine Liebste!
ZAIDA, dann SELIM
Das ist das Ende meiner Qualen,
mein ganzes Glück!
DER DICHTER
(Da steht der Stuhl, und sie fällt nicht in Ohnmacht.
Das ist gegen die Regeln.)
NARCISO
Wenn ich betrogen werde, warum,
grausame Liebe, entflammst du dann mein Herz?
Gib mir endlich die Geliebte wieder,
oder gib mir Erlösung.
Don Narciso verliert sich in der Menge.
CHOR
Es lebe das lebensnotwendige Feuer der Liebe
die Wonne des Herzens, die Freude der Welt!
FIORILLA
Wer Amor nicht dienen will,
soll gehen. Er ist auf meiner Seite:
Um ein stolzes Herz zu bezwingen,
gab Amor mir Fackel und Bogen.
SELIM
Welch schöner Gesang, welch ein Anblick.
GERONIO
Hier muss meine Frau erscheinen.
Er verbirgt sich.
Ich will handelnich will reden
Wenn ich sie finde, bekommt sie etwas zu hören!
FIORILLA
Anmutiger, liebenswerter Fremder!
SELIM
Schöne Nymphe!
GERONIO
aus seinem Versteck
Wer kommt?)
NARCISO
(Es scheint Fiorilla zu sein!)
GERONIO
(Sie ist es.)
DER DICHTER
(Hier Geronio, dort der Liebhaber!)
SELIM
Ach, enthüllt Euer schönes Gesicht.
ZAIDA
Es beginnt von vorne:
Er hat seine Meinung bereits geändert.)
SELIM
Enthüllt Euch, enthüllt Euch.
FIORILLA
über Selim herfallend
Treuloser! Undankbarer!
Ist dies deine Liebe?
Sieh mich an, sieh mich an.
Sie nimmt den Schleier ab, und alle, die herbeigeilt waren, schreien.
FIORILLA, dann SELIM, ZAIDA, NARCISO, GERONIO
Ah! Hat mein Herz mich nicht getäuscht,
mein Irrtum ist gewiss.
Ich fühle, wie mich in ihrem Angesicht
der Zorn zerreisst.
SELIM
Ah! Hat mein Herz mich nicht getäuscht,
sie überwachte meine Schritte.
DER DICHTER
Diese Szene fehlte noch,
um meine Verse zu vollenden.
SELIM
Ich wage vor Scham nicht,
ihr ins Gesicht zu blicken.
DER DICHTER
Dies ist eine Überraschung für fünf, sechs,
daraus lässt sich ein grossartiges Finale machen.
ZAIDA
zu Fiorilla, empört
Macht, dass Ihr fortkommt, hütet Euch davor,
meinen Geliebten aufzusuchen.
FIORILLA
verächtlich
Dieser Herr gehört Euch nicht.
Ich will hier bei ihm bleiben.
SELIM
So hört doch... beruhigt euch.
NARCISO
zu Geronio
Und was meint Ihr? Sagt Ihr denn nichts?
GERONIO
Schnell nach Hause, nach Hause, schnell...
ALBAZAR
den Streit beobachtend
Was ist dies bloss für ein Durcheinander?
DER DICHTER
Oh, weich einzigartige Szene!
ZAIDA
Wir werden ja sehen, wir werden ja sehen...
FIORILLA
Wir werden beide sehen.
ZAIDA
Meine Dame, ich fürchte Euch nicht.
FIORILLA
Ein Flittchen wie Euch...
ZAIDA
Ein Grossmaul wie Euch...
FIORILLA, ZAIDA
Werde ich wohl zu bestrafen wissen.
ZAIDA
Sie geraten aneinander
Wie! Wie! Nur zu, du Grossmaul!
FIORILLA
Zum Teufel! Nur zu, du Flittchen!
ZAIDA
Du bist hier das Grossmaul! ...
FIORILLA
Du bist hier das Flittchen.
ZAIDA, Fiorilla
Dirne, Dummkopf, Unverschämte...
Welch eine Ausdrucksweise!
SELIM
Was tut ihr? Heda, so beruhigt euch doch.
GERONIO
Welche Wut... welcher Zorn?
NARCISO
Aber Fiorilla, schämt Euch...
Pfui, Zaida, kennst du denn keine Scham?
So redet doch in aller Güte,
hört auf, euch herauszufordern.
DER DICHTER
erfreut sich am Spektakel
Macht weiter so... los... ausgezeichnet!
