Personen:
DON QUICHOTTE (Bass)
SANCHO PANZA (Bass)
DULCINEA (Mezzosopran)
PEDRO (Sopran)
GARCIAS (Mezzosopran)
RODRIGUEZ (Tenor)
JUAN (Tenor)
CHOR
Volksmenge - Verehrer Dulcineas - Festgäste - Banditen
ERSTER AUFZUG
Markttag
STIMMEN AUS DER VOLKSMENGE
hinter dem Vorhang
Alza! Alza! Alza!
Der Vorhang öffnet sich. Ein öffentlicher Platz in Spanien. Rechts ein Gasthof. Links das Haus der Schönen Dulcinea. Es herrscht ein fröhliches Treiben, das Volk tanzt, trinkt und applaudiert den Tänzern
DIE MENGE
Alza! Alza! 0lé! usw.
Hoch lebe die zauberhafte, urnjubelte Dulcinea! usw.
Alza! Alza! usw.
PEDRO, GARCIAS, RODRIGUEZ, JUAN
unter Dulcineas Balkon
Schöne Dame, deren Reize uns beherrschen,
schenkt doch unseren armen verliebten Herzen
das Almosen eines Lächelns und eines Blickes
aus Euren grossen Augen!
Dulcinea, Zauberin,
vergiss für einen Augenblick den neuen Freier,
den du dir erwählt hast,
und zeige dich
vor deinen Untertanen,
oh Dulcinea! Herrscherin!
Dulcinea! Königin!
Gnädige Königin!
ALLE
Zeige dich!
Sie tanzen
DIE MENGE
Anda! Anda! Anda!
Dulcinea erscheint auf dem Balkon
PEDRO, GARCIAS, RODRIGUEZ, JUAN
Dulcinea!
DIE MENGE
Dulcinea!
DULCINEA
Alza! Alzal
Für eine Frau mit zwanzig sind Erhabenheit und Würde
nicht unbedingt von grossem Reiz!
Sie besitzt eine schöne Krone,
doch dann, meine Freunde, was dann?
Sie wird angebetet und vergöttert,
verbringt ihre Tage in Glanz und Herrlichkeit,
und dabei fehlt doch etwas
oder jemand, oder jemand...
Ach, wie ihr wollt.
DIE MENGE
Schöne Dame, deren Reize uns beherrschen,
Dulcinea! Königin! Sei unsere Königin!
DULCINEA
Alza!
Mit zwanzig ist eine Frau
von Verehrern umgeben
den ganzen Tag; ja, doch des Nachts
enteilt ihr die Zeit für die Liebe,
weil sie eine Krone trägt.
Ach! Ach!
sie in ihrer Traurigkeit zu trösten
in ihrer Verzweiflung und Einsamkeit,
fehlt doch etwas
oder jemand, oder jemand...
Ach! Wie ihr wollt!
ALLE
Dulcinea! Königin! Sei unsere Königin!
DULCINEA
Alza!
ALLE
Alza! Olé!
DULCINEA
Freunde, euch allen hier meinen Dank!
Meine Freunde, ich danke euch!
Sie entfernt sich
RODRIGUEZ
Dulcinea ist ohne Zweifel ganz ansehnlich,
doch man kann sie nur lieben,
wie man eine Blume pflückt an einem Frühlingsmorgen,
alles andere ist Torheit!
JUAN
Ich bete sie trotzdem an,
diese lasterhafte Zauberin.
RODRIGUEZ
Wenn du sie so glühend liebst,
wirst du bald traurig sein,
mein armer Freund!
Aus der Ferne ist Lachen und Applaus zu hören. Die Ankunft von Don Quichotte und Sancho ist dafür der Grund
RODRIGUEZ
lachend, nachdem er sich vergewissert hat, was der Grund für die ausgelassene Stimmung ist
Schau dir zur Aufheiterung doch
Don Quichotte an und seinen fetten Diener.
JUAN
Diesen grotesken Hampelmann,
diesen verbohrten alten Irren,
der behauptet, Dulcinea sei
"die Herrin seiner Gedanken",
während sie ihn auslacht!
RODRIGUEZ
Zu schade! Denn er ist tapfer
und treu wie Gold.
JUAN
spöttisch
Und ansehnlich!
RODRIGUEZ
ernst
Von ansehnlicher Seelenschönheit.
JUAN
verächtlich
Sicher, er ist überspannt,
verrückt, lächerlich, ungehobelt.
RODRIGUEZ
Er hilft aber den Witwen und den Kindern, die keine Mutter haben.
JUAN
Geistesgestörter Wohltäter!
RODRIGUEZ
Von seinen Hirngespinsten geleitet,
durchquert er Ebenen und Täler,
steigt auf die Berge hinauf
und reitet lange Wege.
JUAN
Ach! Welch ein famoser Bursche!
RODRIGUEZ
Ein Mann von Forma
ist der gute Ritter von der Langen Gestalt!
Ankunft von Don Quichotte und Sancho. Don Quichotte reitet auf Rosinante, die Lanze in der Faust. Sancho sitzt auf seinem Esel. Ihr Einzug wirkt grotesk. Die Kinder tanzen um sie herum und schlagen Rad. Das Volk amüsiert sich köstlich undjubelt ihnen zu. Mützen wirbeln in der Luft. Don Quichotte trägt eine alte Ritterrüstung und einen Helm. Mittelalterliches Kleineisen
DIE MENGE
um den gleichmütigen Don Quichotte und den strahlenden Sancho versammelt
Freude! Freude! usw.
Hoch lebe Don Quichotte von la Mancha!
Hoch lebe der gute und treue Sancho!
Ein Hoch auf Rosinante, den Esel und ihren Knappen!
Freude! Freude!
Hoch lebe Don Quichotte von la Mancha!
Hoch lebe, hoch lebe der gute Sancho!
Freude! Freude!
Hoch lebe Don Quichotte von la Mancha!
Hoch lebe, hoch lebe der gute Sancho!
Hoch lebe der Ritter Don Quichotte von la Mancha!
Hoch lebe Sancho! Ein Hoch auf Rosinante und den Esel!
Freude! usw.
DON QUICHOTTE
schwingt seine Lanze; strahlend zu Sancho)
Wie wunderbar es ist, dass sie mich alle kennen!
SANCHO
(grinst von einem Ohr zum andern
Sogar ich, der Einfaltspinsel,
ich bekomme einen guten Teil ihrer Jubelrufe ab.
Sie schütteln jovial die sich ihnen entgegenstreckenden Hände. Zerlumpte Bettler halten ihnen ihre Hüte hin
DON QUICHOTTE
Sancho, leere deine Tasche und erfreue diese Bettler,
enn heute wollen wir alle glücklich sein!
schwingt seine Lanze, die Augen zum Himmel
Hoch sollen leben die Seraphim, Erzengel, Throne!
SANCHO
Unser bescheidenes Abendmahl löst sich in Almosen auf.
Er verteilt ihr Geld an den herbeigeeilten Pöbel
DON QUICHOTTE
Gib! gib! gib!
ei grosszügig, mein Sohn!
Und versuche so wie ich, jung und verliebt zu sein.
DIE MENGE
Hoch lebe Don Quichotte! usw.
DON QUICHOTTE
Ach! Schön ist die Jugend
und gut, was sie auch sagen mögen!
DIE MENGE
Ach! Schön ist die Jugend usw.
DON QUICHOTTE
Diese Fröhlichkeit entrückt mich ins Paradies!
Ich wollte, Freude wäre der Balsam auf unserem Wege,
es gäbe Güte in den Herzen der Menschen,
eine ewige Sonne spendete Licht der Ebene,
die Wälder, von frischer Brise durchfächelt,
verströmten ihren Duft und trügen nur köstliche Früchte,
die Bächlein plätscherten sanft, und alles wäreWonne und Glück!
Lauter Beifall. Die Menge zieht an Don Quichotte vorüber und überhäuft ihn mit Blumen
DIE MENGE
Freude! Er soll leben! usw.
DON QUICHOTTE, SANCHO
Danke, usw.
DIE MENGE
Hoch lebe Don Quichotte! usw.
Der Platz leert sich allmählich, es beginnt zu dämmern. Don Quichotte wirft eine lange Kusshand in Richtung auf Dulcineas Fenster
DON QUICHOTTE
O Dulcinea!...
SANCHO
Au!!! Ihr wiegelt noch den Richter auf, die Ratsherren,
weckt vielleicht sogar den Cid persönlich!
Herr, ich wäre stolz, der edlen Dame ansichtig zu werden,
doch es ist stärker als ich:
Meine Kehle ruft nach mir.
Der rote Lichtschein, der mir dort hinten zuzwinkert,
das ist die Schenke, wo ich mir Mühe geben werde,
mich zu berauschen, doch nicht am Glück,
sondern mit richtigem guten Rebensaft!
DON QUICHOTTE
Lass mich in Ruhe!
SANCHO
Gebieter,
Unter diesem Balkon geniesst Euer Glück,
zieht vor ihm seine Mütze
ich bin Euer sehr dürstender, doch ergebener Diener.
Sancho geht ab und trällert dabei den Refrain eines alten Liedes
Ei, man schenkt dir ein
in dieser Schenke klein!
Ei, man schenkt dir ein, usw.
Allmählich senkt sich die Nacht. Der Himmel ist tiefblau und sehr klar. Im Mondlicht steht Don Quichotte sinnend vor Dulcineas Balkon; er übt ein paar Akkorde auf der Mandoline
DON QUICHOTTE
Wenn die Sterne zu leuchten beginnen
und die Nacht aus des Himmels Tiefe
die Erde mit ihren Schleiern bedeckt,
bringe ich mein Gebet deinen Augen dar!
Deinen Augen bringe ich mein Gebet dar!
Und in der Blüte...
Er wird von Juan unterbrochen
JUAN
Was ist das, schöner Mandolinenspieler?
DON QUICHOTTE
Ein Liebeslied.
JUAN
Ist es fröhlich oder traurig?
DON QUICHOTTE
Es kann genausogut das eine wie das andere sein,
denn es ist das Lied eines Liebenden
für meine Dame der Liebe: die Schöne Dulcinea!
JUAN
Alter Narr, ich verbiete Euch...
DON QUICHOTTE
springt auf, ausser sich über die Beleidigung
Habt Ihr ein Schwert?
JUAN
zieht es
In meinem Dienste, Herr, ist es zu beschäftigt,
mich jemals zu verlassen.
DON QUICHOTTE
zückt ebenfalls seine Waffe
Soll die Musik der Klingen
das Lied ersetzen, das heil und rein
zu euch emporstieg, unschuldige Sterne!
Sie beginnen zu kämpfen
JUAN, DON QUICHOTTE
Soll die Musik der Klingen das Lied ersetzen!
Soll die Musik der Klingen...
Plötzlich schlägt sich Don Quichotte an die Stim, steckt sein Schwert in die Scheide zurück
DON QUICHOTTE
Verzeihung, werter Herr, es fehlen ein paar Reime
irn Liebeslied, welches ich vortragen wollte.
Bevor ich Euch töte, möchte ich sie noch singen.
JUAN
Bevor ich Euch töte!
DON QUICHOTTE
Bevor ich Euch töte...
JUAN
Ihr!
DON QUICHOTTE
Euch!
JUAN
Ihr!
DON QUICHOTTE
Euch.
nimmt wieder seine Mandoline
JUAN
Alter Narr!
Duicinea erscheint auf ihrem Balkon; sie wiederholt den Text des unbekannten Sängers, ohne von diesem oder Juan bemerkt zu werden. Don Quichotte singt weiter, in seinen Traum versunken
DON QUICHOTTE und DULCINEA (die den Text wiederholt)
Und in der Blüte,
in der Blüte deiner Lippen,
die nie, niemals werden lügen können,
hat herzklopfend sich die Liebe,
die Liebe ein Nest gebaut als Zuflucht...
herzklopfend und im Fieber zitternd.
Er beendet seinen Gesang, wirft eine Kusshand in Richtung auf Dulcineas Fenster, die gerade ihren Balkon verlässt. Er hängt seine Mandoline über die Schulter und zückt sein Schwert. Die beiden Gegner begeben sich wieder in Position. Dulcinea greift ein, trennt die Schwerter mit einer Bewegung ihres Fächers und tritt zwi-schen die Kampfhähne
DULCINEA
Ah! Ah! Ihr wart es, der gesungen hat
unter meinem Fenster?
DON QUICHOTTE
Ich war es.
DULCINEA
Es sind die Verse eines Meisters.
Und Ihr handhabt, lieber Herr, das edle Instrument
so wie Euer Schwert, mit Kunstverstand.
JUAN
Madame!
DULCINEA
beiseite, Juan zulächeind
Lacht nur, eifersüchtig wie Ihr seid!
wieder zu dem freudestrahlenden Don Quichotte
Mir gefallen tapfere Männer und Poeten,
mit ihnen ist die Liebe von erlesener Eleganz,
ganz anders als mit anderen Freiern,
die uns mit ihrer Leidenschaft erdrücken,
Don Quichotte schliesst die Augen, leise zu Juan, der voller Wut auf sie zugegangen ist
auf angenehmste Weise übrigens,
und solch eine Missetat verzeihe ich.
Sie wirft ihm vom Rande ihres Fächers einen Kuss zu
JUAN
Ah!...
DULCINEA
Aber geht mir meinen Umhang holen.
JUAN
Aber...
DULCINEA
ber… gönnt mir doch das Vergnügen!
Juan geht, verstimmt über die Koketterie der Schönen
DON QUICHOTTE
öffnet wieder die Augen und beobachtet erstaunt Juans Abgang
Wie! Ihr wollt mich hindern,
meinem Feind die Kehle durchzuschneiden?
DULCINEA
Was sagt Ihr da? Was wolltet Ihr tun?
DON QUICHOTTE
Naja, ihn totschlagen.
DULCINEA
Ihr seid, werter Herr, doch mehr als dreist.
Ein bisschen Musik, ein kleines Gedicht
verleiten Euch zu dem Wahn,
Blut vergiessen zu müssen!
Aber nein! aber nein! aber nein!
Ich werde Euer heisses Blut kühlen.
DON QUICHOTTE
zittert vor Freude, versucht aber, unversöhnlich zu erscheinen
Den Namen des Mannes! Seinen Namen! den Namen!
DULCINEA
Was ist das wichtig! Er gehört zu meinenVerehrern.
Habt Erbarmen, mein Ritter!
Er ist einer meiner Freunde, die jedem meiner Schritte folgen.
Ihr seid, werter Herr, doch mehr als dreist.
Ein bisschen Musik, ein kleines Gedicht usw.
DON QUICHOTTE
Ihr konntet nur heute seinen Untergang verhindern!
DULCINEA
scheint verwirrt, hält ihm den Mund zu und lächelt ihn zärtlich an
Ihr macht mich weinen.
Kann ich Euch noch glauben?
DON QUICHOTTE
Ich... aber... ich bete Euch an!