Hier... dort... gut, so ist es recht...
rauft euch, würgt euch,
Schrammen... Bisse... ich erfreu' mich ...
Welch ein Finale, welch herrliches Finale!
Oh, weich ein Aufsehen wird es erregen.
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, ALBAZAR, DER DICHTER, GERONIO, SELIM
Wenn der brausende Wind
unversehens Laub und Bäume schüttelt,
wenn das stürmische Meer brüllt,
schäumt, wallt und die Ufer peitscht,
so machen sie weniger Getöse als zwei Frauen,
die Rivalinnen der Liebe sind!
ZWEITER AKT
Ein Zimmer in einem Gasthaus
Rezitativ
Der Dichter, Don Geronino
DER DICHTER
Kopf hoch... was hilft's?
Gönnt Euch doch jetzt etwas Ruhe!
Gleich wird sie
mit ihrem Begleiter
zum Essen herkommen.
Dann könnt Ihr sie auf frischer Tat ertappen.
Nun trinkt,
und verbannt seien
für einen Augenblick
die launenhafte Gattin und der Verehrer.
GERONIO
Mein lieber Dichter,
ich könnte den Kopf
gegen die Wand schlagen, wenn ich an ihre Launen
und an meine Blindheit denke.
DER DICHTER
(Nun braucht es Leiden!)
Noch ein Glas.
(Ich sehe ein Zusammentreffen voraus!
Der Wein könnte
dem Dummkopf etwas Mut verleihen,
sonst ist mein Stück bereits zu Ende.)
Rezitativ
Der Dichter, Don Geronio, Selim
SELIM
Du kommst gerade recht, Freund:
Ich finde dich hier, ohne gross nach dir zu suchen.
Ich habe dir wichtige Dinge zu sagen.
DER DICHTER
Zu sich
(Eine neue Intrige!)
GERONIO
Auch ich wollte Euch
wichtige Dinge sagen.
DER DICHTER
Zu sich
(Ich ziehe mich zurück,
um jegliche Verbindlichkeit zu vermeiden
und alles aufzuschreiben!)
Er zieht sich zurück und lässt sich von Zeit zu Zeit forschend blickcn.
SELIM
Ich höre.
GERONIO
Sprecht.
SELIM
Nun gut, ich will beginnen.
Wie viele Jahre sind es,
seit Ihr Euch mit Donna Fiorilla
vermähltet?
GERONIO
Bald sind es sechs.
(Ruhe, Geronio.)
SELIM
Eine Liebe die länger als fünf Jahr währt,
muss einen sehr ermüden!
GERONIO
Ich bin tatsächlich müde,
sehr müde sogar!
SELIM
Und die Ehe ist Euch eine grosse Last.
GERONIO
Das weiss ein jeder, der sie am Halse hat!
Selim
Ich komme, Freund, um dir eine Lösung anzubieten,
um dir aus der Patsche zu helfen,
und du brauchst dich
für deinen Frieden nicht gross anzustrengen.
GERONIO
Aber... wie? So sagt doch.
SELIM
Höre.
GERONIO
Ich höre.
Nr. 9 Duett
Don Geronio, Selim
SELIM
Vielleicht hörtest du
von einem schönen türkischen Brauch:
Die Frau, die ihm lästig ist,
wird vom Gatten verkauft.
GERONIO
Der Brauch mag sehr schön sein,
doch in Italien gibt's einen noch viel schöneren:
Der Gatte schlägt dem Käufer
meist die Nase ein.
SELIM
Auch das mag schön sein,
doch darf es zwischen uns nicht so weit kommen.
GERONIO
Im Gegenteil, dieser gefällt mir
besser als jener.
SELIM
Aber warum denn?
GERONIO
Es gefällt mir,
unsere Sitten zu bewahren.
SELIM
Er ist gar nicht so dumm,
wie man immer sagt.
GERONIO, dann SELIM
zu sich
(Vernunft, mein Kopf,
hier braucht es Klugheit und Gefühl.)
SELIM
Wenn Ihr Fiorilla verkaufen wollt,
kaufe ich sie, ohne lange
zu fackeln, und ich gebe Euch Geld,
um wenn nötig drei davon zu kaufen.
GERONIO
Herr Türke, ich sagte es bereits und wiederhole es:
Ich verkaufe meine Frau an niemanden,
ob sie nun schlecht sei oder gut,
ich behalte meine Frau für mich!
SELIM
(Verfluchter!)
So überlegt doch...
GERONIO
Ich habe überlegt.
SELIM
Ihr ereifert Euch.