Euch zu verwöhnen und Euch zu dienen,
biete ich Euch eine Burg am Guadalquivir.
Ihr verbringt dort Eure Tage im Duft und Flaum
zarter Liebkosungen und erhabener Gedanken!
DULCINEA
Wenn das so ist, könntet Ihr,
mein Stolzer und tapferer Held,
mich wirklich glücklich machen
und mir die Kette wiederbringen,
die gestern von meinem Frisiertisch
der Gauner Tenebrun zu stehlen wagte...
DON QUICHOTTE
Und sollte ich dabei umkommen
morgen, schon morgen mache ich mich auf!
DULCINEA
Morgen macht Ihr Euch auf...
DON QUICHOTTE
Morgen mache ich mich auf...
DULCINEA
.. glücklich, mir zu geben...
DON QUICHOTTE
... diesen Beweis meiner Liebe...
DULCINEA
Und wenn es Euch gelingt,
Ihr werdet sehen, bei Eurer Rückkehr...
DON QUICHOTTE
Bei meiner Rückkehr...
DULCINEA
Ihr werdet sehen, bei Eurer Rückkehr...
Don Quichotte legt sich die Hand aufs Herz, kniet mit einem Bein vor Dulcinea nieder und küsst ihr die Hand. Dulcineas Verehrer kommen zurück, ihnen voran Juan, der Dulcineas Umhang trägt
PEDRO, GARCIAS, RODRIGUEZ, JUAN
Schöne Dame, deren Reize uns beherrschen...
DULCINEA
zu Don Quichotte
Doch hier kommen meine Freunde!
Don Quichotte ist leicht verstört, als er sieht, wie Dulcinea Juan beim Arm nimmt
Erinnert Euch, werter Herr!
DON QUICHOTTE
ganz erstaunt
Ihr wollt gehen... mit... dem da ... ?
DULCINEA
... den Ihr totschlagen wolltet!
Ihr hattet ihm vergeben.
DON QUICHOTTE
Ja!
DULCINEA
Bis zu Eurer Rückkehr, mein grosser Freund!
Sie gesellt sich ihren lachenden Freunden zu, nachdem sie Don Quichotte eine Kusshand zugeworfen hat, der vor Glück zittert
JUAN
mit Dulcinea am Arm
Seine Liebe bereitet Euch Vergnügen?
DULCINEA
Er ist köstlich! und ich bin seine Göttin!
JUAN
Seine Muse!
Sie gehen alle ab, lachend
Don Quichotte bezieht Wache, allein, ernst, unbeweglich, stolz, umklammert seine Lanze in der Stille der Nacht
DON QUICHOTTE
Sie liebt mich und wird zu mir zurückkehren
mit Tränen der Reue in den Augen.
Ach! ihr Kinderlachen, ihr wiegender Gang,
ihr schmeichelnder Blick, ihre betörende Stimme!
Was immer auch geschehen mag:
mein Wort ist heilig, ich werde es halten.
in der Ferne hört man Dulcineas Lachen
DULCINEA
Für eine Frau mit zwanzig usw.
in der Stadt ist alles ruhig
ZWEITER AUFZUG
Die Morgendämmerung taucht die Landschaft in rosiges Licht. Die Windmühlen im Hintergrund liegen noch im Dunst verhüllt
Don Quichotte hält Einzug auf Rosinante, seine Lanze am Sattelknopf,- er spielt auf der Mandoline und sucht, die Augen zum Himmel gerichtet, Reime für seine Verse zu Ehren von Dulcinea. Sancho führt schwitzend und prustend Rosinante und den Esel am Zügel
DON QUICHOTTE
hat sichtlich Mühe, Reime zu finden
Deiner Liebe Macht… Macht…
Nacht… Tag… !Tag und Nacht
Unfängt mich Tag und Nacht!
Dulcinea!… meine Gedanken?
Herrin meiner Gedanker!
La, la, la, usw.
Du bringst mein Herz ins Wanken… Wanken?
Dulcinea!
Ich weiss, dir ging es ähnlich… ganz ähnlich?…
Denkst du an mich?…
Ich weiss, du denkst an mich!
Ähnlich… an mich?… an dich?…
Ich glaube an dich!
Ach! ach! ganz ähnlich!…
Denkst du an mich! ich glaube an dich!
Ich glaube an dich!
Meine Dulcinea! Ich glaube an dich! an dich! usw.
La, la, la, usw.
Don Quichotte schmiedet weiter seine Verse, während er vom Pferd steigt. Sancho wischt sich über die Stirn und führt die Tiere ins Niederholz
SANCHO
kommt zurück, missgestimmt und mürrisch
Glaubt mir, Herr Ritter, wir sind zum Narren gehalten worden;
die Feinde, die Ihr in die Flucht schlugt,
als Ihr ihnen laut zurieft: "Es lebe Dulcinea!"
und "Tod den Ungläubigen!"…
lachend
… das war ganz einfach eine Herde
kleiner schwarzer Schweinchen
im Verein mit einer Schar grosser weisser Schafe!
DON QUICHOTTE
unbeeindruckt, holt aus seiner Tasche Schreibzeug und beginnt sein Liebeslied zu notieren
Deine Worte lassen mich lächeln...
er ist ganz seiner Inspiration hingegeben
SANCHO
hebt die Arme zum Himmel
Wenigsten er ist glücklich... gönnen wir ihm seinen Wahn.
fasst sich an den Rücken und stösst einen Schrei aus
Aua!!
Wenn wir so weitermachen, dann bin ich, wenn der Sommer vorbei ist,
noch viel dürrer als er.
Alles verzehrt sich in mir, wenn das so weitergeht,
ich habe schon meinen Gürtel drei Löcher enger geschnallt!
DON QUICHOTTE
in schöpferischer Verzückung
La, la, la, usw.
SANCHO
Tra, la, la, usw.
Er haut sich plötzlich mit seinem Brot an den Kopf, springt in die Luft und ballt die Fäuste zum Himmel. Don Quichotte sieht ihn entgeistert an
DON QUICHOTTE
Wirst du verrückt, Sancho?
SANCHO
platzt heraus
Ja!!
Es macht mich wahnsinnig, dass ich hier bin!
Weil diese Doña Dulcinea
ihre Macht ausspielt -
beiseite, beisst voller Wut in sein Brot
- das verfluchte kleine Biest! -
laut
- zu Euch eines schönen Abends gesagt hat:
imitiert eine Frauenstimme
Dass hier in der Sierra ein Bandit
zu finden sei, der plündere und morde,
ihr aber wertvollen Schmuck gestohlen habe,
mit seiner natürlichen Stimme, voller Wut
und wir rennen nun dem dreisten Dieb hinterher!
Haltet den Dieb! haltet den Dieb!
Diese Dame lacht sich über uns tot, uns beide,
uns beide, mein guter Meister.
DON QUICHOTTE
Wenn du so von ihr sprichst, kennst du sie nicht.
Du siehst ihr Herz nicht.
SANCHO
zuckt die Schultern und hebt die Arme zum Himmel
Im Gegenteil, o Herr!
DON QUICHOTTE
ruhig, mit sanftem Lächeln
Nein Sancho, du erheiterst mich.
SANCHO
Die Frauen, Herr Ritter, sind nichts als Lüge und Verschlagenheit!
DON QUICHOTTE
Wie bitte?
SANCHO
Ja.
reibt sich die Hände und zwinkert
An unserem Unternehmen reizt mich ganz besonders,
dass ich meine bessere Hälfte zu Hause lassen konnte!
Das tröstet mich, ich schwöre es,
wenn ich spüre, wie sich mir
die spitzen Knochen dieses Esels,
welcher mein Reittier ist,
in die Rundungen graben,
mit denen Frau Natur mich ausgestattet.
Wie kann man eine gute Meinung haben
von solchen Weibern, solchen Flittchen,
ie nur lügen, klatschen und schwätzen
und von denen die beste keinen Deut wert ist.
begleitet seine Ausführungen mit Gesten
Schaut Euch doch diese Heuchlerin an,
wie sie gesenkten Blickes vorübergeht,
durch die Strassen rennt, rennt und rennt,
ein erbauliches Vorbild für jung und alt.
Seht sie Euch an! Seht sie Euch an!
Warum dann unter ihrem Umhang
so plötzlich dieser glänzende Blick?
Warum? Warum?
Weil sie gesehen hat, wie sich
heimlich eine Tür öffnete,
durch welche sie entschwindet,
dieses kleine scheinheilige Biest!
Ah! ah! ah! usw.
Und der getreue Ehemann wird ungeduldig,
findet die Messe ein bisschen lang
und kratzt sich die Stirn,
die ihn unaufhörlich juckt.
Und der Ehemann, der Ehemann wird ungeduldig
und kratzt sich die Stirn,
und der Ehemann wird ungeduldig.
Die Frauen sind Teufel, lasterhaft und verschlagen,
dem männlichen Geschlecht zum Untergang geschaffen!
Ob sie nun aus Afrika kommen,
aus Asien oder aus Amerika,
eine kleine, eine spitze
oder eine Adlernase haben,
ob sie braun, rot oder blond sind,
flachbrüstig, drall, mager oder rundlich,
wir Männer sind nur wie Mäuse, wie Mäuse
für diese Raubkatzen!
Der Mann ist das Opfer, und die Ehemänner
sind Heilige!
Heilige! Heilige!
Der Mann ist das Opfer usw.
Der Nebel lichtet sich langsam; allmählich werden die Windmühlen sichtbar
DON QUICHOTTE
zeigt in die Ferne
Sieh dort!
SANCHO
springt auf und schaut um sich)
Was? was denn?
DON QUICHOTTE
(zeigt auf die erste Mühle
Ein Mann von niederer Herkunft! Schau!
SANCHO
Was? Was denn nur?
DON QUICHOTTE
Sancho! Auf! Auf zum Gefecht!
SANCHO
Zum Gefecht?
DON QUICHOTTE
Sieh doch nur, wie er sich im Dunst emporreckt,
dieser schreckliche Riese!
SANCHO
Meister, das ist eine Windmühle! eine Mühle!
Weitere Windmühlen erscheinen schemenhaft in der Ferne
DON QUICHOTTE
Dummkopf, das sind Riesen,
die mir in ihrem Hochmut
den Weg zu versperren trachten.
öricht ist ihre Anmassung,
ich werde sie Mores lehren!
SANCHO
mitleidig
O verhängnisvoller Wahnsinn!
Der Arme, es geht schon wieder los!
er eilt fort, um Rosinante zu holen, bringt sie zurück und ist fassungslos
DON QUICHOTTE
zieht sein Schwert und fordert die erste Windmühle zum Kampf
Riese, Riese, ungeheurer Reitersmann,
seid Ihr nicht mit Tapferkeit gewappnet,
dann macht uns Platz, oder ich fordere Euch zum Duell
mit dem Degen, mit der Lanze, ich den Hehren Ritter!
Die Windmühlen beginnen sich zu drehen und lassen ihr Klippklapp hören. Don Quichotte zückt sein Schwert
Eure wilden Gebärden reizen doch nur meinen Mut.
Zurück! Zurück! oder ich bahne mir
im Handumdrehen durch Euer Fleisch
und Euer Blut einen Durchgang!
SANCHO
Mein Gott!
DON QUICHOTTE
Knappe, sage auch du ihnen, dass ich sie zum Kampfe fordere!
SANCHO
Welch ein Wahnsinn!
Don Quichotte stürzt zu Rosinante hin, springt in den Sattel und packt seine Lanze. Sancho, der unter den wütenden Blicken seines Meisters vor Angst zittert, schreit aus Leibeskräften
DON QUICHOTTE, SANCHO
Riese, Riese, ungeheurer Reitersmann,
seid Ihr nicht mit Tapferkeit gewappnet...
DON QUICHOTTE
... dann macht mir Platz,
oder ich fordere Euch zum Duell
mit dem Degen, mit der Lanze,
ich den Hehren Ritter!
SANCHO
... macht ihm Platz,
oder er fordert Euch zum Duell
er den Hehren Ritter!
Don Quichotte, hinter seinem Schild in Deckung, die Lanze in Ruhestellung, treibt Rosinante mit wilden Schlägen voran und stürmt auf die Windmühlen los
DON QUICHOTTE
Dulcinea! Dulcinea! Herrin meiner Gedanken! usw.
SANCHO
auf Knien
Welch ein Unglück! Zu Hilfe! Mein guter Meister!
O weh! O weh! Jesus, Maria!
Kommt und erlöst ihn!
Der Müller schaut verstört aus dem Fenster der Windmühle. Der Vorhang senkt sich sehr schnell genau in dem Augenblick, als Don Quichotte auf die Mühle losstürmt.. und öffnet sich wieder. Don Quichotte, der mit dem Hosenboden auf einem Flügel der Windmühle aufgespiesst ist, wirbelt durch die Luft. Er schreit noch immer verzweifelt, ebenso Sancho bei dem Versuch, den Windmühlenflügel anzuhalten. Die Sonne geht auf und taucht den Himmel in glühendes Rot.
ENTRACTE
DRITTER AUFZUG
In den Bergen. Herrliches Abendrot. Baumgruppen rechts und links. In der Ferne die schwache Silhouette der Sierra
Sancho, der Rosinante und den Esel am Zügel hält, beobachtet, wie Don Quichotte auf allen vieren die Spuren auf dem Weg aufmerksam untersucht
DON QUICHOTTE
Das hier ist der Weg, den die Banditen nehmen,
wenn sie in ihre Räuberhöhle zurückkehren!
Hier ist es!
Nimm dem Esel das Halfter und Rosinante den Sattel ab,
sie werden müde sein nach unserem rasenden Ritt!
er küsst sein Pferd aufs Maul
SANCHO
nicht gerade ruhig
Dieser Ort hat etwas so Schauerliches an sich, dass sich meinem Esel und mir die Haare sträuben,
er zieht die Tiere zu einem Flecken Gras
Kommt, meine lieben Lämmchen, und weidet auf der saftigen Wiese!
DON QUICHOTTE
mit ausgestrecktem Zeigefinger
Siehst du nicht sich etwas bewege
am Rande der Lichtung?
SANCHO
Herr, ich möchte
so gern umkehren!
Meister, ich habe Angst vor den Schatten
und den grässlichen Geräuschen
überall hier in der Heide
und in den rauschenden Wäldern.
Was wird geschehen?
DON QUICHOTTE
Etwas Grossartiges!
Sancho, das ist der Beginn unseres Ruhms!
Die Ritter und tapferen Helden vergangener Zeiten
werden in Windeseile ausgelöscht und vergessen sein.
Ich fiebere vor Ungeduld und Heldenmut.
SANCHO
Und ich, ich zittere wie ein Hasenfuss, wie ein Hasenfuss,
ich zittere, ich zittere…
Könnten wir uns nicht ein bisschen setzen?
Ich bin ganz erschöpft…
Nicht weil ich zuviel gegessen, getrunken hätte!