GERONIO
Ich ereifere mich, gewiss.
SELIM, dann GERONIO
Ich wette, einen seltsameren Dickschädel
gibt's keinen auf der Welt.
SELIM
Ihr wollt nicht?
GERONIO
Nein, zum Teufel.
SELIM
Ihr weigert Euch?
GERONIO
Jawohl, ich weigere mich.
SELIM
Ich will sie aber trotzdem haben.
GERONIO
Du wirst sie nicht bekommen ...
SELIM
Ich kenne einen anderen Brauch.
GERONIO
Und der wäre?
SELIM
Sie zu entführen!
Und statt sie zu bezahlen,
den Narren, der sich widersetzt,
kurzerhand zu erschlagen!
GERONIO
Aber Ihr müsstet befürchten,
dass Ihr, statt zu erschlagen,
geschehe, was geschehen muss,
erschlagen hier zurückbliebet!
GERONIO, SELIM
Dann gibt es Messerstiche,
dann gibt es Flintenschüsse,
dann gibt's Musketenhiebe,
und Ihr werdet sehen, dass ich mich
durch Drohen nicht erschrecken lasse.
Siegehen nach verschiedenen Seiten ab.
Rezitativ
Der Dichter
DER DICHTER
Ich glaubte, diese Szene
würde rasch das Ende herbeiführen.
Doch die Geschichte zieht sich in die Länge,
und es ist nötig,
dass schnell die Auflösung kommt,
und zwar auf natürliche Weise,
und dann mit ein wenig Moral enden.
Streng dich an, mein Hirn, und schwitze,
ersinne, wie mein Schauspiel enden soll.
Er geht
Nr. 10 - Chor und Kavatine
Chor und Fiorilla
CHOR
Es gibt kein vollkommenes Glück,
wenn nicht die Liebe es bringt.
Die Liebe bringt
Spass und Freude!
FIORILLA
Wenn Zephir sich zur Ruhe setzt,
um eine Blume zu liebkosen,
wenn ein lieblicher Schmetterling
von Lilie zu Rose zieht,
so ist's die Macht der Liebe,
die Schmetterling und Zephir bewegt.
CHOR
Die Liebe bringt
Spass und Freude!
FIORILLA
Wenn der erste Schimmer
des Frühlings lacht,
wenn die ganze Natur
wieder ihr früheres Kleid trägt,
so ist es der Hauch der Freude,
den Amor auf die Erde bringt.
CHOR
Die Liebe bringt
Spass und Freude!
Rezitativ
Fiorilla
FIORILLA
Welch unverschämte Türkin!
Sie wagt es, Fiorilla
den Geliebten streitig zu machen!
Ich werde mich
an ihr zu rächen wissen-
Ich will, dass sie bei meinem Triumph zugegen ist.
Um jeden Preis
will ich den Stolz
dieser Törin erniedrigen.
Soll sie doch ihren Türken haben, ich will ihn nicht mehr.
Ich habe sie in Selims Namen
in dieses Gasthaus geladen.
Sie soll nur kommen, dann werden wir sehen,
wer von uns gewinnen wird.
Rezitativ
Fiorilla, Zaida, Selim
ZAIDA
in der Tür, unentschlossen
Verzeiht... ich habe mich geirrt...
FIORILLA
Tretet ruhig ein:
Ich war es, die Euch kommen liess.
ZAIDA
tritt ein
Ihr? ...
FIORILLA
Ja: In wenigen Augenblicken
werdet Ihr Selim hier sehen.
Ich will nicht,
dass Eure Abwesenheit
mir in seinem Herzen einen Vorteil verschafft.
Nun können wir
in Ruhe verhandeln:
Er soll wählen, wer von uns beiden ihm besser gefällt.
SELIM
Ich glaubte,
Euch endlich allein zu finden, schöne Fiorilla,
könnt Ihr denn keinen Augenblick allein sein?
FIORILLA
Ihr werdet zufriedener sein,
wenn Ihr erst
alle Gäste erblickt habt.
SELIM
bemerkt Zaida
Zaida!
ZAIDA
Treuloser!
SELIM
Aber... wie! In diesem Gasthaus!
Was hat das zu bedeuten?
FIORILLA
Sie beehrt dieses Gasthaus
mit ihrer schönen Anwesenheit, um zu sehen,
ob Ihr mir oder ihr den Vorzug gebt.
Entscheidet Euch.
ZAIDA
Redet.
SELIM
Ihr stellt mich da auf eine harte Probe.
ZAIDA
Verräter! Ich verstehe:
Ich kam hierher, um meinen
Irrtum mitanzusehen.
SELIM
Ah! Nein...
Selim geht auf Zaida zu.
FIORILLA
So geht denn mit ihr.
SELIM
Lebt wohl!
(Sie lässt mich gehen!)
FIORILLA
(Er geht tatsächlich!)
SELIM
(Jetzt heisst es schlau sein.)
FIORILLA
(Jetzt braucht's Geschick.)
Nr, 11 - Duett
Fiorilla, Selim
SELIM
beiseite, als spräche er zu sich
Glaubt nur den Weibern,
die behaupten, euch zu lieben!
Ein Nichts bringt sie in Rage,
sie drohen, Euch zu verlassen.
Die Liebe einer Frau
ist ein Feuer, das verlischt,
kaum ist es entbrannt.
FIORILLA
das gleiche Spiel treibend
Glaubt nur diesen Männern,
die euch umschwärmen!
Sie schmachten für alle,
und lieben keinen Tag lang.
Sie sind wie der Sommerwind,
den man nicht mehr spürt,
kaum ist er verweht.
SELIM
kommt ein wenig näher
Es ist nicht recht, sich zu beklagen,
wenn man ein treues Herz verschmäht.
FIORILLA
wendet sich ein wenig um
Schön, sich davonzumachen,
um nicht zu sagen, dass man untreu ist.
SELIM
Ich bin es nicht.
FIORILLA
Ich spreche nicht mit Euch.
SELIM
Wie!
FIORILLA
Nein, nein, nein.
SELIM
Es schien mir aber!
FIORILLA
In Italien lieben wir gewiss nicht
auf diese Weise.
SELIM
mit Verachtung
In der Türkei lieben wir gewiss nicht
auf diese Weise.
FIORILLA, dann SELIM
zu sich
(Wenn der Streit noch lange dauert,
gerät er/sie in Zorn und geht.
Reden wir gütlich,
dann wird er/sie sich beruhigen.)
SELIM
flehend
Ich darf also nicht hoffen!
FIORILLA
bewegt
Ich bin also verhöhnt!
SELIM
Eure Hand...
FIORILLA
Ich kann nicht.
SELIM
Meine Liebste, Vergebung!
FIORILLA
zärtlich
Verdient Ihr sie?
SELIM
leidenschaftlich
Ich liebe Euch.
FIORILLA
Und Ihr werdet mich weiterhin lieben?
SELIM
Immer.
FIORILLA, SELIM
voll Freude und Zärtlichkeit
Du liebst mich, das seh' ich,
ich vertraue dir, ich glaube dir.
Doch sag es mir, mein Leben,
sag es mir noch einmal.
Wenn ich dir untreu bin,
wenn ich dich je verlassen sollte,
soll der Friede meinem Herzen
für immer fern sein.
Rezitativ
Der Dichter, Don Geronio, Don Narciso
DER DICHTER
Wartet!
GERONIO
Was gibt's?
DER DICHTER
Eine grosse Neuigkeit.
GERONIO
So sag schon.
DER DICHTER
Eine Entführung, Freund, wird geplant.
GERONIO
Was redest du? Höre ich die Wahrheit?
NARCISO
beiseite
(Fiorilla ist gegangen,
und diese hier! ...
Was tun sie? Ich will ein wenig lauschen.)
DER DICHTER
Fiorilla muss
zu einem Fest gehen.
Dort erwartet sie
der maskierte Selim,
der hofft, sie dazu zu bringen,
in die Türkei zu reisen.
NARCISO
(Was höre ich!)
GERONIO
Ich Unglücklicher! ... Oh, meine Frau! ...
DER DICHTER
Hört: Ich lief,
um Zaida alles zu erzählen.
Sie wird in gleicher Kleidung
zum Fest gehen.
Mit der Maske im Gesicht
wird sie aussehen wie Fiorilla.
Ihr müsst als Türke dort erscheinen.
GERONIO
Und dann? ...
DER DICHTER
Dann könnt Ihr
die getäuschte Fiorilla...
GERONIO
Ich verstehe... gehen wir...
Wir wollen keine Zeit mehr verlieren.
DER DICHTER
Seid unbesorgt,
Selim wird als letzter erscheinen.
Er wird unterwegs
viele unserer Freunde treffen,
die ihn aufhalten.
Nun geht,
lasst Euch Kostüm und Maske geben.
GERONIO
Ich folge dir.