DON QUICHOTTE
Uns setzen?!
Ein Ritter, der auf grosse Taten aus ist,
muss stets gewappnet sein,
die List zu durchschauen und den Schlag zu parieren.
SANCHO
streckt sich auf dem Gras aus
Ich überlasse meinen Kopf
Eurer Sorge und Obhut:
soll ihn bloss keiner, Herr,
unerwartet abhacken!
DON QUICHOTTE
Sei still!
SANCHO
streckt sich in voller Länge aus
Ich schlafe jetzt; Ihr bleibt auf der Spur.
Der Himmel verfinstertert sich. Völlig erschöpft ist Don Quichotte im Stehen eingeschlafen, auf seine Lanze gestürtzt
DON QUICHOTTE
im Traum
Wenn die Sterne aufgehen...
Schritte sind zu hören, erwacht und schickt einen Kuss zum Himmel
O göttliche Träume...
springt plötzlich auf und späht in die Ferne
Diesmal sind sie es!
Es sind mehr als zweihundert, mein Sohn!
SANCHO
zitternd, schleicht dicht an Don Quichotte heran und bekreuzigt sich
Und wir sind nur zu zweit!
DON QUICHOTTE
Wir werden sie besiegen,
wenn es die Sache will, der wir dienen.
SANCHO
Meister, ich habe kurze Arme
und hänge am Leben!
DON QUICHOTTE
Dann geh und versteck dich ganz tief im Wald!
SANCHO
läuft weg
Ah! Wenn ich weniger Angst hätte,
was wäre ich für ein Held!
er verschwindet
DON QUICHOTTE
zu den Räubern, die sich vor ihm aufgebaut haben
Stehenbleiben!
Ergebt euch, nichtswürdige Knechte, Halunken!
Sie kämpfen. Schreie während des Kampfes. Laut vernehmlich die Stimme Don Quichottes mit den Worten: "Dulcinea, Herrin meiner Gedanken. " In Windeseile ist Don Quichotte zu Boden gestreckt und wird von ihnen gefesselt
DER RÄUBERHAUPTMANN
Das ist in der Tat ein Bürschchen
von gewaltiger Kühnheit!
Wären wir Grashalme gewesen,
er hätte uns niedergemäht
mit einem Schwertstreich!
Doch woher kommt er?
Aus dem Fegefeuer oder aus der Hölle?
Der Bandenchef bleibt stehen und lässt Don Quichotte, der keine Miene verzieht, nicht mehr aus den Augen
EIN RÄUBER
Mit welcher Sosse sollen wir sein fauliges Fleisch zubereiten?
ZWEITER RÄUBER
Sieh nur, es scheint ihm gleichgültig.
ERSTER RÄUBER
zu Don Quichotte
Sag du uns, wie du es gern hättest.
Don Quichotte zuckt die Schultern und schweigt
DRITTER RÄUBER
Würdest du uns die Ehre erweisen,
uns Spitzbuben zu antworten,
hoher Herr?
Don Quichotte schweigt weiter hoheitsvoll
ERSTER RÄUBER
gibt ihm eine Ohrfeige
Das ist für deinen einfältigen Hochmut!
VIERTER RÄUBER
ebenso
Das gibt dir ganz schnell die Sprache wieder.
DER RÄUBERHAUPTMANN
Hört damit auf!
Stecht ihn ab, bratet ihn,
hängt ihn auf - nur erspart mir
die Qual seines durchdringenden Blickes...
Beeilt euch!
Einige zünden ein Feuer an. Die Räuber singen und tanzen um Don Quichotte herum, der gleichmütig bleibt und vom Bandenchef misstrauisch gemustert wird
DIE RÄUBER
Ei! wenn dieser Lulatsch, der so lang ist wie ein Tag ohne Brot,
am Aste einer Pinie baumelt,
wird das ein gar lustiger Anblick!
Ha ha, ha ha, ha ha! usw.
Sein Gerippe gibt den Raben
eine noch dürftigere Mahlzeit
als der dürrste aller Hidalgos.
Ha! Ha! Ha!
DON QUICHOTTE
kniet nieder, die Hände gefaltet, abwesend, spricht sein Gebet
Herr, nimm meine Seele zu dir, sie ist nicht schlecht,
und mein Herz ist das eines treuen Christen.
Sieh milde und voller Gnade auf mich herab!
Ich habe für das Recht gekämpft, nun bin ich dein!
Der Räuberhauptmann ist sichtlich bewegt. Don Quichotte erhebt sich. Die Räuber schauen ihn verwirrt und sprachlos an
DER RÄUBERHAUPTMANN
Wirklich, ich glaube zu träumen, wenn ich dein bleiches Gesicht sehe,
deine edlen Züge, aus denen das Göttliche atmet,
und deine Augen leuchten in erhabenem Glanz!
Wohin gehst du? Was willst du?
DON QUICHOTTE
Ich bin der fahrende Ritter, der das Unrecht
tilgt; ein Wanderer voller Mitgefühl
für Mütter in Trauer, für Bettler, für die Unterdrückten!
Ich bin verrückt auf die wärmende Sonne, die frische Luft und den weiten Himmel!
Ich liebe die Kinder, die lachen, wenn sie
mich sehen, und ich hasse die Räuber nicht,
solange sie Stolz und Stärke zeigen.
mit einem gewaltigen Ruck sprengt er seine Fesseln und richtet sich zu voller Grösse auf
Und nun seht ihr mich vor euch stehen mit einem neuen Auftrag,
frei in meinen Taten wie in meinen Worten.
Und ich sage euch, ich, der Hehre Ritter:
Ihr gebt mir auf der Stelle die Kette wieder,
die ihr einer begehrten Dame von ihrem zarten Hals gestohlen habt.
Der Schmuck selbst ist nicht wichtig, doch die Sache ist heilig.
ERSTER RÄUBER
Ach! ich merke, wie ich zittere!
Der Räuberhauptmann nimmt die Kette vom Gürtel und reicht sie Don Quichotte respektvoll
DER RÄUBERHAUPTMANN
zieht den Hut und kniet auf einem Knie nieder
Hier ist der gestohlene Schmuck, Herr!
DON QUICHOTTE
Gut, danke.
DER HAUPTMANN UND DIE RÄUBER
knien ebenfalls nieder
Und nun legt Eure reine Hand auf unser Haupt,
o edler Ritter von der Langen Gestalt!
DON QUICHOTTE
im letzten Aufflackern des Feuers, das die Räuber angezündet haben, wie von einem Heiligenschein umgeben
Komm, Sancho, du Hasenfuss und Einfaltspinsel,
sieh, welch ein Wunder geschehen ist! Komm!
Sancho schleicht zaghaft aus dem Dunkel, im Fieber einer sich ständig steigernden Verzückung
Die Ganoven, Plünderer, Söhne des Diebstahls und des Verbrechens ,
alle, die in Angst und Sorge leben, die Unterdrückten,
die Obdachlosen, die Bettler, deren Gelächter bedrohlich ist,
sie haben mein Ziel erkannt, haben seinen Sinn erfasst!
Gebeugt unter dem rauhen Winde, der aus den Bergen kommt,
zitternd und bebend, schau sie dir an, meine Gastgeber,
die Erwählten meines Herzens, meine lieben Söhne,
sieh sie dir an, meine Söhne, wie schön sie sind, zahm und folgsam!
DIE RÄUBER
Auf unser Haupt legt Eure reine Hand, o Ritter unser!