DER DICHTER
(Das Schauspiel ist bereits vollendet.)
Er geht ab.
Nr. 12 - Rezitativ und Arie
Don Narciso
NARCISO
Ach, ich habe alles verstanden.
In dieses Gasthaus
führte mich das Schicksal.
Undankbare Frau,
du wirst mir nicht entkommen:
Ich will alles versuchen,
damit du die meine bleibst.
Du wirst mir die Treue wahren,
die du versprachst.
Hilf meinem Plan,
süsser Amor, der du mich inspirierst.
Ach, verwehre allen anderen
ein Glück, dass du alleine mir bestimmtest.
Wenn ich meinen Rivalen täusche,
wenn ich einen Treulosen betrüge,
ist dies die beste Rache
für einen gekränkten Liebhaber.
Ach, ja, die Hoffnung,
die ich im Herzen fühle,
barmherzige Liebe,
sie kommt von dir.
Er geht ab
Nr. 13 - Chor
Ballsaal
CHOR
Die Liebe spiele zum Tanz auf,
die Liebe leite die Musik.
Das Herz findet nur Freude,
wenn es bewegt ist.
Rezitativ
Zaida tritt auf, gefolgt von Selim
SELIM
Meine liebe Fiorilla, warum schweigt Ihr?
Seid Ihr etwa böse,
weil ich ein wenig spät kam?
Tausend Masken waren um mich herumÉ
ZAIDA
Ihr hättet Euch zumindest
rascher freimachen sollen.
SELIM
Kommt schon! ... Verzeiht...
Fiorilla...
ZAIDA
(Verräter,
ich brenne vor Zorn!)
SELIM
Nehmt meinen Arm,
lasst uns ein wenig umhergehen.
Sie entfernen sich.
Rezitativ
Fiorilla, Don Narciso
FIORILLA
Verkleidet
Und Selim ist nicht zu sehen!
Bei so vielen Leuten
kann ich ihn nicht finden...
Wo mag er sein?
NARCISO
(Das ist Fiorilla!)
FIORILLA
Oh, da ist er ja. Selim...
NARCISO
Fiorilla...
FIORILLA
So lange liesst Ihr auf Euch warten?
NARCISO
Verzeiht...
FIORILLA
Reicht mir den Arm und geht mit mir umher.
Rezitativ
Don Geronio
GERONIO
Da bin ich-
Es ist das erste Mal,
dass ich maskiert auf einem Fest erscheine.
Armer Don Geronio!
Verflucht seien die Liebe und die Ehe.
Geronio beobachtet Fiorilla und Narciso, die Zaida und Selim gleichen.
Aber was sehe ich!
Fiorilla ist schon hier,
und Selim ist bereits bei ihr.
Von der anderen Seite kommen Zaida und Selim.
Aber wie doch?
Ich sehe noch einen anderen Selim,
und auch jene
scheint mir Fiorilla zu sein
Was ist das für ein Durcheinander?
Welche von beiden ist nun meine Frau?
Nr. 14 - Quartett
Fiorilla, Zaida, Don Narciso, Don Geronio, Selim
GERONIO
Oh, seht, welch eine Bescherung!
Ich erkenne meine Frau nicht mehr!
Der gleiche Türke, die gleichen Kleider,
alles gleich... was soll ich tun?
NARCISO
Nein, ich kann nicht von hier fortgehen
ohne Euch, meine Fiorilla!
ZAIDA
Aber ich kann nicht verstehen,
welches mein Schicksal sein soll!
GERONIO
Ich erkenne meine Frau nicht mehr!
Wie soll ich mich entscheiden? Was soll ich tun?
SELIM
Ach, folgt mir in die Türkei,
ich werde Euch zu meiner Frau machen.
FIORILLA
Das Herz wollte mich überzeugen,
doch ich kann mich nicht entschliessen.
GERONIO
Oh, seht, welch eine Bescherung! etc.
FIORILLA, ZAIDA
(Ach, zügle, barmherzige Liebe,
die Leidenschaft meines Herzens.)
NARCISO
(Ach, begünstige, barmherzige Liebe,
meine harmlose Täuschung.)
SELIM
(Ach, begünstige, barmherzige Liebe,
die schönen Wünsche meines Herzens.)
GERONIO
Ich bin wahrhaftig ein schöner Gatte,
ich weiss nicht mehr, welche
von beiden meine Frau ist.
Soll ich reden oder nicht?
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM
Ach, wenn ich dir lieb bin,
ersehne ich kein anderes Glück.
NARCISO, SELIM
So kommt mit mir!
GERONIO
Ich bin bestürzt!
FIORILLA
Zaida Nun gut! Ich komme mit!
GERONIO
Ich werde blind!
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM
Lass uns gehen!
GERONIO
Sie gehen!
Halt... stillgestanden.
SELIM
Was will er?
Was wünscht er?
ZAIDA
Kümmert Euch
um Eure eigenen Angelegenheiten!
NARCISO
Das ist Geronio!
Kommt schnell!
FIORILLA
Ha, ha, ich verstehe,
es ist mein Gatte!
GERONIO
Hier geblieben!
Ihr werdet nicht gehen.
Ich will meine Frau,
ich weiss, dass sie hier ist!
FIORILLA, ZAIDA
Seine Frau hier?
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM
Er verliert den Verstand!
GERONIO
Ich will meine Frau!
CHOR
Welch ein Geschrei!
GERONIO
Ich will meine Frau,
ich weiss, dass sie hier ist!
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM, CHOR
Er wird sie woanders finden.
GERONIO
Halt, halt!
Keiner wird gehen!
FIORILLA, dann ZAIDA, NARCISO, SELIM
leise
Dieser verdammte Alte
könnte Verdacht schöpfen.
Lasst uns leise hinausschleichen,
bevor er uns auf die Probe stellt.
GERONIO
Ah, verdammter Türkenkerl!
Ich bebe vor Zorn und Empörung.
Hört mich doch gnädigst an,
lasst mich doch reden.
CHOR
Macht, dass Ihr fortkommt,
hört auf, uns zu beschimpfen.
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM
Lasst uns leise hinausschleichen, etc.
GERONIO
Ah, verdammter Türkenkerl! etc.
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM
Er ist verrückt... hört ihr?
(Wir müssen verschwinden.)
Ah, haltet ihn... verhindert...
(Mein Schatz, seid unbesorgt.)
GERONIO
Ich bin nicht verrückt! So hört doch...
Ihr wollt mich töten...
Ich will meine Frau, versteht ihr...
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM
Es ist nicht diese, ist nicht jene...
Ihr täuscht Euch, es ist Euer Kopf,
der sie hier zu sehen wähnt.
GERONIO
Lasst mich doch reden ...
Ist es diese, ist es jene ...
diese, jene... mein Kopf
kann sich nicht zwischen ihnen entscheiden.
CHOR
Ihr seid verrückt... so hört doch...
spielt nicht den Störenfried,
es mag ja wahr sein, was Ihr sagt,
doch für jetzt lasst es gut sein.
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM
Er ist verrückt... hört ihr? etc.
GERONIO
Ich bin nicht verrückt! So hört doch, etc.
FIORILLA, ZAIDA, NARCISO, SELIM, dann CHOR
Es ist nicht diese, ist nicht jene, etc
Siegehen nach verschiedenen Seiten ab. Geronio blickt ihnen verzweifelt nach.
Rezitativ
Don Geronio, der Dichter, dann Albazar
.
Ein Zimmer im Gasthaus wie zuvor
DER DICHTER
Es ist alles enthüllt.
Es war Narciso.
GERONIO
Doch wie konnte Narciso?...
DER DICHTER
Auch er war einer von Fiorillas Liebhabern.
GERONIO
Was sagst du? Und ich Narr
liess ihn ungehindert in mein Haus?
DER DICHTER
Grosse Blindheit!
GERONIO
Ich habe nichts bemerkt.
Und was soll ich jetzt tun?
DER DICHTER
Nun geht noch einmal zum Notar
und gebt vor, Fiorilla ohne Umstände
zu ihren Eltern zurückzuschicken.
GERONIO
Doch wenn sie hartnäckig
meine gespielte Scheidung verschmäht,
und wenn sie beschliesst, mit dem Türken zu gehen,
ach, lieber Freund, dann ist es aus.
Albazar tritt mit den Trägern auf.
ALBAZAR
Nein, meine Herren, Fiorilla bleibt bei euch.
GERONIO
Warum?
ALBAZAR
Selim hat sich mit Zaida versöhnt:
Er selbst schickt mich,
seine Sachen aus dem Gasthaus zu holen.
Er geht ab
GERONIO
Das Schicksal meint es gut mit uns.
DER DICHTER
Bleibt standhaft, was immer auch geschieht.
(Eine bessere Auflösung gibt es nicht.)
Sie gehen ab
Rezitativ
Fiorilla, der Dichter
Ein Platz mit Don Geronios Haus.