Don Quichotte strahlt, erhebt die Hände, als wolle er die Räuber segnen
VIERTER AUFZUG
Im Haus der Schönen Dulcinea wird ein Fest gefeiert. Musik und Tanz. Dulcinea steht an einer Ecke der Terrasse, von ihren Verehrern umgeben; sie ist nachdenklich
JUAN
zu Dulcinea
Nun, Verräterin, ich habe nichts mehr zu hoffen?
DULCINEA
gedankenverloren, abwesend
Nichts mehr, doch Pepita wird dich trösten!
Juan entfernt sich, niedergeschlagen
RODRIGUEZ
macht ihr ebenfalls den Hof
Wann endlich werdet Ihr Euch meines Elends erbarmen?
GARCIAS
ebenso
Und Ihr werdet die Geliebte bleiben...
PEDRO
.. von jenem, der zu Euren Füssen leidet?
DULCINEA
Arme Freunde, ihr langweilt mich!
beiseite
Mir ist das Herz so schwer.
Sie entfernen sich unwillig, Im Hintergrund wird zu langsamer und leiser Musik weitergetanzt, im Traum
Wenn die Zeit der Liebe dahin ist,
was bleibt dann von unserem Glück
und vom Sommer, wenn die Nacht
mit ihren Schleiern die Pracht der Blumen verhüllt?
Wenn die Zeit der Liebe dahin ist,
wer kann noch glauben an das Glück?
Wenn die Zeit der Liebe dahin ist,
die Zeit der Liebe?
Das Tanzen im Hintergrund hat aufgehört; die Musik ist verstummt. Die Gäste strömen in den Garten. Dulcinea hat sich erhoben und ist augenblicklich von ihren Verehrern umgeben, di e sich eifrig um sie bemühen. Rodriguez und Juan beobachten sich dabei misstrauisch gegenseitig
RODRIGUEZ
beiseite
Sollte durch Zufall, durch Zufall
jetzt er an der Reihe sein?...
DULCINEA
beiseite, boshaft
Arme Freunde! Arme Freunde!
Ach! ihr langweilt mich!
Meine Freunde! ihr habt kein Glück
bei mir, wenn ihr von der Liebe sprecht!
Ach! ach! ach! usw.
Ach! meine armen Freunde! usw.
RODRIGUEZ, JUAN
beiseite
... wenn nun er von der Liebe spricht?
Sollte durch Zufall, durch Zufall
jetzt er an der Reihe sein?
Hätte er mehr Glück bei ihr,
wenn er von der Liebe spricht? usw.
DULCINEA
Ach! Mir steht jetzt der Sinn nach etwas anderem.
Ich träume und weine ohne Grund.
Ich bin sehr zu bedauern,
und es ist wirklich eine Schande,
dass ich von solchen Freiern nicht begeistert bin.
JUAN, dann RODRIGUEZ
Was sagt sie?
PEDRO, GARCIAS
Wie bitte?
DULCINEA
Ich möchte geliebt werden
auf eine andere als eure Art
und anders, als es üblich ist.
Ach! seid überraschend,
imponierend, aufregend,
denn das Neue, Unerwartete
ersehne ich mir,
nach unbekannten Wonnen
hungert mein Körper!
ALLE
Hoch lebe Dulcinea!
Die Unbezähmbare! Die Ungezähmte!
Sie lebe hoch! Hoch! usw.
DULCINEA
nimmt eine Gitarre
Alza! Alza!
Denken wir nur an die Freuden der Liebe,
an das Fieber der kurzen Stunden,
wenn wir fühlen, wie das Herz schwach wird
unter den Küssen, die unseren Lippen geraubt!
Olé!
Anda!
Sollen Augen sich in Augen versenken,
die Sehnsucht auf Wanderschaft gehen;
und ihr jungen Leute vergesst nicht,
dass die Liebe den Kühnen lächelt.
Anda!
Denkt nur an die flüchtigen Momente,
wenn die Seele sich ergeht
im Rausch der Leidenschaft
unter den Küssen von geliebten Lippen!
Sie tanzt
ALLE
Anda!
Bedienstete erscheinen an der Tür zum Saal, wo das Souper stattfinden soll; die Tische sind festlich gedeckt
DIE GÄSTE
begeben sich hinein
Der neue Tag wird bald den Horizont erhellen!
Wir grüssen das Morgenlicht bei Tisch, das Glas in der Hand!
Während erlesener Wein uns nimmt,
was an Verstand uns blieb!
Der neue Tag wird bald den Horizont erhellen!
PEDRO, GARCIAS, RODRIGUEZ, JUAN
Der neue Tag wird bald usw.
DULCINEA
Wir wollen speisen, speisen, das Glas in der Hand!
PEDRO, GARCIAS, RODIRGUEZ, JUAN
Der neue Tag wird bald usw.
DULCINEA
Wir wollen speisen usw.
PEDRO, GARCIAS
Das Glas in der Hand!
ALLE
Das Glas in der Hand!
Nachdem alle gegangen sind, erscheint Sancho in Begleitung zweier Diener
SANCHO
mit wichtiger Miene zum ersten Diener, der überrascht ist
Melde den grossen Don Quichotte von la Mancha,
Edelmann, Ritter von der Langen Gestalt,
zum zweiten Diener
welcher in Estramadura eintrifft
mit seinem Knappen, dem tapferen Don Sancho!
ERSTER DIENER
eingeschüchtert von Sanchos Blicken
EI Señor... Ei Señor... Quichotte... Estramadura...
SANCHO
Idiot!
ZWEITER DIENER
fährt fort
El Señor... Ritter von der Langen Gestalt...
SANCHO
Besser!
Don Quichotte tritt ein, steif und förmlich, seinen Helm unterm Arm; er vollführt im leeren Saal eine phantastische Verbeugung - die Sancho vergeblich nachzuahmen versucht - und stösst einen Seufzer aus, weil er niemanden sieht
ERSTER DIENER
lacht laut auf, leise zu seinem Kollegen
Sind sie nicht lustig!
Ich wette, dass dieser Mensch seit zwei Jahren nichts gegessen hat!
ZWEITER DIENER
Und keine Aussicht auf ein ordentliches Trinkgeld!
Sie kichern
Sancho, der sie durchschaut, stürzt wütend zu ihnen hin
SANCHO
Ob der grosse Ritter träumt, singt oder seufzt,
ich allein, hört ihr, habe das Recht zu lächeln!
Die Diener gehen eilig ab
DON QUICHOTTE
heiter
Ich tauche nun ein in das Glück!
SANCHO
Wann endlich in Überfluss und Müssiggang?
DON QUICHOTTE
Ich tauche ein in die Unsterblichkeit!
SANCHO
Wann kann ich in meiner Tasche ein paar Münzen fühlen?
DON QUICHOTTE
Ich tauche nun ein in das Glück...
SANCHO
Wann endlich in Überfluss und Müssiggang?
Wann endlich?
DON QUICHOTTE
...und in die Unsterblichkeit!
SANCHO
Wann endlich in Überfluss?
Und in Müssiggang?
DON QUICHOTTE
All das wird dir gehören...
SANCHO
All das wird mir gehören!
DON QUICHOTTE
.. ich schwöre es bei Herkules.
Für deine Ergebenheit und Redlichkeit
will ich dich reich belohnen.
SANCHO
Na endlich!
DON QUICHOTTE
Was würdest du zu einer Insel sagen?
SANCHO
Eine Insel?
DON QUICHOTTE
Oder eine Burg, mit Türmchen verziert?
SANCHO
Eine Burg?
DON QUICHOTTE
Von einem Park umgeben,
wo abends die Täubchen turteln?