FIORILLA
Oh, der Dichter! Ihr kommt wie gerufen:
Sagt, wo ist Selim?
DER DICHTER
Er ist beschäftigt.
FIORILLA
Wie?
DER DICHTER
Er hat sich mit Zaida versöhnt.
In Kürze kehrt er
mit ihr in die Türkei zurück.
(Schreib alles auf und beobachte, o meine Muse.)
FIORILLA
So hat sie also gewonnen?
Treuloser! Und ich
kümmerte mich seinetwegen
nicht um die Schar von tausend Liebhabern
und um den Zorn des Gatten?...
DER DICHTER
Ein Schlag noch, und wir haben
die gewünschte Wirkung.
FIORILLA
Freunde, wenn ihr wollt,
können wir uns einen Moment
in meinem Haus ausruhen...
DER DICHTER
Halt! Wartet.
Euer Gatte schickt Euch diesen Brief.
FIORILLA
Welch seltsamer Einfall!
Ich will ihn lesen.
Nr.15 - Rezitativ und Arie
Fiorilla
FIORILLA
Ich schicke Euch Eure Habe und will Euch nicht mehr in meinem Haus: Dieses steht Euch verschlossen, vergesst, dass Ihr meine Frau wart, und verbergt Eure Schmach in Sorrent.
Don Geronio.
Was für ein Schlag! Weh mir, was höre ich?
Der Dichter... er ist gegangen ...
O Gott! Die Türen
des Hauses sind verschlossen ...
Der zornige Gatte
hat mich für immer davongejagt...
So muss ich denn
nach Sorrent zurückkehren?
O meine Schande!
Weh mir, wo soll ich unterkommen!
Alles hab' ich verloren,
den Frieden, den Gatten, die Ehre.
Ich verstehe... ah! Dies
Die Diener zeigen das Gepäck.
sind die Zeugen meines Elends!
Nutzlose Zier,
was wollt ihr noch bei mir!
Verschwindet alle,
verschwindet, am Boden zerstreut.
Ich zertrete euch
Ursache meiner Fehler,
und ich hasse euch.
Sie legt ihren Schmuck ab.
Der Dichter zeigt sich von Zeit zu Zeit, die Masken blicken sich verwundert an
Arie
Fiorilla
FIORILLA
Ein düsteres, dunkles
Trauer- und Bussgewand
sei der einzige Schmuck,
den man an mir sieht.
Es kann nicht genug trauern,
wer die Ehre verlor.
Lieber Vater, geliebte Mutter,
welchen Kummer werdet ihr fühlen,
wenn ihr eure Tochter
einsam und verstossen wiederseht,
wie sie trostlos
in die frühere Armut zurückkehrt?
CHOR
Bittet den Gatten um Hilfe,
doch erwartet kein Mitleid von uns .
FIORILLA
Falsche Freunde, auch ihr lasst mich im Stich!
Ach, jetzt erkenne ich euch ganz und gar.
Ihr bleibt, wenn der Himmel heiter ist,
und flieht, wenn er sich verdunkelt.
CHOR
Wer sich selbst ins Unglück stürzt,
der soll seine Blindheit allein beklagen.
FIORILLA
Die Arme, vom Unglück Bedrückte
hat keine Hilfe, keinen Trost mehr.
CHOR
Leise
Wer sich selbst ins Unglück stürzt, etc.
FIORILLA
Lieber Vater, geliebte Mutter, etc.
CHOR
Wer sich selbst ins Unglück stürzt, etc.
Fiorilla geht zur einen Seite ab, gefolgt von den Dienern, die ihre Habe tragen, die Masken zur anderen Seite
Rezitativ
Der Dichter, dann Don Geronio
DER DICHTER
Was für ein Theaterstück! Ich bin zufrieden.
Einen besseren Stoff
hätte man nicht finden können,
noch könnte man wünschen,
auf bessere Art und Weise einen Knoten zu schlingen.
Geronio tritt auf
Freund! Es ist fantastisch:
Tränen, Geschrei und Reue wie in einem Trauerspiel.
GERONIO
Ich danke dir,
mein Dichter.
Glaubst du, dass sie wirklich
aufrichtig bereut?
DER DICHTER
Ob ich es glaube?
Ich denke sogar, dass sie für immer geheilt ist.
GERONIO
Und nun, was muss ich tun?
DER DICHTER
Ihr ungesehen folgen.