SANCHO
Das wäre mein Traum.
Doch wie lange muss ich warten?
DON QUICHOTTE
Bis heute abend... vielleicht morgen...
SANCHO
O herrlicher Tag, wenn ich,
in Gold und Brokat gekleidet,
mit Litzen und Spitzen um den Hals,
vor meinen Leuten erscheine,
ich als ihr Herr und Meister
in prachtvollem Gewand.
DON QUICHOTTE
Ein wunderbarer Weg liegt vor uns!
SANCHO
Oh! Oh! Oh! Oh!
DON QUICHOTTE
Zuerst heirate ich heute abend Dulcinea
und führe sie in das Zauberland,
wo alles Traum ist und Entzücken,
wo die Zeit wie ein Zauber dahinfliesst
und jeder Augenblick ein Genuss ist.
SANCHO
Wo soll dieses Paradies sein?
DON QUICHOTTE
Ich allein kenne den Weg.
SANCHO
Er allein...
DON QUICHOTTE
Ich allein!
SANCHO
... kennt den Weg!
DON QUICHOTTE
Ich tauche nun ein in Glück und Unsterblichkeit!
Ich tauche nun ein usw.
SANCHO
Er weiss den Weg zu Überfluss und Freude!
Er weiss usw.-
Bedienstete schieben den Vorhang beiseite, und die Gäste erscheinen mit ihrem Glas in der Hand, lachend und scherzend
DIE GÄSTE
Der neue Tag wird bald den Horizont erhellen!
DON QUICHOTTE
Hier ist ja Duleinea...
Ach! wie bin ich glücklich!
DIE GÄSTE
Wir grüssen das Morgenlicht bei Tisch, das Glas in der Hand!
DON QUICHOTTE
Sancho, mein Freund, du wirst sehen,
welch ein herzlicher Empfang mir bereitet wird!
Dulcinea bemerkt plötzlich Don Quichotte. Eilig geht sie auf ihn zu und mustert ihn von oben bis unten
DULCINEA
Schau, schau, Ihr seid es, Herr Ritter!
Und nicht eine Wunde? kein einziger Kratzer?
DON QUICHOTTE
ruhig lächelnd mit grosser Geste
Unversehrt!
er bleibt einen Augenblick stehen, den Arm erhoben in stolzer Haltung
DULCINEA
hintergründig lächelnd
Unversehrt! Hurra!
RODRIGUEZ, JUAN
spöttisch zu Don Quichotte und Sancho
Wir können uns nicht erklären,
wie ihr zwei das schaffen konntet.
PEDRO, GARCIAS
Wir können uns nicht erklären usw.
RODRIGUEZ, JUAN
... ihr zwei, ihr zwei!...
RODRIGUEZ, JUAN, PEDRO, GARCIAS
Gebt uns für eure Heldentaten den Beweis,
den Beweis, ihr Gauner!
SANCHO
zeigt auf Don Quichotte
Seht ihr es nicht,
werte Herren, an seiner Haltung?
PEDRO usw. UND DIE GÄSTE
Wir können uns nicht erklären, wie ihr zwei...
SANCHO
Wir zwei!
PEDRO usw. UND DIE GÄSTE
... ihr zwei das schaffen konntet.
Gebt uns für eure Heldentaten den Beweis...
SANCHO
Werte Herren!
Seht doch, seht doch seine Haltung!
PEDRO usw. UND DIE GÄSTE
... den Beweis, gebt uns den Beweis!
DULCINEA
lachend, doch ebenso misstrauisch wie die anderen
Habt Ihr tatsächlich die dreissig kleinen Perlen?
DON QUICHOTTE
Sie hat daran gezweifelt!
Unter seinem schäbigen Umhang holt er die Kette hervor, die er Dulcinea mit schmerzvoller Geste überreicht
Hier, Madame, ist die Kette.
DULCINEA
Meine Kette?
ALLE
Ah!
Dulcinea, ausser sich vor Freude, legt die Kette an und fällt Don Quichotte um den Hals
DULCINEA
Mein Ritter!
Ich muss dich umarmen!
ALLE
sehen Don Quichotte an
Seht doch, welches Glück
in seinen Augen leuchtet!
DULCINEA
Die rühmlichsten Taten
der Helden von einst,
auch des Ritters Amadis,
sind damit übertroffen.
ALLE
Hoch soll er leben! Hoch! usw.
DON QUICHOTTE
verrückt vor Liebe, geht auf Dulcinea zu
Schreitet auf meinem Wege
und lasst Eure zarte Hand
mir holde Stütze sein!
Gemeinsam lieben wir die Weit noch mehr,
die Zeit eilt schneller dahin,
die Ernte wird reicher...
Das Unrecht, unter dem die Menschen leiden,
braucht die Frau und ihr Mitgefühl!
Suchen wir Vollkommenheit,
steigen wir empor mit kräftigem Flügelschlag!
Suchen wir Vollkommenheit! Kommt mit!
reicht ihr die Hand
Seid meine treue Gattin!
DULCINEA
Ich heiraten, ich?
Gelächter, in das Dutcinea einstimmt, danach alle Anwesenden
Ich heiraten! ha! ha! usw.
ALLE
Ha! ha! usw.
DULCINEA
Ich soll mein Haus verlassen?
Heh! Ihr habt wohl den Verstand verloren?
Ich liebe zu sehr Torheit und Lachen,
die Liebe, mein reizendes Reich.
Ich schätze Euch sehr,
Ihr seid liebenswürdig,
versponnen, ehrenwert, unendlich sonderbar...
Aber lasst mich,
ja, lasst mich ganz frei sein,
in meiner Heimatstadt.
Ha! ha! ha! ha!
Ich heiraten! ich heiraten! Ha! ha! usw.
DON QUICHOTTE
senkt den Kopf
O unglückselige Antwort!
Wenige Worte waren genug,
mir alle Hoffnung zu nehmen,
Mit einer langsamen Handbewegung schickt Dulcinea die Gäste weg. Auch Sancho geht.
DULCINEA
allein mit Don Quichotte
Ja, ich teile Eure Traurigkeit
und es schmerzt mich wirklich, Euch verletzt zu haben.
Doch ich muss ehrlich mit Euch sein,
ich muss, ich muss.
Wenn ich nicht angenommen habe,
was Ihr mir vorschlugt,
ja, damit beweise ich Euch
meine aufrichtige Zuneigung.
Euch, mein Freund, mein Freund,
ach, Euch zu täuschen, würde mich schmerzen.
DON QUICHOTTE
Dulcinea! Dulcinea!
DULCINEA
Denn es ist mein Schicksal,
denen Liebe zu geben,
deren Verlangen es ist,
meine Seele zu besitzen
oder mir einen Kuss zu rauben.
Ach! Weil Ihr so leidet
und ich lasterhaft, unwürdig bin,
beschimpft und schmäht mich,
rächt Euch nur!
Doch bleibt bei uns,
ach! bleibt bei uns, usw.
DON QUICHOTTE
kniend, mit unendlicher Güte
O du, deren nackte Arme
weicher sind als das Moos,
lass mich zu dir sprechen
mit sanftester Stimme,
bevor ich dich verlasse.
Weil du mir auf mein Flehen
eine ehrliche Antwort gabst,
Frau, segne ich dich.
Bleibe immer aufrichtig.
DULCINEA
Ich habe dir mein Herz geöffnet
und sehe dich mir zu Füssen.
DON QUICHOTTE
Du hast mir das Herz gebrochen,
und ich knie dir zu Füssen.