Und wenn sie klagt,
wenn sie weint und gelobt,
ihre Gewohnheiten zu ändern und anständig zu leben,
solltet Ihr ihr verzeihen und sie wieder aufnehmen.
Er geht ab
Rezitativ
Fiorilla, der Dichter, Don Geronio
Strand wie im ersten Akt. Selims Schiff vor Anker und türkische Matrosen
FIORILLA
Ja, ich muss gehen:
Ich habe nicht den Mut,
vor ihn zu treten:
Meine Schuld ist schwer.
Dieser ferne Strand
nahe dem Hafen wird stets
von Schiffen aufgesucht,
die von Neapel nach Sorrent fahren ...
Und hier... das ist Selims Schiff.
Hättest du doch bloss nie
an diesem Strand angelegt, unseliges Schiff!
DER DICHTER
Seht sie an: Sie seufzt.
GERONIO
Sie bereut,
sie bereut wirklich.
DER DICHTER
Hab ich es nicht gesagt?
Was zögert Ihr?
Geht hin.
FIORILLA
Geronio! Was will er hier!
Er scheint näher zu kommen.
GERONIO
Arme Fiorilla!
FIORILLA
Er schaut mich an und kommt näher.
DER DICHTER
Sie hat Euch bemerkt und sieht Euch an.
FIORILLA
Wer weiss, vielleicht spricht
zu meinen Gunsten die frühere Liebe zu ihm.
Nr. 16 - Finale
Fiorilla, der Dichter, Don Geronio
FIORILLA
Ich bin die Rebe, die auf dem Feld verdorrt,
der die liebe Stütze fehlt.
GERONIO
Ich bin die Ulme, der man
die Rebe nahm, die nackt zurückblieb.
DER DICHTER
Ich bin der gutherzige Gärtner,
der sie wieder vereinen kann.
FIORILLA
Er schleicht um mich herum,
er sieht mich an und seufzt,
gehen wir näher,
er scheint mir besänftigt.
GERONIO
Sie schleicht um mich herum,
sie sieht mich an und seufzt,
gehen wir näher,
mir scheint, sie bereut.
DER DICHTER
Sie schleicht um Euch herum,
sie sieht Euch an und seufzt,
geht näher,
mir scheint, sie bereut.
GERONIO
Teure Rebe...
FIORILLA
Geliebte Ulme...
DER DICHTER
Oh, welch schönes Sinnbild!
GERONIO
An meinen Stamm...
FIORILLA
In meinen Schatten...
könntest du zurückkehren.
DER DICHTER
Das Finale kann nicht fehlgehen.
FIORILLA
Ja, kehre in diese Arme zurück,
teure Ulme, und ergrüne.
GERONIO
Ja, kehre in diese Arme zurück,
teure Rebe, und ergrüne.
DER DICHTER
Gut so, möge es euch wohl bekommen!
Dem Schauspiel kann es an nichts fehlen.
LETZTE SZENE
Fiorilla, Zaida, Don Narciso, Albazar, der Dichter, Don Geronio, Selim, Chor
CHOR
Heiter lache euch der Himmel.
Mögen die Winde für euch ruhig sein
und euch glücklich
wieder in die Heimat bringen.
SELIM
Teures Italien, ich verlasse dich,
doch wirst du stets in meinem Herzen sein.
Ich werde jeden Tag daran denken,
dass ich dir mein Glück verdanke.
ZAIDA
Da kommt Fiorilla. Don Geronio
hat sich bereits mit ihr versöhnt.
DER DICHTER
Da kommt der Türke... Ich möchte nicht...
Diese Begegnung gefällt mir nicht.
FIORILLA
leise zu Geronio
Ich kann ihn nicht mehr sehen.
GERONIO
leise zu Fiorilla
Ein Gruss wie es sich gehört...
Dann wollen wir sie hier verlassen!
ZAIDA, SELIM
Verzeiht uns unsere Fehler.
FIORILLA, GERONIO
Sie sind euch schon verziehen.
NARCISO
Erlaubt, meine Herren,
dass auch ich euch um Verzeihung bitte!
Durch das Beispiel, das ihr mir gebt,
werde ich mich zu bessern wissen.
DER DICHTER
Vorbei ist's mit den Ränken,
mein Schauspiel hat ein glückliches Ende.
Und so zufrieden wie ich
wird vielleicht auch das Publikum sein!
ALLE
Bleibt zufrieden: Lebt glücklich
und lehrt alle,
dass ein Fehler unbedeutend ist,
wenn daraus
die Liebe umso schöner ersteht.