DULCINEA
Ich habe dir mein Herz, mein Herz geöffnet!
DON QUICHOTTE
Frau, ich segne dich!
DULCINEA
Von dir bin ich gesegnet! von dir!
DON QUICHOTTE
Ich bin es, der dich segnet! Ich bin es!
Dulcinea beugt sich zu ihm und küsst ihn voller Zärtlichkeit auf die Stirn; als sie hört, dass die Gäste zurückkehren, verlässt sie Don Quichotte und begibt sich zu ihren Freunden. Der Ritter erhebt sich, von Sancho gestützt, der vor den anderen gekommen und sofort zu seinem armen Meister geeilt ist. Am Ende seiner Kräfte setzt sich Don Quichotte in eine Ecke. Sancho bleibt an seiner Seite und bemüht sich, ihn zu trösten. Der Ritter versucht Sancho zuzulächein
ALLE
Da bist du also wieder! usw.
Zeige uns dein liebliches Lächeln!
RODRIGUEZ
zeigt auf Don Quichotte, der sich erhoben hat
Nein, wir wollen ihm nichts Übles nachreden...
JUAN
beendet spöttisch den Satz
Doch du verschwendest zuviel Mühe
auf dieses Nichts.
DULCINEA
schroff zu Juan
Wenn ihr sein Herz hättet,
dann wäret ihr schön!
JUAN
zu seinen Freunden
Ha, ha, ha!
Das ist doch nur ein Verrückter,
der sich zum Märtyrer aufspielt.
DULCINEA
a, vielleicht ist er verrückt,
doch ein Verrückter ohne Fehl und Tadel!
Sie wirft dem armen Ritter eine Kusshand zu und geht ab
ALLE
brechen in Gelächter aus
Welch ein Theater! Welch ein Theater!
All das für den gerupften alten Hahn!
Für dieses Knochengerüst!
Für diese faltige Fratze!
Das ganze Theater nur
für diesen altersschwachen Kauz!
Welch ein Theater!
Welch ein Theater ist das!
Welch ein Theater!
Sancho, der im Sturm der Beleidigungen zusammenzuckt, versucht seinen Herrn abseits zu halten; doch die Spottattacken sind zu brutal: Don Quichotte ist dabei, in Tränen auszubrechen; er erhebt sich und geht zur Tür. Sancho tritt ihm energisch in den Weg und wendet sich mit einer furchterregenden Geste an die Menge, die regungslos verharrt
SANCHO
Ihr, ihr alle begeht eine abscheuliche Tat,
ihr schönen Damen, meine Herren, wenn ihr
diesen bewundernswerten, kühnen Helden beleidigt!
Lacht doch, los, lacht über den armen Weltverbesserer,
der in seinen Träumen weilt und euch von der Schönheit der Natur erzählt,
von Liebe und Güte, so wie einst Jesus!
Spottet gnadenlos über seine zerlumpten Hosen,
sein verschlissenes Wams, seine schmutzigen Socken,
ihr gemeinen Halunken, Schmeichler, Schlampen,
die ihr zu Füssen fallen müsstet
dem Heiligen, den ihr verlacht.
zu Don Quichotte
Komm, mein Grosser,
auf zu neuen, schönen Abenteuern!
Komm, mein Grosser, komm!
Lass uns kämpfen gegen Feigheit und Niedertracht,
den Unglücklichen das Brot der Güte geben!
Komm, mein Grosser! Komm! Komm!
Er umarmt seinen alten Freund, der ihm die Arme entgegenstreckt.
ENTRACTE
FÜNFTER AUFZUG
Ein Weg durch eine Schlucht in den Bergen in einem Wald mit altem Baumbestand. Es ist sternenklare Nacht; Jupiter strahlt in vollem Glanz
Don Quichotte ruht sich aus, stehend gegen eine mächtige Eiche gelehnt. Sancho wacht über ihn wie über ein Kind, er schürt ein Reisigfeuer, das seinen"Grossen " wärmen soll. Er zieht sich leise seine dicke Jacke aus, um damit dem unglücklichen Ritter die Füsse zu bedecken; dann steigt sein zärtliches, seelenvolles Gebet zum Himmel auf
SANCHO
O mein Meister, o mein Grosser!
In der Herrlichkeit deiner Träume
soll deine Seele zum Himmel emporsteigen,
fern aller Falschheit und Lüge,
und dein so weiches Herz
möge sich erheben in lichte Höhen,
wo alles, was es sich erträumte,
Wirklichkeit wird!
O mein Meister! O mein Grosser!
DON QUICHOTTE
erwacht
Hör zu, mein Freund,
ich fühle mich krank zum Sterben!
Lege meinen Kopf auf deinen Arm,
sei die letzte Stütze dem,
der das Leid der Menschen gelindert
und die Zeit der fahrenden Ritter überlebt hat.
SANCHO
Mein Meister!
DON QUICHOTTE
Sancho, mein guter Sancho,
wir werden uns trennen müssen...
Undankbarer Freund, wirst du um mich trauern?
Du siehst schon im Geiste
das Dorf deiner Kindheit,
und du träumst
von den geheimnisvollen Wäldern deiner Heimat!
SANCHO
Nein! nein!
DON QUICHOTTE
Aber, mein armer Junge, das ist ganz natürlich!
Du bist doch auch nur ein Mensch,
du willst leben... und ich sterbe.
SANCHO
Mein Meister! mein Meister!
DON QUICHOTTE
richtetsich mit übermenschlicher Anstrengung auf
Ja! ich war der erste derer, die Gutes säten!
Ich habe für das Recht gekämpft,
ich habe einen guten Krieg geführt!
er fällt zurück… ringt nach Luft
Ach!Sancho…
Sancho, ich habe dir einst
grüne Hügel, Burgen versprochen,
sogar eine blühende Insel…
SANCHO
Es war nur ein Inselchen,
was ich haben wollte!
DON QUICHOTTE
lächelnd
Nimm deine Insel,
denn es liegt immer noch in meiner Macht,
sie dir zu schenken!
Tiefblaue Wellen brechen sich an ihren Ufern,
sie ist schön, freundlich…
und es ist die Insel der Träume!
Sancho weint
Weine nicht, Sancho,
mein guter, mein dicker Sancho!
SANCHO
Lasst Euch aufschnüren;
Ihr werdet ersticken, mein Grosser,
eingesperrt wie Ihr seid
in dieses Apostelgewand!
DON QUICHOTTE
hält ihn zurück
Ich sterbe...
Sag ein Gebet und sprich das Vaterunser...
Er senkt den Kopf und wird ohnmächtig. Sancho lehnt ihn vorsichtig gegen den Baum und weint. Don Quichotte kommt wiederzu sich, deutet aufJupiter undstreckt dem Gestirn seine Arme entgegen
Der Stern!
DULCINEAS STIMME, IN DER FERNE
Ach!...
DON QUICHOTTE
Dulcinea!
DULCINEAS STIMME
... die Zeit der Liebe ist dahin!
DON QUICHOTTE
Mit jenem leuchtenden Stern
ist sie vereint...
DULCINEAS STIMME
Wohin geht unser Glück?
DON QUICHOTTE
Sie ist es wirklich!
Licht, Liebe, Jugend...
Sie...
DULCINEAS STIMME
Lebwohl... Glück!... lebwohl!
DON QUICHOTTE
... zu der ich gehe...
die mir ein Zeichen gibt...
die, die mich erwartet!
Seine Arme fallen zur Seite. Er stirbt. Sancho schreit auf: "Mein geliebter Meister!"- dann umarmt er schluchzend seinen alten Freund